ZUCKER FÜR DEN MÖRDER - Federico Chentrens und Maurice Cloche

Agenten rippen einsam off - Bond-Kopien aus europäischem Klon-Technik-Anbau
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Prisma
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ZUCKER FÜR DEN MÖRDER - Federico Chentrens und Maurice Cloche

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ZUCKER FÜR DEN MÖRDER


● ZUCKER FÜR DEN MÖRDER / UN KILLER PER SUA MAESTÀ / LE TUEUR AIME LES BONBONS (D|I|F|1968)
mit Kerwin Mathews, Marilù Tolo, Werner Peters, Bruno Cremer, Venantino Venantini, Ann Smyrner, Riccardo Garrone,
Gordon Mitchell, Lukas Ammann, Sieghardt Rupp, Elisa Cegani, Umberto Raho, Alain Saury, Giuseppe Addobbati, u.a.
eine Produktion der Eichberg Film | Franca Film | Critérion Film | im Verleih der Columbia
ein Film von Federico Chentrens und Maurice Cloche


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»Friss nicht alles Beweismaterial!«


Venedig ist in heller Aufregung, da sich im Rahmen eines hohen Staatsbesuchs ein Attentat abgespielt hat, bei dem ein Mann aus dem Komitee von König Faoud (Lukas Ammann) tödlich verletzt wurde. Offensichtlich galt der Anschlag dem Herrscher des Landes Kafiristan. Der CIA-Agent Mark Stone (Kerwin Mathews) wird umgehend zum Schutz des Königs engagiert, da man weitere Mordanschläge befürchtet, die auch folgen. Stone findet es sehr seltsam, dass die unbekannten Verbrecher jedes Mal wussten, wo sich der Monarch gerade aufhält und er vermutet eine undichte Stelle in Faouds Reihen. Die Zeit rennt davon, da der Gangster Nicolo (Werner Peters) weiter an seinem Mordplan festhält und der Auftragskiller Toni (Bruno Cremer) sein Opfer erneut mit dem Zielfernrohr anvisiert hat...

Der blumig wirkende deutsche Titel dieses unter Doppelregie entstandenen Vertreters des Action-Thrillers kann bei fortlaufender Zeit nicht daran festhalten, dass es doch zu ein paar ungewöhnlich brutalen Veranschaulichungen kommen wird, die den Zuschauer aber gut bei der Stange halten werden. Gleich zu Beginn verbreitet ein geplantes Attentat eine ordentliche Portion Zynismus, da der in einer Soutane getarnte Mörder unsentimental seine Vorbereitungen trifft, dazu sehr feierliche Musik zu hören ist und er obendrein genüsslich Bonbons isst, bis sein zu liquidierendes Zielobjekt auftaucht. Da der Zufall den Plan zunächst vereitelt ist schnell klar, dass eine Reihe weiterer Anschläge folgen werden, die für die nötige Grundspannung sorgen. Gedreht wurde an imposanten Originalschauplätzen in Venedig und Rom, ausstaffiert wurde das Ganze mit einer starträchtigen europäischen Besetzung, die teilweise auch ungewöhnliche Ausreißer aufweist. Zu jener Zeit entstanden zahlreiche Filme dieses Strickmusters und naturgemäß ist es schließlich so, dass sich jede einzelne Produktion von der anderen abzuheben versucht. "Zucker für den Mörder" wurde weniger wohlwollend von der damaligen Kritik aufgenommen und beispielsweise als Ware von der Stange bezeichnet, offensichtlich ohne die bestehenden Vorzüge anzuerkennen, die hier immer wieder deutlich auf der Hand liegen. Für einen Vertreter des europäischen Agentenfilms kann sich diese Produktion mit all ihren Stärken und Schwächen durchaus sehen lassen und vertreibt die Zeit kurzweilig und angenehm. Eine Reihe von Attentaten bildet hier also das Filmelixier und entsprechende Szenen lassen nicht lange auf sich warten. Die Drahtzieher werden zugunsten des Zuschauers und der positiven Protagonisten des Films zwar als emsig und einfallsreich in der Wahl ihrer Methoden dargestellt, aber gleichzeitig wirken sie auch recht inkompetent, da kein Plan so richtig aufgehen mag. Schnelle Umdrehungen des Todeskarussells sorgen für Nervenkitzel und gleichzeitig für ein engeres Umrahmen des potentiellen Täterkreises.

Obwohl mit Bruno Cremer und Werner Peters die ausführenden Organe von Skrupellosigkeit und Mord schnellstens gebrandmarkt sind, kommt es dennoch zu einem linear aufgebauten Whodunit-Effekt, da es einen bis zum Ende im Hintergrund agierenden Auftraggeber gibt, welcher aufmerksamen Zuschauern vielleicht schon nach kurzer Zeit nicht mehr komplett unbekannt sein dürfte. Für die fiesen Gangster-Visagen hat man mit Peters und Cremer jedoch einige der prägnantesten Gesichter an Bord, zu denen Gordon Mitchell ebenfalls gut passen will. Der US-amerikanische Schauspieler Kerwin Matthews als CIA-Agent füllt den Verlauf mit Agilität und wirkt von seiner Art her etwas ungehobelt, was er nicht nur im Umgang mit seinen Kontrahenten unter Beweis stellen darf, sondern auch bei König Faoud, der ihn in seinem eigenen Land für ein derartig skandalöses Verhalten wohl hätte hinrichten lassen. Lukas Ammann weiß in der Rolle des Monarchen zu gefallen, denn er erstrahlt weltmännisch und unnahbar. Marilù Tolo stellt eine Art Zucker für den Zuschauer dar und hat nicht viel mehr zu tun, als blendend auszusehen. Für heitere Noten und flotte Sprüche sorgen Ann Smyrner und insbesondere Venantino Venantini, ohne dabei jedoch zum klamaukigen Überholmanöver anzusetzen. Insgesamt gesehen hat man es mit einer besonders spielfreudigen Entourage zu tun, die markante Persönlichkeiten zeichnet und dem Film zu einem flexibler wirkenden Erzählfluss verhilft. Übrigens synchronisierten sich alle deutschen Darsteller für die heimische Fassung selbst. Im Endeffekt hebt sich der Film aufgrund der immer wieder zu erkennenden Sorgsamkeit in vielen Bereichen leicht von der Konkurrenz ab, wenngleich die Geschichte herkömmlich bleibt. Unterlegt mit einer interessanten, abwechslungsreichen Musik, kommen die richtigen Stimmungen und Schwingungen auf, die durch imposante Schauplätze verstärkt werden. Alles in allem ist "Zucker für den Mörder" sehr gut anzuschauen und wenn man sich ohnehin für derartige Formate mit charakteristischen Zutaten interessiert, vertreibt einem dieser kurzweilige Reißer die Zeit sehr schnell.

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Richie Pistilli
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Re: ZUCKER FÜR DEN MÖRDER - Federico Chentrens und Maurice Cloche

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Bei der vorliegenden deutsch-französisch-italienischen Koproduktion handelt es sich um einen Vertreter leichtfüßiger Kriminalfilmkost, der neben einer ganzen Latte an gut aufgelegten Schauspielstars auch noch einen Haufen schön fotografierter Bildeinstellungen vorzuweisen hat. Ein unbekannter Auftragskiller (Bruno Cremer), der nicht nur eine Vorliebe für süße Nachwaren hegt, sondern auch mit Gewehrkugeln aus Eis herumhantiert, hält die beiden CIA-Agenten Kerwin Mathews (der mich übrigens auch ein wenig an den so oft von mir verschmähten Heinz Drache erinnerte) und Venantino Venantini mächtig auf Trapp, denn als Ziel seines tödlichen Auftrags wurde der König des Landes Kafiristan auserkoren. Venantini entpuppt sich dabei als ein erfolgreicher Gigolo, der neben seinem Beschäftigungsverhältnis bei dem Auslandsgeheimdienst auch zeitweise als Modefotograf unterwegs ist. Werner Peters mimt dahingegen mal wieder einen dubiosen Unterweltler, der zudem mehrere schmerzhafte Zusammentreffen zwischen den beiden Geheimagenten und seinem gnadenlosen Handlanger Gordon Mitchell zustande kommen lässt. Und Riccardo Garrone, der Bruder von Sergio, Marilù Tolo, Ann Smyrner, Sieghardt Rupp und Umberto Raho runden mit ihren Darbietungen das unbeschwerte Filmvergnügen dann vollends ab.


Die deutsche Synchro hat mir übrigens auch sehr zugesagt, da sowohl die Wahl der Sprecher als auch die Umsetzung als gelungen angesehen werden kann. Abschließend sei auch noch auf Davinotti.com hingewiesen, da dort ein ausgiebiger Drehortvergleich bestaunt werden kann: https://www.davinotti.com/index.php?forum=50027603


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Prisma
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Re: ZUCKER FÜR DEN MÖRDER - Federico Chentrens und Maurice Cloche

Beitrag von Prisma »

Richie Pistilli hat geschrieben:Kerwin Mathews (der mich übrigens auch ein wenig an den so oft von mir verschmähten Heinz Drache erinnerte)

Gut, dass es mir nicht genauso ging, denn sonst hätte mir seine Performance sicherlich nur halb so gut gefallen. :mrgreen:

Schöne Screenshots übrigens - die vermitteln ein aussagekräftiges Profil des Films, der sich ja wirklich einer tollen Bildsprache erfreut.
Ich war froh, den mal gesehen zu haben, vor allem wegen den Schauspielern. Da hat mich Werner Peters am meisten überzeugt, obwohl er doch viel einzustecken hatte.

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