DIE TODESSTRAHLEN DES DR. MABUSE - Hugo Fregonese

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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DIE TODESSTRAHLEN DES DR. MABUSE - Hugo Fregonese

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Peter van Eyck   O.E. Hasse   in

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● DIE TODESSTRAHLEN DES DR. MABUSE / LES RAYONS DE LA MORT DU DOCTEUR MABUSE / I RAGGI MORTALI DEL DR. MABUSE (D|F|I|1964)
mit Walter Rilla, Valéry Inkijinoff, Ernst Schröder, Claudio Gora, Dieter Eppler, Gustavo Rojo, Robert Beatty sowie Rika Dialyna und Yvonne Furneaux
als Gäste Leo Genn und Yôko Tani
eine Gemeinschaftsproduktion der cCc Filmkunst | Franco London Films | Critérion Film | Serena Film | Anglo Italia Film | im Gloria Verleih
ein Film von Hugo Fregonese


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»Ich war es nicht. Es war Mabuse. Er benutzte mein Gehirn!«


Major Anders (Peter van Eyck) erhält den Auftrag, Professor Pohland (Walter Rilla) zu verhören, von dem Dr. Mabuse einst Besitz ergriffen hatte. Nach dessen Schreckensherrschaft leidet der Professor an Wahnvorstellungen, doch Major Anders ist sich sicher, dass er noch entscheidende Hinweise liefern könnte. Gerade als Pohland anfängt zu sprechen, und das Wort »Todesstrahlen« stammelt, verschwindet dieser spurlos. Anhand dieses Ansatzpunktes reist Major Anders nach Malta, da dort der bekannte Wissenschaftler Professor Larsen (O. E. Hasse) eben genau an dieser Erfindung arbeitet, einem Spiegel, der jeden beliebigen Ort auf der Erde zerstören könnte. Man vermutet Spionageaktivitäten und befürchtet, dass die Erfindung in die falschen Hände geraten könnte. Oder lebt Dr. Mabuse tatsächlich noch und greift in seinem Wahnsinn erneut nach der Weltherrschaft..?

Mit "Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse" erlebte die erfolgreiche Reihe vor Artur Brauners cCc Filmkunst ihr Ende, obwohl noch weitere Fortsetzungen geplant waren, und in diesem von Hugo Fregonese inszenierten sechsten Teil, muss man sich als Zuschauer schon auf diverse Abweichungen und Neuerungen einstellen, die seinerzeit - und überhaupt - sehr verhalten aufgenommen wurden. Bei genauer Betrachtung handelt es sich allerdings um einen sehr gelungenen Spionage-Krimi, der in den Bereichen Ausstattung und Besetzung weitaus mehr zu bieten hat, als mancher der zuvor ins Rennen geschickten "Mabuse"-Konkurrenz, jedoch gibt es in diesem Abschlussbeitrag zahlreiche Anpassungsschwierigkeiten, denen man innerhalb der laufenden Reihe offensichtlich nicht vergeben wollte. Zum Kinostart wurde der Spielfilm noch recht positiv aufgenommen, das Anfangsgeschäft wurde als passabel beschrieben, doch wenig später kam bereits der Einbruch. Das Kino-Publikum konnte der Produktion offensichtlich eines nicht verzeihen, nämlich dass es sich um einen "Mabuse" ohne die diabolische Titelfigur handelte. Obwohl Wolfgang Preiss im Vorspann bei den größeren Nebenrollen eine namentliche Nennung zugedacht wurde, wartet man auf seinen Auftritt über den gesamten Verlauf leider vergeblich. Es gab schon zahlreiche Filme, die sich den Vorwurf von »Etikettenschwindel« anhören mussten, und dabei rückte die jeweilige Betrachtung des Ergebnisses oftmals pauschal in den Hintergrund. Hier sind mehrere wohlwollende Blicke jedoch durchaus angebracht, denn die Produktion transportiert neben seinem alternativen Charakter zahlreiche Berührungspunkte, und bleibt deshalb der persönliche Geheimtipp der Reihe. Fregonese setzt auf eine neue, anders aufgebaute Atmosphäre und verbindet nur noch recht wenige bekannte Plot-Fragmente mit seinem Spielfilm, um letztlich ein eigenständiges Konzept anzubieten.

Die Besetzung baut nur noch wenige Brücken in die Vergangenheit, lediglich Peter van Eyck sieht man in seinem bereits dritten Auftritt, wie in jedem Teil allerdings in einer unterschiedlichen Rolle, Wolfgang Preiss schaffte es wie erwähnt nicht über eine Ankündigung hinaus, so dass nur noch Walter Rilla als Professor Pohland seinen Charakter weiterführen darf, allerdings auch nur in einem Kurzauftritt. Dies sollen nur Anmerkungen sein und keine Kritik, denn "Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse" vereint eine Star-Besetzung, die im Serien-Kontext bis dahin beispiellos war. Die vielen, verschiedenen Nationen der Schauspieler zeigen eine internationale Orientierung am Markt, jedoch ging dieses Konzept leider nicht auf. Peter van Eyck als sympathischer und ebenso resoluter Held der Geschichte zeigt neben aller Routine mehr, als man es für "Mabuse"-Verhältnisse gewöhnt war. Sein Widersacher Professor Larsen wird mit voller Spiellaune vom großartigen O. E. Hasse geformt. Überhaupt ist zu sagen, dass es in dieser Geschichte von Gegenspielern nur so wimmelt, jeder ist verdächtig, beinahe jedem wird kriminelles Potential unterstellt, was einen guten Whodunit-Effekt bahnt. Die Frage, wer der berüchtigte Verbrecher ist, beziehungsweise von wem er dieses Mal Besitz ergriffen hat, wird leider unzureichend gelöst, da die Zusammenhänge nicht erklärt werden. Eher hat man rückwirkend den Eindruck, dass sich eine Verbrecherorganisation lediglich den furchteinflößenden Namen dienstbar gemacht hat. Daher wäre es tatsächlich ein Clou gewesen, Wolfgang Preiss erneut in irgend einer Form zu sehen, oder wenigstens Professor Pohland bei relevanten Machenschaften. Dies alles geschieht hier jedoch nicht, sodass man sich darauf konzentrierte, so viele Verdächtige und unterschiedliche Interessengemeinschaften wie möglich aufzubauen, die Verwirrung stiften und Brutalität verbreiten sollten.

Nichtsdestotrotz, der Zuschauer wird in diesem Zusammenhang mit sehr ansprechenden Leistungen von beispielsweise Leo Genn, Valéry Inkijinoff, Claudio Gora, Yôko Tani und Yvonne Furneaux belohnt, in der Riege der Besetzung findet man so gut wie keine signifikanten Schwächen. Der Vorwurf, dass man solche in der Dramaturgie und der Inszenierung an sich aufspüren kann, muss sich der Film sicherlich stellenweise gefallen lassen. Über allem steht, dass das Haupt-Thema zu sehr aufgeweicht wurde. Major Anders nennt seinen Gegenspieler - den schwarzen Schatten - einfach "Dr. Mabuse", ohne dass handfeste Beweise auf dem Tisch liegen. Des Weiteren ist man als Zuschauer zu intensiv damit beschäftigt, die Motivation einzelner Personen herauszufiltern, außerdem wirken derbe Schnitte im Verlauf nicht besonders förderlich beim Erzählfluss. Wie dem auch sei, die Vorzüge dieser Produktion sprechen eine unterhaltsame Sprache, und lassen sich in nahezu allen Bereichen ausfindig machen. Im Besonderen ist die bemerkenswerte musikalische Allianz von Carlos Diernhammer und Oskar Sala zu nennen, die dem Film ein besonderes Profil gibt. Für Flair sorgen sowohl die Unterwasseraufnahmen, als auch die Einstellungen vor sommerlicher Kulisse, sowie viele düstere Szenen mit sprechendem Schatten in einem Beichtstuhl. Das Thema, dass der Superverbrecher erneut die Weltherrschaft mithilfe einer unvorstellbaren Erfindung erlangen will, wirkt eigentlich weniger überholt, als abwegig. Aber das Verderben per Knopfdruck war schließlich immer schon ein beliebtes Mittel, um den geneigten Zuschauer zu beunruhigen. Am Ende ist alles aus und das leider viel zu abrupt, jedoch ist das hastig inszenierte Finale auf der anderen Seite ein sehr atmosphärischer und vor allem fantasievoller Coup geworden. Für viele Fans bleibt schließlich nur ein durchschnittlicher Krimi zurück, jedoch stellt "Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse" den persönlichen Geheimtipp der Reihe dar. Warum? Ich weiß es nicht. Es war Mabuse. Er benutzte mein Gehirn!

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Count Yorga
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Re: DIE TODESSTRAHLEN DES DR. MABUSE - Hugo Fregonese

Beitrag von Count Yorga »

IFB Filmprogramm
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:hut:

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Prisma
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Re: DIE TODESSTRAHLEN DES DR. MABUSE - Hugo Fregonese

Beitrag von Prisma »



I RAGGI MORTALI DEL DR. MABUSE


● DIE TODESSTRAHLEN DES DR. MABUSE / LES RAYONS DE LA MORT DU DOCTEUR MABUSE / I RAGGI MORTALI DEL DR. MABUSE (D|F|I|1964)
mit Peter van Eyck, O.E. Hasse, Yvonne Furneaux, Rika Dialina, Claudio Gora, Ernst Schröder, Walter Rilla, Robert Beatty, Valéry Inkijinoff,
Gustavo Rojo, Dieter Eppler, Massimo Pietrobon, Charly Fawcett, Erich K. Koltschak, Fjodor Chaliapin Jr. und als Gäste Leo Genn, Yôko Tani
eine Produktion der cCc Filmkunst | Franco London Films | Critérion Film | Serena Film | Anglo Italia Film
ein Film von Hugo Fregonese

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»Specchio della morte?«


Major Anders (Peter van Eyck) erhält den Auftrag, Professor Pohland (Walter Rilla) zu verhören, von dem Dr. Mabuse einst Besitz ergriffen hatte. Nach dessen Schreckensherrschaft leidet der Professor an Wahnvorstellungen, doch Major Anders ist sich sicher, dass er noch entscheidende Hinweise liefern könnte. Gerade als Pohland anfängt zu sprechen, und das Wort »Todesstrahlen« stammelt, verschwindet dieser spurlos. Anhand dieses Ansatzpunktes reist Major Anders nach Malta, da dort der bekannte Wissenschaftler Professor Larsen (O. E. Hasse) eben genau an dieser Erfindung arbeitet, einem Spiegel, der jeden beliebigen Ort auf der Erde zerstören könnte. Man vermutet Spionageaktivitäten und befürchtet, dass die Erfindung in die falschen Hände geraten könnte. Oder lebt Dr. Mabuse tatsächlich noch und greift in seinem Wahnsinn erneut nach der Weltherrschaft..?

Dieser sechste und letzte Teil der "Dr. Mabuse"-Reihe entwickelte sich gleichzeitig zu dem schwächsten Geschäft der beliebten Reihe, sodass die geplanten und mitunter angekündigten, teils spektakulär klingenden Fortsetzungen "Das unheimliche Kabinett des Dr. Mabuse" und "Die Rache des Dr. Mabuse" nicht mehr realisiert wurden, was rückblickend äußerst schade ist, hat man es mit Teil 6 doch immerhin mit keinem uninteressanten Beitrag zu tun, der die Serie weiter entwickeln wollte. Deutlich angelehnt an die "James Bond"-Filme dieser Zeit, gibt sich Hugo Fregoneses Film mehr als klassischer Eurospyer als ein handelsüblicher Krimi. Lediglich die Titelfigur findet immer wieder namentliche Verwendung, wenngleich Wolfgang Preiss in diesem Film nur aus Werbezwecken angeführt wird, im fertigen Film jedoch nicht mitspielt. Kürzungen sind hier ausgeschlossen und es ist überliefert, dass Produzent Artur Brauner die namentliche Nennung des Schauspielers veranlasste, um Publikum anzulocken. Aus den vorigen Filmen findet man lediglich Walter Rilla und Peter van Eyck wieder. Die deutsche Version des Films ist mit einer Laufzeit von 88, beziehungsweise 91 Minuten wesentlich kürzer als die italienische Fassung, die mit 105 Minuten aufwarten kann. Die deutsche Version musste sich immer wieder den Vorwurf gefallen lassen, über zu harte Schnitte zu verfügen, auch dass einige Dialoge zusammenhanglos wirken, da die entsprechenden Szenen entfernt wurden, führte hier und da zu einem unrunden Eindruck, wenngleich der Verlauf im Ganzen ganz gut funktioniert und sogar etwas straffer erzählt wirkt. Zunächst listet der alternative italienische Vorspann die Schauspieler in anderer Reihenfolge, sodass die im italienischen Raum bekannten Interpreten etwas mehr hofiert erscheinen. Entscheidend ist der völlig andere Einsatz der Musik, die gegenseitig nicht einen Ton der deutschen oder italienischen Version beinhalten.

Für die musikalische Untermalung in "I raggi mortali del Dr. Mabuse" zeigt sich Marcello Gigante verantwortlich, dessen Stücke mehr verheißungsvoll und episch klingen, in "Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse" hört man Carlos Diernhammer und Oskar Sala, mit einer exzellent abgestimmten Mischung aus Krimi-Score und futuristischer Note. Die längere Version des Films verfügt über nicht unwichtige Szenen und Mosaiksteine, die den Verlauf nicht ungünstig strecken. So erfährt man beispielsweise, dass Dr. Pohland mit einem Krankenwagen abtransportiert wird, Judy wesentlich mehr Screentime hatte, manche Morde nicht nur im Off stattfanden, oder man kommt in den Genuss eines alternativen Endes dieses Films. In der deutschen Version fehlen vor allem Szenen von Rika Dialina, deren Charakter dadurch eine naiven und unwichtigen Beigeschmack vermittelt bekommt, die aber ursprünglich sehr konsequent an der Lösung des Falls mitarbeitet und wesentlich charmantere Züge besitzt, die mit feinem Humor gewürzt sind. Auch Claudio Gora verfügt über mehr Screentime, der immer wieder mit seinem Hund Pluto an Orten des Geschehens auftaucht. Die italienische Version setzt auf wesentlich mehr Verdächtige und sorgt für geschickte Hinweise, aber auch Finten, die der Geschichte zugutekommen. So kommt außerdem ein besserer Twist fürs Finale des Geschehens zustande. Am Ende kann man es sich aussuchen, welche Version gelungener ist, denn es gibt Vorteile auf beiden Seiten. Zusätzliche Szenen sind schlussendlich immer schön, auch wenn es sich bei Walter Rilla lediglich um zusätzliche 5 Sekunden Screentime handelt. Hier fallen die Schnitte bei Claudio Gora, der im italienischen Vorspann bereits an fünfter Stelle genannt wird, Peter van Eyck, Yvonne Furneaux oder vor allem Rika Dialina am meisten auf. Ich persönliche hätte meinen Lieblings-Mabuse-Film gerne als Premiere in der Langfassung gesehen, da der hybride Whoduit-Effekt hier wesentlich ausgeklügelter wirkt.

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Prisma
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Re: DIE TODESSTRAHLEN DES DR. MABUSE - Hugo Fregonese

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Die Langfassung dieses letzten offiziellen "Mabuse"-Reißers brachte die Erkenntnis, dass die vielen zusätzlichen Szenen die Geschichte abrunden und weitere wissenswerte Aufschlüsse geben. Die Kürzungen der deutschen Version sollten den Verlauf vermutlich stringenter und atemloser wirken lassen, was die verlorenen Szenen allerdings nicht aufwiegen kann, immerhin wirkt diese Version nicht weniger straff organisiert. Der letzte Teil bedient sich der hochinteressanten Variante, den Superverbrecher in anderer Silhouette wahrnehmen zu können, wenn alle anderen Verbindungsglieder bereits verschwunden sind - zumindest auf der Seite jenseits der Gesetze. Wolfgang Preiss ragt zwar erneut auf Kinoaushang und im schön ausgearbeiteten Vorspann, spielt aber in diesem sechsten Teil nicht mehr mit; ein Thema, das die Langfassung endgültig klärt. Der Film legt das deutsche Flair der Vorgänger selbstbewusst ab und wirkt internationaler, im Ganzen vielleicht sogar etwas bedrohlicher, weil der Druck aufs Knöpfchen nur eine Idee entfernt scheint. Die beinahe komplett ausgetauschte Riege der Schauspieler erscheint zunächst vielleicht etwas fremd, da man eigentlich nur auf Peter van Eyck aus Teil 1 und 5 setzen kann, aber es zeigen sich erstaunlich anpassungsfähige Darbietungen der gut aufgelegten Stars, denen man gerne bei ihren Verwirrspielchen zusieht. Imposante bis futuristische Schauplätze und spektakuläre Unterwasseraufnahmen kreuzen sich mit den gruseligen Elementen der Vorgänger, und es ist unterm Strich nicht schwer, auch diesen Film zu mögen und ihn in der sechsteiligen Reihe zu akzeptieren - oder sogar ein bisschen mehr. "Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse" weist auf, dass der Wahnsinn nicht nur der Legende nach viele Gesichter haben kann. Mit exzellenten Leistungen von O.E. Hasse, Valéry Inkijinoff, Rika Dialina, Leo Genn und Yvonne Furneaux.

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