EROTIK IM BERUF - WAS JEDER PERSONALCHEF GERN VERSCHWEIGT - Ernst Hofbauer

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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EROTIK IM BERUF - WAS JEDER PERSONALCHEF GERN VERSCHWEIGT - Ernst Hofbauer

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EROTIK IM BERUF - WAS JEDER PERSONALCHEF GERN VERSCHWEIGT


● EROTIK IM BERUF - WAS JEDER PERSONALCHEF GERN VERSCHWEIGT (D|1971)
mit Karin Field, Reinhard Glemnitz, Emely Reuer, Christian Engelmann, Peter Raschner, Astrid Boner, Werner Abrolat, Josef Fröhlich,
Heidi Hansen, Claudia Butenuth, Eva Berthold, Renate Kasché, Walter Feuchtenberg, Margot Mahler und als Gast Günther Ungeheurer
eine Wolf C. Hartwig Produktion der Rapid Film | im Constantin Filmverleih
ein Film von Ernst Hofbauer

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»Bittschön, Herr Staatsanwalt, wie heißt denn Ficken auf Hochdeutsch?«


Hinter diesen Fassaden stehen Tag für Tag Menschen im Beruf. Männer. Frauen. Sie sind in ihrer Arbeit aufeinander angewiesen, als Kollegen, als Vorgesetzte und Untergebene, als Ausbilder und Lehrlinge. Gesetzesparagraphen, Betriebsvorschriften regeln dieses Verhältnis. Aber Menschen sind keine Maschinen, deren Funktion man nach einer Betriebsanleitung bestimmen kann. Störungen, Komplikationen treten auf, besonders dann, wenn Männer und Frauen zusammen arbeiten. Die längste Zeit des Tages sind sie fern von ihren Familien, fern von ihrem Ehepartner, den sie erst nach Dienstschluss wiedersehen. Nur der Berufspartner, die Berufspartnerin ist da. Bei gemeinsamer Arbeit bei ständigem täglichem Beisammensein entstehen erotische Bindungen am Arbeitsplatz, die vielfältige Probleme aufwerfen. Dieser Report wird die Probleme schonungslos aufzeigen, ohne zu richten. Probleme, mit denen jeder Berufstätige konfrontiert wird, Probleme, die man am liebsten mit falscher Scham verschweigt.

Diese einführenden Worte weisen auf den bevorstehenden Verlauf hin, bei dem sich zeigen wird, wie ernst dieser Report genommen wird. Im Zuge der Aufklärungs- und Reportwelle wurde dem Empfinden nach nahezu jeder relevante und irrelevante Lebensbereich ins Visier der jeweiligen Geschichten genommen und filmisch aufgearbeitet - nachweislich nicht ohne Erfolg. Ernst Hofbauers "Erotik im Beruf - Was der Personalchef gern verschweigt" zeigt sich im teildokumentarischen Stil, verfügt dabei über Befragungen durch Journalisten an den Orten des angeblichen Geschehens oder beispielsweise in der Fußgängerzone, um einen völlig ungezwungenen und spontanen Eindruck zu vermitteln, der die Zuschauer irgendwie packen soll. Abwechslung kommt bei den konkreten Berichterstattungen auf, in denen die teils bekannten Schauspieler gefragt sind. Unter Hofbauer entwickelt sich hier die eigenartige Strategie, nicht zu viel Realität aufkommen zu lassen, was immer wieder durch explizite Bilder ins Wanken kommt, und durch bekannte Gesichter der (bayrischen) Komödie ausgehebelt wir. Manchmal kommt man sich daher vor wie in einem handelsüblichen Lustspiel, da die humorigen Einlagen überwiegen. Das alles ist und bleibt nicht vollkommen uninteressant, da es sich um einen Vertreter handelt, der ungewöhnlich stark besetzt ist, um nebenbei Akzente mit den verschiedenen Storys zu setzen. Chefs vernaschen ihre Lehrmädchen, Chefinnen ihre jungen Angestellten, und es schwingt nicht nur der Hauch des Verbotenen mit, sondern auch Versatzstücke der Tragödie, was für einen gewissen Drive und eine besondere Art der Anspannung sorgt, da man in ausgewählten Szenen nur darauf zu warten braucht, bis die Heimlichtuereien auffliegen. Miese Erpresser treiben ihr Unwesen, gelangweilte Ehemänner ebenso, aber auch unschuldige und völlig frustrierte Frauen, die sich gegeneinander ausspielen. Die vollmundige Ankündigung dieses Report-Streifens, alles schonungslos aufzudecken, geht in den gestelzt wirkenden Situationen oftmals nicht komplett auf. Somit punktet der Film in den Segmenten, in denen die Schauspieler ihre Rollen zu spielen haben, da man hier mehr Greifbares angeboten bekommt, und sei es nur die nackte Haut.

Männer hängen sich zeitaufwändig in die Arbeit, um ihre langweiligen Ehen zu vergessen, werden dann von den weiblichen Untergebenen nahezu zum Sex genötigt, und niemand hat das alles am Ende so gewollt. Es wimmelt von durchtriebenem Kalkül und fadenscheinigen Entschuldigungen, warum Triebe Oberhand gewinnen konnten, aber es spielt eigentlich keine Rolle, da man die Gesetze der Betriebe nicht unter die Lupe nimmt. Einzelne Schicksale rücken das Geschehen oftmals an den Rand einer Kriminalgeschichte, bis es wieder um »sexuelle Allesverwerter« geht. Die Dialogarbeit ist auffällig umgangssprachlich und amüsant ausgefallen, was zu dem unterm Strich immensen Spaßfaktor beiträgt, wenn man sich auf kein Hin und Her lamentieren bezüglich des angekündigten Filmtitels einlässt, der unterm Strich uneindeutig bleibt. Interpreten wie Reinhard Glemnitz, Günther Ungeheuer, Emely Reuer oder Karin Field sorgen in ihren kurzen Intervallen für eine dichte Atmosphäre und stemmen sich gegen auftauchende Klischees, um sie teilweise auch hemmungslos zu befeuern - ganz im guten Ton des Geschehens, denn ansonsten würde man in den sachlich angestrichenen Sequenzen einschlafen, da man selbst nicht an Aufklärungsmythen interessiert ist. Am besten fährt man vielleicht, wenn man dieses Kind seiner Zeit unvoreingenommen betrachtet, denn es kommt sehr viel Zeitkolorit zustande, das einerseits authentisch und verlockend, andererseits unfreiwillig komisch aufgearbeitet wirkt. "Erotik im Beruf - Was der Personalchef gern verschweigt" stellt zahlreiche Personen an den Pranger, jedoch nicht in einseitiger Art und Weise. Vielmehr sieht man einen Jahrmarkt der Klischees, die unter Ernst Hofbauer zum Florieren befugt sind, was jedem Zuschauer auch genügen sollte. Tatsächlich braucht man heute wie damals einen Anstoß für dieses vergleichsweise unterhaltsamere Report-Vehikel, der im aktuellen Fall Karin Field heißt, deren Segment im kompletten Film sogar das ausgiebigste und gelungenste, Margot Mahlers das wohl komischste darstellt. Am Ende taucht sogar noch Claudia Butenuth auf, die zuvor nirgends erwähnt war. Den Film kann man sich bei Auftauchen ruhig einmal anschauen, falls einem der deutsche Film universell am Herzen liegt.

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Prisma
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Re: EROTIK IM BERUF - WAS JEDER PERSONALCHEF GERN VERSCHWEIGT - Ernst Hofbauer

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● KARIN FIELD als RENA WÖRDERMANN in
EROTIK IM BERUF - WAS JEDER PERSONALCHEF GERN VERSCHWEIGT (D|1971)



Das Produktionsjahr 1971 stellte für Karin Field die letzte ergiebige Saison nach zwei Jahren beruflichen Leerlaufs dar, außerdem befand sich das abrupte Karriere-Ende bereits in greifbarer Nähe. Ein Reportfilm dieser Zeit erreichte naturgemäß ein breiteres Publikum, insbesondere wenn er erfolgreich lief wie dieser, was der Laufbahn allerdings kaum zuträglich war, da jeweilige Interpretinnen in einer bestimmten Ecke abgestellt wurden. So kam in diesen Jahren nicht mehr viel außer den filmischen Themen Horror und Sex bei Karin Field zustande. In Ernst Hofbauers Geschichte spielt sie erfreulicherweise die größte Rolle in einem mit heutigen Augen gesehen etwas eigenartigen Segment, vor allem, weil eine Klischee-Lawine über das Publikum rollt. Rena Wördermann liegt im Bett mit ihrem Psychiater und seit neuestem auch Ehemann, dem sie ihr Herz ausschüttet und aus ihrer Vergangenheit erzählt. Offensichtlich ist sie sehr glücklich; ein Gefühl, das sie in ihrer Historie nicht gerade abonniert hatte. Ihr Liebhaber spricht sie wenig feinfühlig auf ihre Narben an den Pulsadern an, doch beide sind so vertraut, dass keine verstimmten Gefühle dabei aufkommen. Bis das nächste Fiasko droht, ist Rena über das Schlimmste hinweg - so scheint es zumindest, doch die Story zeichnet keine schwarzen Wolken der Zukunft. Diese sind nur in der Vergangenheit zu finden, die von zahlreichen Problemen geprägt war. Die erfolgreiche Mode-Designerin hat von außen betrachtet alles, was sich viele Menschen erträumen: Beruflichen Erfolg, Geld, Statussymbole in Hülle und Fülle und eine besondere Attraktivität, außerdem kann sie über Untergebene verfügen und nach Herzenslust delegieren. Dieser Nimbus wird vom schnell abhandelnden Verlauf allerdings stark beschädigt, da man deutlich erkennt, dass es sich im Grunde genommen um eine sehr einsame Frau im goldenen Käfig handelt, die von sich selbst sagt, sie sei kalt, verbissen und von der Karriere besessen gewesen.

Zwar steht die Tür dieses Käfigs jederzeit offen, doch es passiert nichts Wesentliches im zwischenmenschlichen Bereich, als ob die skizzierte Oberflächlichkeit der Branche ganze Arbeit leisten würde. Sie gibt sich Alkohol, exzessiven Partys und sexuellen Ausschweifungen mit Männern und Frauen hin, zieht sich aber immer weiter zurück, bis sie nicht mehr in den Spiegel schauen kann und ihrer Qual beim richtigen Anstoß irgendwann ein Ende setzen möchte. Dann lernt Rena einen jungen Mann, einen 22jährigen Schneider kennen, der vom Publikum nicht direkt als der Heilsbringer identifiziert wird, von dem aus Sicht der Designerin gesprochen wird. »Sieht der Junge gut aus. Den muss ich haben!« Rena ist es offensichtlich gewohnt, zu bekommen, was sie sich ausgeguckt hat, hält aber offensichtlich nichts von folgendem Sprichwort: »Herein, wenns kein Schneider ist!« Sie lässt ihn herein, in ihr Leben, ihre Wohnung, ihre Gefühlswelt, und noch mehr. Die beiden werden ein Liebespaar und Rena schwebt auf Wolke 7, doch leider mit enormem Brett vorm Kopf. Als sie ihn bei einem Telefonat mit seinem Liebhaber abhört, darüber hinaus nur Mittel zum Zweck für einen eigenen Modesalon sein soll, brennen bei ihr die Sicherungen durch. Wie erwähnt interpretiert Karin Field hier den interessantesten Part - der passenderweise "Besuch bei der Chefin" heißt - in einem Intervall, der vielleicht auch am meisten Schauwerte zu bieten hat, wobei sich dies nicht nur auf ihren natürlichen Entkleidungsdrang bezieht. Neben einigen Nackt-Totalen ist sie als Modeschöpferin eher in edlen Ensembles zu sehen und verleiht ihrer Figur Würde und Esprit, bis das Kartenhaus in sich zusammenfällt. Field, die ihre Geschichte mit ihrer Originalstimme zu den laufenden Bildern meistens aus dem Off kommentiert, ist mitteilsam uns sorgt für eine Transparenz, die gar nicht so ausgewalzt hätte werden müssen, da es immer gut ist, dem Publikum nicht alles in mundgerechten Häppchen zu servieren.

Ihre Konversation mit ihrem Mann - einem Doktor der Psychologie - wirkt reflektiert, offen und ehrlich, und es wirkt so, als hätten die vielen Sitzungen ihre gewünschte Wirkung erzielt. Rena wirkt gefestigt, und als Zuschauer hofft man, dass es nicht nur für den Moment ist, weil sich die attraktive Frau viel zu sehr über Männer definiert und der Welt des Seins und Scheins immer noch treu ist. Karin Field bewegt sich vollkommen selbstsicher in diesem Szenario, welches ihr erneut Schauwerte abverlangt und jeden Zuschauer an die Hand nimmt - und sei es in ihr Bett. Erneut zeigt sich auch hier die Tendenz, viel mehr geben zu wollen als es bei Kolleginnen zu beobachten war, was das bereits bestehende Image nur mehr zementieren wird. Ganz im Sinn ihres Intervalls ist Field perfekt ausstaffiert und zurecht gemacht worden, sodass sie die Dame von Welt und Haute Couture sehr treffend auf den Punkt bringt und trotz teils oberflächlicher Dialoge überzeugen kann. Denkt man an den Titel der Produktion, gerät die Skizze des Workaholics ein wenig ins Hintertreffen, da Hofbauer stets die Erlaubnis erteilt, sich auf Nebenschauplätzen austoben zu können, die sich vornehmlich in emotional oder sinnlich aufgeladenen Sphären abspielen. Eine Lösung wird - wenn überhaupt - mit dem Holzhammer präsentiert. All dies sind Dinge, mit denen Karin Field in im bisherigen Verlauf ihrer Karriere gut vertraut war, sich dementsprechend in vollster Überzeugung anbietet. Man erkennt interessante Nuancen in ihrem Schauspiel, die gut auf die hier behandelte emotionale Thematik und körperliche Mechanik abgestimmt sind. Es zeigt sich eine innere Leere, eine Traurigkeit und Desillusionierung, doch wenn es sein muss, kann die Blondine auch aus der Haut fahren. Dem Empfinden nach war Karin Field in dieser Beziehung oft zu wenig gefordert und auch hier bleibt es lediglich bei Kostproben ihres eigentlichen Könnens. So bleibt eine für sie vollkommen typische Rolle in der Welt der Haute Couture, die sie sozusagen zusätzlich mit Haute Érotisme ausstattet.



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