DER HUND DER BASKERVILLES - GRAHAM EVANS

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Percy Lister
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DER HUND DER BASKERVILLES - GRAHAM EVANS

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"Der Hund der Baskervilles" (The Hound of the Baskervilles) (Großbritannien 1968)
mit: Peter Cushing, Nigel Stock, Gary Raymond, Gabriella Licudi, Philip Bond, David Leland, Penelope Lee, George Howe, Christopher Burgess, June Watson, Tony Rohr, Edward Higgins, Ballard Berkeley u.a. | Drehbuch: Hugh Leonard | Regie: Graham Evans

Sherlock Holmes wird vom Landarzt Dr. Mortimer aufgesucht, der ihn nach dem mysteriösen Tod von Sir Charles Baskerville um Hilfe bittet. Er ist der Ansicht, es handele sich um die Fortsetzung eines alten Familienfluchs, der alle männlichen Nachkommen seit Sir Hugo - einem gotteslästerlichen, wüsten Mann, der für den Tod einer jungen Frau verantwortlich gemacht wurde - traf. Da in Kürze der neue Besitzer aus Kanada erwartet wird, erhofft sich der besorgte Landarzt, dass der berühmte Detektiv aus der Londoner Baker Street Licht ins Dunkel bringen kann. Einen weiteren Todesfall gilt es unter allen Umständen zu vermeiden....

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Peter Cushing hatte sein Inverness-Cape nach seinem Sherlock-Holmes-Auftritt für Hammer Films im Jahr 1959 bereits an den Nagel gehängt, als die BBC nach dem Ausscheiden von Douglas Wilmer, der eine Staffel mit Episoden aus dem berühmten Canon gedreht hatte, bei ihm anfragte, ob er die Rolle nicht wieder aufnehmen wolle. Der Schauspieler, der sich in der Zwischenzeit gründlicher mit der literarischen Figur beschäftigt hatte und viele gute Einfälle beisteuern konnte, war über das Tempo, in dem die Folgen vorangetrieben wurden, mehr als entsetzt. In zehn Tagen sollte eine Episode der Sherlock-Holmes-Serie abgeschlossen werden, was gerade bei Außenaufnahmen für einen fast nicht realisierbaren Ablauf sorgte und den gewissenhaften Darsteller in Gewissensnöte brachte. Die Langfolge "The Hound of the Baskervilles" weist für den Zuschauer keinerlei Kritikpunkte auf, die auf eine übermäßig temporeiche Inszenierung der berühmten Schauergeschichte hindeuten. Die Handlung wird weder um Nebenfiguren reduziert, wie es im Falle der Laura Lyons mehrfach zutraf, noch werden schmückende Elemente hinzugefügt, um der Geschichte Folklore zu verleihen und den Volkssagen-Charakter in überzogenem Maße zu bemühen.

Der aufgeschlossene Erbe aus Kanada wird von Gary Raymond porträtiert, der jene Erwartungen erfüllt, die an ihn gestellt werden: unvoreingenommene Tatkraft, stattliches und sicheres Auftreten, geistige und körperliche Beweglichkeit und einen Sinn für Tradition und Moderne. Die Ansprüche, welche an die Figur gestellt werden, sind hoch, weil er sowohl Zielscheibe von Gefahr, als auch Verkörperung eines Neubeginns sein muss, den die Umgebung so dringend benötigt, um den Glauben an den Fluch abschütteln zu können, der nicht nur die Baskervilles im Bann hält, sondern den ohnehin begrenzten Bewegungsradius einschränkt. Seine selbstsichere und überlegene Ausstrahlung bringt gerade genug von jener angeborenen Arroganz mit, welche Mitgliedern eines Adelsgeschlechts per Geburtsrecht verliehen werden, spricht aber auch für die Herkunft aus Übersee, die jedem Briten als Beispiel ungezwungeneren Wesens und Manieren dienen. Die Verschrobenheit der Landbewohner tritt im direkten Vergleich mit dem Neuankömmling aus Amerika deutlich hervor, was sich vor allem an den Herren Stapleton und Dr. Mortimer zeigt. Während die beiden Männer flachs-farbenes Haar tragen und die Aura eigenwilliger Gelehrter verströmen, wird Sir Henrys Kunst, das Leben genießen zu können, durch sein geschmeidiges Aussehen betont.

Der unheimliche Gruselfaktor des Moores wird mithilfe natürlicher Komponenten nach guter englischer Art inszeniert, wobei sich die Bilder eines sich verstärkenden Unbehagens anhand von Andeutungen im Zuschauer festsetzen. Die Darsteller fügen dem Geschehen stimmige Nuancen bei, was vor allem auf die ansprechend agierende Gabriella Licudi zutrifft, die sich nach und nach der getroffenen Vereinbarung entzieht und sich vom finsteren Plan ihres Gatten lossagt. Die Herren Philip Bond und David Leland sorgen anhand ihrer ähnlichen Optik anfangs für Verwirrung, kristallisieren ihre eigenwilligen Schrullen und Anschauungen jedoch bald separat heraus, wobei sich böse und gute Absichten aufgrund unterschiedlichen pekuniären Ehrgeizes scheiden. Der Kenner des Stoffes findet in der vorliegenden Produktion ein solide aufbereitetes Mordkomplott, das mit einer authentischen Landschaft, einem stringenten Handlungsverlauf und zwei überzeugenden Vertretern aus der Baker Street punkten kann. Der Vergleich mit anderen Verfilmungen braucht nicht gescheut werden, weil das Gesamtbild einen guten Eindruck hinterlässt, trotz des etwas hastig abgewickelten Finales, das noch ein, zwei Fragen offenlässt und mit einer Schlussszene in Baskerville Hall entsprechend runder gewesen wäre.

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