RITTMEISTER WRONSKI - Ulrich Erfurth

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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RITTMEISTER WRONSKI - Ulrich Erfurth

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Willy Birgel

RITTMEISTER WRONSKI


● RITTMEISTER WRONSKI (D|1954)
mit Ilse Steppat, Irene von Meyendorff, Antje Weisgerber, Rudolf Forster, Paul Hartmann, Olga Tschechowa,
Marina Ried, Ernst Schröder, Volker von Collande, Claus Holm, Charles Regnier und Elisabeth Flickenschildt
eine Apollo Filmproduktion | Deutsche London Film | im Verleih der Deutsche Film Hansa
ein Film von Ulrich Erfurth

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»Aus zwei Gründen wird man Spion: Geld und Patriotismus!«


Rittmeister Igor Wronski (Willy Birgel) ist nach zahlreichen Eskapaden dazu gezwungen, aus der polnischen Armee zum Geheimdienst zu wechseln. In Berlin soll er geheime Unterlagen ausfindig machen, die auf einen potenziellen Angriff Deutschlands hinweisen. Liane von Templin (Irene von Meyendorff), eine Bekannte mit zweifelhaftem Lebenswandel, soll ihm dabei helfen, die richtigen Kontakte beim Militär zu knüpfen. Aber auch sein Charme hilft ihm insbesondere bei den Mitarbeiterinnen des Reichswehrministeriums weiter, lediglich an der Chefsekretärin Leonore von Cronberg (Ilse Steppat) scheint er auf Granit zu beißen, die er jedoch dringend auf seine Seite ziehen müsste...

In Verbindung mit Willy Birgel in der Hauptrolle verleitet der Titel "Rittmeister Wronski" vielleicht ein wenig dazu, den Film im Vorfeld in eine bestimmte Ecke seicht-sentimentaler Filmerlebnisse für ein immer treues Zielpublikum zu stellen, was sich allerdings überhaupt nicht bewahrheitet. Vielmehr tut man dem Verlauf mit dieser Vermutung Unrecht und bekommt es unter der Regie von Ulrich Erfurth mit einem feinen und wirklich spannenden Spionage-Thriller zu tun, der in seinen Basisbereichen deutlich Farbe bekennt. Zwar muss der Begriff Thrill für das Produktionsjahr 1954 ein wenig in Relation gesetzt werden, aber dennoch kommt man innerhalb der Geschichte rund um einen Überläufer wider Willen auf seine Kosten. Sein Hauptkapital ist sein unbändiger Charme, den er gewinnbringend beim Fein oder vor allem bei Damen einzusetzen weiß, und es ist nicht klar, welche Maske er gerade trägt oder abgelegt hat. Diese hochinteressante Variante des Spannungsaufbaus macht alleine keinen Film, denn es braucht ebenso dramaturgische sowie handwerkliche Finesse, die hier jedoch reichlich vorhanden ist. Gelegenheit macht Diebe, und wie es aussieht, können Bredouillen und kompromittierende Situationen auch Überläufer und Spione machen. Vielleicht wäre es zu viel gesagt, dass Wronski irgend eine Wahl gehabt hätte, denn vielmehr muss er sich einem Deal fügen, der am Ende nicht so weh tut, wie das bevorstehende Ende einer unbeschwerten Existenz. Seine Wirkung auf Frauen planiert die Wege zum anvisierten Ziel mit beeindruckender Genauigkeit, zumal die Damen aus unterschiedlichsten Gründen Fallen, was sich zwischen tiefster Überzeugung bis aufrichtiger Gefühlslage abzuspielen scheint. Ulrich Erfurth vereint ein beeindruckendes Damen-Ensemble, über welches wichtige Kontraste zum Tragen kommen, die der Geschichte zu einer doppelten Glaubwürdigkeit verhelfen. Ob Irene von Meyendorff, Antje Weisgerber, Elisabeth Flickenschildt, Olga Tschechowa oder Ilse Steppat - die femininen Akzente bilden wichtige Säulen des Verlaufs, der raffiniert auf Spionage und tödliche Gefahren getrimmt ist.

Will Birgel bringt Charme und Raffinesse im Umgang mit seinen Gegnern in die Geschichte, sodass man manchmal vielleicht beinahe vergisst, dass der Film einen ernsten und bedrohlichen Tenor besitzt, und Tod und Verrat an allen Ecken und Enden lauern. Die Spannung besteht hauptsächlich darin, wie und ob bestimmte Personen ihre Köpfe aus den Schlingen des Regimes ziehen können, oder ob sie dem Schafott entgegensehen. Der Verlauf legt Wert auf eine gute Ausstattung und kultivierte Töne, setzt aber in den richtigen Momenten auf spannende Phasen, die aus unterschiedlichsten Gründen aufwühlen, vor allem, wenn es Unschuldigen oder Sympathieträgern an den Kragen geht. Für das Produktionsjahr 1954 bietet Regisseur Erfurth handelsübliche Seheindrücke an, achtet aber auch darauf, das Szenario modern und dynamisch wirken zu lassen. Die Entourage tut alles, um dieses Vorhaben auszuführen und neben einem Selbstläufer namens Willy Birgel legen auch andere Mimen eine besondere Schauspiellaune an den Tag oder in die Nacht. Besonders hervorzuheben ist sicherlich Ilse Steppat als eine in Ideologien gefangene Frau, deren beherrschte Aura abschreckend wirkt. Durch ihre Gehbehinderung wird darauf hingewiesen, dass sie neben ihren Kolleginnen das Nachsehen bei Wronski hat, denn sie verfügt nicht über die spontane Lebensfreude einer Antje Weisgerber oder die leichtfertigen Allüren einer Irene von Meyendorff. Zu den Frauen in Wronskis Leben gehört auch seine Schwester, die von der großartigen und hier als mahnende Instanz auftretenden Elisabeth Flickenschildt dargestellt wird. Rudolf Forster, Claus Holm, Charles Regnier und Ernst Schröder runden das Geschehen mit Brillantschliffen ab, sodass es zu einer geballten Intensität im darstellerischen Bereich kommt. Aber auch die Geschichte funktioniert mit einem Konzept, das bittersüß zwischen Radikalität und Emotionalität hin und her pendelt. "Rittmeister Wronski" basiert auf wahren Motiven und wird von Ulrich Erfurth in publikumswirksame Fasson gebracht, sodass man es unterm Strich mit einem meist überzeugenden Spionage-Drama zu tun hat, das von ganz besonderen Momenten zehren kann.

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