Romy Schneider
DIE FRAU AM FENSTER
● UNE FEMME À SA FENÊTRE / UNA DONNA ALLA FINESTRA / DIE FRAU AM FENSTER (F|I|D|1976)
mit Philippe Noiret, Victor Lanoux, Gastone Moschin, Delia Boccardo, Martine Brochard, Joachim Hansen, Paul Muller,
Carl Möhner, Neli Riga, Vasilis Kolovos, Camille Piton, Aldo Farina, Sandra Burguy, Jean Martin sowie Umberto Orsini
eine Produktion der Albina Productions | TC Productions | Rizzoli Film | Cinema 77 | im Verleih der United Artists
ein Film von Pierre Granier-Deferre
»In allen guten Geschichten gibt es immer eine Person, die das Schicksal verkörpert.«
Margot (Romy Schneider), die Marquise de Santorini, führt als Diplomatengattin ein sorgenfreies Leben und darüber hinaus eine offene Ehe mit ihrem Mann Rico (Umberto Orsini). Als im Jahr 1936 in Griechenland ein Staatsstreich stattfindet, um eine Militärdiktatur zu etablieren, werden fortan alle Gewerkschafter und Kommunisten verfolgt. Zu dieser Gruppe zählt auch der Grieche Michel Boutros (Victor Lanoux), den die Marquise eines Abends von ihrem Fenster aus sieht, um ihm schließlich Unterschlupf zu gewähren. Margot verliebt sich in den Dissidenten, doch das Glück ist nur von kurzer Dauer, da seine Verhaftung bevorsteht. Diese Warnung erhält sie von ihrem alten Freund, dem Bauunternehmer Raoul Malfosse (Philippe Noiret), der selbst starke Gefühle für die attraktive Frau entwickelt hat. Allen Gefahren zum Trotz, beschließen Michel und Margot gemeinsam durchzubrennen, doch alles kommt anders. Erst Jahrzehnte später wird sich der Nebel verziehen, der sich um das ungleiche Liebespaar gehüllt hatte...
Die Titelgebung zahlreicher Filme kann sich in kürzester Zeit als Wegweiser für die bevorstehenden Geschichten erweisen, doch in Pierre Granier-Deferres "Die Frau am Fenster" werden in dieser Beziehung zunächst keine deutlichen Aufschlüsse geboten. Wer diese Frau sein wird, ist bereits in den ersten Szenen ersichtlich, denn der Zuschauer bekommt Einblicke durch ein Panoramafenster geboten, welches zahlreiche wunderbare Eindrücke vermitteln wird. Der französische Regisseur und Drehbuchautor artikuliert sich wie so oft durch die Bilder einer Landschaft und sorgt damit für Orientierung. In diesem Fall sprechen die Aufnahmen in Delphi ihre ganz eigene Sprache und deuten eine leidenschaftlich-sinnliche Geschichte der Moderne an, in welcher immer wieder deutliche Bezüge zur griechischen Tragödie auftauchen, was gleichzeitig als düstere Prognose zu verstehen ist. Die idyllischen Bilder wollen hingegen für gegenteilige Eindrücke sorgen, bis es langsam zu einer prosaisch gefärbten Ausgeglichenheit kommt, wofür nicht nur Zeit und Ort verantwortlich sind, sondern auch die schnell integrierten Hauptcharaktere. Als Zuschauer lässt man sich gerne von Pierre Granier-Deferre an die Hand nehmen, auch wenn sich das unbestimmte Gefühl etabliert, dass es kein leichter Weg werden wird. Die zwar in zeitlicher und geografischer Hinsicht sehr präzise gehaltene Geschichte beginnt dennoch im Irgendwo und wird dabei als diffuses Puzzlespiel angeboten, das sich im Rahmen kompliziert angelegter Rückblenden lückenlos zusammenfügt. Erneut wird deutlich, dass Regeln, Normen und Werte im Rahmen kriegerischer Zeiten ausgehebelt werden; es herrschen andere Gesetze, denen man sich entweder beugt oder durch die man gebrochen wird. Dieser Aspekt stellt silhouettenhaft das Elixier dieser bemerkenswert formulierten Geschichte dar, die in den Konturen eines opulenten Ausstattungsfilms fesseln wird, oder zumindest das klassische Potential hierfür besitzt.
Um den bevorstehenden Zündstoff anzudeuten, treten immer wieder beiläufige Szenen gewaltsamer Zustände auf, und es wird bald zu dem Punkt führen, dass auch die ausweglose Leidenschaft einer Frau nicht ausreichen wird, um eine gesamte Armee oder wenigstens bestimmte Personen zur Kapitulation zu zwingen. Katastrophen können naturgemäß viele Gesichter oder Auslöser haben, im Großen und im Kleinen. In "Die Frau am Fenster" tut der Ausnahmezustand des blutigen Staatsstreichs, der viele unschuldige Opfer rekrutieren und fordern wird, das Übrige dazu. Während das Leid der Allgemeinheit eher skizzenhaft gezeigt wird, werden die Dekadenz und Ausgelassenheit der besseren Kreise betont, denen ein wesentlich größerer Fokus eingeräumt wird. Dies alles wirkt wie eine Art Parallelwelt zwischen den Realitäten, in welcher sich auch die Titelfigur behauptet und auf sicherem Terrain bewegt. Noch. Pierre Granier-Deferre bietet trotz eindeutiger Worte, Handlungsweisen und Gesinnungen hauptsächlich Unergründlichkeit an und bemüht nichts Geringeres als das Schicksal selbst, das diese poetische Geschichte vor malerischer Kulisse antreibt. Die erwähnten Rückblenden zeigen eindrucksvoll auf, wie die Liaison zwischen den Hauptfiguren Margot und Michel inmitten größter Gefahren und der oberen Zehntausend - die offensichtlich nicht viel mit Loyalität, Werten oder Idealismus zu tun haben - zustande kommen und ihren verheißungsvollen Verlauf nehmen konnte. Fortan nimmt die Sinnhaftigkeit eines unter Beobachtung und Kuratel stehen deutlichere Formen an, sodass trotz der sehr ruhigen Verlaufsform subtile Spannungsmomente entstehen können, die allerdings so gut wie nie eine Eruption erfahren dürfen. Im Grunde genommen behandelt die Geschichte Einzelschicksale im Kollektiv, wenngleich man ebenso ahnt, dass es sich keineswegs um isolierte Fälle handeln dürfte.
Szenen einer progressiven Ehe dominieren den späteren Verlauf, und es ist nicht immer leicht, zu verstehen, wieso "Die Frau am Fenster" einen bevorzugt komplizierten Weg gehen möchte. Begleitet von der melancholischen Musik von Carlo Rustichelli, entsteht eine trügerische Harmonie, die allerdings nur dazu gemacht scheint, in beliebigen Momenten der Ruhe in Stücke zu zerfallen. Auf den Stützen geschichtlicher Zusammenhänge, bereitet Pierre Granier-Deferre ein leidenschaftliches sowie eindeutiges Plädoyer für Hoffnung und Tugenden vor, wenngleich auf visueller Ebene Kontrastprogramme abzulaufen haben. Wie man diese Eindrücke, Prognosen und Katastrophen letztlich deuten möchte, überlässt der Regisseur dem Zuseher, aber zurück bleibt ein bedeutender Film mit unmissverständlicher Aussage, der in dieser Fasson wohl nur unter französischer Flagge konstruiert werden konnte. Beeindruckende Leistungen von Philippe Noiret, Victor Lanoux und Umberto Orsini veredeln diese Produktion in zusätzlicher Weise und es kommen formvollendete Phasen zustande, die außerdem dafür sorgen, dass es zu keinem auffälligen Ungleichgewicht im darstellerischen Bereich kommt, obwohl alles und jeder um Hauptdarstellerin Romy Schneider konstruiert ist. Die Wege von Zuneigung oder Liebe bleiben auch hier ein Stück weit unergründlich, obwohl der exemplarisch angelegte Verlauf dazu animiert, genau verstehen zu wollen. Obwohl es im Film kaum in Worte gefasst wir, bleiben Liebe und Leidenschaft unter Romy Schneider und Pierre Granier-Deferre nicht nur lose Worte, denn die Protagonistin hält wie beinahe immer, was sie verspricht. Ohne Theatralik und unangebrachte Untertöne mündet der Verlauf in ein Finale, das trotz einer Art determinierter Vorhersehbarkeit überraschende und bedrückende Wendungen anbietet, die weitsichtig aufgeschlüsselt wirken und einen Hauch von Geheimnis wahren, welches diesen Film stets umgeben hat.
Die Titelgebung zahlreicher Filme kann sich in kürzester Zeit als Wegweiser für die bevorstehenden Geschichten erweisen, doch in Pierre Granier-Deferres "Die Frau am Fenster" werden in dieser Beziehung zunächst keine deutlichen Aufschlüsse geboten. Wer diese Frau sein wird, ist bereits in den ersten Szenen ersichtlich, denn der Zuschauer bekommt Einblicke durch ein Panoramafenster geboten, welches zahlreiche wunderbare Eindrücke vermitteln wird. Der französische Regisseur und Drehbuchautor artikuliert sich wie so oft durch die Bilder einer Landschaft und sorgt damit für Orientierung. In diesem Fall sprechen die Aufnahmen in Delphi ihre ganz eigene Sprache und deuten eine leidenschaftlich-sinnliche Geschichte der Moderne an, in welcher immer wieder deutliche Bezüge zur griechischen Tragödie auftauchen, was gleichzeitig als düstere Prognose zu verstehen ist. Die idyllischen Bilder wollen hingegen für gegenteilige Eindrücke sorgen, bis es langsam zu einer prosaisch gefärbten Ausgeglichenheit kommt, wofür nicht nur Zeit und Ort verantwortlich sind, sondern auch die schnell integrierten Hauptcharaktere. Als Zuschauer lässt man sich gerne von Pierre Granier-Deferre an die Hand nehmen, auch wenn sich das unbestimmte Gefühl etabliert, dass es kein leichter Weg werden wird. Die zwar in zeitlicher und geografischer Hinsicht sehr präzise gehaltene Geschichte beginnt dennoch im Irgendwo und wird dabei als diffuses Puzzlespiel angeboten, das sich im Rahmen kompliziert angelegter Rückblenden lückenlos zusammenfügt. Erneut wird deutlich, dass Regeln, Normen und Werte im Rahmen kriegerischer Zeiten ausgehebelt werden; es herrschen andere Gesetze, denen man sich entweder beugt oder durch die man gebrochen wird. Dieser Aspekt stellt silhouettenhaft das Elixier dieser bemerkenswert formulierten Geschichte dar, die in den Konturen eines opulenten Ausstattungsfilms fesseln wird, oder zumindest das klassische Potential hierfür besitzt.
Um den bevorstehenden Zündstoff anzudeuten, treten immer wieder beiläufige Szenen gewaltsamer Zustände auf, und es wird bald zu dem Punkt führen, dass auch die ausweglose Leidenschaft einer Frau nicht ausreichen wird, um eine gesamte Armee oder wenigstens bestimmte Personen zur Kapitulation zu zwingen. Katastrophen können naturgemäß viele Gesichter oder Auslöser haben, im Großen und im Kleinen. In "Die Frau am Fenster" tut der Ausnahmezustand des blutigen Staatsstreichs, der viele unschuldige Opfer rekrutieren und fordern wird, das Übrige dazu. Während das Leid der Allgemeinheit eher skizzenhaft gezeigt wird, werden die Dekadenz und Ausgelassenheit der besseren Kreise betont, denen ein wesentlich größerer Fokus eingeräumt wird. Dies alles wirkt wie eine Art Parallelwelt zwischen den Realitäten, in welcher sich auch die Titelfigur behauptet und auf sicherem Terrain bewegt. Noch. Pierre Granier-Deferre bietet trotz eindeutiger Worte, Handlungsweisen und Gesinnungen hauptsächlich Unergründlichkeit an und bemüht nichts Geringeres als das Schicksal selbst, das diese poetische Geschichte vor malerischer Kulisse antreibt. Die erwähnten Rückblenden zeigen eindrucksvoll auf, wie die Liaison zwischen den Hauptfiguren Margot und Michel inmitten größter Gefahren und der oberen Zehntausend - die offensichtlich nicht viel mit Loyalität, Werten oder Idealismus zu tun haben - zustande kommen und ihren verheißungsvollen Verlauf nehmen konnte. Fortan nimmt die Sinnhaftigkeit eines unter Beobachtung und Kuratel stehen deutlichere Formen an, sodass trotz der sehr ruhigen Verlaufsform subtile Spannungsmomente entstehen können, die allerdings so gut wie nie eine Eruption erfahren dürfen. Im Grunde genommen behandelt die Geschichte Einzelschicksale im Kollektiv, wenngleich man ebenso ahnt, dass es sich keineswegs um isolierte Fälle handeln dürfte.
Szenen einer progressiven Ehe dominieren den späteren Verlauf, und es ist nicht immer leicht, zu verstehen, wieso "Die Frau am Fenster" einen bevorzugt komplizierten Weg gehen möchte. Begleitet von der melancholischen Musik von Carlo Rustichelli, entsteht eine trügerische Harmonie, die allerdings nur dazu gemacht scheint, in beliebigen Momenten der Ruhe in Stücke zu zerfallen. Auf den Stützen geschichtlicher Zusammenhänge, bereitet Pierre Granier-Deferre ein leidenschaftliches sowie eindeutiges Plädoyer für Hoffnung und Tugenden vor, wenngleich auf visueller Ebene Kontrastprogramme abzulaufen haben. Wie man diese Eindrücke, Prognosen und Katastrophen letztlich deuten möchte, überlässt der Regisseur dem Zuseher, aber zurück bleibt ein bedeutender Film mit unmissverständlicher Aussage, der in dieser Fasson wohl nur unter französischer Flagge konstruiert werden konnte. Beeindruckende Leistungen von Philippe Noiret, Victor Lanoux und Umberto Orsini veredeln diese Produktion in zusätzlicher Weise und es kommen formvollendete Phasen zustande, die außerdem dafür sorgen, dass es zu keinem auffälligen Ungleichgewicht im darstellerischen Bereich kommt, obwohl alles und jeder um Hauptdarstellerin Romy Schneider konstruiert ist. Die Wege von Zuneigung oder Liebe bleiben auch hier ein Stück weit unergründlich, obwohl der exemplarisch angelegte Verlauf dazu animiert, genau verstehen zu wollen. Obwohl es im Film kaum in Worte gefasst wir, bleiben Liebe und Leidenschaft unter Romy Schneider und Pierre Granier-Deferre nicht nur lose Worte, denn die Protagonistin hält wie beinahe immer, was sie verspricht. Ohne Theatralik und unangebrachte Untertöne mündet der Verlauf in ein Finale, das trotz einer Art determinierter Vorhersehbarkeit überraschende und bedrückende Wendungen anbietet, die weitsichtig aufgeschlüsselt wirken und einen Hauch von Geheimnis wahren, welches diesen Film stets umgeben hat.