DIE KATZE VON KENSINGTON - Peter Keglevic

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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DIE KATZE VON KENSINGTON - Peter Keglevic

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DIE KATZE VON KENSINGTON


● EDGAR WALLACE - DIE KATZE VON KENSINGTON (D|1995) [TV]
mit Joachim Kemmer, Julia Bremermann, Leslie Phillips, Gisela Uhlen, Pinkas Braun, Karin Gregorek,
Arthur Brauss, Henry Hübchen, Horst Günter Marx, Christiane Reiff, Sven-Eric Bechtolf und Eddi Arent
eine Produktion der Rialto Film | im Auftrag von RTL
ein Fernsehfilm von Peter Keglevic

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»Menschen können sich doch nicht einfach in Luft auflösen...«


Eine mysteriöse Mordserie beunruhigt London. Innerhalb weniger Tage wurden einige Personen erschossen, und es steht außer Frage, dass es sich um den selben Täter handeln muss, da er stets eine Joker-Spielkarte bei den Opfern hinterlassen hat. Für Chefinspektor Higgins (Joachim Kemmer) und seine Assistentin Barbara Lane (Julia Bremermann) führt die Spur zunächst ins Leere. Augenzeugen wollen zu den Tatzeiten lediglich immer einen schwarzen Jaguar gesehen haben, außerdem lassen sich die Mordopfer nach einigen Ermittlungen doch in Zusammenhang bringen, da sie an einem Juwelenraub beteiligt waren. Higgins will den "Joker" mithilfe eines Lockvogels zur Strecke bringen, doch der Plan geht nicht auf und der Killer schlägt erneut zu. Derweil führen die weiteren Recherchen in eine Senioren-Residenz namens "Kensington Place", die von einer geheimnisvollen Dame namens Lady Smith (Gisela Uhlen) geführt wird. Wird Scotland Yard den "Joker" hier ausfindig machen können..?

Über dreißig Jahre nach der Einstellung der Edgar Wallace-Serie sollte im Hause Rialto Film die Entscheidung fallen, dass in Zusammenarbeit mit dem Privatsender RTL eine TV-Serie unter dem gleichen Banner produziert werden sollte, die frei auf Geschichten des britischen Kriminalschriftstellers basieren sollten. Seinerzeit als TV-Happening angepriesen, konnten die zurecht hohen Erwartungen jedoch nicht recht erfüllt werden, was wohlgemerkt nicht daran liegt, dass es sich nur um TV-Filme handelt. Eher griffen die Verantwortlichen ein wenig zu viel des Guten in die Erinnerungskiste. Die von 1995-98 produzierte Serie kam möglicherweise auch in einer Art Reanimationswelle zustande, denn immerhin liefen die Kinofilme der Ur-Serie im Fernsehen, außerdem wurden die Inhalte 1995 in "Otto - Die Serie" zu Sketchen verarbeitet. Es ist von Anfang an auffällig, dass beim Pilotfilm "Die Katze von Kensington" augenscheinlich ein großer Aufwand betrieben wurde. So sind etwa Aufnahmen an Originalschauplätzen zu sehen, auch etablierte Wallace-Stars wie Gisela Uhlen, Pinkas Braun und Eddi Arent geben sich noch einmal die Ehre. Es muss allerdings auch betont werden, dass diese (und nahezu jede weitere) Produktion ohne die unverkennbare Dichte und den hauseigenen Charme der Vorbilder auszukommen hat, sodass sich dieser Verlauf beinahe als eine Art Ersatzteil-Lager herausstellt. Methodik, Richtung und Effekte reichen somit von A bis "Zinker", was dem treuen Zuschauer folglich hinlänglich bekannt vorkommen dürfte. Diese Strategie ist unterm Strich noch nicht einmal der größte Hemmschuh dieses Fernsehfilms, denn immerhin können derartige Revivals auch überzeugend funktionieren und für Überraschungen sorgen. Vielmehr ist eine empfundene Zusammenhanglosigkeit in der Geschichte zu finden, die der Täterfindung schwer zusetzt; vom umständlich konstruierten und leider verschenkten Whodunit-Effekt ganz zu schweigen. Dabei fing alles doch so vielversprechend an.

Ein atmosphärisch in Szene gesetzter Mord bündelt die Aufmerksamkeit des Zuschauers und es entsteht durchaus Neugierde auf die weiteren Geschehnisse. Die Vorstellung der Personen geschieht eingängig und schnell, doch leider stellt sich bald heraus, dass einige Interpreten für eine Zirkusvorstellung herhalten müssen. Dies gilt nicht nur für Scotland-Yard-Chef Leslie Phillips, sondern vor allem für den Wallace-Veteranen Eddi Arent, der eine klamauklastige Darbietung abzuliefern hat. Diese humorigen Untertöne schießen weit über das Ziel und die roten Linien der bekannten Filme hinaus und verwässern die teils doch spannend ablaufende Geschichte in ungünstiger Art und Weise. Joachim Kemmer als Inspektor Higgins macht hingegen eine gute Figur, da er es schafft, die Balance zwischen Witz, Vehemenz und Charme zu halten. Gemeinsam mit seiner sachlich agierenden Kollegin Lane agiert ein ungleich wirkendes Duo, dem man durchaus Erfolgsaussichten zurechnet, auch in Sachen Zuschauergunst. Auch wenn der geheimnisvolle Killer im schwarzen Jaguar ein bisschen wie aus dem Nichts erscheint und sich die Zusammenhänge daher nur schleppend ordnen möchten, sind dennoch einige Komponenten zu finden, die für Zustimmung sorgen. Insbesondere die Szenen mit Gisela Uhlen und Pinkas Braun stellen ein Anknüpfen an die Maxime der damaligen Serie dar, und beide gefallen sich im Zeichnen undurchsichtiger Charaktere, die diese Geschichte auch dringend nötig hat. Warum der Täter agiert, wie er es schließlich tut, will nicht immer transparent erscheinen, doch insgesamt kann dieser Pilotfilm zufriedenstellend verlaufen, vorausgesetzt man bringt eine Wallace-Affinität mit und verzeiht ihm seine dramaturgischen Ungereimtheiten sowie Übertreibungen. Unterm Strich wechseln sich gelungene Sequenzen mit misslungenen ab, sodass sich das Gefühl eines Gleichgewichts einstellen kann, was im Klartext allerdings nur für durchschnittliche Krimi-Unterhaltung steht. "Die Katze von Kensington" bleibt schlussendlich hinter den hohen Erwartungen zurück.

Percy Lister
Beiträge: 348
Registriert: Sa., 14.11.2020 16:15

Re: DIE KATZE VON KENSINGTON - Peter Keglevic

Beitrag von Percy Lister »

"Die Katze von Kensington" (Deutschland 1995)
mit: Joachim Kemmer, Julia Bremermann, Gisela Uhlen, Pinkas Braun, Arthur Brauss, Leslie Phillips, Henry Hübchen, Horst Günter Marx, Christiane Reiff, Eddi Arent, Ralf Richter, Karin Gregorek, Martin Semmelrogge, Sven-Eric Bechtolf, Reinhard Scheunemann u.a. | Drehbuch: Simone Borowiak und Hans Kantereit nach "Der Joker" von Florian Pauer, frei nach Edgar Wallace | Regie: Peter Keglevic

Die Londoner Unterwelt zittert vor einem unbekannten Erpresser, der von jedem Juwelenraub einen Anteil fordert und seinen Opfer aus dem Hinterhand erschießt, wenn sie seinem Befehl nicht nachkommen. Inspektor Higgins und seine neue Mitarbeiterin Barbara Lane verfolgen diverse Spuren, die sie nicht nur in ein Nachtlokal, sondern auch in das exklusive Seniorenstift "Kensington Peace" führen, wo Lady Smith ein strenges Regiment führt. Während weitere Personen getötet werden, erkundigt sich ein Mann namens Goldman nach dem Verbleib seiner Schwester, deren letzter Wohnsitz angeblich die Seniorenresidenz war, doch Lady Smith will sich nicht an sie erinnern....

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Sechsunddreißig Jahre nach dem ersten Film der Rialto, der das kriminalistische Werk des britischen Reporters und Schriftstellers Edgar Wallace fürs Kino aufgriff, kehrte die beliebte Reihe Mitte der Neunziger Jahre auf den Fernsehbildschirm zurück. Statt sich eines der zahlreichen Romane des Erfolgsautors zu bedienen, berief man sich sehr frei auf ein Buch, das seit 1931 in deutscher Sprache vorliegt und den gewieften Inspektor Elk für die Ermittlungen einspannt. Im vorliegenden Fall leitet jedoch Chefinspektor Higgins die Suche nach dem unbekannten Täter, unterstützt von einer weiblichen Fachkraft, die dem altgedienten Beamten einiges an Ideen, Motivation und Wissen voraus hat. Eine Rückversicherung gegen die Skepsis des Publikums, welches bei der Nennung des Namens Wallace an Blacky Fuchsberger und Nebelschwaden über der Themse denkt, bot die Verpflichtung dreier Schauspieler, die in den Sechziger Jahren feste Größen der Erfolgsreihe waren: Gisela Uhlen, Pinkas Braun und Eddi Arent. Im Bemühen, Erinnerungen an teuflische Intrigen, skrupellose Schachzüge und pointierte Dialoge wachwerden zu lassen, spielen die Darsteller engagiert gegen das Drehbuch an, das sich leider stellenweise damit begnügt, Klischees wiederzugeben und seinen Hauptermittler auflaufen zu lassen. Joachim Kemmer wird in unnötiger Weise ähnlich vorgeführt wie sein Kollege in der "Wixxer"-Verfilmung aus der Schmiede Kalkofe/Bastewka, die hier stellenweise ihre Schatten vorauswirft, vor allem, wenn es um die Darstellung exaltierter Polizeipersönlichkeiten geht. In Sir John und dem ehemaligen Scotland-Yard-Inspektor Flatter findet der Humor aus der Ramschkiste seine Wiederaufstehung und treibt seltsame Blüten.

Die Kriminalhandlung ist fest in der Gegenwart angesiedelt und vertraut in puncto Nostalgie auf die britischen Schauplätze, die neben den Altstars die einzige Verbindung zu Edgar Wallace darstellen. Einzelne Reminiszenzen an die Stoffe des Autors werden miteinander verknüpft, wobei der Funke trotz mehrerer atmosphärisch ausgeleuchteter Morde - als besonders stimmig erweist sich der "sterbende Schwan" auf dem Rummelplatz - nicht so recht überspringen kann. Austauschbare Gesichter unter den Todesopfern und im Dunstkreis des Täters lassen es nicht zu, dass sich ein Gefühl des Schreckens einstellt, sondern lösen einen gewissen Gleichmut aus, was die Ergreifung des Mörders anbelangt. Weitaus interessanter ist es, der ungekünstelten Julia Bremermann über die Schultern zu schauen, deren Spiel einnehmend und erfrischend zugleich ist und die sich von so mancher Ungereimtheit im Plot nicht irritieren lässt. Sie füllt das Vakuum, das durch den Verzicht auf eine weibliche Hauptrolle entstanden ist, da Gisela Uhlen trotz ihrer Prominenz nur in der zweiten Reihe agiert. War die Mimin einst wegen ihrer verbalen Eiszapfen gefürchtet, die jede Konversation in einen Eispalast verwandelte, dem sie als Regentin vorstand, so tritt sie nun weitaus bedächtiger in Erscheinung. Das Alter hat sie und ihren Kollegen Braun zwar nicht ihrer Entschlossenheit beraubt, jedoch in ihrer Tatkraft eingedämmt, was sich vor allem in Uhlens Haltung und der Stimme ausdrückt, die stets ihr unverkennbares Zeichen der Macht über andere war. Bedauerlicherweise geht das Drehbuch seinen Weg nicht konsequent zu Ende, sondern glaubt, es sich leisten zu können, die Auflösung in der Schwebe zu lassen und nicht eindeutig vor dem Publikum Stellung beziehen zu müssen. Dieses Manko fügt der "Katze von Kensington" leider eine Note des Missklangs hinzu.

Über die Motivation des Täters erfährt der Zuschauer nichts und ebenso schwach gestaltet sich die Verhaftung seiner Helfer, bei der die Polizei von zwei Bewohnern des Seniorenstifts angefeuert wird, die verdächtig an die beiden greisen Grummler aus der legendären Muppetshow erinnern, die stets aus ihrer Loge heraus auf alle herabblickten und scharfzüngige Kommentare abgaben. Pinkas Braun beweist in seiner Rolle Stil und ein Gespür für angemessenes Agieren, was sich gern in einer exponierteren Ausführung der Figur ausdrücken hätte können. Alle Vorkommnisse rund um die Senioren-Residenz verströmen gepflegte Wohlfühl-Stimmung, sind aber letztendlich nicht wesentlich genug, um den Slogan "Es ist unmöglich, nicht von Edgar Wallace gefesselt zu sein..." zu rechtfertigen. Viele gute Ansätze verlieren sich im Treibsand und offenbaren die Unfähigkeit, eine Brücke von den experimentierfreudigen Vohrer-Festspielen zur "Katze von Kensington" zu schlagen, deren Ablauf in diesem Sinn als durchaus konservativ gesehen werden kann. Der Gewaltpegel bewegt sich auf niedriger Stufe und Momente des Grauens halten sich in Grenzen. So obliegt es vor allem den Ausstattern, der Requisite und der Musik atmosphärische Augenblicke zu schaffen, die ein wenig Wallace-Stimmung aufkommen lassen, auch wenn dies trotz des hohen Budgets selten gelingt. Insgesamt kann festgestellt werden, dass der Film trotz seiner markanten Schauplätze und des einsatzfreudigen Spiels von Braun, Bremermann und Uhlen wenig Neues bietet und stark am inkonsequenten Drehbuch krankt. Für Nostalgiker bietet die Produktion die Gelegenheit, bewährte Mimen aus der Rialto-Zeit zu sehen, verfängt sich aber in den Fallstricken, welche eine Neuinterpretation von Klassikern immer bereithält.

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Prisma
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Re: DIE KATZE VON KENSINGTON - Peter Keglevic

Beitrag von Prisma »

Mit "Die Katze von Kensington" bin ich nach etlichen Jahren wieder in diese TV-Reihe eingestiegen. Bislang habe ich zwar noch nicht alle Filme wiedergesehen, aber die schwache Tendenz des Erstlings bestätigt sich mit jeder weiteren Geschichte. Bei manchen Beiträgen wusste ich nicht einmal mehr, wer der Mörder ist; Eindrücke, die ich sonst eigentlich nie wieder vergesse. Einerseits zeigt es mir auf, dass das Gebotene insgesamt nur eine kurze Halbwertszeit besitzt, gleichzeitig aber auch, dass die meisten Geschichten einen besseren Schliff und eindeutige Konturen nötig gehabt hätten. Die Szenarien nur mit allem Möglichen des ehemaligen Wallace-Orbits auszustaffieren, hat hier eben nicht ausgereicht, wie man bereits in diesem Pilotfilm erkennen kann. Dennoch kann man den Blick nicht von den ausgewählten Wallace-Veteranen abwenden, die ihre Sache mehr oder weniger recht gut gestalten, und darin sehe ich unterm Strich schon einen kleinen Mehrwert.

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