AGENTEN LASSEN BITTEN - Basil Dearden

Agenten rippen einsam off - Bond-Kopien aus europäischem Klon-Technik-Anbau
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Prisma
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AGENTEN LASSEN BITTEN - Basil Dearden

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Cliff Robertson   Marisa Mell   Jack Hawkins   in

AGENTEN LASSEN BITTEN


● MASQUERADE / AGENTEN LASSEN BITTEN (GB|1965)
mit Michel Piccoli, Bill Fraser, Charles Gray, John Le Mesurier, Felix Aylmer, Ernest Clark, u. a.
eine Produktion der Michael Relph Productions | Novus Films | im Verleih der United Artists
ein Film von Basil Dearden

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»Was immer Sie von mir wollen, meine Antwort heißt nein!«


Die britische Wirtschaft ist auf einen großen Staat des Mittleren Ostens angewiesen, der das Königreich mit Erdöl-Lieferungen versorgt. Nach dem Ableben des Staatsoberhauptes, der dem Westen immer positiv gesinnt war, ist sein Sohn legitimer Nachfolger. Doch der Nachkomme ist zu diesem Zeitpunkt zu jung zum regieren. So übernimmt sein Onkel die Interessen des Staates kommissarisch, doch er nähert sich politisch eher dem Osten an. Im Vereinigten Königreich befürchtet man nun zurecht, dass der neue Machthaber alles daran setzen werde, den rechtmäßigen Thronfolger zu übervorteilen oder ihn zu liquidieren. Großbritannien sieht sich gezwungen zu intervenieren und setzt Colonel Drexel (Jack Hawkins) auf die Mission an. Er soll den rechtmäßigen Thronfolger entführen, um ihn zu schützen. Zur Seite steht ihm sein amerikanischer Kollege David Frazer (Cliff Robertson), und beide kämpfen gegen nebulöse Gegenspieler, bis sie zwangsläufig in gefährliche Turbulenzen geraten. Werden sie ihren Auftrag dennoch ausführen können..?

Basil Deardens Beitrag stellt sich nach kürzester Zeit als sehr gelungene Überraschung im Bereich der gehobenen Agenten-Komödien heraus und es handelt sich um eine sehr kurzweilige Angelegenheit. Gewürzt ist das Ganze mit feinem britischen Humor, es entsteht permanent eine angenehme Situationskomik und eine erfrischende Dynamik, die den Verlauf - gekoppelt mit dosierter Action, hohem Tempo und humorvollen Dialogen - spielend über die Ziellinie bringen werden. Als Referenz wird hier sogar häufiger auch ganz direkt "James Bond" himself gewählt, beispielsweise liest der mittlerweile bereits 12jährige Thronfolger ein Buch, und noch während er zu Bett geht, lässt er es sich nicht nehmen anzumerken, dass es ohnehin langweilig gewesen sei. Eine spätere Kameraeinstellung zeigt dann den Roman "Goldfinger". Abgedroschen oder nicht, die Personen der Geschichte locken dem Zuschauer etliche aufrichtige Lacher heraus, doch man sollte "Agenten lassen bitten" auf keinen Fall in die Klamauk-Besenkammer abstellen, da auf subtiler Ebene auch ernsthafte Tendenzen wahrzunehmen sind. Was diese Komödie im Sinne der Nachhaltigkeit weiterhin auszeichnet, ist die fabelhafte Bebilderung des Stoffes. Satte Farben, herrliche Aufnahmen der Landschaft, detailverliebte Sets und reinstes Charisma in jeder erdenklichen Beziehung, lassen diesen Film optisch, aber vor allem stilistisch gesehen hochwertig wirken. Auch wurde das Szenario mit einem von Danny Williams interpretierten Titeltrack ausgestattet, welcher jenen der laufenden "James Bond"-Filme ähnelt und ihnen sogar Ehre gemacht hätte. Musikalisch läuft mit der Arbeit von Philip Green in diesem Film ohnehin alles in angenehme Bahnen. Regie und Drehbuch hinterlassen also einen sehr starken Eindruck und bekommen durch die hervorragenden darstellerischen Leistungen einen kleinen Brillantschliff. Vielleicht darf man sogar von einer Symbiose sprechen, die man nicht alle Tage zu sehen bekommt. Sicherlich muss man derartige Beiträge schon irgendwie mögen, denn ganz ohne Bezugspunkte kommen die geschilderten Stärken wohl kaum so positiv zur Geltung.

Cliff Robertson macht quasi als Pendant zu großen Vorbildern eine recht gute Figur, und ausgestattet mit der Synchronstimme von Gert Günther Hoffmann kommt eine Agenten-Figur mit Profil dabei heraus. Der sympathische Kerl hat im Verlauf der Geschichte zwar mit einigen Kapriolen von etlichen Beteiligten zu tun und einiges einzustecken, aber es besteht kein Zweifel daran, dass er den Hintermann demaskieren wird. Jack Hawkins versprüht hier unter anderem eine britische Note sowie weltmännisches Flair, und bei Marisa Mell als Französin mit charmantem österreichischen Akzent wird es tatsächlich international, da ihre Körpersprache auch ohne viele Worte in jedem Land verständlich sein dürfte. Mit Michel Piccoli, Charles Gray und abgerundet durch den Rest der Riege, entsteht ein regelrecht spiralförmiger Spaß der einen großen Teil des Vergnügens ausmacht, weil er einfach bemerkenswert gut greift. Viele Kehrtwendungen sorgen für frühe und späte Überraschungen, es scheint so, als habe das Drehbuch für nahezu jede Person eine solche in petto haben wollen, sodass nicht die Spur von Eintönigkeit aufkommt. Außerdem sollte der Zuschauer sich nicht auf allzu viele Charaktere verlassen. Betrachtet man die Geschichte, so kommt einem der Inhalt insgesamt schon etwas absurd vor, aber ganz im Stil des Films wird man hier dazu eingeladen, das Gesamtpaket nicht zu ernst zu nehmen, denn gerade diese selbstironische Note ist schon sehr reizvoll und erheiternd. Mission erfüllt, darf man also sagen, und wann kommt es dem Empfinden nach schon vor, dass alles derart geschmeidig zusammenpasst. Löblich erwähnt werden sollte noch die hervorragende Kamera-Arbeit von Otto Heller, der den Szenen 1000 Gesichter zu geben scheint und mit ungewöhnlich experimentellen Kamera-Perspektiven auffällt, oder vielmehr überzeugt. "Agenten lassen bitten", dessen englischer Originaltitel dieses bunte Treiben wesentlich besser auf den Punkt bringt, ist sowohl für Fans, als auch für Kritiker des Agenten-Genres sehr gut geeignet und kann mit dem Titel Edel-Persiflage letztlich ganz gut charakterisiert werden. Originell, geistreich und vor allem amüsant.

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Prisma
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Re: AGENTEN LASSEN BITTEN - Basil Dearden

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● MARISA MELL als SOPHIE in
AGENTEN LASSEN BITTEN (GB|1965)



In Basil Deardens Spionage-Komödie "Agenten lassen bitten" ist Marisa Mell in ihrer kurzen britischen Phase und nach dem zuvor entstandenen Film "Versuch's mal auf Französisch" erneut in der Rolle einer Französin zu sehen. Es ist erstaunlich, wie selbstverständlich die attraktive Österreicherin auf internationalem Parkett vermarktet und spielend in jedem Genre untergebracht werden konnte. Bei der Betrachtung ihrer so vielschichtig wirkenden Sophie ist zunächst einmal die verpasste Chance wahrzunehmen, ihr keine bedeutende Frauenrolle bei James Bond zugetragen zu haben, denn genau das gibt die auf optischen und charakterlichen Similaritäten basierende Geschichte absolut her, von den ganzen Rahmenbedingungen ganz zu schweigen. So findet sich in diesem vollkommen logisch wirkenden Gedankenspiel unweigerlich eine Empfehlung als Bond-Girl wieder, was jedoch leider nie zustande kommen sollte. Der britische Regisseur setzt Marisa Mell hier betont, außerdem sehr bewusst ein, und erneut zeigt sich die interessante Tatsache, dass seine Hauptdarstellerin offensichtlich über eine breit angelegte komödisntische Ader verfügte, die wiederum nur selten abgerufen werden musste. Ihre mit Humor versehenen Auftritte sind innerhalb ihrer Karriere somit echte Raritäten, aber es kam immer wieder einmal zu dieser vielleicht erschwerten Anforderung, was sich letztlich vordergründig auf das ungewohnte Terrain bezieht. Hier wird die Anforderung mit einer erstaunlichen Leichtigkeit präsentiert und gelöst, sodass dieses originelle Treffen mit Sophie zu einem der großen Vorteile dieses leider viel zu unbekannten Films wird. Sophie taucht aus dem Nichts auf und es scheint, als erwarte sie David Frazer wie eine Spinne, die ihr Netz sorgsam und im Endeffekt undurchlässig gespannt hat, bis sich die sorgsam anvisierte Beute darin verheddert und von ihr selbst befreit werden muss.

Da innerhalb der Dialoge und Konversationen ein großer Teil der Situationskomik aufgebaut und in der Regel durch überspitzte Bilder verstärkt wird, sind die Kernkompetenzen der Protagonisten umso genauer zu beobachten. Marisa Mell funktioniert in dieser Beziehung wie ein österreichisches Uhrwerk und verleitet immer wieder zum Schmunzeln und kann für echte Erheiterung sorgen. Sophie wirkt nicht nur verführerisch und charmant, sondern im Rahmen des trockenen Humors auch verspielt, hin und wieder sogar naiv bis einfältig, was allerdings zur breit angelegten Maskerade gehören dürfte. So bleibt es nicht aus, dass man innerhalb des Publikums dazu neigt, sie maßlos zu unterschätzen, doch sie stellt ihre ungeahnten Fähigkeiten immer wieder fulminant unter Beweis, sei es als patente Gehilfin oder eben als Frau, die einem in Windeseile den Kopf verdrehen kann. Insgesamt gesehen bekommt man schließlich eine mitreißende - wenn nicht sogar begeisternde - Mixtur aus Temperament und Kalkül geboten, die zweifellos und vielerlei Hinsicht in Erinnerung bleiben wird. In einer Szene setzt es sogar eine saftige Ohrfeige, die Sophie später allerdings mit einem Kinnhaken quittiert bekommt und somit kurzfristig ins Reich der Träume geschickt wird. Alles in allem sieht man in "Agenten lassen bitten" eine von Marisa Mells möglicherweise besten Darbietungen auf internationaler Ebene und darüber hinaus einen wirklich sehr sehenswerten Film, der vielleicht an seiner Entschlossenheit scheitert, etwas anders sein zu wollen als eine publikumswirksamen Vorbilder. Wenn die turbulente Geschichte schließlich beendet ist und sich die bunten bis turbulenten Eindrücke gesetzt haben, sieht man die schöne Französin aus Österreich noch einmal in Gedanken vor sich und denkt, dass es bestimmt niemand zuvor und danach geschafft hat, so unheimlich verführerisch beim Trinken einer Coca-Cola ausgesehen hat.



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