GESTÄNDNIS EINER SECHZEHNJÄHRIGEN - Georg Tressler

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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GESTÄNDNIS EINER SECHZEHNJÄHRIGEN - Georg Tressler

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GESTÄNDNIS EINER SECHZEHNJÄHRIGEN


● GESTÄNDNIS EINER SECHZEHNJÄHRIGEN (A|1961)
mit Nina Sandt, Wolfgang Preiss, Ivan Desny, Michael Hinz, Fritz Schmiedel, Senta Wengraf, Paul Hoffmann,
Guido Wieland, Otto Löwe, Rose Renée Roth, Herbert Fux, Otto Tressler, Helene Arcon und Barbara Frey
ein Vienna Film | im Bavaria Filmverleih
ein Film von Georg Tressler

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»Aber ich finde es lieb, wie naiv du bist!«


Günther Brandt (Wolfgang Preiss) und seine Frau Irene (Nina Sandt) führe eine Vorzeigeehe, zumindest in den Augen ihrer sechzehnjährigen Tochter Jutta (Barbara Frey). Als diese eines Tages erfährt, dass sowohl Vater als auch Mutter Affären haben, bricht für sie eine heile Welt zusammen. Die Jugendliche versucht sich mit einem anonymen Brief an ihre Mutter zu helfen, doch erreicht genau das Gegenteil von dem, was sie eigentlich erreichen wollte: Die Eltern stehen kurz vor der Trennung. Jutta sieht nur noch einen Ausweg und sucht die Konfrontation mit George Romanescu (Ivan Desny), dem Liebhaber ihrer Mutter, doch muss sich eingestehen, dass sie die Situation längst nicht mehr im Griff hat...

Georg Tresslers "Geständnis einer Sechzehnjährigen" reiht sich in die Reihe der Problemfilme ein, deren Geschichten sich mit den Belangen von Jugendlichen oder sogenannten Halbstarken beschäftigen, wie sie despektierlich genannt wurden. Interessant ist, dass hier eine deutliche Abkehr von den üblichen Profilen der Protagonisten stattfindet, denn das Handeln der Titelfigur entspringt einer völlig alternativen Quelle, und übersteigt somit das, was man sonst gewöhnt war. Lediglich die Ziellosigkeit und zunehmende Ohnmacht scheint die Gleiche zu sein, wenngleich die Regie hier zu völlig anderen Ergebnissen und Rechtfertigungen kommt, als bei der einschlägig bekannten Konkurrenz, die sie einst selbst inszenierte. Eine junge Frau droht am Zerfall ihrer heilen Welt zu zerbrechen und greift zu völlig inadäquaten Mitteln, um dem entgegenzuwirken. Die Rhetorik der Frage, ob man überhaupt etwas tun könnte, wird durch die Drastik der Mittel gekippt, sodass man einigermaßen irritiert zurückbleibt, da der Konflikt in der Welt der Erwachsenen entsteht und von der jüngeren Generation zur Chefsache gemacht wird. So wirkt der Verlauf hinterfragungswürdig, zumal man einige irrtümliche Untertöne angeboten bekommt, die der Verlauf selbst am Gericht nicht ordnet. Die große Stärke der Produktion ist die Berlinerin Barbara Frey, ein sehr vertrautes Gesicht aus der Welt des problematischen Jugendfilms, deren melancholisches Schauspiel den Zuschauer irgendwie berührt, falls er denn nicht zu genau über die dargebotene Storyline nachdenkt. Als Repräsentantin und Opfer eines gehobenen Lebensstandards, hat sie wenige Züge von den kantigen oder von Grund auf aggressiven Typen anderer gesellschaftlicher Schichten, die man sonst nähergebracht bekam, denn die junge Jutta Brandt wirkt nachdenklich und dem Anschein nach fest auf dem Boden stehend, allerdings nicht immer auf dem der Tatsachen. Manche würden sie sicherlich naiv nennen, da sie erst viel zu spät mitbekommt, was eigentlich in ihrem bislang wohl behüteten Elternhaus vor sich geht. Dass sie eine derartig emotionale und tunnelartige Reaktion entwickeln kann, bleibt - wenn im Endeffekt auch nicht komplett unverständlich - zumindest missverständlich.

Obwohl es der Film bestimmt nicht beabsichtigt, bekommt man eine Art der Vermessenheit und vielleicht sogar mangelnde Fairness der hier agierenden, nachrückenden Generation vermittelt, die auf die Ignoranz und Geheimniskrämerei der Eltern-Generation trifft, die immer nur Mündigkeit erwartet, wenn es gerade passt. Werden hier also anhand isolierter Fälle Schuldige gesucht? Allem Anschein nach nicht, aber sie werden dennoch gefunden. Eigenartigerweise suggeriert Jutta mit ihrem Verhalten, dass sie beabsichtigt, von nun an bis in Ewigkeit bei ihren Eltern bleiben zu wollen. Da dies sicherlich nicht der Fall sein wird, will sie die beiden aber mindestens dazu verurteilen, bis an ihr Lebensende zusammenzubleiben, um auf Abruf da zu sein. Tressler schildert hier zwar zahlreiche Probleme, die auch tatsächlich von dieser Welt sind, allerdings kommt es zu keinen angemessenen Lösungsansätzen. So tastet sich der Verlauf langsam und vorsichtig vor, bis es zum großen Knall kommt, der durchaus überraschend und tragisch wirkt. Versehen mit prominenten Darstellern wie Wolfgang Preiss, Nina Sandt, Ivan Desny oder Senta Wengraf kommen meist intensive Strecken vor allem im Rahmen des Temperaments und der Dialoge zustande, und es ist erstaunlich, dass hier sehr wenig auf das zuverlässige Pferd namens Sympathie gesetzt wird. Der Film verfügt des Weiteren über eine sehr solide technische Handhabe, und die schöne Schwarzweiß-Optik lässt einen insgesamt atmosphärischen Eindruck aufkommen, da man sich vor allem daran erinnert, dass es schon ganz andere thematisch eher kühn aufgearbeitete Geschichten gegeben hat, und man es bei Georg Tressler mit einem sehr guten Handwerker zu tun hat. Am Ende hinterlässt "Geständnis einer Sechzehnjährigen" einen generell zufriedenstellenden, meist überzeugenden, wenn auch nicht komplett runden Eindruck, da die Quelle der Katastrophe in eigenartiger Manier unwahrscheinlich wirkt, obwohl sie der nackten Realität entliehen wurde. Besonders im Gedächtnis bleibt die hervorragende Zeichnung der Jungdarstellerin - und Gesicht des zeitgenössischen Problemfilms - Barbara Frey, die quasi zwei Rollen zum Besten gibt, um die Situationen sowohl leidenschaftlich als auch lethargisch zu untermalen.

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