OASE DER GEFANGENEN FRAUEN - José Jara

Türkploitation, isländische Kannibalenfilme und alles andere aus Europa
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DJANGOdzilla
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OASE DER GEFANGENEN FRAUEN - José Jara

Beitrag von DJANGOdzilla »

OASE DER GEFANGENEN FRAUEN
[OASIS DE LAS CHICAS PERDIDAS][SPA/FRA][1981]

Bild

Regie: José Jara
Darsteller: Françoise Blanchard, Nadine Pascal, Shirley Knight, Antonio Mayans, Claude Boisson, Jean Roville


Wenn die Produktionsfirma Eurocine zuschlug, bekam man im schlechtesten Falle einen schlechten Film. Im besten Falle bekam man einen grottenschlechten Film, der so manche beabsichtigte Komödie auf die hinteren Plätze verwies. So wie OASE DER GEFANGENEN FRAUEN, in dem lausige Darsteller noch lausigere Dialoge absondern, um eine mit der Realität kaum zu vereinbarende Handlung zu erklären, in welcher hinten und vorne nichts zusammenpasst. Das hat auch seinen Grund: Das exploitative Entführungs-Epos ist ein gnadenlos billiges F(l)ickwerk, das in aller Eile aus anderen Schundfetzen zusammengeschustert wurde, um mit möglichst wenig Aufwand erneut Kasse zu machen. Das Ergebnis spottet jeder Beschreibung und dürfte im Lexikon unter Filmruine eingetragen sein.

Inhalt:

In einer Discothek werden Annie und Pascale von zwei Herren auf solch charmante Art angesprochen („Sie tanzen ungeheuer gut!“), dass es nicht lang dauert, bis sie sich in deren Wohnung befinden. Doch – Überraschung! - die Herrschaften führen nichts Gutes im Schilde: Durch ein dem Champagner hinzugefügtes Pülverchen werden die beiden Frauen gefügig gemacht und ordentlich durchgeorgelt. Doch damit ist das Unglück noch nicht vorbei: Nach besagter Aktion betritt der glatzköpfige Jules die Wohnung, besieht sich das Frischfleisch und bietet großzügige 20 000 Franc dafür. Zum ersten, zum Zweiten uuuuuund zum Dritten! Verkauft an den Herren mit der Fleischmütze!

Ganz stilecht in zwei großen Körben verpackt, werden die beiden Hübschen nun auf ein geheimnisvolles Schiff verladen und erst auf hoher See wieder herausgelassen. Dort müssen sie feststellen, dass sie nicht die einzigen Gelackmeierten sind, sondern der ganze Frachtraum voll von Leidensgenossinnen ist. Nachdem ihnen Madame Olga, offenbar Chef der ganzen Veranstaltung, erklärt hat, dass die Reise nach Afrika geht, wo schon eine gut frequentierte Arbeit im geheimen Mega-Puff auf sie wartet, werden die Damen erstmal von der Crew durchgenudelt. Eine Einführungsveranstaltung quasi. (Für diesen Wortwitz sollte man sich eigentlich schämen. Aber dieses ist der falsche Ort dafür.)

Schon bald ist das Ziel nahe. Zwar befindet man sich eigentlich noch auf höchster See, beim Blick durchs Fernglas jedoch scheint das Festland gerade mal drei Meter entfernt zu sein (wahrscheinlich extrem guter Zoom). Kaum an Land, werden die Mädels in Jeeps verladen, und los geht die wilde Fahrt (dabei wird es nur allzu offensichtlich, dass der Drehort nicht Afrika sondern der nächstbeste Safaripark gewesen ist). Als unterwegs eine Pinkelpause eingelegt wird, schafft es eine der Entführten eine junge Frau, die zufällig in der Gegend rumsteht, um Hilfe zu bitten. Leider bleibt dieses nicht unbemerkt, was zur Folge hat, dass auch besagtes Mädel nach kurzer Verfolgung einkassiert wird. Dumm gelaufen (im wahrsten Sinne des Wortes)!

Die Fahrt geht weiter. Eine der Entführten schaut dabei aus dem Fenster und staunt: „Was für seltsame Tiere!“ Die "seltsamen Tiere" sind übrigens Giraffen und Nashörner, die man aus Archivmaterial hineingeschnitten hat. Sehr seltsam...

Das Ziel wird erreicht (das angebliche Bordell entpuppt sich als ziemlich kleine Baracke, bei der man sich fragen muss, ob da überhaupt alle rein passen), die Schlafplätze werden verteilt und eine der Damen erstmal zünftig ausgepeitscht, da sie unerlaubt eingeschlafen ist. Nun beginnt das Nuttenleben, doch Annie gefällt sich in der Rolle nicht so recht. Eines Tages gelingt ihr die Flucht. Als sie armeflatternd und brüstezitternd (die Möpse sind ihr aus dramaturgischen Gründen natürlich prompt aus der Bluse gehüpft) durch den Wald hechtet, begegnet sie schließlich einem Ansässigen, der gerade auf einer Palme hockt (das ist in Afrika ja Standard). „Helfen Sie mir, ich werde in diesem Sex-Camp gefangen gehalten!“ ruft sie ihm zu. Obwohl "dieses Sex-Camp" ja eigentlich geheim sein soll, weiß der Angesprochene sofort, worum es sich handelt - ein Schelm, wer dabei Böses denkt. Da der Mann zufälligerweise der Freund der unterwegs einkassierten Frau ist, will er umgehend helfen und kommt auf die geniale Idee, Interpol einzuschalten. Warum ihm die Idee erst jetzt kommt, obwohl er ja von "diesem Sex-Camp" weiß, wäre eine gute Frage. Leider stellt sie niemand. Bevor es zu irgendeiner weiteren Unternehmung kommt, werden die beiden von John und Bernadette (den Leitern des Camps) überrascht und ein entsetzlich lahmer wilder Kampf entbrennt. Für Annie ist der Traum von Freiheit ausgeträumt, der Palmen-August jedoch entkommt.

Lagebesprechung der Mädels: Während eine der Entführten das alles gar nicht so schlecht findet (daraufhin die andere: "Du bist ja auch eine Nymphomanin.“), sind sich die anderen schnell einig, dass eine Flucht vonnöten ist. Die Idee, einen Kunden dazu zu überreden, die Polizei zu verständigen, wird als geeignet angesehen, allerdings später nie wieder aufgegriffen. Stattdessen erzählt man sich erstmal gegenseitig, wie man überhaupt in diese missliche Lage geraten ist (natürlich in Form von Rückblenden - 90 Minuten Laufzeit müssen ja schließlich gefüllt werden und Archivmaterial ist auch noch übrig).

Die Erste erzählt, wie sie im Club mit einer Freundin eine lesbische Tanznummer abgezogen hat und erklärt dazu: „Die Typen waren so geil, die wären am liebsten auf die Bühne gerannt und hätten uns vergewaltigt.“ Klingt ja nach nem richtig gelungenen Abend! Einer dieser Jungs ist dummerweise der dem Zuschauer bereits bekannte Jules, der ihr im Anschluss an die Nummer anbietet, in einem "ganz hervorragenden Club in Südafrika" tanzen zu können. Nadine lehnt ab – ganz schlechte Idee. An einen Stuhl gefesselt zwingt man sie durch Würgen und Fummeln, den Arbeitsvertrag zu unterschreiben. Ja, sogar Verträge haben die bei diesem illegalen Puff. Sehr vorbildlich!

Es folgt die Geschichte Sophies, welche auf Urlaub in Paris war und bei einer Kostümparade zugesehen hat („Ich glaube, es ging um den Sturm auf die Bastille – so genau weiß ich das aber nicht.“). Dort macht sie die Bekanntschaft eines netten Herren, der ihr eine Zigarette anbietet. Dummerweise ist diese nicht ganz koscher, so dass ihre Erinnerung erst auf dem Schiff wieder einsetzt. Das wäre doch ein brauchbarer neuer Warnhinweis für Zigarettenschachteln: Rauchen kann zu lang anhaltender Versklavung und Zwangsprostitution führen.

Zum Abschluss beginnt eine gewisse Chantal zu erzählen: Sie war in Spanien als Tramperin unterwegs und wurde von Amando aufgelesen. Dieser betreibt eine Damenboutique und unterbreitet ihr gleich das Angebot, ein paar Stücke anzuprobieren, welches sie natürlich begeistert annimmt. Während sie sich vor Ort in die schönsten Fummel schmeißt, schickt Amando seine Mitarbeiterin nach Hause. „Ist es mal wieder soweit?“ fragt diese und es schwant einem Böses. Als Chantal wieder hervorkommt, sieht sie Amando mit nacktem Oberkörper, der sich mit der Peitsche selbst auf den Rücken klatscht. Chantal ist freilich erstaunt, aber als er sie bittet, ihn auszupeitschen, tut sie es dennoch. In der nächsten Szene bedankt er sich artig und wünscht ihr noch viel Glück. Mit den Worten „Du bist zwar pervers, aber trotzdem lieb“, verabschiedet sie sich.

Wer jetzt naiverweise geglaubt hat, diese Episode hätte irgendetwas mit ihrer Entführung zu tun gehabt, der hat sich getäuscht. Die Erklärung, wie sie in ihre missliche Lage kam, bleibt Chantal schuldig. Die Erklärung, warum sie stattdessen diese völlig unwichtige Geschichte erzählt hat, ebenfalls. Dafür erzählt sie noch, dass sie danach eine Ansichtskarte für ihre Mutter gekauft habe. Besagtes Elternteil bekommt man anschließend dann auch zu Gesicht. Mama Chantal sitzt mit einer Freundin beim Kaffee und erklärt dieser, seit Ankunft der Karte nichts mehr von ihrer Tochter gehört zu haben und sich allmählich Sorgen zu machen. Ihr Gegenüber hat immerhin noch eine Karte Chantals aus Marokko erhalten, was Mutti veranlasst, diese der Polizei zu übergeben. Diese verspricht auf Anhieb ihre Unterstützung und fordert Agent Mike an, um den Fall zu übernehmen.

Auftritt Agent Mike! Dieser betritt ein Hotel, in welchem sich Madame Olga aufhält. Woher er das weiß und woher er weiß, dass Madame Olga mit dem Fall zu tun hat, ist völlig irrelevant. Durch einen cleveren Agententrick (Lauschen an der Tür) erfährt er von einer neuen Ladung Frauen, welche am folgenden Tag nach Afrika verschifft werden soll (da scheint ja ein ziemlich starker Verschleiß zu herrschen). Mit einem Kollegen gelingt es Mike, an Bord des Schiffes zu gehen. Leider rennt sein Begleiter dabei blindlinks gegen eine Glocke. Zwei Besatzungsmitglieder kommen angewetzt, entdecken aber niemanden – was ein wenig seltsam ist, denn Mike und Kollege hocken gut sichtbar hinter einem gut zehn Zentimeter hohen Kasten und wären von jedem Kleinkind entdeckt worden. Mike und Kollege greifen sich nun den erstbesten Matrosen, klopfen ihn windelweich und zwingen ihn, den Standort des Bordells zu verraten. Daraufhin beschließt Kommissar Arturo (eine weitere quasi aus dem Nichts eingeführte Person) mit seinen Männern, dem Etablissement einen Besuch abzustatten. Gesagt, getan! Zwar versuchen John und Bernadette die Polizisten davon zu überzeugen, hier ginge alles mit rechten Dingen zu, doch als ihnen die Sache zu heiß wird, versuchen sie zu fliehen. Es kommt zum großen Showdown.

Kritik:

Was auf dem Papier sogar noch einigermaßen zusammenhängend klingt, ist in der Ausführung ein kaum nachvollziehbarer Wust aus etlichen angefangenen, nie zu Ende geführten Handlungssträngen, plötzlich auf- und noch plötzlicher wieder abtauchenden Figuren und absurden Situationen. Freilich waren bereits die verwendeten Vorlagen keine Film des Jahres-Anwärter. Die Versuche jedoch, die eigentlich nicht zueinander gehörenden Story-Fragmente mithilfe nachgedrehter Szenen doch noch zu einer halbwegs funktionierenden Einheit zusammenzufügen, sind von atemberaubender Hilflosigkeit und und lassen den Spaß-Pegel fast schon bedenklich nach oben schnellen. Verwurstet wurde vor allem Material aus dem europäischen James Bond-Klon AGENTE SIGMA 3 (dessen Wiedererkennungswert in Deutschland praktischerweise gering ist, da er hier nicht veröffentlicht wurde) und dem einige Jahre zuvor entstandenen Schmuddel-Streifen DAS SCHIFF DER GEFANGENEN FRAUEN, welcher bereits auf ähnlich abenteuerliche Weise produziert wurde. Im Endeffekt beherbergt OASE nun also sowohl Material aus den 60er-, als auch aus den 70er- und 80er-Jahren - und da jedes der verwendeten Werke nur allzu deutlich ein Kind seiner Zeit war, ändert sich in hübscher Regelmäßigkeit nicht nur die Bildqualität, sondern auch das Aussehen von Frisuren, Moden und Hintergründen. Am auffälligsten ist das, als von hier auf jetzt zu Agent Sigma 3 (hier: Agent Mike) geschaltet wird und man das Gefühl hat, gerade eine Zeitreise unternommen zu haben - denn Sigma 3 ist eindeutig ein Produkt der tiefsten 1960er mit allem, was dazugehört. Und dieses katastrophal unausgewogene Potpourri der Peinlichkeit streckte man im Anschluss noch mit kurzen Sequenzen aus weiteren Filmen (vorzugsweise Erotikgedöns, allerdings augenscheinlich auch noch mindestens ein weiterer Agentenstreifen) sowie jeder Menge Archivmaterial (wie die beiden Faxen machenden Affen, die ständig ohne erkennbaren Grund zwischengeschnitten werden).

Es ist schon bemerkenswert, wie wenig Achtung man hier der Intelligenz des Publikums entgegenbrachte, denn selbst der unaufmerksamste Betrachter kommt nicht umhin zu bemerken, dass manche Darsteller hin und wieder von einem Moment auf den anderen in völlig anderen Klamotten stecken – wenn nicht sogar gleich die komplette Visage ausgetauscht wurde. Vor allem Agent Mike ist dabei quasi Der Mann mit den vielen Gesichtern, hat er derer doch mindestens drei. Und wenn er im Büro seines Chefs Bericht erstattet (was in Ermangelung geeigneten Vorlagenmaterials auf nachgedrehter Basis passieren musste), sieht man ihn (bzw. die Person, die vorgibt, er zu sein) wahlweise entweder von hinten oder sogar gar nicht – notfalls brüllt er seine Erkenntnisse halt aus dem Nebenzimmer herüber. Und wenn Bernadette im Finale mit einem Maschinengewehr auf einen Helikopter ballert, welcher eindeutig aus einem anderen Film stammt, ist ebenfalls Frohsinn vorprogrammiert.

Für zusätzliche Erbauung sorgt dann noch die deutsche Synchronisation, ist das gesprochene Wort doch oftmals kaum mit dem Gezeigten zu vereinbaren. Da behauptet Sophie, sich einen 'Studentenumzug' angesehen zu haben, während im Bild die übelste Mörderparade seit dem letzten St. Patrick's Day aufs Parkett geschmettert wird. Und ein anderes Mädchen spricht von einem 'Mann mit Halbglatze', welcher in Wahrheit weniger Haare auf dem Haupte trägt als Homer Simpson. Aber auch sonst sorgen die Dialoge für ordentlich Salz in der Suppe. Da stellt eine auf dem Boden liegende, splitternackte Blondine ihren schon arg notgeil dreinschauenden Peiniger schon mal die wahrhaft kluge Frage: „Sie wollen mich doch wohl nicht vergewaltigen, oder?“ Von dem Spruchgut, welches während der Vergewaltigung fällt, ganz zu schweigen.

Überhaupt: Vergewaltigungen! Diese passieren hier tatsächlich am laufenden Meter – anfangs gar so zahlreich, dass man sich fragt, ob OASE DER GEFANGENEN FRAUEN überhaupt noch mal aus irgendetwas anderem bestehen wird. Natürlich ist der frauenverachtende Tenor in seiner Aussage ebenso wenig ernstzunehmen wie das Werk an sich, aber über ein Verbrechen wie Vergewaltigung laut lachen zu müssen (wie es hier definitiv der Fall ist), wirft einen in ein wahres Wechselbad aus Spaß und Scham. Doch ist das Gezeigte dermaßen absurd erdacht, bescheuert gespielt und dämlich vertont, dass es schier unmöglich ist, dabei nicht in hemmungslose Heiterkeit auszubrechen. Dass sich die auf solch schäbige Art und Weise Gebeutelten mit ihrem Schicksal sogar recht hurtig anzufreunden scheinen, unterstreicht dann nochmals den unbedarft-sexistischen Grundton. Jedenfalls scheint es den meisten bald gar nichts mehr auszumachen, die Kundschaft zu bedienen, und als die Mädels schließlich allein auf ihrem Zimmer sind, wird erstmal eine zünftige Kissenschlacht veranstaltet. Man hat ja schließlich nichts Besseres zu tun.

Kurzum: Ein Besuch in der OASE DER GEFANGENEN FRAUEN ist ein Heidenspaß, ein politisch vollkommen unkorrekter, mopsfideler Muntermacher für alle Freunde gepflegter Misogynie. Vergewaltigung war noch nie so lustig.

s. auch: OASE DER GEFANGENEN FRAUEN

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