LONDON KILLS ME - Hanif Kureishi

Türkploitation, isländische Kannibalenfilme und alles andere aus Europa
Antworten
Benutzeravatar
Richie Pistilli
Beiträge: 3626
Registriert: Sa., 31.10.2020 17:25
Wohnort: Provinzmetropole an Rhein und Mosel
Kontaktdaten:

LONDON KILLS ME - Hanif Kureishi

Beitrag von Richie Pistilli »

pstr.jpg


London Kills Me (D)
London schafft alle (D - TV)
Londra mi fa morire (IT)
Londres me mata (ES)
London Kills Me


GB 1991

R: Hanif Kureishi
D: Justin Chadwick, Steven Mackintosh, Fiona Shaw, Brad Dourif, Naveen Andrews, Stevan Rimkus, Emer McCourt, Ben Peel, Tony Haygarth, Joseph Alessi, David Hounslow u.a.



img2018-01-21-10h45m23s105.png


Deutsche Erstaufführung: 09.01.1992

Beitrag aus dem SPIEGEL (2/1992)

Score: Leftfield, Renegade Soundwave, Mano Negra, Man Machine, Bass-O-Matic, Jah Wobble's Invaders of the Heart, Michael Prophet & Ricky Tuffy

OFDb



01.png
03.png
02.png
04.png

05.png
07.png
06.png
08.png



Clint (Justin Chadwick) hat genug von seiner bisherigen Karriere als Kleindealer im Londoner Szenequartier Notting Hill. Von seinem Kumpel und seiner drogensüchtigen Freundin über den Tisch gezogen, übel zugerichtet und ausgeraubt, möchte er aus der Szene aussteigen und ein normales Leben führen. Für einen seriösen Job braucht er ein neues Paar Schuhe – eigentlich kein Problem. Für Clint jedoch eine kniffelige Aufgabe. (Quelle)


Es muss Anfang / Mitte der 90er Jahre gewesen sein, als ich LONDON KILLS ME erstmals in der Kinowerkstatt unseres örtlichen Jugendzentrums von einer 35mm-Kopie bestaunen durfte. Dabei handelt es sich um den einzigen Film des britischen Autors, Regisseurs und Szene-Kenners Hanif Kureishi, in dem er auf eine tragischkomische Weise die Geschichte eines liebenswerten Kleindealers erzählt, der auf den Namen Clint Eastwood hört und die Nase von seinem verdrogten Leben gestrichen voll hat. Als dieser im Rahmen eines Bewerbungsgesprächs einen geregelten Job als Kellner in Aussicht gestellt bekommt, scheint für Clint der Anfang eines neuen Lebens erreicht zu sein. Doch leider gibt es eine Voraussetzung, die besagt, dass er in der darauffolgenden Woche mit seiner Arbeit beginnen kann, soweit er sich bis dahin neues Schuhwerk zugelegt hat. Eigentlich eine machbare Aufgabe, wäre da nicht das verdammte Zeitfenster von knapp sieben Tagen, welches er gemeinsam mit seiner polytoxen Clique in einem besetzten Haus abfristen muss. Und so ist es auch kaum verwunderlich, dass Clints Leben auch in diesen wenigen Tagen weiterhin im Chaos versinkt und somit die Aussicht auf Erfolg seines persönlichen Ziels immer mehr schmälert. Als dann auch sein bester Freund Muffdiver (Steven Mackintosh), mit dem er sich seit seiner frühesten Kindheit gemeinsam durchs Leben schlägt, ein hochdotiertes Drogengeschäft mit einem der Big Bosse Londons in den Sand setzt, beginnt die Situation vollends zu eskalieren.


13.png
14.png
15 (2).png
16.png



In Hanif Kureishis Regiedebüt LONDON KILLS ME regiert weniger die Handlung, sondern vielemehr eine Ansammlung von Charakteren, die ein leidensdruckgeplagtes Leben abseits der gängegigen Normalität führen. Zeitlich angesiedelt am Ende der Tchatcher-Ära ballern sich die beteiligten Jugendlichen nicht nur mit allen möglichen Suchtstoffen weg, sondern verdienen auch ihren Lebensunterhalt mit täglichen Drogendeals. Neben dem temperamentvollen Hauptprotagonisten Clint spielen in dem Film auch noch dessen bester Sandkastenfreund Muffdiver und deren gemeinsame Freundin Silvie eine übergeordnete Rolle. Dabei hat jeder der drei sein eigenes Päckchen zu tragen, die ihnen von ihrem bisherigen Leben geschnürt wurden. Obwohl Kureishi seine gebeutelten Charaktere äußerst sympathisch zeichnet, beinhaltet der detailverliebte Film auch einige Momente, die leicht verstören. So beispielsweise Silvie, die offensichtlich unter einer Borderliner-Störung leidet und dadurch symptomatische Selbstverletzungen begeht. Oder der energische Held der Geschichte, der trotz seiner Liebenswertigkeit letztlich eiskalt seinen besten Freund bestiehlt. Dem entgegen stehen wiederum zahlreiche kuriose Momente, wie beispielsweise die von Dr. Babba (Roshan Seth) geleitete Meditationsgruppe, die im Erdgeschoss des besetzten Hauses ihre eigentümliche Sitzungen abhält oder dem ungeplanten Zusammentreffen mit Burns (Tony Haygarth), dem Lebensgefährten von Clints Mutter. Dann gibt es auch noch zwei Rucksacktouristen zu bestaunen, denen Clint ein Zimmer im besetzten Haus untervermietet - und zwar ohne seine verballerten Mitbewohner darüber in Kenntnis zu setzen. In der Englischen Originalfassung handelt es sich bei den beiden Touristen um nervtötende Deutsche, aus denen die deutsche Synchronfassung dann wiederum Franzosen gemacht hat (Quelle).

"Als 1992 die britische Tragikomödie "London kills me" in unsere Kinos kam, überschlug sich die Kritik. Leider blieb das Publikum aus, denn Regisseur Hanif Kureishi hatte keine Stars zu bieten. Seine ironisch erzählte Geschichte um den Kleindealer Clint, der endlich den Ausstieg aus der Szene schaffen will, ist größtenteils mit Laien besetzt. Unter dem Titel "London schafft alle" kommt der Film jetzt endlich ins Fernsehen" © 2018 - https://www.berliner-kurier.de/18322742 (29.07.1996)

Leider scheint dieser glänzende Film auch hierzulande ein Flop an der damaligen Kinokasse gewesen zu sein, denn außer im Kino wurde LONDON KILLS ME lediglich auf VHS veröffentlicht sowie im TV ausgestrahlt. Auf eine digitale Heimauswertung warte bis zum heutigen Tag vergebens (Gleiches gilt übrigens für DAS TAGEBUCH DES JUNGEN GIFTMISCHERS).

Was die Filmmusik anbelangt, so zog mir diese damals bereits völlig die Schuhe aus, denn sie bedient sich munter dem musikalischen Treiben der frühen 90er, indem sie fröhlich in einem britischen Rave-Reggea-Acid-House-Dub-Gemisch herumplantscht, das zur damaligen Zeit nicht nur im Londoner Multikulti-Bezirk 'Notting Hill' angesagt war. Neben LEFTFIELD, RENEGADE SOUNDWAVE, MANO NEGRA, MAN MACHINE oder JAH WOBBLE'S INVADERS OF THE HEART sind auch MICHAEL PROPHET & RICKY TUFFY mit von der Partie.


Fazit: Ein ganz hervorragender Film, der schändlicherweise hierzulande völlig unterging.


17.png
18.png
19.png
20 (2).png

21.png
22.png
23.png
24.png

25.png
26.0.png
26.png
28.png

29.png
30.png
31.png
32.png





Filmplakate:
► Text zeigen




Soundtrack:




Benutzeravatar
Sid Vicious
Beiträge: 1979
Registriert: So., 01.11.2020 12:30
Wohnort: King´s Road 430

Re: LONDON KILLS ME - Hanif Kureishi

Beitrag von Sid Vicious »

Kurzkommentar vom 20. Januar 2018.

LONDON KILLS ME kennt so ziemlich keine Sau? Ich bis gestern auch nicht, aber dann habe ich den Streifen als einen sympathischen und witzigen Kumpel kennen gelernt. Hier wird verdammt viel Unsinn über utopische Ziele geredet, ein bewohntes Zimmer an doofe Touristen vermietet und nebenher benötigt Clint unbedingt Schuhe, sonst bekommt er seinen Traumjob (Kellner) nicht. Dr. Bubba leiht ihm Sandalen und aus Stone wird Elvis, aber das kann es auch nicht sein… Verwirrend? Anschauen!

Ein witziger und extrem kurzweiliger Prä-Trainspotter
BildBildBildBildBild

Benutzeravatar
Richie Pistilli
Beiträge: 3626
Registriert: Sa., 31.10.2020 17:25
Wohnort: Provinzmetropole an Rhein und Mosel
Kontaktdaten:

Re: LONDON KILLS ME - Hanif Kureishi

Beitrag von Richie Pistilli »

Sid Vicious hat geschrieben:
Do., 27.04.2023 12:16
[...] und aus Stone wird Elvis, aber das kann es auch nicht sein…

Scheinbar doch:

Bild



Wobei aber auch Muffdiver eine gute Figur im Kostüm des unverwüstlichen 'Kings of Rock'n Roll' abgibt:

Bild



Ebenfalls unvergesslich: Muffdivers fantastische 'Hardy-der-Zauberer-Show', mit der er bei dem grimmigen Drogenboss Mr. G. Eindruck zu schinden versucht:

Bild


:)

Benutzeravatar
Sid Vicious
Beiträge: 1979
Registriert: So., 01.11.2020 12:30
Wohnort: King´s Road 430

Re: LONDON KILLS ME - Hanif Kureishi

Beitrag von Sid Vicious »

Geile gifs, die den vorzüglichen Humor gut reflektieren.
BildBildBildBildBild

Benutzeravatar
Richie Pistilli
Beiträge: 3626
Registriert: Sa., 31.10.2020 17:25
Wohnort: Provinzmetropole an Rhein und Mosel
Kontaktdaten:

Re: LONDON KILLS ME - Hanif Kureishi

Beitrag von Richie Pistilli »

Ach ja, in den Untiefen meiner Festplatte hatte sich auch noch ein gif des unnachahmlichen Muffdivers vergraben:


Bild

Antworten