VENUS IN FURS - Jess Franco

Türkploitation, isländische Kannibalenfilme und alles andere aus Europa
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Prisma
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VENUS IN FURS - Jess Franco

Beitrag von Prisma »



Maria Rohm

VENUS IN FURS


● PAROXISMUS / VENUS IN FURS / SCHWARZER ENGEL / VENUS IM PELZ (GB|I|D|1969)
mit James Darren, Margaret Lee, Barbara McNair, Dennis Price, Adolfo Lastretti, Manfred Mann, Paul Muller und Klaus Kinski
eine Produktion der Towers of London Productions | Cinematografica Associati | Terra Filmkunst
ein Film von Jess Franco

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»I'm supposed to be very cool about these things!«


Jimmy (James Darren) ist Trompeter in einer angesagten Jazz-Combo, doch sein Dasein ist gezeichnet von Unzufriedenheit und Lethargie. Als er wie üblich am Strand spazieren geht, um über sich nachzudenken, macht er eine grauenvolle Entdeckung: er findet eine Tote (Maria Rohm). Da er glaubt die Frau zu kennen, ist der Schrecken umso größer, schließlich erinnert er sich an eine Situation auf einer Feier des türkischen Fürsten Ahmed (Klaus Kinski), als eine Frau in einer Art Ritual zu Tode gepeitscht wurde. Nun scheint es so, als liege genau diese Frau tot vor ihm. Eine anschließende Tournee lässt wieder Gras über die Sache wachsen, doch Jimmy zweifelt immer mehr an seinem Geisteszustand, zumal er der Toten wieder begnet, aber dieses Mal lebendig...

Anders als der Titel dieses Films vermuten lässt, stützt sich Jess Francos Beitrag nicht auf die gleichnamige Novelle des österreichischen Schriftstellers Leopold von Sacher-Masoch, die im Produktionsjahr 1968 als Basis für Massimo Dalamanos "Venus im Pelz" herangezogen wurde. Durchaus inspiriert von der Tatsache, dass angesichts des Titels eine Art Fetischisierung stattfindet, ist es hier die Protagonistin Wanda, die Projektionsfläche der Erotik und - man muss es sagen - Ästhetik wird. In jenen Jahren bekam der Zuschauer noch einen anderen Franco angeboten, was sich einige Zeit später schon drastisch ändern sollte. Hier zeigt sich ein Hauptaugenmerk bezüglich der erotischen Erzählstruktur, und man kommt in den Genuss von beinahe poetisch angehauchten Bildern, die mit erstaunlich starker musikalischer Untermalung zu einer besonderen Gesamtkomposition werden. Sicherlich ist es auch zusätzlich der Tatsache geschuldet, dass renommiertere Produktionsfirmen als Co-Financiers mit das Sagen hatten, wie beispielsweise die Constantin-Tochter Terra Filmkunst, sodass es naturgemäß zu einem Ergebnis kommen konnte, das nicht immer gerade Franco-typisch aussieht, aber buchstäblich exemplarisch offenlegt, welch großes Talent eigentlich im spanischen Regisseur gesteckt hat, allerdings viel zu häufig keinen optimalen Abruf fand. Nichts wirkt hier schnell heruntergekurbelt oder eilig zusammengebastelt, ganz im Gegenteil: es entfaltet sich ein Gesamtbild, das sich durchaus sehen lassen kann. Die Darsteller-Riege ist für Franco/Towers-Verhältnisse altbekannt, aber ebenso einladend ausgefallen. Die Reise durch dieses ansprechende Produkt der Fantasie gibt sich von vorne herein traumwandlerisch, aber auch auffallend verzerrt. Intensive visuelle und akustische Eindrücke fordern die Aufmerksamkeit enorm, und die zugegebenermaßen manchmal seicht anmutende Geschichte bleibt unheimlich spannend und faszinierend bis zum Ende. Was insgesamt sehr gut ankommt, ist, dass man es inszenatorisch gesehen mit einem wirklich einwandfreien Jess-Franco-Film zu tun hat.

Die Hauptfigur der Produktion bekommt von Maria Rohm, der Ehefrau des hier verantwortlichen Produzenten Harry Alan Towers, ein sehr passendes und vertrautes Gesicht mit auf den Weg, und es ist immer wieder eine besondere Freude, die attraktive Österreicherin agieren zu sehen. Wie so oft mit der eigentlichen Hauptrolle vertraut, reichte man sie wie beinahe ebenso üblich in den Titelcredits etwas nach hinten. Ihre durchaus vorhandene Ausstrahlung ist hin und wieder nur schwer zu beschreiben. Da sie oft in Rollen zu sehen war, die nicht besonders viel herzugeben wussten, ist man vielleicht hin und wieder dazu geneigt, die Darstellerin mit den tiefen Augen zu unterschätzen, spielte sich doch gut ⅓ ihrer Karriere unter dem teilweise einseitig inszenierenden spanischen Regisseur ab. Hier sieht man sie definitiv in einer ihrer besten und vor allem effektivsten Interpretationen unter Jess Franco, und es kommt zu vielen sinnlichen Phasen, die nicht zuletzt ihrem Gespür, die Szenerie vereinnahmen zu können, zu verdanken ist. Geheimnisvoll und verführerisch liefert sie regelrechte Bildstrecken der Ästhetik, präsentiert jedoch auch eine nahezu gespenstische Aura. Ihre britische Kollegin Margaret Lee, die nach Angaben von Maria Rohm auch privat mit ihr befreundet gewesen sein soll, arbeitet in diesem Zusammenhang sehr gut in dieses Gesamtbild hinein, wobei Barbara McNair, die hier den Titelsong beisteuerte, deutlich das Nachsehen hat, insbesondere beim Vermitteln und Übertragen spürbarer Emotionen, von denen "Paroxismus" über die Maßen lebt. Interpreten wie Dennis Price und Klaus Kinski runden das Geschehen routiniert ab, ohne jedoch prominent in Erscheinung zu treten. Jess Franco inszenierte seinen Film phasenweise wie einen Traum in surrealren Bildern, und obwohl die Eindrücke schemenhaft zurückbleiben, ordnet sich das Gesamtbild wie von selbst. Hier ist es ausnahmsweise nicht die Geschichte an sich, die Akzente versetzen kann, sondern die wirklich ambitionierte Verfilmung eines Stoffes, der innerhalb und außerhalb der Jess-Franco-Welt einen gehobenen Standard vermitteln kann. Aus diesen Gründen und nicht zuletzt wegen Maria Rohms Performance ein sehr faszinierender Film.

Italo
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Re: VENUS IN FURS - Jess Franco

Beitrag von Italo »

Das ist einer der allerbesten Jess Franco Filme, den ich immer wieder ansehen kann.
Ein wirkliches Franco Masterpiece.
Ich besitze die ziemlich gute US DVD aber frage mich seit Jahren, warum gerade diese deutsche Co-Produktion nicht bei uns erscheint.

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Dschallogucker
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Re: VENUS IN FURS - Jess Franco

Beitrag von Dschallogucker »

Ich habe den Film vor etlichen Jahren mal geschaut, besitze ebenfalls die US-DVD. Hat mir auch gut gefallen.
Vielleicht mal an Pidax schreiben, da würde es reinpassen. Kürzlich erschien ja erst ein weiterer Franco von denen

samgardner
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Re: VENUS IN FURS - Jess Franco

Beitrag von samgardner »

Italo hat geschrieben:
Sa., 09.10.2021 07:57
Das ist einer der allerbesten Jess Franco Filme, den ich immer wieder ansehen kann.
Ein wirkliches Franco Masterpiece.
Ich besitze die ziemlich gute US DVD aber frage mich seit Jahren, warum gerade diese deutsche Co-Produktion nicht bei uns erscheint.
Problem ist wohl auch, dass trotz der deutschen Produktionsbeteiligung nie eine deutsche Synchro angefertigt wurde.

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Prisma
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Re: VENUS IN FURS - Jess Franco

Beitrag von Prisma »

Italo hat geschrieben:
Sa., 09.10.2021 07:57
Ein wirkliches Franco Masterpiece.

Das kann man wohl sagen! Ich finde Francos Filme ja insbesondere aus diesem Zeitfenster und sehr gerne mit Beteiligung einer deutschen Produktionsfirma auch besonders interessant und gelungen, wobei die meisten dieser Geschichten vielleicht nicht mit der hier auffälligen künstlerischen Finesse versehen sind. Ich konnte mir aber letztlich nie selbst beantworten, woran es letztlich gelegen haben kann, ob Jess Franco sich sichtlich Mühe gegeben hat oder einfach nur auf Quantität gesetzt hat.

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Richie Pistilli
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Re: VENUS IN FURS - Jess Franco

Beitrag von Richie Pistilli »

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Paroxismus (GB)
Venus in Furs (GB)
Può una morta rivivere per amore? - Paroxismus (IT)
Può una morta rivivere per amore? (F)
Black Angel


GB / IT / D 1969

R: Jess Franco
D: James Darren, Maria Rohm, Margaret Lee, Klaus Kinski, Dennis Price, Barbara McNair, Paul Muller, Adolfo Lastretti, Manfred Mann, Jesús Franco, Mirella Pamphili u.a.



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Italienische Erstaufführung: 19.08.1969

Filmportal

Remeber it for later

Score: Manfred Mann Chapter III

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OFDb




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"Jimmy. Your dreaming. This is the reality. No Istanbul."


Schweren Gemüts schlendert der Jazz-Musiker Jimmy Logan (James Darren) an einem türkischen Strand entlang, um seine verbuddelte Trompete wieder aus dem Sand zu graben. Doch nachdem er im Antlitz der brennenden Sonne die ersten Töne gespielt hat, entdeckt er unweit von ihm eine tote Frau, die von den Wellen an den prächtigen Sandstrand gespült wurde. Dabei handelt es um die bezaubernde Wanda (Maria Rohm), die er einige Zeit zuvor auf einer dekadenten Party getroffen hatte, wo sie von dem Kunsthändler Kapp (Dennis Price), der Fotografin Olga (Margaret Lee) und dem Schwerenöter Ahmet (Klaus Kinski) gegen ihren Willen misshandelt und getötet wurde. Um auf andere Gedanken zu kommen begibt sich Jimmy kurzerhand nach Rio de Janeiro, wo er sogleich eine Liaison mit der Nachtclub-Sängerin Rita (Barbara McNair) eingeht. Als er eines schönen Nachts mit seiner Jazzband in einem Club auftritt, steht ihm plötzlich wieder eine wunderschöne Frau gegenüber, die wie das Ebenbild der verstorbenen Wanda aussieht. Während Jimmy allmählich immer tiefer in einer Traumwelt versinkt, beginnt die wundersame Dame einen übernatürlichen Rachefeldzug, dem nach und nach die Peiniger der bezaubernden Wanda zum Opfer fallen.



Keine Ahnung, welche Drogen sich Jess Franco während der Produktion dieses wunderbaren Films eingeschmissen hat, zumindest scheint nichts schlechtes dabei gewesen zu sein, denn mit PAROXISMUS hat der spanische Tausendsassa zweifelsfrei einen seiner beeindruckendsten Filme abgeliefert, bei dem sich die Grenzen zwischen Traum und Realität recht schnell vermischen - und das nicht nur bei dem Hauptprotagonisten Jimmy. Beseelt von dem Geist der Swinging-60s offenbart sich der hypnotische Film als ein surrealer Rausch, in dem sich der Zuschauer nach und nach zu verlieren droht. Obendrein verwandelt der delirierende Film die hoch erotischen Momenten in pure Ästhetik, die von dem renommierten Kameramann Angelo Lotti in kolossalen Bildkompositionen festgehalten und den gesamten Handlungsverlauf über collagenartig aneinandergereiht werden. In manchen Momenten fühlte ich mich wie in einem nimmer enden wollenden Musikvideo gefangen, das durchgehend mit der prächtigen Filmmusik von Manfred Mann unterlegt ist. Neben den beiden bezaubernden Schauspielerinnen Maria Rohm und Margaret Lee, die ordentlich einen vom Leder reißen, wirken auch noch James Darren als rauschsüchtiger Tageträumer, Dennis Price als schwerenöterischer Kunsthändler und Klaus Kinski in der Rolle eines dekadenten Sex-Gurus mit. Während Jess Franco und Manfred Mann kurze Gastauftritte im Rahmen der ständig aufspielenden Jazz-Band absolvieren, treten Adolfo Lastretti in der Rolle des Kommissars und Paul Muller als Gastgeber einer ausschweifenden Party in kurzen Nebenrollen in Erscheinung. Ein durch und durch bezaubernder Film. Schade nur, dass von PAROXISMUS keine deutschen Synchronfassung erstellt wurde.


Fazit: Ein audiovisueller Fiebertraum, bei dem es dem Zuschauer irgendwann schwer fällt, zwischen Sein und Schein zu unterscheiden.


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Score:
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Trailer:


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Prisma
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Re: VENUS IN FURS - Jess Franco

Beitrag von Prisma »



Ja, den mochte ich auch sehr, ist aber wieder lange her. Bei "Veus im Pelz" greife ich nämlich überwiegend zu Massimo Dallamanos Version aus dem Jahr 1969, den ich noch einen Ticken lieber mag, als Jess Francos ebenso schönen Beitrag mit dieser atemberaubenden Besetzung.

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Richie Pistilli
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Re: VENUS IN FURS - Jess Franco

Beitrag von Richie Pistilli »

Prisma hat geschrieben:
Mo., 11.03.2024 12:14
Bei "Veus im Pelz" greife ich nämlich überwiegend zu Massimo Dallamanos Version aus dem Jahr 1969, den ich noch einen Ticken lieber mag, als Jess Francos ebenso schönen Beitrag mit dieser atemberaubenden Besetzung.

Bei mir ist es genau umgekehrt, denn obwohl ich Dallamanos VENUS IM PELZ bereits auf der großen Leinwand bestaunen durfte, werde ich mit seiner Version nicht richtig warm.
Da sagt mir Jess Francos halluzinogener Fiebertraum doch weitaus mehr zu.

Muss mir aber Dallamos Beitrag demnächst auch mal wieder ansehen, vielleicht revidiere ich danach mein Urteil ;)

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