OPERATION JUPITER - Koji Hashimoto, Sakyo Komatsu

Klirrende Klingen, fliegende Krieger und harte Handkantenkracher.
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DJANGOdzilla
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OPERATION JUPITER - Koji Hashimoto, Sakyo Komatsu

Beitrag von DJANGOdzilla »

OPERATION JUPITER

(SAYÔNARA, JYÛPETÂ)
(JAP)
(1984)

Bild

Regie: Koji Hashimoto, Sakyo Komatsu
Darsteller: Tomokazu Miura, Dangely Diane, Miyuki Ono, Rachel Huggett, Paul Tagawa, Kim Bass, Marc Panthona, Irwin Ron, William H. Tapier, Akihiko Hirata, Masumi Okada, Hisaya Morishige


Inhalt:

Die Welt im Jahre 2125: Die Erdpopulation ist ins Unermessliche gestiegen. Doch die Menschheit war nicht untätig und hat zahlreiche Kolonien in den Weiten des Weltraums gegründet. Als nächstes soll der Mars als zusätzlicher Lebensraum erschlossen werden, weswegen man auf der Raumstation Minerva fieberhaft damit beschäftigt ist, den Jupiter in eine dafür dringend benötigte Energiequelle umzuwandeln. Einsatzleiter Eiji Honda [Tomokazu Miura] hat auch deswegen alle Hände voll zu tun, weil das Vorhaben immer wieder von einer aggressiven Gruppe von Umweltschützern sabotiert wird, zu der – zu Hondas Erschrecken – auch seine Jugendliebe Maria [Dangely Diane] gehört. Doch so richtig auf den Kopf gestellt wird sein Alltag erst, als kurz vor Abschluss des Projektes eine bahnbrechende Entdeckung gemacht wird: Auf dem Mars befinden sich, unter einer Eisdecke verborgen, gigantische geheimnisvolle Zeichnungen, die auf eine uralte Zivilisation hindeuten. Kurz darauf taucht ein fremdes Raumschiff auf und versucht, in einer fremden Sprache Kontakt aufzunehmen. Die hinzugezogene Wissenschaftlerin Dr. Wilem [Rachel Huggett] müht sich nach Kräften, die Botschaft zu entschlüsseln – und erfährt dabei von einer Katastrophe.

Kritik:

Spätestens in den 1980er Jahren war das Kino-Publikum im Weltraum-Rausch. KRIEG DER STERNE [1977] und dessen Fortsetzungen waren der Auslöser für eine Flut an Science-Fiction-Fabrikaten, die immer neue tapfere Recken und Reckinnen ins All schossen, um ferne Planeten zu retten und fiese Tyrannen zu vernichten. Auch das japanische Produktionsstudio Toho (dessen größter Erfolg auf immer und ewig GODZILLA bleiben wird) blieb nicht untätig und schickte mit DER GROSSE KRIEG DER PLANETEN bereits 1977 eines der ersten Plagiate ins Rennen. Und da das große Sternenfieber einfach nicht abebben wollte, entschied man sich ein paar Jahre später, einen weiteren Kosmos-Trip in die Wege zu leiten. Im Gegensatz zum Vorgängermodell, das ein astreines Abziehbild des erfolgreichen STAR WARS-Konzeptes war, wollte man dieses Mal allerdings etwas mehr Eigenständigkeit wagen und entschied sich daher, als Vorlage den futuristischen Roman SAYONANA JUPITER des renommierten Journalisten und Autoren Sakyu Komatsu zu nutzen. Toho hatte zuvor bereits eines seiner Werke erfolgreich adaptiert (woraus die apokalyptische Endzeit-Vision DER UNTERGANG JAPANS entstand), und vor allem in Verbindung mit dem beliebten Weltraum-Sujet erhoffte man sich wohl einen ähnlichen Kassenfüller. Um keine halben Sachen zu machen, engagierte man Komatsu auch gleich noch dafür, das Drehbuch zu verfassen.

Das Resultat unterscheidet sich auffallend von dem, was der damalige Durchschnitts-Konsument in der Regel von der Kategorie Science-Fiction erwartete. Denn statt epischer Schlachten und moderner Rittermythen bietet OPERATION JUPITER (wie das Werk in Deutschland getauft wurde) einen überwiegend nachdenklich gestalteten, dialoglastigen Exkurs in die Zukunft, der von einer pessimistisch geprägten Aura umwabert wird. Pate stand offenbar weniger George Lucas' kunterbunte Abenteuer-Fantasie als vielmehr Stanley Kubricks rätselschwangeres Gedankenspiel 2001. Wobei man diesen Vergleich nun auch nicht allzu ernst nehmen sollte, denn trotz Verzicht auf viel Krawall bleibt das engagierte Zukunftsmärchen in erster Linie triviale Unterhaltung, die weniger durch eine durchdachte Handlung als viel mehr durch Atmosphäre überzeugt. Dass die Spannung dabei überwiegend auf der Strecke bleibt, liegt vor allem daran, dass es an dafür nötigen Identifikationsfiguren mangelt. Tomokazu Miura [→ OUTRAGE] bleibt in seiner Hauptrolle als Eiji Honda bis zum Schluss vergleichsweise unnahbar, woran auch seine flink ins Skript gestrickte Liebesnöte nichts ändern können. Dabei werden zu Beginn noch ganz anständig die Weichen gestellt, als mit Captain Hoger Kinn ein Charakter vorgestellt wird, mit dem Honda offenbar eine innige Männerfreundschaft verbindet – so innig, dass sich die beiden zur Begrüßung erstmal eine zünftige Rauferei liefern und sich balgen wie kleine Jungs im Sandkasten. Das wirkt angenehm sympathisch - zumal es auch einer der wenigen Momente ist, in denen die Protagonisten aus ihrer Dauerstarre herausbrechen und mal nicht mit sorgenvoller Miene auf Bildschirme oder in die Ferne stieren. Doch nach dieser effektiven Einführung gönnt man den zwei Raufbolden keine gemeinsame Szene mehr (nein, Bildtelefonie zählt nicht!) und verschenkt dadurch einiges an Potential.

Die Erklärung, was genau die beiden Männer denn nun eigentlich verbindet, bleibt der Autor dem Publikum schuldig - wie ohnehin das meiste, was hier passiert und diskutiert wird, merkwürdig unkonkret bleibt: Eiji trifft seine alte Freundin Maria, mit der er früher offenbar mal zusammen war. Oder doch nicht? Warum fallen die beiden unmittelbar nach ihrem Wiedersehen übereinander her wie zwei sexuell ausgehungerte Wölfe? Warum ist Maria jetzt Teil einer radikalen Umweltschutz-Sekte? Was sind die Ziele des hippie-esken Sektenführers Peter, der mit der Klampfe zwischen Blumenkindern und Delfinen von Frieden und Freiheit singt? Warum folgen ihm so viele Leute dermaßen bedingungslos, dass sie sogar den eigenen Tod in Kauf nehmen? Es gibt keine nachvollziehbaren Erklärungen für das alles, was auf Dauer zu Unzufriedenheit führt und dem permanenten Eindruck, zwischendurch etwas Wesentliches verpasst zu haben. Ob es ein politisches Statement des Autors war, ausgerechnet radikale, extrem naiv und klischeehaft gezeichnete Umweltschützer zu den Bösewichten der Geschichte zu machen, ist zwar nicht eruierbar, aber da die Sekten-Mitglieder so völlig weltfremd und ziellos agieren, wird etwaiger Kritik an damaligen realen Begebenheiten ohnehin der Wind aus den Segeln genommen. Das produzierende Toho-Studio jedenfalls war zu der Zeit eigentlich auf dem Öko-Trip und lies ihren Vorzeige-Star Godzilla mehrmals gegen die Folgen verheerender Umweltverschmutzung antreten.

Dazu gesellt sich die leicht verschroben wirkende Regie Koji Hashimotos [→ GODZILLA – DIE RÜCKKEHR DES MONSTERS], der teils sinnlose Zeitlupen einstreut, völlig deplatziert Japan-Pop-Gedudel dazwischenschiebt oder das Pärchen Eiji/Maria bei ihrem Liebesgeplänkel erklärungslos durch ein Sternenmeer schweben lässt (quasi die Kombination zweiter ikonischer Szenen aus 2001 und SUPERMAN in der Nackedei-Variante). Herrlich schräg auch die Idee, den aggressiven Sabotageakt gewaltbereiter Saboteure mit Ausschnitten aus einem Godzilla-Film zu unterlegen (Monsterfilme werden also auch noch im Jahre 2125 geschaut - beruhigend!). In solchen Momenten scheint OPERATION JUPITER tatsächlich nicht von dieser Welt zu sein - wobei diese extravagante Attitüde dem Werk eine ansprechende Portion Pfeffer verleiht, was einen die etwas dröge Dramaturgie zeitweilen vergessen lässt. Kurz vorm finalen Vorhang fiel den Machern dann offenbar doch ein, dass ein bisschen Rambazamba ja nicht schaden kann, und so zücken die Protagonisten wie aus dem Nichts plötzlich bisher nie erwähnte oder sonstwie eingeführte Strahlenpistolen und liefern sich ein feuriges Wild-West-Duell mit allem, was dazugehört. Das wirkt zu diesem späten Zeitpunkt allerdings so dermaßen fehl am Platze und aus dem Hut gezaubert, dass man sich gut vorstellen kann, dass die Produzenten das Team dazu genötigt hatten, dem STAR WARS-Klientel zumindest im letzten Akt ein paar Schauwerte zu liefern.

So holprig das Endergebnis auch daherkommt, rein optisch gab man sich hier keine Blöße. Wer bisher aus Japan nur das Theaterkulissen- und Gummikostüm-Kino gewohnt war, wird sich gewiss die Augen reiben, wie tadellos hier alles getrickst wurde. Natürlich griff man auch hier auf Modelle zurück (etwas anderes war damals ja auch noch gar nicht möglich), aber so detailreich gestaltet und majestätisch in Szene gesetzt wurden Raumschiffe und Planeten im asiatischen Science-Fiction-Genre nur selten. Tatsächlich gelingt es hier reibungslos, die Illusion zu erzeugen, man befände sich wahrhaftig in den Weiten des Weltraums. Dazu kommen ein paar wirklich eindrucksvolle, fast schon magische Momente – allem voran die Szene, in welcher der gigantische, in geheimnisvolle Gaswolken gehüllte Kreuzer gesichtet wird und sich die Atmosphäre kurzzeitig dermaßen verdichtet, dass man sie schneiden könnte. Nicht nur in diesem Augenblick erinnert OPERATION JUPITER noch an einen ganz anderen Genre-Beitrag, nämlich an den von den Disney-Studios initiierten, für diesen Verleih ungewohnt düsteren DAS SCHWARZE LOCH [1979] (mit dem es im weiteren Verlauf noch eine weitere Gemeinsamkeit geben wird). Im Zusammenspiel mit der unaufdringlichen, aber effektiven Musikuntermalung Kentaro Hanedas [→ DIAMANTENAUGE] und dem generell rundum gelungenen Sound-Design, entsteht so ein durchaus faszinierendes Universum, das durch und durch stimmig wirkt.

Gerade unter diesen Aspekten ist es betrüblich, dass die Defizite trotz allem nicht zu übersehen sind. Die Story ist so kryptisch erdacht und erzählt, dass der Autor sie vermutlich selbst nicht zu 100 Prozent verstanden hat. Die Charaktere wirken durch die Bank so distanziert, dass man sie schon vergessen hat, sobald sie aus dem Bild sind. Dazu kommen ein paar Albernheiten, die gehörig an der Seriosität kratzen. So scheint für die Technik an Bord nur eine einzige Person zuständig zu sein - ein jugendlicher Schulstreber mit Brille und Latzhose, der unter der Last seiner Aufgaben auch schon mal kollabiert. Zudem ist selbst für den Laien ersichtlich, dass die technischen und wissenschaftlichen Erklärungen, die hier fortlaufend abgesondert werden, hanebüchener Unsinn sind. Vor allem aber ist OPERATION JUPITER heillos überambitioniert und will irgendwie alles zugleich sein (Philosophiestunde, Gesellschaftskritik, Seifenoper und kurz vor Schluss auch noch Action-Spektakel) und ist damit am Ende nichts Halbes und nichts Ganzes. Einen Blick wert ist der abstruse All-Ausflug dennoch – sei es wegen der visuellen Vorzüge, der skurrilen Ideen oder nur, um den alten Godzilla-Veteranen Akihiko Hirata (spielte im ersten GODZILLA von 1954 den Erfinder des Oxygen-Zerstörers, welcher Godzilla schließlich in die Knie zwang) in seiner letzten Rolle zu sehen.

s. auch: OPERATION JUPITER

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