DER SCHNORCHEL - Guy Green

Türkploitation, isländische Kannibalenfilme und alles andere aus Europa
Antworten
Percy Lister
Beiträge: 348
Registriert: Sa., 14.11.2020 16:15

DER SCHNORCHEL - Guy Green

Beitrag von Percy Lister »

"Der Schnorchel" ("The Snorkel") (Großbritannien 1958)
mit: Peter van Eyck, Mandy Miller, Betta St. John, Grégoire Aslan, William Franklyn, Marie Burke, Irene Prador, Henri Vidon, David Ritch, Armand Guinle, Robert Rietty u.a. | Drehbuch: Peter Myers, Jimmy Sangster nach der Vorlage von Anthony Dawson | Regie: Guy Green

Alassio an der ligurischen Küste. Der Schritsteller Paul Decker vergast seine Frau, indem er sie zunächst betäubt und dann alle Tür- und Fensterritzen mit Klebeband versiegelt, um einen Selbstmord vorzutäuschen. Da er das Zimmer von innen abschließt, schützt er sich mithilfe einer Tauchermaske vor den tödlichen Gasen. Die Polizei akzeptiert eine Selbsttötung, obwohl kein Abschiedsbrief vorhanden ist. Nur Candice, die Tochter der Ermordeten, glaubt ihrem Stiefvater nicht, da sie vor Jahren beobachtete, wie er ihren Vater im Meer ertränkte. Sie sucht nach Beweisen für seine Schuld, stößt aber auf Widerstand und begibt sich selbst in tödliche Gefahr....

Bild Bild Bild
Peter van Eyck zeichnet innerhalb weniger Minuten das Bild eines eiskalt kalkulierenden Mannes, dem nichts und niemand im Weg stehen darf. Sein Mordplan wird Punkt für Punkt ausgeführt, ohne dass sich eine Regung auf seinem Gesicht abzeichnet. Der Schauspieler, der in Hollywood bereits für Nazi-Rollen verpflichtet wurde und das Glück hatte, aufgrund seiner deutschen Herkunft und der angenommenen amerikanischen Staatsbürgerschaft nicht auf einen Typus festgelegt zu sein, erweckt durchaus Assoziationen mit einem Arier, der eine wehrlose Frau auf akribische und kaltblütige Weise tötet und feuert damit Spekulationen über die beabsichtigte Aussage des Films an. Die hohe Disziplin, welche er bei den an ihn gestellten Aufgaben aufbringt, lässt ihn unnahbar und gefühlskalt wirken. Gefahr droht immer dann, wenn er bei einem Projekt seinen präzisen Verstand ins Spiel bringt und so findet der Zuschauer die besten Voraussetzungen, um mit Spannung zu verfolgen, welche Fallstricke der Mann wohl auswerfen wird. Mandy Miller kämpft nicht nur gegen den listigen Peter van Eyck an, sondern auch gegen Betta St. John, deren Rolle ganz dem Frauenbild der Fünfziger Jahre entspricht und diese deshalb in den Augen des heutigen Betrachters unkritisch und sich in vorauseilendem Gehorsam übend, erscheinen lässt. Sie zweifelt trotz der Indizien nie an der Lauterkeit ihres Arbeitgebers und scheint sich sogar stille Hoffnungen auf eine Ehe mit dem Witwer zu machen. In unbeirrbarem Glauben an die These, das Böse sei nicht existent, wenn man nur die Augen schließe und alles konsequent leugne, treibt sie den Zuseher zur Weißglut und erschwert die Recherchen des engagierten Teenagers. Hier findet sich wieder eine historische Anspielung auf die jüngere Vergangenheit: Erwiesenermaßen wussten sehr viele Deutsche von der Existenz der Konzentrationslager im Dritten Reich, beschlossen aber, dass es besser für sie wäre, dies zu ignorieren. In "Der Schnorchel" ist es die Urlaubskulisse, die für Unbeschwertheit und die Sehnsucht nach einem entspannten Leben steht, welche unangenehme Tatsachen ausblenden lässt und die Überbringerin der schlechten Nachricht - Candy Brown - verleumdet und als wahnsinnig diskreditiert. Im Finale zeigt sich einmal mehr, wie wichtig es nicht nur ist, den wahren Täter zu überführen, sondern auch, welchen Stellenwert der Abschluss einer Strafakte für die Hinterbliebenen eines Verbrechens hat. Der Seelenfrieden eines jungen Mädchens steht auf dem Spiel und eine Mitschuld am Tod eines Mannes wegen unterlassener Hilfeleistung hätte nicht nur einen Makel hinterlassen, sondern auch die offizielle Aufklärung von zwei Morden unterbunden. Die Integrität der einen Person wiegt schwerer als der Wunsch nach Rache, der zwar verständlich ist, jedoch bitter auf dem Gewissen einer Unbescholtenen lasten würde. Der britische Thriller bewahrt sich bis am Ende seine Contenance, obwohl unter der südlichen Sommerhitze tödliche Phantasien ausgelebt werden. Gepflegter Nervenkitzel in elegantem Schwarzweiß aus der stilsicheren Hammer-Schmiede.

Benutzeravatar
Richie Pistilli
Beiträge: 3554
Registriert: Sa., 31.10.2020 17:25
Wohnort: Provinzmetropole an Rhein und Mosel
Kontaktdaten:

Re: DER SCHNORCHEL - Guy Green

Beitrag von Richie Pistilli »

Poster.jpg
Poster.jpg (30.22 KiB) 1861 mal betrachtet

z.png



Habe den Film als sehr angenehm in Erinnerung, wobei die letzte Sichtung aber auch schon einige Zeit zurückliegt. Obwohl ich den klassischen Hammer-Horror ebenfalls sehr schätze, begeistern mich die Thriller des britischen Filmstudios am meisten. Zwar kann DER SCHNORCHEL ähnlich gelagerten Hammer-Thrillern wie beispielsweise HAUS DES GRAUENS, DIE AUSGEKOCHTEN, EIN TOTER SPIELT KLAVIER oder DER SATAN MIT LANGEN WIMPERN nicht so ganz das Wasser reichen, entpuppt sich aber dennoch als ein stimmig inszenierter Thriller, der mit seiner bedrückenden Atmosphäre sowie seiner beteiligten Schauspieler überzeugen kann.



Bildergalerie aus dem alten Forum:



00.0.png
02.png
03.png
04.png

05.png
06.png
07.png
08.png

09.png
10.png
11.png
12.png

13.0.png
14.png
15.png
16.png




Trailer:

Zuletzt geändert von Richie Pistilli am Mo., 05.04.2021 11:00, insgesamt 1-mal geändert.

Percy Lister
Beiträge: 348
Registriert: Sa., 14.11.2020 16:15

Re: DER SCHNORCHEL - Guy Green

Beitrag von Percy Lister »

Neben den von Dir genannten Titeln gibt es noch einige aus jener Zeit, die vielversprechend klingen, so z.B. "Schatten einer Katze" (1961), "Sie sind verdammt" (1962) und "Das alte finstere Haus" (1962). Das Flair der eleganten Thriller, über denen stets der Hauch eines morbiden Geheimnisses liegt, mag ich ebenfalls und es wäre schön, wenn man sie in den selben hochwertigen Editionen von Koch Media vorliegen hätte wie "Haus des Grauens" und "Der Satan mit den langen Wimpern".

Benutzeravatar
Richie Pistilli
Beiträge: 3554
Registriert: Sa., 31.10.2020 17:25
Wohnort: Provinzmetropole an Rhein und Mosel
Kontaktdaten:

Re: DER SCHNORCHEL - Guy Green

Beitrag von Richie Pistilli »

Percy Lister hat geschrieben:
So., 07.03.2021 23:04
Neben den von Dir genannten Titeln gibt es noch einige aus jener Zeit, die vielversprechend klingen, so z.B. "Schatten einer Katze" (1961), "Sie sind verdammt" (1962) und "Das alte finstere Haus" (1962). Das Flair der eleganten Thriller, über denen stets der Hauch eines morbiden Geheimnisses liegt, mag ich ebenfalls (...)

DAS ALTE FINSTERE HAUS und SIE SIND VERDAMMT finde ich ebenfalls ganz große Klasse. Schade, dass dem Zweitgenannten eine wohlige 'Kino'-Synchro verwehrt blieb. SCHATTEN EINER KATZE habe ich leider noch nicht gesehen.



Percy Lister hat geschrieben:
So., 07.03.2021 23:04
(...) es wäre schön, wenn man sie in den selben hochwertigen Editionen von Koch Media vorliegen hätte wie "Haus des Grauens" und "Der Satan mit den langen Wimpern".

Hoffentlich veröffentlicht ANOLIS noch den ein oder anderen Titel in ihrer vorzüglichen HAMMER-Reihe. Weiß zufällig jemand, wie die Chancen bei Titeln wie beispielsweise DIE AUSGEKOCHTEN, DAS ALTE FINSTERE HAUS oder EIN TOTER SPIELT KLAVIER hinsichtlich einer hiesigen Veröffentlichung (durch Anolis) stehen?

Antworten