DAS BILDNIS DES DORIAN GRAY - Massimo Dallamano

Türkploitation, isländische Kannibalenfilme und alles andere aus Europa
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Prisma
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DAS BILDNIS DES DORIAN GRAY - Massimo Dallamano

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Helmut Berger

DAS BILDNIS DES DORIAN GRAY


● DAS BILDNIS DES DORIAN GRAY / IL DIO CHIAMATO DORIAN / DORIAN GRAY (D|I|GB|1970)
mit Herbert Lom, Maria Rohm, Richard Todd, Margaret Lee, Isa Miranda, Eleonora Rossi Drago,
Renato Romano, Beryl Cunningham, Stewart Black, Francesco Tensi und Marie Liljedahl
eine Produktion der Terra Filmkunst | Sargon Film | Towers of London | im Constantin Filmverleih
nach dem gleichnamigen Roman von Oscar Wilde
ein Film von Massimo Dallamano

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»Jugend ist das einzige was Wert hat im Leben!«


Wie es der Zufall will, lernt der Dorian Gray (Helmut Berger) den Kunsthändler und Lebemann Lord Henry Wotton (Herbert Lom) im Atelier des gemeinsamen Bekannten und Malers Basil Hallward (Richard Todd) kennen, der den jungen Mann porträtiert. Wotton ist fasziniert von der Unschuld und vor allem der Schönheit Dorians, und führt ihn in den Londoner Jet Set ein. Durch dessen Einfluss lernt der junge Mann die Vergnügungen und Verlockungen des Lebens kennen, auch seine zynischen und verunsichernden Bemerkungen lassen Dorian Gray nur zu einem Schluss kommen: Er will ewig jung bleiben, selbst wenn er dafür seine Seele hergeben müsste. Die Jahre verstreichen, die Bekannten um ihn herum verändern sich, doch er scheint tatsächlich ein dunkles Geheimnis zu hüten, denn man sieht ihn unverändert jung und schön...

"Das Bildnis des Dorian Gray" brachte es seit Erscheinen des gleichnamigen Romans zu zahlreichen Verfilmungen und Massimo Dallamanos Adaption aus dem Jahr 1970 hält sich nur noch vage an die Vorlage, was allerdings keinen Grund zur Kritik darstellen soll. Handlung und Personen wurden in die tatsächliche Entstehungszeit verlegt, das Grundgerüst der Vorlage ist jedoch weiterhin erkennbar. Auch einige Textpassagen stimmen hier überein, die insbesondere Verwendung als Schlagworte finden. Vielleicht kann man dem Film bescheinigen, dass er sich von der Romanvorlage inspiriert zeigt, sich sogar im weitesten Sinne versucht zu emanzipieren und insgesamt ist es beim Anschauen empfehlenswert, dies losgelöst von Wildes Roman zu tun. Die Geschichte des narzisstisch veranlagten jungen Mannes, der sich quasi in sein eigenes Spiegelbild verliebt, ereignet sich im vom Zeitkolorit geprägtem London und transportiert daher eine, auch heute noch faszinierende Stärke der Bilder und Schauplätze, wobei von den Haupt-Charakteren natürlich nicht der ursprüngliche Schliff ausgeht. Was dem Film allerdings zugute kommt ist die Verpflichtung von Helmut Berger für die Titelrolle. Unabhängig von seiner Art zu interpretieren wirkt er nämlich tatsächlich wie der Prototyp des, oder eines Dorian Gray, den es überall und immer wieder geben könnte. Massimo Dallamano versucht hier viele Querverbindungen zu etlichen Genres zu knüpfen, so dass es von Drama bis Erotik auch zahlreiche andere Elemente zu finden gibt. Eines ist aber ohne jeden Zweifel entstanden, nämlich ein typisches Kind seiner Zeit, welches in vielerlei Hinsicht seine anziehende Wirkung auf den Zuschauer entfalten kann. Der Verlauf kann in Etappen eingeteilt werden, die unterschiedliche Schwerpunkte setzen. So nimmt man zwischen Poesie bis Aggression viele Facetten wahr, die der Geschichte ein wechselhaftes, ja, beinahe unberechenbares Profil geben.

Hierzu trägt Helmut Berger in besonderem Maße bei, da man seine grundlegende Verwandlung hautnah miterleben kann. Zunächst muss einfach erwähnt werden, dass die Glaubwürdigkeit der Titelfigur hauptsächlich auf der äußeren Erscheinung des Österreichers basiert, möglicherweise könnte ein Dorian Gray ja genauso aussehen. Sicherlich verlangt das Drehbuch keine darstellerische Ausnahmeleistung, ein phasenweise oberflächlicher Tenor ist auch nicht zu leugnen, allerdings ist es die Präsenz Bergers hier überaus beachtlich. Innerhalb der bestehenden Möglichkeiten werden Aspekte wie Zerrissenheit, Angstzustände, Manipulation oder Ausschweifungen recht gut dargestellt, es bleibt unterm Strich eine spürbare Faszination zurück, die von der Titelrolle ausgeht. Die Produktion birgt ohnehin eine hervorragende europäische Besetzung, die bis in die kleinsten Nebenrollen namhaft besetzt ist. Als Lord Henry Wotton überzeugt Herbert Lom als zynisches Sprachrohr, Mentor und mahnende Instanz, alles auszukosten, bevor es zu spät ist. Konträr zu moralischem Verfall und fehlenden Tugenden steht Richard Todd als Basil Hallward, der das Bildnis geschaffen hat, und damit eigentlich Teil der Katastrophe ist. Schöne Frauen schwirren um das anziehende Licht Dorian Gray, von denen man ebenfalls sehr ansprechende Darbietungen präsentiert bekommt. Die Schwedin Marie Liljedahl, für die "Das Bildnis des Dorian Gray" bereits ihr vorletzter Film war, überrascht mit einer dynamischen Interpretation der Sybil, ihre bemerkenswerte Schönheit verhilft ihr zusätzlich in höhere Sphären der Glaubhaftigkeit. Sie steht vollkommen konträr zur Londoner Hautevolee, die zumindest bei den Damen verblüffende Gesichter von beispielsweise Margaret Lee, Eleonora Rossi Drago oder einer hier kaum zu fassenden Isa Miranda bekommen. Schließlich nimmt man vollkommen zufrieden wahr, dass die Produktion schon alleine aufgrund der Darsteller punkten kann.

Erneut stellt Massimo Dallamano seine besondere Fähigkeit unter Beweis, einen Film sehr gut strukturieren zu können, was hier wohlgemerkt nicht hauptsächlich am Leitfaden der Romanvorlage liegt. Trotz der quasi determinierten Geschichte kommt es zu sehr interessanten Erweiterungen und ansehnlichen Einfällen, die den geneigten Zuschauer blendend unterhalten können. Zwar wird thematisch sehr Vieles aufgegriffen, beziehungsweise angebahnt, allerdings liegt es letztlich an der Fülle begonnener Fragmente, dass man nicht überall zu zufriedenstellenden Abschlüssen gelangt, hin und wieder entsteht der Eindruck, dass der Dramaturgie ein bisschen mehr Tiefgang ganz gut gestanden hätte. Wie dem auch sei, "Das Bildnis des Dorian Gray" ist als Einheit gesehen ein nicht zu verachtender Film seiner Zeit geworden, der typische, oder vielmehr obligatorische Szenen diktiert. Hier ist natürlich der erotische Einschlag zu nennen, der sich schließlich als eine vollkommen erforderliche Zutat herausstellt, nicht zuletzt weil das Interesse auf sehr ästhetischen Einstellungen liegt, und man die richtigen Leute vor und hinter der Kamera versammeln konnte. Man nimmt Allianzen zwischen vielen Beteiligten wahr, die vor allem Kamera oder Musik mit einschließen, der Verlauf schimmert immer wieder in einem sehr eleganten Licht, was sich jedoch nicht als Fazit durchschlagen kann, vielleicht zugunsten einer gewissen Unterordnung durch die zeitgenössische Unterhaltungsmaschinerie. Nichtsdestotrotz präsentierte Massimo Dallamano einen durchweg unterhaltsamen Film, der interessante Persönlichkeiten offeriert, malerische Bilder präsentiert und für Atmosphäre steht, außerdem mit seiner auf Vielseitigkeit angelegten Geschichte überzeugen kann. So bleibt ein überaus gerne gesehenes Erotik-Drama auf weltliterarischem Nährboden, welches in der persönlichen Rangfolge einen ganz hohen Stellenwert genießt.

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Prisma
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Re: DAS BILDNIS DES DORIAN GRAY - Massimo Dallamano

Beitrag von Prisma »



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● MARIA ROHM als ALICE CAMPBELL in
● DAS BILDNIS DES DORIAN GRAY (D|I|GB|1970)



Maria Rohm kann zahlreiche Einsätze in Filmen verbuchen, die von ihrem Ehemann Harry Alan Towers produziert wurden, mit dem sie ab 1964 bis zu seinem Tod im Jahr 2009 verheiratet war. Interessant ist, dass ihre Nennung im jeweiligen Vorspann oftmals nichts über die tatsächliche Auftrittsdauer in entsprechenden Produktionen aussagt, denn auch hier liest man ihren Namen relativ weit vorne in den Titelcredits, jedoch kommt dieser Auftritt nicht über eine kleine Nebenrolle hinaus, die nur wenige Drehtage erfordert haben dürfte. Für den Verlauf ist ihre Alice Campbell im Grunde genommen wenig relevant und man bekommt Maria Rohm auch erst nach langer Spielzeit zu sehen. Diese Rolle wirkt wie so oft vollkommen instrumentalisiert und vermittelt lediglich stark den Eindruck von schmückendem Beiwerk, wie man so schön zu sagen pflegt. Natürlich können auch derartig übersichtliche Auftritte ihren Reiz haben, vor allem, wenn man auf eine bestimmte Person im Szenario wartet, die man aus unterschiedlichsten Gründen gerne sieht. In "Das Bildnis des Dorian Gray" ist Rohm schätzungsweise höchstens kurze zwei Minuten zu sehen, sodass sich die natürlichen Entfaltungsmöglichkeiten unter diesen Voraussetzungen naturgemäß deutlich in Grenzen halten, aber es darf ruhig anerkannt werden, dass die Rolle durch ihren streng eingegrenzten Aufbau ihre volle Wirkung erzielen kann. In auffällig biederer Aufmachung wirkt sie neben einem strahlenden Helmut Berger wie ein uninteressanter Fremdkörper, ihre wenigen Dialoge demonstrieren allerdings, dass man es mit einer kultivierten Frau zu tun hat, die sich normalerweise nicht durch Worthülsen beeindrucken oder blenden lässt.

Aber neben Dorian Gray scheinen schließlich alle der vorgestellten Personen irgendwie schwach zu werden und wenig später steht die hübsche Interpretin auch schon nackt im Set; eine Aufgabe, mit der Maria Rohm durchaus vertraut war. Bevor sie allerdings wacklige Knie bekommt, legt Helmut Berger offensiv vor, und die offensichtlich stark kurzsichtige Alice Campbell setzt ihre Brille und gleichzeitig ein schockiertes Gesicht auf, sodass die Redewendung sehr greifbare Züge bekommt, dass hier jemand offensichtlich seinen Augen nicht trauen will. Ihre kurze echauffierte Anwandlung und ihr betont abweisendes Gehabe können die bevorstehende sexuelle Kollision allerdings nicht mehr verhindern, bis die Kamera sich in eindeutigen Zweideutigkeiten verliert. Im Endeffekt kann auch bei dieser sehr kurzen Rolle gesagt werden, dass Maria Rohm erneut sehr effektiv, man möchte beinahe sagen funktionell eingesetzt wurde. Gerade derartige Auftritte tragen schließlich zum Rollenprofil der attraktiven Österreicherin bei und bereichern die jeweiligen Filme unbedingt. Für den Verlauf bleibt dieser, auf den ersten Blick unscheinbare Auftritt fester Bestandteil einer gut aufgebauten Kettenreaktion: Alice Campbell wird zu einer Etappe des unausweichlichen Abstiegs der Titelfigur. Fans von Maria Rohm können auch hier auf ihre Kosten kommen, weil man mit ihr sicherlich irgendwie immer auf seine Kosten kommen kann, allerdings hätten ihr einige weitere Szenen sicherlich gut gestanden, dem Film übrigens auch. Nach diesem Auftritt sollte darstellerisch übrigens nicht mehr viel für Maria Rohm kommen, um genau zu sein brachte sie es nur noch auf ein halbes Dutzend Filme, die eben genau solchen Kurzauftritten gleichen sollten.



samgardner
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Re: DAS BILDNIS DES DORIAN GRAY - Massimo Dallamano

Beitrag von samgardner »

Prisma hat geschrieben:
Mo., 02.11.2020 13:52
Zwar wird thematisch sehr Vieles aufgegriffen, beziehungsweise angebahnt, allerdings liegt es letztlich an der Fülle begonnener Fragmente, dass man nicht überall zu zufriedenstellenden Abschlüssen gelangt, hin und wieder entsteht der Eindruck, dass der Dramaturgie ein bisschen mehr Tiefgang ganz gut gestanden hätte.
Welche Fassung hast Du denn gesehen? Die deutsche Fassung (ich glaube auch die US-Fassung) wurde ja um etwa 7 Minuten gekürzt. Ich hab zwar beide Fassungen mal gesehen, aber einen direkten Vergleich hab ich nicht gemacht, insofern kann ich mich nicht im Detail erinnern, was da geschnitten wurde und ob das einen großen Unterschied machte.
Zuletzt geändert von samgardner am So., 04.04.2021 14:21, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: DAS BILDNIS DES DORIAN GRAY - Massimo Dallamano

Beitrag von Prisma »

samgardner hat geschrieben:
Sa., 03.04.2021 20:07
Welche Fassung hast Du denn gesehen?

Ich kenne auch nur die deutsche Fassung, und da würde ich sogar sagen, dass sie von der Länge her mit damaligen TV-Ausstrahlungen identisch ist, wobei der Film eigentlich nicht so viel für Kürzungen hergibt. Die Darstellungen von Erotik oder Gewalt sind hier noch handelsüblich, daher finde ich eine Kürzung um sieben Minuten schon sehr drastisch. Aber sowas war ja leider auch handelsüblich. Ansonsten kann ich zu Fassungsunterschieden leider nichts sagen, aber meine Anmerkung bezog sich hier vor allem auf die Romanvorlage und die daraus resultierende Dramaturgie des Films.

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Prisma
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Re: DAS BILDNIS DES DORIAN GRAY - Massimo Dallamano

Beitrag von Prisma »



Der deutsche Vorspann mit der schönen Musik von Peppino De Luca und Carlo Pes:


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Re: DAS BILDNIS DES DORIAN GRAY - Massimo Dallamano

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MARGARET LEE als GWENDOLYN in
DAS BILDNIS DES DORIAN GRAY (D|I|GB|1970)



»Streng dich nicht an, liebes Schwesterchen. Es ist doch bekannt, dass dich die Malerei tödlich langweilt und dass dich nur die Maler reizen!« Wenig betroffen von den zynischen Worten ihres Bruders, bewegt sich Gwendolyn von ihm und seinem Geschäftspartner, dem Maler Basil Hallward weg, um die Entdeckung des Tages oder vielleicht ihres Lebens zu machen. Überwältigt beobachtet sie den jungen Dorian Gray, der wieder eine Sitzung bei dem befreundeten Maler hatte. Da Herkunft, Stand, Reputation und Vermögen es ihr in der Regel ermöglichen, alles zu bekommen, was sie sich in den Kopf gesetzt hat, ist ihr Jagdtrieb geweckt, und sie bekommt den Mund wegen der Schönheit und Vollkommenheit ihres Gegenübers gar nicht mehr zu. Margaret Lee erscheint in eleganten, aber ebenso provokanten Roben, die Blicke auf sich ziehen, und es wird einem bereits in ihrer ersten Einstellung klar, dass es sich bei ihr um die richtige Wahl handelt. Sie macht kein Geheimnis aus ihrer unbändigen Lust, so viele Affären wie möglich zu haben, doch es ist fraglich, ob Dorian sich auf die wesentlich erfahrenere und auffordernde Frau einlässt. Es klingt beinahe schicksalsträchtig, dass es nicht die vielen unterschiedlichen Männer waren, die sie für immer verdorben haben, sondern ihr eigener Bruder, der keines tiefgründigen oder zynischen Kommentars verlegen ist. Gwendolyn versucht sich hin und wieder desselben Handwerks, doch sie kommt in Intensität und Wirkung nicht an ihren bissigen Mentor heran. In der besseren Gesellschaft ist dessen Schwester längst berüchtigt, aber nicht gefürchtet, was ihr einige Freibriefe ausstellt. Der Zuschauer betrachtet sich die attraktive Dame, denkt dabei an ihr Anvisieren Dorians und ob ihr Plan letztlich aufgehen wird. Die Screentime Lees ist ganz in der Mode damaliger europäischer Produktionen als supporting role recht übersichtlich, aber pointiert, sodass sie eine Figur darzustellen hat, die im Gedächtnis bleiben wird. Margaret Lee ist quasi auf dem in die Länge gezogenen Höhepunkt ihrer Karriere zu sehen und überrascht hier in unbändiger Fasson und mit verschlagener Attitüde.

Bei Gwendolyn handelt es sich zweifellos um eine hinterlistige Person, bei der es nicht immer ganz klar wird, ob sie die Jagd mehr reizt als die Beute. Mit Dorian Gray kommt sie schnell und ganz selbstverständlich ins Geschäft, immerhin entstammen beide der gleichen gelangweilten Gesellschaft. Als ob es in der Familie bliebe, entwickelt sich eine statische Affäre, die Regisseur Dallamano jedoch im überwiegend Hintergrund ablaufen lässt, sodass Gwendolyn zu einer der anziehenden Nebenfiguren und somit einem Zahnrad des vergifteten Schicksals dieser Geschichte wird. Margaret Lee ist hier bemerkenswert schön, auffällig gelöst und betont leichtfertig, wozu auch ihre von Oscar Wilde gegebene Aura beiträgt, und es handelt sich sicherlich um eine ihrer interessantesten und ziemlich prickelnden Darbietungen dieses Zeitfensters. Margaret Lee verkörpert hier die personifizierte weibliche Verführung und darf unter Massimo Dallamanos diskretem Deckmantel einige sehr erotische Szenenabfolgen interpretieren, die - eingehaucht in Licht- und Schattenspiel oder vertuschende Schleier - besonders ästhetisch wirken. Mit fortschreitender Zeit zeigen sich jedoch auch ihre verborgenen Begierden, die etwas von ihrer zunächst geheimnisvoll anmutenden Aura nehmen, da diese Wünsche anscheinend doch zu sehr von dieser Welt oder aus jenen Kreisen zu sein scheinen. Es ist erstaunlich genug, dass diese Ausstrahlung überhaupt aufzukommen vermag, immerhin liegen die Karten mehr als deutlich auf dem Tisch - zumindest was ihre Person angeht. Margaret Lee bietet ein völlig anderes Konzept Frau und Schauspiel an, als ihre ebenso umwerfenden Kolleginnen Maria Rohm, Eleonora Rossi Drago, Isa Miranda, Beryl Cunningham oder Marie Liljedahl, und überzeugt einfach nur auf ganzer Linie; ein Umstand, der allerdings nicht grade neu ist. In den endenden 60er Jahren und den beginnenden Siebzigern übernahm die vielseitige Britin ohne jeden Zweifel ihre spektakulärsten, weil schönsten Rollen, was einem Film wie "Das Bildnis des Dorian Gray" unterm Strich eine der vielen Kronen aufsetzt. Am Ende bleibt nur die Frage, wer eigentlich wen verdorben hat.



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Re: DAS BILDNIS DES DORIAN GRAY - Massimo Dallamano

Beitrag von Prisma »



Bei Massimo Dallamanos "Das Bildnis des Dorian Gray" stellt sich erst gar nicht die Frage, ob man eine idealere Wahl für Titelrolle hätte treffen können? Nicht zuletzt wegen Helmut Berger breitet der Film eine spürbare Aura aus, zumal Oscar Wildes Roman zusätzlich eine hochinteressante Transformation in die beginnenden 70er-Jahre erfährt, auch wenn die zeitgenössische Kritik sich kaum begeistert oder vielleicht sogar traditionell unbeeindruckt zeigte. Diese europäischen Filme des Produzenten Harry Alan Towers sind in der Regel echte Perlen, die einen enormen Unterhaltungswert und umwerfende Besetzungen bieten. Hier erfasst das interessierte Auge Stars und Sternchen so weit das Auge reicht. Der Verkauf der eigenen Seele fordert dem Vernehmen nach immer einen Höchstpreis, der hier sogar gerne noch etwas drastischer hätte dargestellt werden dürfen, wobei ich die Spannung ohnehin aus Dorian Grays Eskapaden ergibt. Sein Mentor und Verführer wird exzellent dargestellt von Herbert Lom, die Londoner Clique der High Society kann sich auf Spitzenleistungen von Isa Miranda, Richard Todd und Margaret Lee verlassen. Geschickte Winkelzüge erzeugen eine subtile Spannung, außerdem kommt es zu einem Verlauf, der seine Opfer auf unterschiedlichste Art und Weise fordert, um am Ende das vollkommen logische Schließen des Kreises aufzuzeigen. Ein Film mit Flair, den üblichen Provokationen einer neuen Dekade und sicherlich auch ein paar Schwächen, die sich vor allem aus Vergleichen mit der brillanten Romanvorlage herleiten.

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