Die dressierte Frau (D)
Dressurakt für wilde Mädchen (D)
Christine (IT)
Den dresserede kvinde (DNK)
I damasmeni gynaika (GR)
The Disciplined Woman
D 1972
R: Ernst Hofbauer
D: Astrid Frank, Hansi Linder, Esther Konrad, Ulrike Butz, Hans Terofal, Norbert Losch, Claus Tinney, Margot Mahler, Heimo Van Borg, Evelyne Traeger, Carmen Jäckel, Monica Marc, Bernd Bergemann
Deutsche Erstaufführung: 22.06.1972
Filmportal
Synchronkartei
UlrikeButz-Club.blogspot
Poster und Aushangfotos
Score: Gert Wilden Orchestra
OFDb
"Es sagt schon der Apostel Paulus in seinem Brief an die Kolosser, Kapitel 3, Vers 18: Ihr Weiber seid euren Männern Untertan"
Menschen wie Du und Ich. Männer, Frauen. Gemeinsame Hoffnungen, gemeinsame Enttäuschungen, gemeinsame Rechten und Pflichten. Das Gesetz garantiert: Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Aber sind sie es? Wir behaupten, Nein! Wir behaupten, Mann und Frau befinden sich in einem unablässigen Kampf der Geschlechter - sei es im Beruf, in der Gesellschaft, in der Familie, im Sexualleben. Wir behaupten weiter, dass die Frau in diesem Kampf keine Chance hat. Der Mann beherrscht sie, er unterjocht sie, er macht sie zu seiner Sklavin - auf jedem Gebiet seines Lebens. Die viel zitierte Gleichberechtigung ist ein moderner Traum. Sie existiert im Zusammenleben zwischen Mann und Frau nicht.
Ausgehend von den beiden Büchern 'DER DRESSIERTE MANN' von Ester Vilar und 'DIE DRESSIERTE FRAU' von Hannelore Schütz und Ursula von Kardorff, die 1971 erschienen und zu heftigen Kontroversen in den Medien führten, drehte Regisseur Ernst Hofbauer einen Pseudoreportfilm, der sich mit den widersprüchlichen Thesen der beiden Bestseller befasste. Während Vilar in DER DRESSIERTE MANN die These vertritt, dass eigentlich die Frau den Mann unterdrückt, behaupten Schütz und von Kardoff in DIE DRESSIERTE FRAU das Gegenteil, nämlich dass der Mann die Frau unterjocht. So ist es auch kaum verwunderlich, dass Esther Vilar vom Spiegel als 'modisch-populäre Manneshelferin im Geschlechterkampf' betitelt wurde, denn aufgrund der bedenklichen Thesen wäre die Dame bestens dazu geeignet, sich bei patriarchalen Antifeministen und rechten Männerbünden als eine Art Gallionsfigur zu etablieren. In ihren Thesen, die sie zumindest damals selbst sehr ernst nahm, schildert sie die Frauen als dumm, hässlich und nicht arbeitend, währenddessen der Mann alle eines Helden würdigen Tugenden besitzt. Schon als kleines Mädchen würde die Frau zum Dompteur erzogen, zum Dompteur des Mannes. Die Frau schickt den Mann für sich arbeiten und belohnt ihn dafür im Bett. Jede Ehefrau sei eine Prostituierte, die auch noch so dumm ist, ihre üppige Freizeit mit Kuchenbacken und Unterhosenbügeln zu verbringen (Quelle). Diese höchst verworrenen Aussagen Vilars hatten wiederum zu Folge, dass im Jahr 1975 ein quotenstarkes TV-Duell folgte, in dem die zwischenzeitlich ebenfalls schwer nach rechts abgedriftete Oberfeministin Alice Schwarzer der deutsch-argentinischen Autorin ordentlich die Liviten las.
"Sowie man in den Wald reinbläst, äh reinschreit, kommt der Schall!"
Was den dazugehörigen Pseudoreport von Ernst Hofbauer angeht, müssen wir uns nichts vormachen, denn der Film macht eigentlich genau das, was er vorgibt anzuprangern - er beutet nämlich vornehmlich Frauen aus! Dementsprechend geht der Film auch gleich in die Vollen, denn bereits im Titelvorspann wird ein Mann gezeigt, der eine nackte Frau durch den Raubtierkäfig einer Zirkusmanege peitscht. Im weiteren Handlungsverlauf geben sich die Interviews einer Reporterin, die diese mit Passanten auf offener Straße führt, mit verschiedenen Filmepisoden die Klinke in die Hand, die sich wiederum mit der Ausgangsthese des Films befassen. Was die Interviews betrifft, so entpuppen sich die meisten Antworten als entlarvend, wobei aber auch von zahlreichen Passanten ein dermaßen unfassbarer Mist zum Besten gegeben wird, dass es dem Zuschauer ständig die Sprache verschlägt. Was die einzelnen Filmepisoden angeht, so befassen sich diese beispielsweise mit intelligenten Mädchen, die sich für schmierige Typen zur Sexbombe wandeln, der sexuellen Abhängigkeit von Frauen gegenüber autoritären Männern, stelzböckische Chefs, die ihre weiblichen Angestellten unter Vortäuschung falscher Tatsachen sexuell ausbeuten oder Fräulein Hanselinde, die die Männer mit einer versteckten Kamera einem selbstentlarvenden Test unterzieht. Was die männlichen Protagonisten des Films anbelangt, so entpuppen sich diese durchweg als absolute Ekeltypen, die in jeder Situation einen derben Chauvi-Spruch auf den Lippen haben. Aber auch der Nachwuchs kommt in dieser fadenscheinigen Pseudoreportage nicht zu kurz, denn den Kindern werden schon in frühester Jugend die verschiedenen Wertigkeiten der Geschlechter anerzogen, was sich wiederum in solch haarsträubenden Äußerungen niederschlägt, wie beispielsweise "Jungen müssen sich raufen, die können gar nicht früh genug lernen, dass das Leben ein Kampf ist" oder eben "Mädchen müssen immer lieb sein". Einzig in der etwas klamaukhaften Episode mit 'Hausmeister Bloch' (Hans Terofal) bekommen auch die Herren der Schöpfung ihr Fett weg, denn nachdem dieser seiner Frau mit dem folgenden Argument den Kauf einer Spülmaschine untersagt "für den Haushalt reichen täglich zwei Stunden, der Rest ist Freizeit", lässt diese ihn alleine in der gemeinsamen Wohnung sprichwörtlich verrotten. Zum Abschluss wird es dann doch noch mal versöhnlich, denn die letzte Episode von Hofbauers Pseudoreportfilm zeigt endlich auf, dass auch ein vernünftiger Weg für das gleichberechtigte Zusammenleben zwischen Mann und Frau existiert - und zwar abseits jeglicher Extreme oder geistiger Verwirrungen.
Letzlich zehrt auch Hofbauers fadenscheiniger Pseudoreport von den beiden extremen Gegenpositionen, die in den Büchern von Vilar sowie Schütz und von Kardoff propagiert werden. Obendrein beherrbergen die beiden fragwürdigen Bücher ein immenses Spaltungspotenzial, dessen soziale Sprengkraft heutzutage vermutlich einen noch größeren Schaden in unserer zerbersteten Gesellschaft angerichtet hätte. Aber glücklicherweise entstand dieser unkorrekte Film in den sexuellen Wirrungen der frühen 70er Jahre, in denen sowohl der Stelzbock-Daueralarm als auch eine politisch unkorrekte Berichterstattung gang und gäbe waren.
Fazit: Ein durchweg glibberiges Pseudoreport-Erlebnis, bei dem das kostbare Zeitkolorit aus jeder erdenklichen Ritze des Films rinnt.
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Hörbeitrag: Filmfestival 'Hofbauer-Kongress' - Mehr als nackte Haut und blöde Sprüche [DLF]
TV-Duell mit Esther Vilar und Alice Schwarzer (1975):