LOCKVOGEL DER NACHT - Wilm ten Haaf

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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LOCKVOGEL DER NACHT - Wilm ten Haaf

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LOCKVOGEL DER NACHT


● LOCKVOGEL DER NACHT (D|1959)
mit Erika Remberg, Peter van Eyck, Peter Mosbacher, Maria Holst, Inge Egger, Eva Schreiber, Horst Naumann,
Alf Marholm, Erich Fiedler, Agnes Windeck, Gerd Frickhöffer, Erik Radolf sowie Kai Fischer und Helmut Schmid
eine Produktion der Cinelux Film | Alfa | im Verleih der Deutsche Cosmopol Film
ein Film von Wilm ten Haaf

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»Außerdem bist du kein Detektiv, sondern ein Zuhälter!«


Klaus Petzold (Peter Mosbacher) betreibt zusammen mit seinem Mitarbeiter Albert Zanecki (Alf Marholm) eine Agentur, deren Klientel ausschließlich aus scheidungswilligen Damen besteht. Falls es an Gründen bei den anvisierten Trennungen hapert, wird kurzerhand nachgeholfen. Mit ihren attraktiven Lockvögeln, Ingeborg (Erika Remberg) und Else (Kai Fischer), bringen sie die Männer der Abschussliste in kompromittierende Situationen, die zu Belastungszwecken von Petzold höchstpersönlich abfotografiert werden. Ingeborgs nächster Auftrag ist der Modehausbesitzer Amsel (Peter van Eyck), doch hier scheint die Masche nicht so reibungslos zu funktionieren wie üblich...

Film- und Fernsehregisseur Wilm ten Haaf gilt als einer der Pioniere des deutschen TV und drehte in seiner Laufbahn allerdings nur wenige Kinofilme. Sein 1959 entstandener Beitrag "Lockvogel der Nacht" wartet mit einer prominenten Besetzung und einer für die damalige Zeit handelsüblichen Skandal-Geschichte auf, die für heutige Verhältnisse sicherlich nur noch harmlos wirken will, aber gewiss nicht ohne Reiz ist. Die Story rund um die Agentur, die auf einseitig lukrative Scheidungen für sich selbst spezialisiert ist, wird mithilfe der richtigen Interpreten eingängig vorgestellt, bekommt vor allem durch Erika Remberg und Kai Fischer glaubhafte Konturen, da die Reize der Hochstaplerinnen gewinnbringend und anschaulich eingesetzt werden. Obwohl deftige Rosenkriege hier ausbleiben werden, stellt sich phasenweise doch eine gewisse Brisanz ein, vor allem wenn Inhalte der Planung aus dem Ruder laufen. Wilm ten Haaf behandelt hier ganz augenscheinlich ein Populärthema der damaligen Zeit, als männlich-weibliche Rollenverteilungen noch wesentlich klarer voneinander getrennt, vor allem aber rückständiger definiert waren. Die Rollen von Kai Fischer und insbesondere Erika Remberg wirken für heutige Begriffe wie gut konstruierte Klischees, repräsentieren für damalige Verhältnisse allerdings ein klassisches Ausbrechen aus Schablonen, da sich die Damen gegen jegliche gesellschaftliche Norm stellen und sich von ihren Auftraggebern zu dem degradieren lassen, was die Allgemeinheit über Frauen dieses Schlages zu erzählen hatte. Käufliche Animierdamen, denen noch mehr als das zugetraut wurde. Die in Anspruch nehmende Männerriege wird in diesem Zusammenhang naturgemäß ausgeklammert und von jedem Verdacht frei gesprochen, geraten sie doch in die Fänge hinterhältiger Verführerinnen, denen nur mit starren Paragraphen beizukommen ist. Der Verlauf der Geschichte ist somit sehr stark in eine gewisse Vorhersehbarkeit eingefasst worden, aber dennoch kommt es zu begrüßenswerten Intervallen.

Vor allem die Darsteller tun ihr Bestes, um für Glaubwürdigkeit, Feuer und spürbares Unbehagen zu sorgen. Erika Remberg und Peter Mosbacher werden als überzeugendes Duo integriert, die eine Masche entwickelt haben, die ihre anvisierten Opfer mit Leichtigkeit zu Fall bringen, beziehungsweise dies mit Leichtigkeit könnten. Vor allem die zu jener Zeit gut beschäftigte Österreicherin Erika Remberg zeigt eine dynamische Leistung, die trotz ihrer Anlegung Sympathie vermittelt und dabei tragische Konturen zu zeichnen versucht. Als eine Art Prototyp der halbseidenen Verführerin zeigt sie in aller Schnelle, warum sie die richtige Wahl für den attraktiven Lockvogel darstellt. Ihre weniger prominent in den Fokus gerückte Kollegin Kai Fischer tut ihr Übriges dazu. Peter van Eyck, der im Film noch vor dem Titel genannt wird, interpretiert hier lediglich die nominelle Hauptrolle, aber es ist immer wieder ein Vergnügen diesem überaus begabten Darsteller zuzusehen. Zusätzliche Darbietungen von Helmut Schmid, Alf Marholm oder Maria Holst sorgen für vertraute Eindrücke, und unterm Strich hatte Wilm ten Haaf eine sehr ansprechende Entourage zur Verfügung. Musikalisch begleitet von Peter Thomas, entstehen gut choreografierte Sequenzen, die im Rahmen des Zeitfensters keine großartigen Überholmanöver in Sachen Erotik und Provokation gestalten können, wenngleich es im Jahr 1959 stellenweise natürlich anrüchig oder sogar skandalös gewirkt haben dürfte, da schließlich eine Thematik behandelt wurde, die es zwar gegeben haben dürfte, aber über die keinesfalls gesprochen werden sollte. "Lockvogel der Nacht" bewegt sich insgesamt sehr sicher in einem gut ausbalancierten Unterhaltungsmodus, versprüht eine ausgiebige Portion biedere Erotik, und auch Krimi-Inhalte bekommen eine kleinere Bühne eingeräumt. Daher ist dieser Beitrag als weitgehend gelungen zu bezeichnen und stellt ein weiteres Beispiel dafür dar, dass das willige Werkzeug erneut ein deutlich härteres Schicksal ereilen muss, als es beim Handwerker der Fall ist.

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