BRUST ODER KEULE - Claude Zidi

Türkploitation, isländische Kannibalenfilme und alles andere aus Europa
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Prisma
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BRUST ODER KEULE - Claude Zidi

Beitrag von Prisma »



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● L'AILE OU LA CUISSE / BRUST ODER KEULE (F|1976)
mit Louis de Funès, Coluche, Ann Zacharias, Julien Guiomar, Claude Gensac, Georges Chamarat, Fernand Guiot,
Jean Martin, Gérard Boucaron, Raymond Bussières, Philippe Bouvard und Marcel Dalio sowie Vittorio Caprioli
eine Produktion der Les Films Christian Fechner | im Verleih der Tobis Filmkunst
ein Film von Claude Zidi

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»Da muss ja jedes Essen verderben!«


Der Restaurantkritiker Charles Duchemin (Louis de Funès) ist Herausgeber des gefürchteten Gastronomieführers Duchemin, der auch über die Grenzen Frankreichs hinaus eine lukullische Bibel darstellt. Mit seinem Urteil steht und fällt das Renommee von Restaurants und er hat nicht wenigen Vertretern der Haute Cuisine Sterne wieder aberkannt. Auf der Jagd nach ungenießbarer Verköstigung, miserablem Service und schäbigem Ambiente, reist er inkognito durch das ganze Land und schlüpft dabei in verschiedene Maskeraden. Eines Tages nehmen die Mitarbeiter Duchemins einen Spion hoch, der die aktuellsten Kritiken stehlen wollte. Der Weg führt zu Jacques Tricatel (Julien Guiomar), dem Besitzer einer Fastfood-Kette, der die Esskultur nach Duchemins Ansicht entscheidend bedroht. Mit einem TV-Duell will er den Fließband-Lebensmittelhersteller bloßstellen...

Der auf das Inszenieren von Komödien spezialisierte Regisseur Claude Zidi inszenierte mit "Brust oder Keule" wohl einen seiner bekanntesten Filme, der durch seinen kommerziellen Erfolg in der Bundesrepublik die Goldene Leinwand gewinnen konnte. Zidi und sein Hauptdarsteller Louis de Funès, der hier nach gesundheitlichen Problemen fulminant aus einer zweijährigen Pause zurück kam, nehmen sich gängigen Klischees an, die beinahe französischer nicht sein könnten, denn es geht satirisch und exzellent durchdacht um das Vakuum der Haute Cuisine und der Ausbreitung des sogenannten malbouffe, also Nahrungsmitteln der unteren qualitativen Kategorie, die sich allerdings großer Beliebtheit erfreuen. Obwohl man es mit gehobenen Qualitätsansprüchen zu tun haben müsste, könnte einem manchmal der Appetit vergehen, da der Blick auf verdorbenes Essen, ungenügenden Service und grauenhafte Ambientes oft ungeschönt serviert wird. Das Angebot in diesem Beitrag wird reichhaltig sein, und vor allem der Humor setzt in Verbindung mit auffälligem Klamauk zum unerbittlichen Überholmanöver an. So funktioniert es auch nach Jahrzehnten immer noch problemlos, dass die Lachmuskeln provoziert werden, da Louis de Funès und sein Filmsohn Coluche eine Show anbieten, die sich für jeden lohnen wird. Aber in dieser Branche - in der offensichtlich heißer gegessen als gekocht wird - scheint nach den teils derben Bildeindrücken alles möglich zu sein. Zunächst kommt es zu der Vorstellung des prominenten und gefürchteten Herausgebers der weltberühmten Restaurantbibel Duchemin, die man in dieser Form nicht erwartet hätte. In einem Nobel-Restaurant ist er inkognito, verkleidet als alte Dame zu sehen, und wird vom Service ignoriert, da man einen anderen Gast für einen Kritiker aus dem Hause Duchemin hält. Köstliche Szenen folgen, vor allem als der Generaldirektor seine vernichtenden Kritiken diktiert und Restaurants somit zu den letzten Absteigen degradiert, die sie d'ailleurs auch verdient haben.

Seine Hoffnungen als Nachfolger legt er auf seinen zurückhaltenden Sohn, der in seiner Freizeit allerdings lieber als Clown in einem Wanderzirkus auftritt und ziemlich in die Bredouille mit seinem anstrengenden Doppelleben kommt. Die Geschichte wird geformt und dominiert von Louis de Funès, der mit beinahe hyperaktiven Anwandlungen für Hektik und Unruhe vor dem Sturm zu sorgen pflegt. Zu seinem Erzfeind wird der Autobahnraststätten- und Kantinenbesitzer Tricatel aufgebaut, ein maßgeschneiderter Unsympath, der die hart erarbeiteten und gut gehüteten Geheimnisse des Hauses Duchemin in die gierigen Krallen bekommen will. Es zeichnet sich also ein unausweichlicher Schlagabtausch ab, der das Publikum restlos zufrieden stellen und amüsieren wird. Darstellerisch lebt die Produktion von Louis de Funès und dem bekannten französischen Humoristen Coluche, die es beide schaffen, eine bemerkenswerte Einheit zu bilden, obwohl scheinbar wenige gemeinsame Nenner innerhalb eines Vater-Sohn-Konflikts zu finden sind. Diese Streitigkeiten werden von der sympathischen Schwedin Ann Zacharias ausgehebelt, deren leichtfüßiges Schauspiel eine Wohltat ist. Neben einigen Restaurant-Tests in den groteskesten Aufmachungen und Maskeraden, kommt es in Tricatels Fabrik zu beinahe aberwitzigen Bildeindrücken, die man kaum glauben möchte, da sie die moderne Esskultur so ungeschönt-geistreich auf die Schippe nehmen. Die gehobene Gastronomie übrigens auch. Aber zuvor muss Duchemin mit vorgehaltenem Gewehr buchstäblich Scheiße fressen. Das darstellerische Ensemble scheint insgesamt einen großen Spaß bei der Sache und dem dynamischen Formen der Geschichte zu haben, was sich schließlich 1:1 auf das Publikum überträgt. "Brust oder Keule" ist seit jeher ein gerne gesehener Familienfilm, eine Komödie für den richtigen Zeitpunkt den man nicht allzu lange zu suchen braucht, und am turbulenten Ende ein echter Klassiker in der Riege der Louis-de-Funès-Filme und langen Liste französischer Filmkomödien. Bon appétit!

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Dschallogucker
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Re: BRUST ODER KEULE - Claude Zidi

Beitrag von Dschallogucker »

Ja, richtig, ein "Familienfilm". Der lief sogar 1978 in den DDR-Kinos, da hab ich ihn gesehen. Eine französische Produktion war da was besonderes. Hatte mir auch ganz gut gefallen, aber ein zweites Mal würde ich ihn mir nicht anschauen, zu sehr haben sich da meine Interessen geändert.

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Prisma
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Re: BRUST ODER KEULE - Claude Zidi

Beitrag von Prisma »

Dschallogucker hat geschrieben:
Do., 10.11.2022 19:08
"Familienfilm"

Das ist so meine lebhafteste Erinnerung an den Film und das verbinde ich auch hauptsächlich mit Louis de Funès, bei den ich - wenn ich so nachdenke - gar nicht immer bereit bin, ihn überall zu ertragen, da seine hektische Art auch strapazieren kann, wenn die jeweilige Geschichte nicht funktioniert. Mein Vater hat sich immer sehr gut amüsiert, egal was mit ihm lief, wurde dann auch immer geguckt; so viel zu Familienfilm. Schlimm fand ich etwa "Louis und seine außerirdischen Kohlköpfe". "Brust oder Keule" und die "Fantômas"-Trilogie sehe ich mit einem sehr wohlwollenden und nostalgischen Auge, da die bei mir immer noch sehr gut funktionieren. Ansonsten fallen mir persönlich nicht Dutzende Filme mit ihm ein, die ich auch heute noch gerne sehe. Könnte auch daran liegen, dass immer dasselbe wiederholt wurde. :mrgreen:

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