DIE FEUERROTE BARONESSE - Rudolf Jugert

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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DIE FEUERROTE BARONESSE - Rudolf Jugert

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DIE FEUERROTE BARONESSE


● DIE FEUERROTE BARONESSE (D|1959)
mit Dawn Addams, Joachim Fuchsberger, Wera Frydtberg, Hans Nielsen, Werner Peters, Paul Albert Krumm, Albert Hehn,
Monika Dahlberg, Paul Bösiger, Otto Wernicke, Willi Rose, Hans W. Hamacher, Egon Vogel, Edgar Wenzel und Paul Dahlke
es singt Angèle Durand
eine Franz Seitz Filmproduktion | im Verleih der Union Film
ein Film von Rudolf Jugert

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»Knie nieder und sag bitte!«


1944. Der britische Agent Captain Tailor (Joachim Fuchsberger) wird mit der heiklen Mission nach Deutschland geschickt, um herauszufinden, wie weit man mit der Entwicklung einer Atombombe ist. Seine Kontaktperson soll die Nachtclubsängerin Szaga de Bor (Dawn Addams) sein, die nur "Die feuerrote Baronesse" genannt wird. Tailors Kollege wurde von dem Abwehroffizier Oberst Urbanek (Paul Dahlke) enttarnt und liquidiert, sodass es eine undichte Stelle geben muss. Tailor hat die Baronesse in Verdacht, eine Doppelagentin zu sein, doch diese spielt ihm eine sehr wichtige Information zu, die zu einem Zahnarzt führt. Auf Nebenkriegsschauplätzen verliebt er sich in dessen Sprechstundenhilfe Juliane (Wera Frydtberg), doch ihre Identität bringt das nächste Problem mit sich...

Der deutsche Nachkriegsfilm beschäftigte sich ausgiebig mit Tatsachenberichten, erfundenen Geschichten oder dem Kreuzen aus beiden Richtungen, um Produktionen in die Kinos zu schicken, die die dunkle Vergangenheit aufarbeiten sollten. Ausstaffiert mit dramatischen Liebesgeschichten oder spannenden Spionageaktionen, kommt der interessierte Zuschauer so oder so auf seine Kosten, zumal die Simulation meistens sehr gut arrangiert ist. Unter Regisseur Rudolf Jugert kann man ohnehin von einer sehr guten Arbeit sprechen, der darüber hinaus sehr häufig für das Inszenieren von Filmen internationalen Flairs verpflichtet wurde, in denen es außerdem um die Schauspielführung von Stars aus dem Ausland ging. Hier heißt dieser Star Dawn Addams, die in der Titelrolle der geheimnisvollen Baronesse zu glänzen weiß, da sie den Raum dafür zur Verfügung gestellt bekommt, überzeugende Fähigkeiten besitzt, außerdem über die erforderliche Aura verfügt. Geheime Spezial-Aufträge lenken die Story früh in die gewünschten Bahnen und werfen selbst für das Publikum die alles entscheidende Frage auf, wem an überhaupt noch trauen kann, aber es handelt sich auch um eine überaus gefährliche Mission, die nur an Brisanz verliert, da man schließlich über den tatsächlichen Lauf der Weltgeschichte informiert ist. Übrig bleiben die persönlichen Schicksale, mit denen es mitzufiebern gilt, da man sympathische Personen auf allen Seiten findet und es nicht nur von Unmenschen wimmelt. Rudolf Jugert geht mit der gleichen Akribie vor, wie es der britische Agent Captain Tailor tut, der von Joachim Fuchsberger nicht nur mit Agilität, Cleverness und Unbeirrbarkeit ausgestattet wird, sondern auch einer Erscheinung, die in den richtigen Momenten gebieterisch wirkt. Er macht, wenn es sein muss, überaus kurzen Prozess mit Kontrahenten und Gleichgesinnten, um seine Mission und sein eigenes Leben zu schützen. Die immerwährende Gefahr nimmt teils nervenaufreibende Züge an und weist auf eine Maschinerie hin, die vor allem durch ihre Brutalität und ein ausgesprochen misanthropisches Vorgehen Oberhand gewinnen konnte, ohne sich in der Vielfalt derartiger optischer Veranschaulichungen zu verlieren.

Als seine Partnerin oder Kontrahentin platziert sich die Britin Dawn Addams, die man noch häufiger in deutschen Filmen dieser Zeit sehen sollte. Als verführerische Nachtclubsängerin sammelt sie Informationen und offenbar auch Seelen; die Männer aller Couleur liegen ihr zu Füßen, egal für welche Seite sie arbeiten und welchen Preis sie zahlen müssen. Für den Zuschauer ist ihre Unberechenbarkeit ebenso anziehend aber weitaus ungefährlicher, denn man findet die attraktive Dame - deren feuerrotes Haar man sich aufgrund der schönen Schwarzweiß-Fotografie nur vorstellen kann - irgendwie sympathisch, wenngleich auf einer anderen Ebene als beispielsweise bei Wera Frydtberg. Es kommt zu sehr guten, differenziert angelegten Leistungen, wofür sich auch Hans Nielsen, Paul Dahlke, Werner Peters oder Paul Albert Krumm verantwortlich zeigen, die überwiegend Personen des Regimes zeichnen, wie man sie sich vielleicht landläufig immer vorgestellt hat, oder wie sie tatsächlich waren und agiert haben, wenngleich Fuchsberger das Allround-Talent der Story bleiben wird. "Die feuerrote Baronesse" wirkt oft erstaunlich ruhig, was die Atmosphäre keineswegs herzugeben vermag, aber Jugert bleibt beinahe sachlich bei der Veranschaulichung, selbst wenn es um romantische Untertöne geht. Diese Strategie verhilft der Geschichte zu einem vergleichsweise realen und historisch vielleicht genaueren Transfer, wenn auch nur dem Empfinden nach. Da es thematisch um Leben und Tod nicht nur isolierter Fälle, sondern potenziell Millionen von Menschen geht, erhalten die Schilderungen nochmal eine andere Dimension, sodass sich die Produktion ihre teils gediegene Vorgehensweise als persönlichen Luxus erlauben kann. Am Ende bleibt eine interessante Variante des Kriegsfilms, der vor allem Nebenschauplätze durchleuchtet, auf denen ebenso erbitterte Kämpfe stattfinden. Die Regie weist allerdings von Anfang an darauf hin, dass man auf kein handelsübliches Happy-End spekulieren sollte, und es kommt erfreulicherweise noch zu einigen Überraschungsmomenten, bis sich die große Prosa um alles wie ein vereinnahmender Mantel kann. Es bleibt ein sehr guter Vertreter des Genres, der bestimmt mehr Aufmerksamkeit verdient hätte.

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