JAMES BOND - LIEBESGRÜẞE AUS MOSKAU - Terence Young

Agenten rippen einsam off - Bond-Kopien aus europäischem Klon-Technik-Anbau
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Prisma
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JAMES BOND - LIEBESGRÜẞE AUS MOSKAU - Terence Young

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Sean Connery

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● FROM RUSSIA WITH LOVE / JAMES BOND 007 - LIEBESGRÜẞE AUS MOSKAU (GB|1963)
mit Daniela Bianchi, Pedro Armendáriz, Robert Shaw, Bernard Lee, Eunice Gayson, Walter Gotell, Lois Maxwell, Desmond Llewelyn,
Francis de Wolff, George Pastell, Nadja Regin, Anthony Dawson, Vladek Sheybal, Martine Beswick, Hasan Ceylan und Lotte Lenya
eine Produktion der Eon Productions | im Verleih der United Artists
Ein Film von Terence Young


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»Russische Uhren gehen immer richtig!«


Die geheime Verbrecherorganisation "Phantom" will sich für den Tod ihres strategischen Partners "Dr. No" rächen und gleichzeitig soll der Sowjetunion eine neuartige Dechiffriermaschine entwendet werden, um sie wieder für ein Vielfaches des Preises an sie zurück zu verkaufen. Des Weiteren rekrutiert die Organisation Rosa Klebb (Lotte Lenya), die ehemalige Chefin des sowjetischen Geheimdienstes, um das Vorhaben voranzutreiben. Ihr unterstellt ist die Dechiffrier-Expertin Tatiana Romanova (Daniela Bianchi), der man vortäuscht, dass sie ihren Auftrag für ihr Mutterland erfülle. Tatiana soll eine Affäre mit James Bond (Sean Connery) eingehen, um gleich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Anvisiert ist nicht nur die Erfüllung des Plans der Verbrecherorganisation, sondern gleichzeitig die Beseitigung James Bonds...

"Liebesgrüße aus Moskau" ging im Jahr 1963 als zweiter Vertreter der Bond-Reihe an den Start und konnte international große Erfolge verbuchen. Mit einem Produktionsbudget von etwa 2 Millionen US-Dollar konnte der Film beinahe das vierzigfache seiner Kosten wieder einspielen und dokumentiert nicht zuletzt deswegen, dass die Zeit genau richtig für derartig aufwändige, aber ebenso leichtfüßige Geheimagenten-Thriller war. Die seinerzeit brandaktuelle Thematik rund um Spionage und Manipulation durch Geheimdienste wirkt auch heute noch sehr ansprechend und spannend umgesetzt, wenngleich sich Terence Youngs Beitrag mit ein paar Längen auseinanderzusetzen hat, die allerdings nicht gravierend ins Gewicht fallen, da Sequenzen abgehandelt werden, die einen sorgsam durchdachten Aufbau unterstreichen. Eine prominente Rolle nimmt die Verbrecherorganisation "Phantom" ein, die gleichzeitig auch die Schachfiguren in diesem tödlichen Spiel rekrutiert und stellt. Der Kopf des Ganzen bleibt dabei weitgehend ohne physisches Profil und es ist hauptsächlich seine fordernde Stimme zu hören, die in der englischen Sprachversion vom Österreicher Eric Pohlmann übernommen wurde und um einiges nachhaltiger wirkt, als in der deutschen. Nichtsdestotrotz scheint dieser Unbekannte gnädiger mit seiner Katze umzugehen, als mit Untergebenen, falls sie seine Befehle nicht, oder nur halbherzig ausführen. Die Geschichte rund um die gestohlene Lector erscheint auf den ersten sowie den zweiten Blick etwas unspektakulär zu sein, jedoch ergeben sich genau hieraus die Zusammenhänge und wichtigen Handlungsstränge. So kommt die Story ganz natürlich ins Rollen, sodass bei dieser Gelegenheit alle wichtigen Charaktere vorgestellt werden können.

Das halsbrecherische und mörderische Tauziehen um die bessere Position gestaltet sich hoch interessant, denn sowjetische Härte, britischer Esprit und exotische Würze finden sich zusammen. Hinzu kommen beeindruckende Schauplätze und nette Spielereien aus dem obligatorischen Bond-Repertoire, was der Geschichte, die sich dem Empfinden nach sehr nah an der Realität abspielt, erinnerungswürdige Konturen verleiht. Mit Sean Connery ist der Mann der ersten Stunde zu sehen, und bereits hier zeichnet sich ganz deutlich ab, dass er mit jedem seiner Auftritte wachsen konnte. James Bond ist erwartungsgemäß mit allen Wassern gewaschen. Typische Charakteristika wie die schnelle Kombinations- und Auffassungsgabe, eine übernatürliche Cleverness und eine gute Portion Kaltschnäuzigkeit eines echten Gentleman lassen den Zuschauer gebannt dabei zusehen, wie 007 einen Kontrahenten nach dem anderen ausschalten kann, selbst wenn es zu überaus bedrohlichen Phasen kommt, in denen andere längst umgekommen wären. An seiner Seite ist Daniela Bianchi zu sehen, die mit "Ließesgrüße aus Moskau" ihren internationalen Durchbruch feiern konnte. Interessant ist übrigens die Tatsache, dass es sich hierbei um ihre erste und einzige englischsprachige Rolle handelt. Die Italienerin bringt alles mit, was der Zuschauer mit einem klassischen Bondgirl assoziiert, obwohl sie mit Reserviertheit und merklicher Unterkühltheit zu agieren hat. Dennoch stimmt der Sex-Appeal, außerdem ist eine dynamische Leistung wahrzunehmen, die bestimmt in Erinnerung bleiben wird. Ebenso erwähnenswert sind Robert Shaw und Lotte Lenya, die brandgefährlichen Figuren der Gegenseite, die sich buchstäblich jenseits von Gut und Böse bewegen.

Insbesondere die Wahl-Amerikanerin und gebürtige Wienerin Lotte Lenya stellt quasi eine Art Prototyp der aggressivsten Sorte dar, für die Moral und Sentimentalität Fremdwörter zu sein scheinen. Als hochkarätig abgeworbene Geheimdienstfunktionärin der Sowjets, liefert sie als Rosa Klebb eine Performance, die in die James-Bond-Geschichtsbücher eingehen sollte; eine Darbietung, die an Boshaftigkeit und negativer Energie kaum zu überbieten ist. In der selben Liga spielt der Brite Robert Shaw, dessen eigene Überheblichkeit und Verachtung ihm in hoch intensiven Sequenzen zum Verhängnis werden wird. Exzellente Interpreten staffieren den Verlauf bemerkenswert gut aus, erhalten jedoch nicht den Raum, um der Titelfigur das Wasser abgraben zu können. "Liebesgrüße aus Moskau" verfügt insgesamt über einen klar definierten Aufbau, der oftmals wie eine chronologische Abhandlung wirkt. Zahlreiche Stolpersteine lassen zwar nie das Gefühl aufkommen, dass es für den Geheimdienst Ihrer Majestät unlösbar schwierig werden könnte, allerdings bewegen sich Gut und Böse über lange Zeit auf Augenhöhe, da viele positiv angelegte Personen das Zeitliche segnen müssen. Die Gefahr bekommt stets die passenden Gesichter, doch diese hängen nur wie Marionetten an den Fäden, die im Hinterhalt bedient werden. Das perfide Phantom bleibt spannungsfördernd im Hintergrund positioniert und demonstriert hin und wieder seine Macht und Verworfenheit, was sehr gut anzukommen weiß. Terence Young pflastert den Weg zum großen Finale mit vielen Leichen und empfindlich berührenden Schockmomenten, um am Ende der gelungenen Veranstaltung noch einmal giftig auftrumpfen zu können. Alles in allem handelt es sich bei Beitrag 002 um einen echten Klassiker der Reihe.

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Sid Vicious
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Re: JAMES BOND - LIEBESGRÜẞE AUS MOSKAU - Terence Young

Beitrag von Sid Vicious »

Den muss ich mir unbedingt mal wieder anschauen. Die letzte Sichtung erfolgte am 20. Januar 2012 und es muss währenddessen irgend etwas falsch gelaufen sein, denn anders kann ich mir nicht erkären, dass mich Daniela Bianchi gelangweilt hat. :o
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Prisma
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Re: JAMES BOND - LIEBESGRÜẞE AUS MOSKAU - Terence Young

Beitrag von Prisma »

Sid Vicious hat geschrieben:
Di., 10.11.2020 23:32
denn anders kann ich mir nicht erkären, dass mich Daniela Bianchi gelangweilt hat. :o

Ich muss sagen, dass mir das ganz ähnlich ging. Heute, beziehungsweise mittlerweile, sehe ich Daniela Bianchi ziemlich gerne. Ein Stück weit macht das der Vergleich innerhalb ihrer eigenen Filmografie. Dass sie in diesem Bond-Film unter Umständen einen schwächeren Eindruck machen kann, liegt für mich an internen Vergleichen unter den vielen Bond-Girls. Da gibt es viele Damen, die sich exponierter in den Vordergrund spielen durften. "Liebesgrüße aus Moskau" ist ein wirklich guter Bond-Film, den ich immer wieder gerne anschaue. Der hat viele gute Momente.

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Prisma
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Re: JAMES BOND - LIEBESGRÜẞE AUS MOSKAU - Terence Young

Beitrag von Prisma »



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● LOTTE LENYA als ROSA KLEBB in
LIEBESGRÜẞE AUS MOSKAU (GB|1963)



Die Schauspielerin und Sängerin Lotte Lenya ist eine der wenigen Darstellerinnen, die als große Kapazität in die Filmhistorie eingegangen ist, obwohl ihre Präsenz auf der Leinwand nur äußerst sporadisch wahrzunehmen war. Blickt man auf die Kino- und TV-Karriere der gebürtigen Österreicherin, erstreckt sie sich zwar innerhalb eines Zeitraums von beinahe fünfzig Jahren, doch es kommen kaum zehn Auftritte zusammen. Lenya machte sich in all den Jahren mit erfolgreichen Theatertourneen und Chansons einen Namen, und im Rückblick ist es sehr schade, dass die markante Darstellerin, die 1935 in die USA emigrierte, nicht häufiger für besondere Rollen im Kino zur Verfügung stand. Trotz einer Oscar- und Golden-Globe-Nominierung als jeweils beste Nebendarstellerin in dem Hollywood-Film "Der römische Frühling der Mrs. Stone", stellt die Darstellung der Ex-KGB-Offizierin Rosa Klebb wohl ihre international bekannteste Rolle dar, die sie mit Bravour und darüber hinaus äußerster Konsequenz meistert. Die Frau, die es gewöhnt war alle erdenklichen Kompetenzen eingeräumt zu bekommen und sich der Prokura von oben sicher sein konnte, wechselt in einem nicht ungefährlichen Manöver die Seiten. Hierbei bleibt es weitgehend unklar, warum Oberst Klebb diese Entscheidung getroffen hat, doch die Organisation "Phantom" dürfte ein lukratives Angebot gemacht haben. Hinzu kommt, dass sie die Macht über andere reizt, es aber gleichzeitig gewohnt ist, Befehle akribisch auszuführen. Ihr Agieren ist geprägt von Unsentimentalität und Rücksichtslosigkeit, aber es kommt auch zu Situationen, in denen sie beinahe erstarrt wie das Kaninchen vor der Schlange, wenn sie etwa vor ihrem neuen Chef steht, der im Zweifelsfall ganz offensichtlich keine Gnade kennt. Rosa Klebb ist in "Liebesgrüße aus Moskau" quasi eine Person der ersten Minuten, sodass sie insbesondere diesen Szenen eine beeindruckende und wegweisende Note verleihen kann.

Oberst Klebb scheut sich nicht davor, ihren Mann zu stehen und dementsprechend Aufgaben zu übernehmen, die keiner klassischen Frauendomäne entsprechen. So werden Helfershelfer eigenhändig und empfindlich inspiziert, und es obliegt ihrem Einverständnis, wer in der Organisation Verwendung finden darf. Ihr erstes Aufeinandertreffen mit Daniela Bianchi deutet überdies an, dass sie den Vorzügen schöner Frauen offenbar nicht abgeneigt ist, und diese dementsprechend noch härter anpackt als männliche Kollegen. Lotte Lenya veranstaltet der Glaubwürdigkeit halber eine überzeugende Maskerade, denn es kommen in erster Linie maskuline Züge zum Vorschein, die ihre Person in Verbindung mit Sadismus und Brutalität sehr glaubhaft erscheinen lässt. Hinzu kommen Eindrücke die regelrecht abstoßen, aber gleichzeitig auch beeindrucken. Die optimale Zeichnung der Rosa Klebb ist als wichtiger Bestandteil des Films einzuschätzen, da sie den Lakaien der Organisation eines der Gesichter verleiht, denn immerhin präsentiert sich der Boss, alias Nummer 1, ganz in Manier eines Phantoms, zumindest für den Zuschauer. Die Vehemenz und Aggressivität, die Lotte Lenya bei Untergebenen verkörpert, kehrt sich um, wenn sie ihrem Chef Auge in Auge gegenübersteht. Diese Frau scheint absolut angewiesen auf Hierarchieverhältnisse zu sein, schließlich dürfte sie ihr gesamtes Leben nichts anderes gelernt haben. Die nervöse Anspannung in diesen Szenen ist auffallend und geschickt wird hier immer wieder für Spannung und Überraschungen gesorgt, was der Geschichte trotz dieses eher gut dosierten Auftritts insgesamt gut tut. Im Dunstkreis der Bond-Bösewichte, die am meisten in Erinnerung bleiben, erspielt sich Lotte Lenya mühelos einen festen Platz, nicht zuletzt wegen des kantigen Finales. Exzellent gespielt, hervorragend in Szene gesetzt und für die deutsche Version bemerkenswert von Kollegin Alice Treff synchronisiert, bleibt ein rundum formvollendeter Auftritt zurück, der in "Liebesgrüße aus Moskau" zu einem der Highlights zählt.

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Sid Vicious
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Re: JAMES BOND - LIEBESGRÜẞE AUS MOSKAU - Terence Young

Beitrag von Sid Vicious »

Nach der letzten Sichtung, 20. Januar 2012, habe ich heute die Bluray rausgekramt und mich noch einmal mit Daniela und Sean auf die Reise gemacht, um den Dritten Weltkrieg zu verhindern. Was ich einst als durchschnittlich bis gut rezipiert habe, konnte mich heute wesentlich mehr überzeugen, sodass mein Eindruck auf gut bis sehr gut wachsen konnte. Ich mag die geradlinige Inszenierung, die mich nicht mit zig unwichtigen Informationen und Namen konfrontiert wie es beispielsweise bei diversen italienischen Nachahmern der Fall ist. Wahrscheinlich hat Lector, die im Film begehrte sowjetische Dechiffriermaschine, dafür gesorgt, dass eine Informationschiffrierung ja mal gar keine Chance zur Entfaltung erhält. Jau, nicht so toll wie DR .NO, aber toll. Und der Originaltitel „From Russia with Love“ klingt für mich so toll wie er kaum toller klingen könnte. Da kommt auch „Don´t mess with Rosa Klebb“ nicht mit, nee, absolut nicht. Ein Manko ist nach meinem Dafürhalten, dass die Bianchi leider an der kurzen Leine gehalten wird und überwiegend blass bleibt.
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