DER TODESKUSS DES DR. FU MAN CHU - Jess Franco

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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DER TODESKUSS DES DR. FU MAN CHU - Jess Franco

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● DER TODESKUSS DES DR. FU MAN CHU / THE BLOOD OF FUMANCHU (D|GB|E|US|1968)
mit Christopher Lee, Tsai Chin, Götz George, Loni von Friedl, Maria Rohm, Howard Marion-Crawford,
Ricardo Palacios, Isaura de Oliveira, Frances Khan sowie Richard Greene und als Gast Shirley Eaton
eine Constantin Film Produktion | Terra Filmkunst | Ada Films | Udastex Films | im Constantin Filmverleih
ein Film von Jess Franco


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»Und wenn es mir gefällt, wirst du sterben!«


Dr. Fu Man Chu (Christopher Lee) lebt und möchte erneut die Weltherrschaft an sich reißen. Zu diesem Zweck hat er sich in den südamerikanischen Regenwald zurückgezogen um dort mit seiner teuflischen Tochter Lin Tang (Tsai Chin) gegen die Menschheit zu konspirieren. Mit Hilfe eines alten Inka-Giftes will er seine Kontrahenten ausschalten und dabei sollen ihm eine Reihe hübscher Mädchen behilflich sein, die mit diesem Gift infiziert werden und durch deren Kuss seine Gegner zunächst erblinden, bis sie schließlich bein nächsten Vollmond qualvoll sterben müssen. Zuerst nimmt er seinen Erzfeind Nayland Smith (Richard Greene) ins Visier, der den Todeskuss von seiner Sklavin Celeste (Loni von Friedl) erhält. Die Zeit für ihn wird denkbar knapp, denn der nächste Vollmond ist nicht mehr weit entfernt, also macht man sich auf die Suche nach einem Gegengift sowie dem Geheimversteck des Dr. Fu Man Chu...

Der Tag an dem Jess Franco das Regiment bei Fu Man Chu übernehmen sollte, wird in der Regel mit gemischten Gefühlen wahrgenommen. Viele sehen ab diesem Zeitpunkt den vorweg gegriffenen Todeskuss für die laufende Reihe, wobei andere die Art und Weise anerkennen, neue Impulse zu platzieren. In der Gesellschaft der zweitgenannten Fraktion fährt man mit diesem Beitrag erstaunlich gut, denn die vorhandenen Bindeglieder zur Reihe werden hier nicht nur aufgegriffen, sondern erfahren einige erstaunliche Erweiterungen. Von einer Verfeinerung ist allerdings nicht zu sprechen, denn dafür tauchen zu viele Ungereimtheiten auf, die sich förmlich aufdrängen. Versucht man den kompletten Verlauf eher nüchtern zu betrachten, so hat man es stilistisch und inhaltlich gesehen nahezu mit einem Sammelsurium von zahlreichen Fragmenten zu tun, die keine Ordnung und Struktur liefern, sodass Teile des Verlaufs eine auffällige Inkohärenz vermitteln. Dieser Eindruck mag vielleicht nicht zuletzt an den Vergleichen zu den Vorgängerfilmen liegen, die einfach klassischer, und auf Jess Franco bezogen sicherlich konservativer inszeniert wurden. Besonders unklar in "Der Todeskuss des Dr. Fu Man Chu" erscheint hin und wieder das Zeitfenster zu sein, da man es dem Empfinden nach mit einer Reise durch gleich mehrere Dekaden zu tun hat, wofür nicht zuletzt die eingefügten Szenen mit Shirley Eaton verantwortlich sind. Nichtsdestotrotz weiß diese beschwerliche Reise durch die südamerikanischen Regenwälder zu unterhalten und wartet erneut mit einer spektakulären Besetzung auf.

Christopher Lee stattet die Titelrolle erneut mit einer mysteriösen und gleichzeitig beunruhigenden Aura aus, wobei seine neuste Idee, die Weltherrschaft an sich zu bringen, ohne jeden Zweifel auch seine ausgefallenste geworden ist. Dr. Fu Man Chu wirkt boshaft genug, um ihm gebannt dabei zuschauen zu können, wie er seine Kontrahenten manipuliert, foltert und liquidiert. Wieder einmal liegt es zumindest im Bereich des Möglichen, dass er seinem Ziel mit Skrupellosigkeit und Unerbittlichkeit einen bedeutenden Schritt näher kommen könnte. Mit ihm im Bunde ist seine diabolisch wirkende Tochter Lin Tang, die im Großen und Ganzen neben Christopher Lee an meisten überzeugen kann. Tsai Chin wirkt unter der Führung von Jess Franco allerdings leicht abgewandelt zu ihren vorausgegangenen Darbietungen. Auf einmal ist sie nicht nur die willenlose, sadistische Dienerin ihres Vaters, sondern neuerdings liegt das Augenmerk auf auch auf ihren femininen Qualitäten.Zumindest dem Eindruck nach, da man beispielsweise mehr Emotionen sieht. In diesem Zusammenhang ist auch Shirley Eaton zu nennen, die man als Li Hong alias "Sumuru" zu sehen bekommt. Diese Figur in die laufende Geschichte zu integrieren ist vollkommen verwirrend und nahezu frermdartig, aber vermutlich wollte man einen namhaften Gaststar mit an Bord haben. Ihre Szenen fallen besonders im optischen Sinne komplett aus dem bestehenden Zeitfenster und der Kontakt zu ihr ist technisch sowie inhaltlich gesehen vollkommen vermessen. Des Weiteren nimmt man Maria Rohm wahr, die in ihrer ungünstig angelegten Rolle und Erscheinung nicht in die gewohnte Freude versetzen kann. Götz Georges damalige Ehefrau Loni von Friedl zeigt sich in ihrem kurzen Auftritt als Überbringerin des Todeskusses von einer sehr interessanten und ansehnlichen Seite.

Götz George selbst sorgt für die agilen Momente der turbulenten Geschichte, erscheint für die Handlung jedoch weitgehend irrelevant zu sein, genau wie Fu Man Chus Erzfeind Nayland Smith, ersetzt durch den Interpreten Richard Greene, der leider eine blasse Figur abgibt und bei Weitem nicht so überzeugend wirkt, wie beispielsweise ein Nigel Green aus "Ich, Dr. Fu Man Chu". Allerdings muss man sich gerechtfertigterweise auch fragen, ob die Herren der Schöpfung in Jess-Franco-Filmen jemals relevant waren, zumindest im Vergleich mit den beteiligten Damen. So bekommt das entzündete Auge neben allerlei angedeuteten Grausamkeiten und Folterpraktiken auch die übliche Exposition und Prise Erotik geboten, da die Darstellerinnen erst gar nicht sparsam mit ihren körperlichen Reizen umzugehen brauchten. Dieser Beitrag vermittelt insgesamt nicht mehr den temporären Charme der Vorgänger und wirkt im Gegensatz dazu viel zu getuned, sodass dieser Fortschritt in sich eher einen Rückschritt darstellt. Die Schauplätze sind zwar immer wieder nett anzusehen, wirken aber fremd und die Ortsgebundenheit entwickelt sich schnell zu einem Vakuum. Musikalisch bekommt man in jeder Fassung wiederum sehr passende Klänge geboten. Die ohnehin eher spärlich aufkommende Spannung wird in einem hastig abgespulten Finale komplett fallen gelassen,aber der größenwahnsinnige Doktor kann wenigstens noch schnell und verheißungsvoll verkünden, dass man garantiert wieder von ihm hören werde. "Der Todeskuss des Dr. Fu Man Chu" weiß trotz bestehender Schwächen gut zu unterhalten - gewissermaßen auch zu erstaunen - sodass der Film bei jeder erneuten Ansicht auch nicht eintönig wird.

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Count Yorga
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Re: DER TODESKUSS DES DR. FU MAN CHU - Jess Franco

Beitrag von Count Yorga »

NFP Filmprogramm
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Prisma
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Re: DER TODESKUSS DES DR. FU MAN CHU - Jess Franco

Beitrag von Prisma »



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● GÖTZ GEORGE als CARL JANSEN in
DER TODESKUSS DES DR. FU MAN CHU (D|GB|E|US|1968)



Bei diesem vorletzten Film der Fu Man Chu-Reihe handelt es sich vermutlich um den besten, zumindest unter den von Jess Franco inszenierten Vertretern. Vor allem örtlich und besetzungstechnich reichlich abgewandelt, sieht man Götz George in einer der Hauptrollen bei diesem erneuten Schlag gegen die Weltordnung. Wo George im deutschen Vorspann gleich an zweiter Stelle gelistet wird, reicht es im internationalen nicht einmal für eine Nennung, was an seiner Screentime gemessen natürlich unverständlich ist, auch wenn er sich nie zum internationalen Star hat machen wollen. Als Archäologe Carl Jansen ist er auf der Suche nach der sagenumwobenen und sogenannten versunkenen Stadt, doch es kommt erst einmal zu gewissen Komplikationen, da der Wissenschaftler wegen Mordes festgehalten wird. Sein Freund Nayland Smith soll ihm helfen, doch dieser erblindet durch den Todeskuss des wahnsinnigen Doktors, der von Götz Georges damaliger Ehefrau Loni von Friedl überbracht wird. Hält man sich hier mit Wahrscheinlichkeiten und Vergleichen auf, platziert man sich eindeutig auf der Verliererseite, also ist es sinnvoller sich mit den teilweise nicht uninteressanten Gegebenheiten abzufinden, sie vielleicht sogar zu schätzen. Bei Götz George fällt dies wirklich nicht schwer, verleiht er seiner eigentlich komplett überflüssigen Rolle doch die übliche Aura nach Art des Hauses, darüber hinaus eine Agilität und Dynamik, die Franco nie selbst erfinden konnte. Ab einem bestimmten Zeitpunkt jachtet Carl Jansen nur noch durch die südamerikanischen Regenwälder, um die versunkene Stadt und seine verschleppten Bekannten zu finden. Außerdem droht die Lebensuhr für Nayland Smith abzulaufen. Aus dem Off wird Carl Jansen irgendwann wie von Geisterhand zu Fu Man Chus größtem Feind aufgebaut, sodass die Verfolgungen extremer, die Gefahren tödlicher, und die Widersacher mehr werden. Schaut man dem seinerzeit 30-Jährigen bei seinen ganz offensichtlich selbst durchgeführten Stunts zu, ist es überaus beeindruckend, wie er sich im Dickicht der Franco'schen Regieanweisungen zurechtfindet und für Action und Tempo sorgt.

Bei einem derartigen Kraftpaket kommen kaum Zweifel auf, dass der teuflische Doktor zur Strecke gebracht, Smith und gleich die gesamte Welt gerettet werden dürfte. Götz Georges maskuliner Entwurf bereicherte Filme aller Art, sodass man hier von Glück reden kann, diese für das Geschehen beinahe irrelevante Rolle mit an Bord zu haben. Unter seiner braungebrannten Haut wirken die eisblauen Augen noch intensiver, die Gefahren und Feinde fixieren, aber nie müde werden, sich gegen die Ungerechtigkeit zu wehren, allerdings weiß Jess Franco mit der Kapazität Götz George hier nicht viel anzufangen, sodass sich der Eindruck etabliert, dass der Berliner einfach sein Ding durchzieht. Wenn man es nicht besser wüsste, käme man sicherlich zu dem Gedanken, dass Jansen und seine Truppe lediglich Chimären nachliefen, da die Story chaotisch und ungeordnet wirkt. Es ist daher interessant dabei zuzusehen, dass sich Götz George zu der einzig agilen Figur der Geschichte entwickelt. Seine Schauspiellaune scheint auch in dieser Produktion - die er einige Jahre zuvor vielleicht noch ausgelassen hätte - ungetrübt zu sein, bis er zum wichtigen Eckpfeiler wird, wenngleich die Dramaturgie auf Jansen hätte verzichten können. Gerade durch solche Rollen lässt sich jedoch die Qualität eines Schauspielers erkennen, denn George nimmt hier jeden Meter ernst, zumindest dem Empfinden nach. Eine amouröse Nebenhandlung mit Maria Rohm verläuft ergebnislos, denn sie lässt einen kalt, zumal die beiden nicht besonders gut zueinander passen möchten, und das in jeder Beziehung. Am Ende landet Jansen im Folterkeller des Doktors und seiner bestialischen Tochter Lin Tang. In diesem Zusammenhang hätte man sich bestimmt noch mehrere Kostproben der Brutalität dieses wahnsinnigen Duos gewünscht, das sich letztlich mit der Kraft und Entschlossenheit Carl Jansens hätte auseinandersetzen müssen. Am Ende bleibt eine Performance zwischen Coolness sowie der Willensstärke, Waghalsigkeit und dem Gemüt eines Stuntman, was in der Unübersichtlichkeit des Ambientes generell zu gefallen weiß. Ohne Götz George wäre diese teils turbulente Jagd sicherlich nicht dieselbe geworden.



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Prisma
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Re: DER TODESKUSS DES DR. FU MAN CHU - Jess Franco

Beitrag von Prisma »



Als Jess Franco das Regiment in der "Fu Man Chu"-Reihe übernehmen sollte, hatte sich nach drei Teilen längst eine routinierte Marschrichtung etabliert, in der sich einige Abnutzungserscheinungen bemerkbar machten. So kommt die alternative Herangehensweise des Spaniers gerade recht, auch wenn nicht wenige behaupten, er habe der Reihe endgültig den Rest gegeben. Seine zwei Beiträge unterscheiden sich in mancherlei Hinsicht von Teil 1-3, vieles wirkt experimenteller, abenteuerlicher und teilweise sicherlich auch weniger sorgfältig inszeniert. Seine Besetzung ist in diesem Teil neben den Hauptakteuren hochinteressant, wenn auch ziemlich eigensinnig ausgefallen, aber es kommt zu zahlreichen Intervallen, die gut bei der Stange halten. Boshaftigkeit und Zynismus wirken ungünstigerweise etwas untergeordnet und Franco hält sich mit zahlreichen Konstellationen unter den Charakteren auf, die Christopher Lee und Tsai Chin beinahe zu Nebenrollen verurteilen. Der Film bleibt am Ende jedoch ziemlich unterhaltsam, streckenweise temporeich und zielgerichtet inszeniert, sodass sich diese neue Herangehensweise ebenfalls sehr gut anschauen lässt.

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