DIE FOLTERKAMMER DES DR. FU MAN CHU - Jess Franco

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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DIE FOLTERKAMMER DES DR. FU MAN CHU - Jess Franco

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● DIE FOLTERKAMMER DES DR. FU MAN CHU / EL CASTILLO DE FU-MANCHU / IL CASTELLO DI FU MANCHU / THE CASTLE OF FUMANCHU (D|E|I|1969)
mit Christopher Lee, Tsai Chin, Maria Perschy, Günther Stoll, Howard Marion-Crawford, Werner Abrolat, Rosalba Neri, José Manuel Martín und Richard Greene
eine Produktion der Terra Filmkunst | Italian International Film | Tilma Films | Balcázar Producciones Cinematográficas | im Constantin Filmverleih
ein Film von Jess Franco

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»Die Foltern des Fu Man Chu sind grausamer als der Tod!«


Super-Schurke Dr. Fu Man Chu (Christopher Lee) lässt in der Karibik einen künstlichen Eisberg entstehen, mit dem er ein großes Passagierschiff kollidieren lässt. Hunderte Menschen kommen ums Leben. Mit dieser Demonstration ist die Ankündigung verbunden, die Menschheit auszurotten, falls die Regierungen aller Länder sich nicht seinem Willen beugen. Dieses Verfahren wurde von Professor Henderson (Gustavo Re) entwickelt, der sich in der Gewalt Fu Man Chus befindet, doch der Wissenschaftler ist schwer herzkrank, so dass er seine Erfindung nicht verfeinern kann. Lin Tang (Tsai Chin) wird beauftragt, den Chirurgen Dr. Kessler (Günther Stoll) und dessen Assistentin Dr. Koch (Maria Perschy) zu entführen, damit die beiden eine Herztransplantation bei Henderson vornehmen können. Falls sie sich weigern, werden sie in der Folterkammer landen. Nayland Smith (Richard Greene) von Scotland-Yard nimmt erneut die Verfolgung auf, doch wird er den größenwahnsinnigen Verbrecher noch aufhalten können..?

»Wenn Sie den Ärger mit Ihrem Nachbarn, mit dem Finanzamt, oder mit dem Hauswirt vergessen wollen, dann sehen Sie sich an, wie Fu Man Cu mit seinen Gegnern umgeht. Das erfrischt!« Diesen doch sehr überschwänglich angelegten Slogan bekommt der Zuschauer im deutschen Trailer zu Jess Francos "Die Folterkammer des Dr. Fu Man Chu" angepriesen, und es bleibt abzuwarten ob der Film auch hält, was er verspricht. Die hohe Wahrscheinlichkeit der Enttäuschung liegt allerdings absolut nahe, zumal der Vorgänger des spanischen Regisseurs auch schon etwas durchwachsen und vollkommen alternativ angelegt war. Nach diesem fünften Teil wurde der Plan einer weiteren Fortsetzung schnell zu den Akten gelegt, da Jess Francos zweite Fu-Man-Chu-Adaption sowohl bei der Kritik als auch bei den Kinogängern durchfiel. Und tatsächlich ist Beitrag Nummer 5 noch umständlicher und verworrener konstruiert worden als sein streckenweise unterhaltsamer Vorgänger. Bereits der Beginn lässt den Eindruck entstehen, dass hier nicht nur schnell inszeniert wurde, sondern wesentliche Fragmente eilig zusammen gebastelt sind, sodass kein rundes Gesamtbild entsteht. Minutenlanges Archiv-Material - gekoppelt aus einer Sequenz aus Don Sharps "Die 13 Sklavinnen des Dr. Fu Man Chu" und Szenen aus Roy Ward Bakers 1958 entstandenem "Die letzte Nacht der Titanic" - lässt eine frühe Strecke der Langeweile entstehen, wodurch sich eine nicht zu leugnende Zusammenhanglosigkeit einschleicht. Einerseits sind diese Kritikpunkte bestimmt nichts Neues im Franco'schen Filmuniversum, aber andererseits bekommt man es unterm Strich doch mit einem eher konservativen Flick des Spaniers zu tun, was die Fangemeinde nicht unbedingt erfreuen dürfte.

Erneut zeigt die Regie gewisse Probleme beim Anknüpfen an das bestehende Zeitfenster, was manche Bilder eindeutig dokumentieren, auf denen man beispielsweise Fahrzeuge sieht, die eindeutig den 60er Jahren zuzuordnen sind. Diese Zeit- und Gedankensprünge sind der ohnehin wenig ausgereiften Geschichte nicht gerade zuträglich und im Endeffekt haben einfach ein paar zündende Einfälle gefehlt, um der Reihe zu einen neuen Schub zu verhelfen. Aber die Inszenierung stellt ja insofern quasi schon eine Expertise dar, da man sich diese Strategie wohl im Vorfeld aus dem Kopf geschlagen hatte. Jess Francos Eigensinn überlagert somit resolut das tatsächliche Serien-Konzept und der Zusammenhang wird nur noch durch die boshaften Protagonisten und deren Gegenspieler am Leben gehalten. Die Zusammenstellung der Stammbesetzung und der immer wieder neu integrierten Charaktere sorgt für eine willkommene Abwechslung, außerdem ist die teils in bizarren Farben schimmernde Bildgestaltung eine große Überraschung. Dies sorgt für ganz eigene Momente, was "Die Folterkammer des Dr. Fu Man Chu" immer wieder aufwertet. Die Titelfigur wird von Christopher Lee hauptsächlich mit Routine ausgestattet und es kommt nicht mehr zu den großen Gänsehautmomenten. Vielleicht entsteht dieser Eindruck nicht zuletzt deswegen, weil Dr. Fu Man Chu in diesem Fall eine Waffe zur Gewinnung der Weltherrschaft in Händen hält, die erstens viel zu abstrus wirkt, und zweitens nie ihre effektive Bedrohlichkeit erfährt, da sie über den kompletten Verlauf nicht in letzter Konsequenz betriebsfähig erscheint. Natürlich kommt es zu den obligatorischen Demonstrationen tödlicher Art, aber dennoch plätschert das Hauptthema der Unterjochung der Menschheit etwas konturlos nebenher.

Tsai Chin tut ihr Bestes, um genügend prominente Gäste in die Folterkammer des Fu Man Chu einzuladen, was nichts anderes heißt, dass sie gezwungen und gefügig gemacht werden. Trotz einer ebenfalls überzeugenden Leistung etabliert sich auch hier der Eindruck, dass es sich um keine neuen Erfindungen mehr handelt und die Intensität langsam aber sicher verloren geht. Maria Perschy als überaus attraktiver Blickfang wirkt im Sinne der Geschichte funktionalisiert, ohne sich dem Empfinden nach zu verausgaben, genau ihr wie Partner Günther Stoll. Ihre besten Momente entstehen allerdings als Duo, denn das Zusammenspiel wirkt vertraut und sympathisch. Als eigentliche Schlüsselfigur verblasst der Deutsche etwas im Dickicht der teils zähen Inszenierung. Richard Greene und Howard Marion Crawford messen wie gewohnt ihre Kräfte, wirken jedoch leider zu sehr untergeordnet. Rosalba Neri beweist ihre Fertigkeiten im Umgang mit der Maschinenpistole und erscheint wie ein zahmeres Äquivalent zu Tsai Chin, da sie ihrem Vater ebenfalls hörig ist. Dabei verleitet sie bestenfalls zum Träumen, andernfalls eher zum Schmunzeln. Im Großen und Ganzen hat Jess Franco keine neuen Impulse in die Serie integrieren können und unter Missachtung einiger Gesetze einer laufenden Serie ist ein Beitrag entstanden, der zwangsläufig das Aus bedeuten musste. Hin und wieder kommen einige sehr schöne Bilder und gelungene Tendenzen zum Vorschein, die die Wurzeln wieder in Erinnerung rufen können. Die darauf folgenden Stilbrüche kreieren allerdings ein Wechselbad der Qualität. Insgesamt gesehen ist "Die Folterkammer des Dr. Fu Man Chu" als unkonventioneller Versuch im Sinne der Reihe gescheitert, sodass sich letztlich sagen lässt, dass nicht Nayland Smith, sondern Jess Franco selbst den Superschurken zur Strecke gebracht hat.

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Prisma
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Re: DIE FOLTERKAMMER DES DR. FU MAN CHU - Jess Franco

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● MARIA PERSCHY als DR. INGRID KOCH in
DIE FOLTERKAMMER DES DR. FU MAN CHU (D|1969)



Die Tatsache, dass Dr. Fu Man Chu nach seinem vermeintlichen Ende jeweils wieder aus dem Nichts auftauchen konnte, garantierte dem interessierten Zuschauer stets ein baldiges Wiedersehen mit dem gefährlichen Superverbrecher und darüber hinaus weitere Auftritte beliebter Stars. In "Die Folterkammer des Dr. Fu Man Chu" kommt man unter der vergleichsweise unorthodoxen Inszenierung von Jess Franco in den Genuss mehrerer starker Frauenrollen, und in diesem erlesenen Kreis sieht man Maria Perschy zumindest einmal in der nominellen weiblichen Hauptrolle. Es bleibt gleich anzumerken, dass die Schauspielerin ganz offensichtlich nicht das von der Regie erwartete Potential mitgebracht hat, denn ihr Part wirkt im Vergleich zu denen von Tsai Chin und Rosalba Neri ausbaufähig. Ob Jess Franco die Österreicherin nicht richtig anzupacken, beziehungsweise zu inszenieren wusste, ob sie selbst für besondere Ideen des Spaniers nicht zur Verfügung stand, oder die Dramaturgie einfach nichts Wesentliches hergeben wollte, entscheidet sich im Auge des Betrachters. Fakt bleibt jedoch, dass das Zugpferd Maria Perschy dieses Rennen einfach nicht gewinnen kann, denn dafür bleibt ihr Auftritt zu unbedeutend und vergleichsweise zu stiefmütterlich ausbuchstabiert Die einfache Betrachtung dieser Rolle hinterlässt zunächst einen eher funktionellen Eindruck, denn sie ist großer Name, eye candy und Zahnrad für die Geschichte in einem. Auffallend schön und elegant gekleidet, bereichert sie das Geschehen, in welches sie erst ziemlich spät eingreift schon einmal ganz pauschal, aber wie erwähnt bleibt sie weit unter ihren natürlichen Möglichkeiten zurück. Der Film bietet nicht die großen Momente, die es in dieser Reihe schon in zahlreicher Form gegeben hat. Auch die Dialoge verhelfen dem Szenario in keine höheren Sphären, die Offiziere dieses Schachspiels fallen letztlich einer Heerschar von Bauern zum Opfer.

Die Publikumswirksamkeit, kurzweilige Phasen und nette Ideen bei der Inszenierung, lassen diesen Verlauf weniger durchschnittlich aussehen, als er eigentlich ist, doch für Maria Perschy gibt es hier zugunsten von Tsai Chin und insbesondere Rosalba Neri keine große Bühne. Da Großaufnahmen unter Jess Franco schon einmal eine Garantie darstellen, sieht man Ingrid immer wieder prominent im Vordergrund, auch wenn sich die Eindrücke auf ihre bloße Erscheinung reduzieren lassen. Maria Perschy zehrt von ihrer besonderen Präsenz und der Fähigkeit, viel aus eher widrigen Voraussetzungen herausschlagen zu können. Leider wird sie Teil der undankbaren Aufgabe, eine plumpe Liebesgeschichte kolportieren zu müssen, obendrein mit Partner Günther Stoll, der wie immer nicht gerade von Temperament strotzt und nicht recht zu ihr passen möchte. Diese weichspülenden Elemente sind und bleiben unglaubwürdig und für den Verlauf nicht gerade sehr förderlich. Perschy bereichert den Film mit Ausstrahlung und Attraktivität, zeigt aber bei Weitem keine Höchstleistungen. Interessant ist, dass man diese Rolle als eine der ersten Etappen ihrer spanisch beteiligten Schaffensperiode nennen kann, in der sie einige Jahre später zum Star avancieren sollte. Hier fristet sie lediglich ein Dasein in Grauzonen. Als Frau wirkt sie für das geschilderte Zeitfenster der Geschichte ungewöhnlich modern und bodenständig, im Rahmen des Produktionsjahres und im Wandel der Frauenrollen sieht man jedoch deutliche Rückschritte im Sinne des unbeholfen wirkenden, zu beschützenden Opfers, welches Anweisungen und Bevormundung gewöhnt zu sein scheint. Gerade dieser Komponenten wirken so konträr zu bestehenden Eindrücken von Maria Perschys Darbietungen, die selten auf einer solchen Basis aufgebaut wurden. Unterm Strich bleibt zu sagen, dass die Wiedersehensfreude wieder einmal groß ist, was man von der Anforderung unter Jess Franco allerdings nicht behaupten kann.



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Prisma
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Re: DIE FOLTERKAMMER DES DR. FU MAN CHU - Jess Franco

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Die beiden "Fu Man Chu"-Beiträge des Spaniers Jess Franco demonstrieren eine komplett andere Arbeitsauffassung, als bei den vorigen Regisseuren, auch dass sich zeitliche und örtliche Ungereimtheiten eingeschlichen haben, kann höchstens zu einem exotischen Charme beitragen. Dieser letzte Teil der Reihe wirkt leider gestreckt und mehr oder weniger substanzlos, vergleicht man ihn mit den anderen Teilen der Serie. Ausladendes Archivmaterial aus den Filmen "Die 13 Sklavinnen des Dr. Fu Man Chu", "Die letzte Nacht der Titanic" und "Gefährliches Erbe" lassen auf einen mangelnden Einfallsreichtum und die Tatsache schließen, dass Franco mit der Thematik nicht mehr sehr viel anzufangen wusste. Nichtsdestotrotz überzeugt gerade dieser Abschuss durch eine nahezu bizarre Farbgebung in der besagten Folterkammer, die überaus faszinierend wirkt. Gute Darsteller tun ihr Möglichstes, um auch diese Geschichte über die Zielgerade zu bringen. Christopher Lee und Tsai Chin überzeugen als mittlerweile eingespieltes und sadistisches Team, Maria Perschy und Günther Stoll erweisen sich ebenfalls als keine schlechten Joker für das Geschehen. Der Gedanke der Weltherrschaft steht wohl auch hier pro forma im Vordergrund, wirkt aber eigentlich nicht bedrohlich genug, um neue Impulse zu liefern. Auch wenn es sich am Ende um den qualitativ und inszenatorisch schwächsten Film der Reihe handelt, ist es doch etwas schade, dass sich die obligatorische Ankündigung der Wiederkehr des Superschurken am Ende des Films nicht mehr bewahrheiten sollte. Ein unversöhnlicher, wenn auch nicht uninteressanter Abschluss der Serie.

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