DAS SPIEGELBILD - Desmond Davis

Türkploitation, isländische Kannibalenfilme und alles andere aus Europa
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Percy Lister
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DAS SPIEGELBILD - Desmond Davis

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"Spiegelbild" (In a Glass Darkly) (Großbritannien 1982)
mit: Nicholas Clay, Emma Piper, Shaun Scott, Johnathon Morris, Paul Williamson, Elspet Gray, Nicholas Le Prevost, Marjorie Bland, David Cook, John Golightly, John Wheatley, Brian Anthony, Eileen Davis u.a. | Drehbuch: William Corlett | Regie: Desmond Davis

Matthew Armitage besucht seinen Studienfreund Neil Carslake auf dessen Ansitz Badgeworthy. Die Familie feiert die bevorstehende Verlobung der Tochter Sylvia. Als Matthew sich für das Dinner zurechtmacht, sieht er im Spiegel eine furchtbare Szene: Hinter ihm öffnet sich die Tür zum Nebenraum und ein Mann tritt ins Zimmer, um eine blonde Frau zu erwürgen. Als sich Matthew umdreht, sieht er jedoch nichts. Der Mann hatte eine Narbe am Hals, das Gesicht konnte Matthew nicht erkennen. Als er kurz darauf nach unten geht, erkennt er in Sylvia Carslake das Mordopfer. Neben ihr steht ihr Verlobter - mit einer auffallenden Narbe am Hals ....

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Agatha Christie schrieb nicht nur Kriminalromane, sondern experimentierte auch mit anderen Genres. So konnte sie Elemente unterbringen, die sie beschäftigten, ohne gleich einen großen Wurf landen zu müssen. Diese kleinen Geschichten enthalten Zutaten aus ihrer Berufserfahrung während des Ersten Weltkriegs und Anklänge an ihre Zeit als junge Frau, deren Lebensziel sich nicht von dem ihrer Altersgenossinnen unterschied, wie man in ihrer Autobiografie nachlesen kann: "Ich fasste nur eines ins Auge: eine glückliche Ehe. Diesbezüglich hatte ich größtes Selbstvertrauen - wie meine sämtlichen Freundinnen auch. Wir waren uns alle der Glückseligkeit bewusst, die uns erwartete, wir freuten uns auf die Liebe, freuten uns darauf, umsorgt, umhegt und bewundert zu werden, und hatten die feste Absicht, in wichtigen Dingen unseren Kopf durchzusetzen, gleichzeitig aber auch das Leben, die Karriere und den Erfolg unserer Ehemänner - wie es unsere stolze Pflicht sein würde - vor anderen Dingen an die erste Stelle zu setzen." Diese Einstellung erscheint uns heute hoffnungslos naiv, entspricht aber genau dem, was die weibliche Heldin Sylvia verinnerlicht hat. Sie ist im Begriff, sich mit einem Mann zu verloben, von dem sich nicht einmal genau weiß, was er beruflich macht. Sie fügt sich in eine Zukunft, die ihr finanzielle und gesellschaftliche Absicherung bringen soll und scheint dem Ganzen eher gleichgültig gegenüber zu stehen.

Mangels Alternativen drehen sich ihre Gedanken auch nach ihrer späteren Heirat nur darum, die Ehe trotz aller Widrigkeiten aufrecht zu erhalten und selbstredend werden auch Demütigungen, Beleidigungen und eine Gefahr für das eigene Leben in Kauf genommen. Lagen die Sympathien anfangs bei Matthew Armitage, wechseln sie später zu Sylvia Carslake. Die Blauäugigkeit, mit der jedoch immer wieder an die Liebe appelliert wird, während Außenstehende vor den Spätfolgen eines Kriegstraumas warnen, wird fast unerträglich und rückt das mit geheimnisvollen Elementen versehene Sittenbild in die Nähe einer Schmonzette, die das Herz rühren soll, den Zuseher jedoch unzufrieden zurücklässt. Berücksichtigt man den zeitlichen Rahmen, in dem die Geschichte angesiedelt ist, gibt es allerdings wenig Spielraum für die junge Frau. In ihrem Aufbau erinnert die Geschichte an entsprechende Plots aus der Serie "Thriller", schafft aber durch den Mittelteil, der an der Kriegsfront spielt, eine ungewöhnliche Atmosphäre, da er primär auf die negativen Folgen fokussiert ist, die den Alltag des Paares nachhaltig belasten werden. Leider verabsäumt es die Handlung, den interessanten Seitenweg mit dem Psychologen intensiver zu verfolgen, was für einen zusätzlichen Suspense gesorgt hätte. So schließt sich der Kreis im klaustrophobischen Ambiente des Anwesens, das mit viel Liebe zum Detail in Szene gesetzt wurde, so wie auch alle Personen stilgerecht ausgestattet wurden.

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