EIN PECHVOGEL NAMENS OTLEY - Dick Clement

Agenten rippen einsam off - Bond-Kopien aus europäischem Klon-Technik-Anbau
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Prisma
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EIN PECHVOGEL NAMENS OTLEY - Dick Clement

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EIN PECHVOGEL NAMENS OTLEY


● OTLEY / EIN PECHVOGEL NAMENS OTLEY (GB|1969)
mit Tom Courtenay, Romy Schneider, Alan Badel, Leonard Rossiter, James Bolam, Fiona Lewis, Freddie Jones,
James Cossins, James Maxwell, Ronlald Lacey, Damian Harris, Phyllida Law, Bernard Sharpe und James Villiers
eine Produktion der Bruce Cohn Curtis Films Ltd. | Open Road Films
ein Film von Dick Clement

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»I don't know anything!«


Der Überlebenskünstler und Freigeist Gerald Arthur Otley (Tom Courtenay) kommt wegen der Suche nach einer Bleibe für eine Nacht in große Schwierigkeiten, denn am nächsten Morgen wird er neben der Leiche seines Bekannten angetroffen und gerät unter Verdacht. Sein Freund war zudem kein unbeschriebenes Blatt, denn er verdiente sein Geld mit Indiskretionen, beziehungsweise dem Weiterleiten geheimer Staatsgeschäfte. Bevor sich Otley versieht, befindet er sich inmitten eines Mord- und Spionagefalls. Um sich rehabilitieren zu können, wird er von Scotland Yard zur Klärung des Falls eingespannt und bekommt die attraktive Agentin Imogen (Romy Schneider) zur Seite gestellt, die ihm zusätzlich gehörig den Kopf verdreht. Otley gerät immer tiefer in den Strudel des Verbrechens, bis er sich mit den Drahtziehern der mysteriösen Angelegenheit konfrontiert sieht...

Der Regisseur Dick Clement gilt als einer der erfolgreichsten Filmautoren Großbritanniens und konnte sich in seiner Karriere vor allem in diesem Bereich einen Namen machen. Die Spielleitung für Kinofilme übernahm der Engländer nur sehr sporadisch und erstmals 1968 in "Ein Pechvogel namens Otley", der sich als recht gelungene, wenn auch wenig beachtete Agentenparodie empfiehlt, dabei über typische Charakteristika und Stereotypen des Genres verfügt. Der deutsche Titel will bereits im Vorfeld eine Art Marschrichtung andeuten und im weiteren Verlauf stellt sich eindeutig heraus, dass viele Gegebenheiten genüsslich auf die Schippe genommen werden. Interessant hierbei ist die offensive Verwendung und Überspitzung eines sehr trockenen britischen Humors, der die Produktion nicht nur mit einer Art Seele ausstattet, sondern sie über weite Strecken geistreich dominiert. Die Titelfigur hangelt sich von einer suboptimalen Situation zur nächsten, ahnt jedoch noch nicht, dass ihm ein richtiger Schlamassel bevorsteht, der das Leben nicht nur noch anstrengender macht, sondern wesentlich bedrohlicher, da er unfreiwillig an die falschen Leute gerät. Als sympathischer Protagonist funktioniert Hauptdarsteller Tom Courtenay wirklich hervorragend und er bringt die gesamte Veranstaltung mit Leichtigkeit über die Ziellinie, zwischenzeitlich natürlich auch durch jede noch so turbulente oder konstruierte Situation. Gerald Otley wacht plötzlich in einer Art Alptraum auf, der sich allerdings nicht als solcher darstellt, da man es schließlich mit einer sehr ausgefeilten parodistischen Route zu tun bekommt, der trotz sehr guter Pointen im Endeffekt das gewisse Etwas zu fehlen scheint. Dies bleibt hier aber wohlgemerkt ein Luxusproblem. Dass sich dieser verhaltene Eindruck trotz der wirklich guten Ausarbeitung doch etablieren kann, liegt vielleicht ein bisschen daran, dass einigen Erwartungshaltungen nicht Genüge getan wird und man als Zuschauer im Gros zu reibungslos durch alle auftauchenden Turbulenzen geführt fühlt.

Dieser sporadische Eindruck soll das gut schmeckende Wässerchen aber keinesfalls trüben, denn der Verlauf spart nicht mit ausgiebiger Situationskomik und für das Format förderlichen Einfällen. Im Rahmen der Überzeichnung der Charaktere hält man sich deutlich an die Schablonen landläufig bekannter Agenten-Filme, sodass die Darsteller genügend Raum zur Verfügung gestellt bekommen, auf ihrer großen, nicht immer mit bitterem Ernst geebneten Bühne aufzutrumpfen. Dies gilt vor allem für Tom Courtenay, der sich insbesondere durch seine gut choreografierte Gestik und Mimik hervortun kann, sich in den richtigen Situationen auch für keinen Spaß oder temporeiche Einlagen zu schade ist. Der Ideenreichtum der Geschichte fällt genau wie die ausgezeichnete Bildgestaltung sehr positiv auf, die in Verbindung mit musikalischer Untermalung und schnellen Schauplatzwechseln zu einem runden Gesamtbild führen. Wenn schon einiges passiert ist und mehrere Weichen gestellt sind, taucht plötzlich eine gut aufgelegte und nicht immer durchschaubare Romy Schneider als Imogen im Geschehen auf, die nach zweijähriger Babypause ihr Comeback gab. Weitere bekannte Interpreten, wie etwa James Villiers oder Alan Badel, sorgen für punktgenaues Schauspiel und sind tatkräftig dabei behilflich, dieses interessante Tauziehen mit erinnerungswürdigen Nuancen auszustatten. Wenn das anschauliche und stark inszenierte Finale über die Bühne gegangen ist, sich weitgehend alle Verstrickungen aufgelöst haben und die Zeit für Unverbindlichkeiten gekommen ist, kann "Ein Pechvogel namens Otley" sicherlich zu den gelungeneren Agentenparodien gezählt werden, an der vielleicht ein wenig der Makel anhaften bleibt, sich insgesamt etwas zu unbeschwert präsentiert zu haben. Für Freunde der Darsteller oder potentielle Interessenten solcher Flicks kommen tatsächlich festähnliche Sequenzen auf, die als denkwürdige und amüsante Bruchstücke in der Erinnerung zurückbleiben werden. Dick Clement hat rückblickend vielleicht keinen großen Klassiker des Genres erschaffen, doch eine gelungene Abwechslung in schillernden Bildern allemal.

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