MORD IM FAHRPREIS INBEGRIFFEN - Costa-Gavras

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Richie Pistilli
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MORD IM FAHRPREIS INBEGRIFFEN - Costa-Gavras

Beitrag von Richie Pistilli »

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Mord im Fahrpreis inbegriffen (D)
Compartiment tueurs (F)
Vagone letto per assassini (IT)
Los raíles del crimen (ES)
Compartiment voor doders (BE)
The Sleeping Car Murders


F 1965

R: Costa-Gavras
D: Yves Montand, Catherine Allégret, Jean-Louis Trintignant, Jacques Perrin, Simone Signoret, Michel Piccoli, Pascale Roberts, Pierre Mondy, Claude Mann, Charles Denner, Marcel Buzoffi u.a.



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Deutsche Erstaufführung: 02.09.1966

Synchronkartei

Score: Michel Magne

OFDb



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"Und noch eins: Glauben sie, ich Bob Watzki, würde mich so lächerlich machen und einen Mord aus Leidenschaft zu begehen, und noch dazu in der zweiten Klasse?"


Nachdem im Schlafwagenabteil eines Nachtzugs von Marseille nach Paris eine ermordete Frau vorgefunden wurde, wird Inspektor Grazziani (Yves Montand) mit den Ermittlungen beauftragt. Doch der geheimnisvolle Mörder scheint dem aufgeweckten Inspektor immer einen Schritt voraus zu sein, denn sobald dieser die verbliebenen vier Mitreisenden zur Zeugenvernehmung aufsuchen möchte, sind diese in den meisten Fällen schon nicht mehr am Leben. Hinzu gesellt sich die Vermutung, dass in dem besagten Schlafwagenabteil insgeheim noch eine sechste Person mitreiste, von der aber niemand eine konkrete Personenbeschreibung abgeben kann. Bleibt letztendlich die Frage, ob es dem Inspektor gelingen wird, die Identität des unbekannten Mitreisenden in Erfahrung zu bringen, bevor sich der Killer auch dessen annimmt?



Bekannt geworden war der griechische Regisseur und Wahlfranzose Costa-Gavras in erster Linie durch sein politisches Kino, wozu solch großartige Filme wie beispielsweise Z - ANATOMIE EINES POLITISCHEN MORDES, DAS GESTÄNDNIS, SONDERTRIBUNAL - JEDER KÄMPFT FÜR SICH ALLEIN oder DER UNSICHTBARE AUFSTAND zählen. Für sein Regiedebüt MORD IM FAHRPREIS INBEGRIFFEN begnügte sich Costa-Garvas zunächst mit einem genretypischen Kriminalfilm, der im Vergleich zu seinen späteren Filmen zwar etwas simpler gestrickt wirkt, aber stilistisch bereits hohe Qualitäten aufweist. Neben einem undurchsichtigen Whodunit-Plot, der sich trotz seiner Dialoglastigkeit als äußerst spannend entpuppt, sind es neben den hochkarätigen Schauspieler und Schauspielerinnen die beeindruckenden s/w-Bildkompositionen des Kameramanns Jean Tournier, die diesen Film zu einem wahren Freudenfest für Cineasten machen. Jean Tournier beweist nicht nur ein gutes Gespür für Perspektiven und Räumlichkeiten, sondern setzt auch die beteiligte Darstellerriege gekonnt in Szene. Der wendungsreiche Handlungsverlauf, der sich gerade im letzten Drittel des Films förmlich überschlägt, wertet das Ganze um ein Weiteres auf. Zudem entpuppt sich der Streifen als eine Mischung aus moderner Nouvelle Vague und des klassischen Film Noirs.


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Nachdem MORD IM FAHRPREIS INBEGRIFFEN über mehrere Jahrzehnte neben seiner damaligen Kinoaufführung lediglich im TV zu bestaunen war, veröffentlichte die französische Produktionsfirma 'KG Productions' den Film im Jahr 2016 erstmals als BD und DVD, nachdem eine 35-mm Negativkopie sowie das Masterband unter der Aufsicht des Regisseurs digital abgetastet wurden. Die deutsche Filmfassung wartet zudem mit einer erstklassigen Synchro auf, wobei es natürlich äußerst schade ist, dass dieses filmische Glanzstück hierzulande lediglich im Kino vorgeführt sowie im TV ausgestrahlt wurde. Eine entsprechende BD dieses feinen Kriminalfilms ist in unseren Breitengraden leider schon viel zu lange überfällig.


Kommen wir zu den beteilgten Schauspieler*Innen, die allesamt durch Bank weg überragende Darbietungen aufs Parkett legen. Yves Montand spielt dabei den ermittelnden Inspektor Grazziani, dem neben des verzwickten Mordfalls auch noch eine aufkeimende Grippe zu schaffen macht. Jean-Louis Trintignant verkörpert einen Studenten einer tierärztlichen Hochschule, der nebenbei auch als Liebhaber einer in die Jahren gekommenen Ex-Schauspielerin agiert. Diese wird wiederum von dem französischen Publikumsmagnet Simone Signoret dargestellt, die im vorliegenden Film eine der besten Darstellungen abgibt. Ebenso überzeugend entpuppt sich die Darbietung der jungen Französin Catherine Allégret, die in der Rolle der reizenden Benjamine Bombat (auch Bambi genannt) dem geheimnisvollen sechsten Mitreisenden Daniel (Jacques Perrin) nicht nur Unterschlupf in ihrem Pariser Apartment bietet, sondern sich obendrein auch Hals über Kopf in diesen verliebt. Michel Piccoli gibt sich zudem als triebhafter Schwerenöter die Ehre, wobei sein Rollencharakter den Zuschauer zunächst auf eine falsche Fährte setzt. Zu guter Letzt sollte auch noch Marcel Bozzuffi seine Erwähnung finden, der aber leider nur im Rahmen einer klitzekleinen Statistenrolle als polizeilicher Ermittlungsgehilfe kurzzeitig in Erscheinung tritt. Abgerundet wird das Spektakel mit einer groovigen Filmmusik von Michel Magne, deren Wurzeln in der Jazz-Musik verankert sind.

Fazit: Ein außerordentliches Kriminalfilmspektakel


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Trailer:




Score:
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ARTE: Blow Up - 5 Gründe, sich MORD IM FAHRPREIS INBEGRIFFEN anzuschauen:

https://www.arte.tv/de/videos/083883-00 ... zuschauen/


Postergalerie:
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Prisma
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Re: MORD IM FAHRPREIS INBEGRIFFEN - Costa-Gavras

Beitrag von Prisma »



"Mord im Fahrpreis inbegriffen" lässt Krimi-Herzen höher schlagen, nicht nur, weil es sich um einen spannungsgeladenen Whodunit handelt, sondern vor allem wegen der exzellenten Inszenierung. Was man hier an Extravaganz im Rahmen von Bildgestaltung und Kamera-Einstellungen geboten bekommt, ist tatsächlich höchstes Niveau. Die Mord-Motive bleiben in schwachen Momenten zwar hinterfragungswürdig, jedoch hat man es mit zahlreichen Personen zu tun, die entgegen der Rationalität agieren. Von daher gewinnt das Ganze schon wieder ein Stück weit an Plausibilität. Insbesondere die Ermordungsszenen wirken durch das Spiel mit schneller Montage, Zooms, dem Einsatz von Musik und Akustik und Art der Handhabe derart atmosphärisch, spannend und dicht, dass es eine Offenbarung ist, diesem mörderischen Treiben zu folgen. Unterstützt vom Who’s Who des französischen Kinos, wie beispielsweise Yves Montand, Michel Piccoli, Jean-Louis Trintignant oder Simone Signoret, die ihre Präzision klassisch ausspielen, entfaltet sich ein abwechslungsreicher Verlauf, der mit feinem Humor und allerlei Komplikationen gespickt ist. Costa-Gavras Edel-Krimi konnte in jeder Hinsicht überzeugen, vor allem, wenn man das Setting, beziehungsweise Vakuum Zug im Rahmen von Mord-Geschichten ansprechend findet, wenngleich diese Szenen auch nur einen kleinen Teil des Films ausmachen.

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Richie Pistilli
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Re: MORD IM FAHRPREIS INBEGRIFFEN - Costa-Gavras

Beitrag von Richie Pistilli »

Prisma hat geschrieben:
So., 08.08.2021 13:34
Die Mord-Motive bleiben in schwachen Momenten zwar hinterfragungswürdig, jedoch hat man es mit zahlreichen Personen zu tun, die entgegen der Rationalität agieren. Von daher gewinnt das Ganze schon wieder ein Stück weit an Plausibilität. Insbesondere die Ermordungsszenen wirken durch das Spiel mit schneller Montage, Zooms, dem Einsatz von Musik und Akustik und Art der Handhabe derart atmosphärisch, spannend und dicht, dass es eine Offenbarung ist, diesem mörderischen Treiben zu folgen [...] entfaltet sich ein abwechslungsreicher Verlauf, der mit feinem Humor und allerlei Komplikationen gespickt ist.

Gerade die unvorhersehbaren Entwicklungen beeindruckten mich mit fortlaufendem Handlungsverlauf immer mehr, zumal dem Zuschauer bereits ziemlich früh signalisiert wurde, wer hinter dem vermeintlichen Triebmörder zu stecken vermag - aber dies ist nur eine von mehreren falschen Fährten, die Costa-Gavras im Laufe des Films verstreut. Die dezente Humornote war mir übrigens bei der ersten Sichtung weniger stark aufgefallen. Alles in Allem eine filmische Meisterleistung!


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