EIN MANN IM SCHÖNSTEN ALTER - Franz Peter Wirth

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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EIN MANN IM SCHÖNSTEN ALTER - Franz Peter Wirth

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● EIN MANN IM SCHÖNSTEN ALTER (D|1964)
mit Karl Michael Vogler, Pascale Audret, Françoise Prévost, Hellmut Lange, Sigfrit Steiner,
Hans Caninenberg, Rosemarie Fendel, Alexander May, Peter Martin Urtel und Marisa Mell
nach dem gleichnamigen Roman von Rudolf Schneider-Schelde
eine Produktion der Meran Film | im Verleih der Schorchtfilm
ein Film von Franz Peter Wirth



Richard Mertens ist ein Mann im schönsten Alter. Er hat alles erreicht, was er sich wünschte. Er ist Chefredakteur einer bekannten Illustrierten, sieht gut aus und lebt in glänzenden Verhältnissen. Die innere Befriedigung und der äußere Wohlstand runden sich zu einem harmonischen Ganzen. Nicht nur die eigene Frau verwöhnt ihn. Hinter der Fassade des kultivierten Wohlstands sieht es freilich anders aus. Mertens empfindet seiner noblen und verständnisvollen Frau Lucy gegenüber nur noch Achtung und dann und wann so etwas wie neidischen Ärger, denn Lucy ist noch nie auf ihn angewiesen gewesen. Sie ist reich aufgewachsen und reich geblieben, kann sich jeden Luxus leisten und hat nie begreifen können, warum Mertens ausdauernd und hart sich Stufe für Stufe den Weg zum finanziellen Erfolg erkämpfen wollte. Die natürliche Ausgeglichenheit und Sicherheit Lucys steht wie eine Wand zwischen den Eheleuten. Wie anders ist dagegen das Verhältnis zwischen Mertens und Eva, der Kollegin aus der Honorarabteilung des Verlags. Richard liebt Eva mit der ganzen Begeisterung eines Mannes, der auf dem Höhepunkt seines Lebens alles korrigieren und "von vorn anfangen" möchte. Und Eva hat die jugendliche Kraft, zu träumen und zu hoffen. Und trotzdem fehlt Mertens auch Eva gegenüber das letzte Verständnis. Er will nicht begreifen, dass es dieser jungen Frau weder auf ein um jeden Preis erkämpftes Vermögen noch auf gesellschaftliche Macht ankommt, sondern nur auf die erfüllte Harmonie zwischen den Menschen. Mertens begreift dies nicht und steigert sich in die fixe Idee, dass er, um Eva für immer zu behalten, wirklich reich und wahrhaft mächtig in aller Ungebundenheit sein muss.

Um diesem Ziel näher zu kommen, strengt Mertens einen Prozess gegen seinen Verleger und Jugendfreund Alfred von Xanten an. Es geht um die Auswertungsrechte an einem Patent, die Xanten einst in einer Notlage Mertens als Sicherheit für ein Darlehen bot, das er nie zurückzahlte. Mertens ist von den finanziellen Möglichkeiten, die ihm ein gewonnener Prozess bieten würde, völlig geblendet, er steuert skrupellos auf sein Ziel zu und verliert alle Ausgeglichenheit und Maßstäbe, aber er glaubt an seinen Sieg, bis ihm sein Auto unter mysteriösen Umständen gestohlen wird und in diesem Auto die für den Prozess entscheidenden Briefe liegen. Mertens, noch eben siegesgewiss, sieht sich in eine Flut der Verdächtigungen gezogen, in eine groß angelegte Intrige verstrickt. Er wird verdächtigt und gemieden, das Spiel um den hohen Einsatz scheint verloren. Und Evas Liebe, um deretwillen er alles wagte, erlischt. Sie ist bereit, mit einem Meineid zu beschwören, die entscheidenden und verschwundenen Briefe gesehen zu haben und verhilft damit Mertens, ein Vermögen zu gewinnen. Mertens hat alles gewonnen und dabei sein schönstes Alter verloren. Er ist reich, er kann sich - wie einst seine Frau - alles leisten, aber das Leben, das große Gefühl zu leben und "da" zu sein, ist verlorengegangen. Brigitte, die Barfrau, erfahren im Trösten missverstandener Männer, ist bei Mertens geblieben. Sie wissen voneinander, dass sie sich nicht lieben, aber sie wollen versuchen, einander zu brauchen.


Mit dieser Zusammenfassung beschreibt die "Illustrierte Film-Bühne" Franz Peter Wirths 1964 entstandenen Beitrag, der dem Vernehmen nach dem Genre Drama zuzuordnen ist. Leider gilt der Film - wie es heißt - als verschollen und daher kann ich weder mit einer Sichtung, noch einer dazu passenden Besprechung aufwarten. Beim Abarbeiten der Filmografie von Marisa Mell sind in diesem Zusammenhang in vielen Jahren ebenso viele Schularbeiten gemacht worden, und es ist nicht mehr so unheimlich viel Unbekanntes übrig geblieben. Insgesamt hat sich eine sehr interessante, nein, vielmehr variable bis begeisternde Bandbreite an Produktionen und Auftritten herauskristallisiert. "Ein Mann im schönsten Alter" zählt zu den Produktionen, die nicht nur wegen des Auftritts der Österreicherin sehr verlockend klingt, sondern vor allem auch, weil es sich um eine deutsche Produktion handelt, die in einer sehr ergiebigen und abwechslungsreichen Phase entstanden ist. Seinerzeit gab es recht gute Kritiken für diesen Film, Sigfrit Steiner erhielt für seine Rolle des Kriminalinspektors im gleichen Jahr das "Filmband in Gold" als bester Nebendarsteller. Die Frage, wer diesen Beitrag kennt, erübrigt sich wohl weitgehend, allerdings bleibt die Hoffnung bestehen, dass er eines Tages wieder irgendwo auftaucht, um einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden zu können. Beim ebenfalls in der Versenkung verschwundenen, und zuvor entstandenen "Venusberg" dachte ich auch nicht, dass ich ihn in diesem Leben noch zu Gesicht bekommen würde. Vielleicht lassen sich irgendwann ja einmal Parallelen zu "Ein Mann im schönsten Alter" ziehen.

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