LONDON TO BRIGHTON - GEJAGTE UNSCHULD - Paul Andrew Williams

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Maulwurf
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LONDON TO BRIGHTON - GEJAGTE UNSCHULD - Paul Andrew Williams

Beitrag von Maulwurf »

London to Brighton - Gejagte Unschuld
London to Brighton
Großbritannien 2006
Regie: Paul Andrew Williams
Lorraine Stanley, Georgia Groome, Johnny Harris, Nathan Constance, Sam Spruell, Alexander Morton, David Keeling, Jamie Kenna, Chloe Bale, Claudie Blakley, Tim Matthews, Louise Appel


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Die zentrale Szene ist das 12-jährige Mädchen, das auf der Fahrt zum Freier im Taxi geschminkt wird. So viel Einsamkeit und Grauen sind in dieser kurzen Sequenz enthalten. Die Quintessenz eines Filmes, der uns eine Welt vorhält, die wir niemals wollten, und von der wir genau wissen, dass sie da draußen tatsächlich existiert. Eine Welt, in der die 12-jährige Joanne von Zuhause abhaut, weil ihre Mutter tot ist und ihr Vater immer nur säuft und sie verprügelt. Letzte Woche hat sie ihm die Kippen geklaut, da hat er ihr in die Rippen getreten. Jetzt ist Joanne auf der Walze und bettelt in irgendeinem U-Bahnaufgang. Kelly sieht sie, und Kelly ist gerade auf der Suche nach einer 12-jährigen, die für irgendeinen alten und reichen Sack für 100 Pfund die Beine breit machen soll. Derek hat sie mit der Suche beauftragt, und Kelly bekommt dafür 200 Pfund. Eine verdammte Menge Geld, und selbst wenn sie ein sehr schlechtes Gewissen dabei hat – 200 Pfund bedeuten, mal einen oder zwei Tage nicht im Regen auf der Straße stehen zu müssen.
Doch der Job läuft gnadenlos aus dem Ruder, und zurück bleibt ein toter Mann. Ein Mann, dessen Sohn, Stuart, ein Boss der Londoner Unterwelt ist, und der wissen will, wer zur Hölle seinen Vater umgelegt hat. „Mein Vater ist tot, und einer wird dafür bezahlen!“ Dass Derek da seine Finger drin hat weiß Stuart sehr schnell, also schickt Stuart Derek los, das Mädchen einzufangen. Der Preis für Derek: Das Leben. Also geht jetzt die Jagd los. Die Jagd auf ein 12-jähriges Mädchen, und ihre Freundin wider Willen.

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Neben der Szene im Taxi gibt es auch noch einen anderen bemerkenswerten Moment, nämlich wenn Derek in das Haus eintreten möchte in dem er Joanne und Kelly vermutet, und er gezwungen ist sich ein Lächeln abzuringen. Dieses „Lächeln“, also das Anheben der Mundwinkel um etwa 1 bis 2 Millimeter, ist die so ziemlich einzige nicht-aggressive Gefühlsbewegung des gesamten Films. Ansonsten gibt es nur Angst, Misstrauen, Gewalt und nochmals Gewalt. Derek ist ein dummes Schwein, dessen Leben daraus besteht, Mädchen zu verkaufen und in den Fernseher zu schauen. Stuart hat da schon ein erheblich höheres Niveau – Seine Leute sind loyaler und abgeklärter, und seine Gewalt ist auch kälter und erheblich effizienter als die von Derek. Aber auch diejenigen, die keine Gangster sind, sind weitgehend kalte und gefühlsarme Tiere, denen es nichts ausmacht sich selber zu verkaufen, solange die Kohle stimmt. Und vielleicht noch was zu Rauchen dabei abfällt.
Eine Welt, die aus Schlägen, Zigaretten und einer Tasse Tee besteht. Eine Welt, in der ein Vater seinen Sohn zwingt, eine Schachtel Zigaretten zu essen – Komplett! Mit Packung, Silberpapier und allem … Nur die Sache mit dem 12-jährigen Mädchen, die bringt die meisten dann doch ins Straucheln. Das ist etwas zu früh um bestialisch durchgefickt und zum Ziel von blutigen und grausamen SM-Szenarien zu werden. Was halt alles so einen kleinen und zarten Mädchenkörper penetrieren kann. Aber auf der anderen Seite: Das Geld! Für Geld wird alles getan, für Geld schiebt auch Kelly ihre Bedenken beiseite …

LONDON TO BRIGHTON ist düster, hart, gemein, schmutzig, und hat das Flair eines regnerischen Wintermorgens in einer U-Bahnunterführung, irgendwo in Süd-London. Die wenigen helleren Momente, etwa wenn Joanne und Kelly versuchen, an einem dieser Automaten einen Teddybären zu erspielen, werden sofort wieder abgeblockt: „Ich nenne meinen Sarah, und wie nennst Du Deinen?“ „Ich nenne ihn Vierpfundachtzig.“ Diese Welt ist nicht lustig und nicht heiter oder angenehm. Aber leider ist sie real. Der Film ist nicht lustig und nicht heiter oder angenehm. Aber sehr sehr gut …

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8/10

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