Z - ANATOMIE EINES POLITISCHEN MORDES - Costa-Gavras

Türkploitation, isländische Kannibalenfilme und alles andere aus Europa
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Richie Pistilli
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Z - ANATOMIE EINES POLITISCHEN MORDES - Costa-Gavras

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Z - Anatomie eines politischen Mordes (D)
Z ou l'anatomie d'un assassinat politique (F - Arbeitstitel)
Z - l'orgia del potere (IT)
Z - A Orgia do Poder (POR)
Z

F / DZA 1969

R: Costa-Gavras
D: Yves Montand, Irene Papas, Jean-Louis Trintignant, Jacques Perrin, Marcel Bozzuffi, François Périer, Pierre Dux, Charles Denner, Georges Géret, Bernard Fresson u.a.



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Deutsche Erstaufführung: 14.11.1969

Synchronkartei

Score: Mikis Theodorakis

OFDb



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"Beim Erscheinen der ganzen Systeme und Ismen, Sozialismus, Anarchismus, Imperialismus, Kommunismus, und so weiter und so weiter, haben die Sonnenflecken angefangen, sich in erschreckendem Maß zu vermehren und die Gestirne zu verdunkeln. Gott weigert sich, den Roten Licht zu geben [...] Wir müssen die gesunden Glieder unserer Gesellschaft gesund erhalten und wir müssen die schon befallenen Glieder heilen. Heute Abend versammeln sich die Feinde in unserer Stadt. Wir sind kein System mit irgend einem Ismus, wir leben in einer Demokratie. Wir werden diese Versammlung nicht verbieten, aber ebenso wenig werden wir verbieten, dass Andersdenkende dagegen protestieren!"



In einem dikatorischen Staat, in dem ein nationalistisches Bündnis aus Polizei, Militär und niederträchtigen Autokraten ihre alleinige Macht weiterhin verfestigen möchte, soll dennoch einer pazifistisch linksgerichteten Oppositionspartei zum Schein die Möglichkeit eingeräumt werden, eine öffentliche Versammlung abzuhalten. In Wahrheit soll dieser großzügig wirkende Zug der Regierung aber zu einer Eskalation unter den Anhängern der jeweiligen Parteien führen, wozu der Generalinspektor der Polizei eigens einen rechtsextremistischen Schlägertrupp rekrutiert, der inmitten der gepanten Ausschreitungen den oppositionellen Anführer vorübergehend ausschalten soll. Doch leider verstirbt dieser infolge der schweren Kopfverletzungen, wodurch die Regierung zugleich mächtig in die Bredouille gerät. Mit aller Macht versucht die imperatorische Regierung fortan das politische Verbrechen als Unfall unter den Teppich zu kehren, was ihr auch fast problemlos gelungen wäre, wenn da nicht wiederum der hartnäckige sowie hoch motivierte Untersuchungsrichter wäre, der hinter dem politisch brisanten Fall ein geplantes Mordkomplott vermutet.


"Man hat mich geschlagen. Warum? Warum rufen die Ideen die wir verteidigen überhaupt Gewalttätigkeit hervor? Warum ist ihnen der Gedanken des Friedens so unerträglich? Warum wenden sie sich nicht gegen andere Organisationen und Bewegungen? Die Antwort ist einfach: Die anderen Bewegungen sind rein nationalistisch."


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Entgegen der aktuellen Bedeutung als kriegsverbrecherisches Propaganda Zeichen im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, steht der Buchstabe 'Z' in Constantin Costa-Gavras filmischen Meisterwerk für Ζεί, was im Griechischen soviel wie 'Er lebt!' heißt. Das Drehbuch beruht auf dem gleichnamigen Tatsachenroman von Vassilis Vassilikos, der sich wiederum detailliert mit dem Mord an dem linken Oppositionspolitiker Grigoris Lambrakis in Thessaloniki befasste. Doch anstatt die 'Lambrakis-Affäre' realgetreu zu verfilmen, verlagerte Costa-Gavras die Handlung des Films nicht nur in einen nicht näher bezeichneten Staat, sondern unterließ es außerdem, seinen Hauptprotagonisten konkrete Namen zu verleihen. Diese werden den Handlungsverlauf über lediglich mit beruflichen Funktionen wie beispielsweise der Journalist, der Ermittlungsrichter, der Generalinspektor der Polizei oder der Polizeipräsident betitelt. Entsprechend lautet es dann auch im Vorspann des Films: „Die Übereinstimmung mit Personen und wahren Ereignissen ist gewollt".

Nachdem es anfänglich aufgrund der brisanten Thematik zu finanzierungstechnischen Problemen kam, denn keine der etablierten Produktionsfirmen wollte sich an diesem gewagten Filmprojekt die Finger verbrennen, gründeten Eric Schlumberger und Jacques Perrin für die Finanzierung des Films außerhalb Griechenlands eine eigene Produktionsfirma. Unterstützt wurden sie hierbei von den herausragenden Schauspieler:innen wie beispielsweise Yves Montand, Jean-Louis Trintignant, Irene Papas und Marcel Bozzuffi, die allesamt auf den Großteil ihrer Gage verzichteten. Umgesetzt wurde das ambitionierte Projekt schließlich in Algerien, wobei man die Überzeugung der Schauspieler:innen an diesem Filmprojekt infolge ihrer sich gegenseitig zu überbieteten Spielfreude jeder Minute des zweistündigen Meisterwerks anmerkt. Ein weiterer Höhepunkt ist die mitreißende Filmmusik von Mikis Theodorakis, der zugleich als Gründer der im Jahr 1963 ins Leben gerufenen 'Lambrakis-Jugendbewegung' gilt. Neben seinen passgenauen Kompositionen, die stellenweise mächtig unter die Haut gehen, verwendet er in einer kurzen Sequenz auch 'Psyché Rock' von Pierre Henry und Michel Colombier.

In beinahe dokumentarischer Weise erzählt der Film in der ersten Hälfte das Zustandekommens des politischen Mordes, wohingegen sich die zweite Hälfte mit der Aufklärung durch den von Jean-Louis Trintignant verkörperten Untersuchungsrichter und den von Jacques Perrin gespielten Journalisten befasst. Dabei kommt auch ans Licht, dass das Mordkomplott von Mitgliedern einer rechtsextremistischen Organisation durchgeführt wurde, die sich als 'Royalistisch-christliche Union - Kämpfer des Abendlandes' bezeichnen. Somit beinhaltete der Film zur Zeit seiner Entstehung nicht nur eine pegida-ähnliche Gruppierung, sondern zeigt zugleich die Fragilität der Demokratie auf, die 54 Jahre später in zahlreichen Regionen dieser Welt infolge strategischer Machtspiele antidemokratischer Kräfte regelrecht zerberstet.

Die BD von Filmjuwelen präsentiert den Film nicht nur in einer bestechenden Bildqualität, sondern entpuppt sich auch ansonsten als tadellos. Das I-Tüpfelchen sind zum einen ein aktuelleres Gespräch zwischen Constantin Costa-Gavras und Vassilis Vassilikos zur Entstehungsgeschichte des Films sowie weitere zeithistorische Interviews mit Costa-Gavras, Yves Montand, Irene Papas, Jean-Louis Trintignant, Jacques Perrin und Pierre Dux, die allesamt aus den Zeiten der Filmpremiere stammen.

Fazit: Trotz aller Anstrengungen bleiben am Ende des langen Tages "das Tragen langer Haare, Miniröcke, Sophokles, Tolstoi, Euripides, das Gläserwerfen nach Trinksprüchen, Arbeitskämpfe als auch Streiks, Aristophanes, Ionesco, Sartre, Albee, Pinter, Pressefreiheit, Soziologie, Beckett, Dostojewski, moderne Musik, Volksmusik, moderne Mathematik sowie der Buchstabe 'Z' auch weiterhin verboten.


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Filmmusik:


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Filmplakate:
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Oscar-Verleihung durch Clint Eastwood und Claudia Cardinale (1970):
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Trailer:


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