DER FLÜSTERNDE TOD - Jürgen Goslar

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
Antworten
Benutzeravatar
Prisma
Beiträge: 3765
Registriert: Sa., 31.10.2020 18:11

DER FLÜSTERNDE TOD - Jürgen Goslar

Beitrag von Prisma »



DER FLÜSTERNDE TOD


● WHISPERING DEATH - "DER FLÜSTERNDE TOD" / DER FLÜSTERNDE TOD / WHISPERING DEATH / ALBINO (D|GB|1976)
mit James Faulkner, Christopher Lee, Trevor Howard, Sybil Danning, Erik Schumann, Sascha Hehn, Sam Williams, Dora Palma und Horst Frank
eine Produktion der Eichberg Film | Lord Film | im Verleih der Cinerama Filmgesellschaft
nach dem Roman von Daniel Carney
ein Film von Jürgen Goslar

Der-fluesternde-Tod (2).png
Der-fluesternde-Tod (3).png
Der-fluesternde-Tod (5).png
Der-fluesternde-Tod (6).png
Der-fluesternde-Tod (7).png
Der-fluesternde-Tod (8).png
Der-fluesternde-Tod (10).png
Der-fluesternde-Tod (11).png
Der-fluesternde-Tod (12).png

»Du musst mich nach der Genfer Konvention behandeln!«


Sally (Sybil Danning), die Verlobte des Polizeioffiziers Terick (James Faulkner), wird in Rhodesien zur Zeit der Apartheid vergewaltigt, ermordet und entsetzlich zugerichtet aufgefunden. Verantwortlich für diese schreckliche Tat ist eine Terroristenbande rund um einen Anführer, den man "Der flüsternde Tod" (Horst Frank) nennt, und dessen Brutalität gefürchtet ist. Von Rachegedanken angetrieben, macht sich Terick auf die Suche nach den Verantwortlichen, doch die Operation scheint aus dem Ruder zu laufen, sodass man seinen Ex-Chef Bill (Christopher Lee) auf ihn ansetzt, um ihn endgültig aus dem Verkehr zu ziehen. Doch Terick provoziert eine unausweichliche Katastrophe...

Ein kurzes Präludium à la "in diesem Film ist alles politisch unkorrekt" sollte genügen, um auf die Risiken und Nebenwirkungen aber auch Vorzüge von Jürgen Goslars unbändiger Regie hinzuweisen - und das global gesehen. Nachdem der Oldenburger Regisseur nach darstellerischen Aktivitäten im Jahr 1958 auch zu ersten Regiearbeiten beim Fernsehen kam, folgte 1962 sein erster Kinofilm "Das Mädchen und der Staatsanwalt", der von der zeitgenössischen Kritik mit einem Stempel versehen wurde, den Goslar auch in den Folgejahren immer behalten sollte. Ihm wurde somit gerne mangelnder Geschmack und Kolportage vorgeworfen, wobei sich tatsächlich die Frage stellt, ob sich die schlechten Kritiken nicht immer und immer selbst kolportiert haben, denn Jürgen Goslar verdient einen gezielten Blick unter den vielen bekannten deutschen Regisseuren, da seine Art der Inszenierung oder das bloße Heranwagen an gewisse Stoffe bemerkenswert geblieben ist. In den 70er Jahren zeigte er sich verantwortlich für skandalträchtige Filme wie "...und die Nacht kennt kein Erbarmen" oder "Slavers - Die Sklavenjäger", die vielleicht keine wirklichen Skandale wurden, da die Reichweite gefehlt hat. Kritisiert wurde die exzessive Gewalt, die vermessene Darstellung vom Bevölkerungsgruppen und eine Schwarzweißmalerei, die gerade in dieser Phase offenbar zu einer Art Steckenpferd Goslars avancierte. Alles in allem ist auch "Der flüsternde Tod" der Fraktion der progressiveren Abenteuerfilme zuzuschreiben, vorausgesetzt man hat es nicht gerade mit den Nerven, denn Goslar provoziert mit einigen Zumutungen und ungeschönten Bildern, für die sich gerade der deutsche Film oft zu vornehm war. In diesem Zusammenhang ist auch die inszenatorische Lust zur Provokation zu erkennen, denn in eine gängige Schablone sollten insbesondere die drei genannten Beiträge, die zwischen 1974 und 1977 entstanden sind, nicht passen.

Als Pate fungierte der Roman des rhodesischen Schriftstellers Daniel Carney, aus welchem sich unter Goslar genügend Kapital für Nervenkitzel, Atemlosigkeit und Ekel ziehen lässt. Zu betonen ist, dass Jürgen Goslars teils halsbrecherischer Stil technisch einwandfrei funktioniert, ein außergewöhnlich gutes Gespür für Timing zu finden ist und sich den Wünschen des sensatonslustigen Publikums verschreibt, ohne dafür etwas zurück zu verlangen. 25 Jahre lang auf dem Index stehend, war der Film so gut wie in der Versenkung verschwunden, kann sein bedrohliches Potenzial allerdings zu jeder Zeit aufbauen und ausspielen, da die Regie auf besonders heiße und abstoßende Phasen achtet. Alleine als die Titelfigur zum ersten Mal auftaucht, stockt einem der Atem, da man einen widerlich zurecht gemachten Horst Frank zu Gesicht bekommt, den man unter so viel provozierendem Ekel kaum erkennen möchte. Als er plötzlich loslegt, als ihm Sybil Danning vor die Flinte kommt, wird es unappetitlich und verstörend, da Goslar darauf achtet, keinen Hochglanz zu bieten. Die schnell überwältigte Frau wird von seinen Helfershelfern fixiert, "Flüsternder Tod" tobt sich mit weit aufgerissenen Augen und absoluter Brutalität aus. Speichelfäden rinnen aus seinem Mund, er befindet sich in einer Art der Ekstase, die verstörend wirkt. Als das Objekt sich abgenutzt hat, kommt der hauptsächliche Akt nach dem Akt: Der unausweichliche respektive flüsternde Tod. Die blutigen Veranschaulichungen sorgen dafür, dass Vergeltung gefordert wird und man die schleppenden Elemente der Jagd nicht immer hinterfragt, zumal es immer wieder zu Action, Tempo und Vernichtung kommt. Ausgestattet mit international anerkannten Stars und passablen Unterstützern, entfaltet sich eine Abwärtsspirale, die niemand mehr stoppen kann, zumal Jürgen Goslar immer wieder Benzin in das lodernde Feuer gießt, welches die apokalyptisch wirkende Szenerie auch tatsächlich bestimmen wird.

Der Brite James Faulkner avanciert in dieser Story zum Gesicht der Vergeltung und Rache, sodass er die meisten Intervalle mit seiner Präsenz ausfüllen kann. Die wenigen unbeschwerten und glücklichen Momente mit Sybil Danning sind durch das Auftauchen Horst Franks schnellstens zunichte gemacht und ansonsten sind bekannte Namen zu sehen. Trevor Howard und Christopher Lee bieten ihre typische Ausdrucksschwäche an, falls die Rollen nicht über die Maßen auf ihre Personen abgestimmt sind, Erik Schumann und Sascha Hehn bleiben in unspektakulärer Erinnerung, da die besten Szenen anderen vorbehalten sind. Mit relativ hohem Aufwand inszeniert, entsteht ein positiver Eindruck innerhalb einer trostlosen Geschichte, die aufgrund zahlreicher Angebote aus Goslars Trickkiste blutig und brutal ausgefallen ist. Wenn die Köpfe vom Fließband rollen, die Pyrotechnik zum Überholmanöver ansetzt und die Charaktere ihre hässlichsten Fratzen und niedersten Charakterzüge zeigen, gibt es nur wenig, was den Verlauf noch stören könnte. In diesem Zusammenhang denkt man vor dem Verlauf vielleicht sogar an Erich Ferstls musikalische Untermalung, die man in einem derartigen Streifen mutmaßlich eher als unpassend lokalisieren und eine Durchschlagskraft und perfekte Abstimmung im Vorfeld nicht zutrauen würde. Doch dann ertönen seine melancholischen, beinahe klagenden Klänge, die sich je nach Actionlage auch mobilisieren können, und man denkt, dass es für diesen Verlauf keine perfektere Lösung hätte geben können. Der zeitliche Kontext lässt sich zwar nur noch schwer in die heutige Zeit transferieren, aber dennoch wirkt es so, als habe die Produktion genügend Selbstbewusstsein. Insgesamt gesehen stellt Jürgen Goslars "Whispering Death - Der flüsternde Tod" eine für hiesige Verhältnisse ungewöhnliche Art der Unterhaltung dar, die sich offensiv aufdrängt und sich mit den viel zitierten reißerischen Effekten interessant zu machen versucht, was am Ende auch fulminant gelingt.



Antworten