MIT 17 WEINT MAN NICHT - Alfred Vohrer

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
Antworten
Benutzeravatar
Prisma
Beiträge: 3767
Registriert: Sa., 31.10.2020 18:11

MIT 17 WEINT MAN NICHT - Alfred Vohrer

Beitrag von Prisma »



Bild

● MIT 17 WEINT MAN NICHT / TAGEBUCH EINER VERFÜHRTEN (D|1960)
mit Barbara Frey, Matthias Fuchs, Heinz Drache, Gisela Uhlen, Erica Beer, Ann Smyrner, Michael Verhoeven, Georg Kostya,
Claus Wilcke, Jochen Busse, Fritz Schmiedel, Hans Epskamp, Joseph Offenbach, Gertrud Prey, Hans Peder Hermansen, u.a.
ein Ultra Film | im Europa Filmverleih
ein Film von Alfred Vohrer

17 (1).JPG
17 (2).JPG
17 (3).JPG
17 (4).JPG
17 (5).JPG
17 (6).JPG
17 (7).JPG
17 (8).JPG
17 (9).JPG

»Jeder verpfuscht sein Leben so gut er kann!«


Um heiraten zu können, beschließen der 18jährige Schüler Horst Döring (Matthias Fuchs) und seine 17jährige Freundin Karin (Barbara Frey) ihre Eltern mit dem Vorwand einer Schwangerschaft zu täuschen, um so die Erlaubnis für die Ehe zu bekommen. Nachdem ihr Plan aufgegangen ist, fliegt er auch schnell wieder auf und bringt die gemeinsame Situation ins Wanken. Da Horst in der Schule immer wieder verspottet wird, ohnehin impulsiv reagiert und mit einigen Lehrern nicht klar kommt, schmeißt er kurz vor dem Abitur die Schule. Von seinem Stiefvater (Heinz Drache) bekommt er auch noch den monatlichen Scheck gestrichen. Das junge Paar lernt die harte Seite des Zusammenlebens kennen, bis Karin nicht mehr weiter weiß und sich in die Arme ihres Schwiegervaters wirft...

Bei "Mit 17 weint man nicht" handelt es sich um Alfred Vohrers erst vierten Kinofilm, obwohl er sich bereits in diesem frühen Stadium seiner Karriere einen Namen mit publikumswirksamen Inszenierungen machen konnte. Diese im Jahr 1960 hergestellte Produktion wurde dem vermeintlich guten Ton nach mit schlechten Einschätzungen der einschlägig bekannten Kritik bedacht, allerdings hielt es das interessierte Kino-Publikum nicht davon ab, den Film zu einem Erfolg werden zu lassen. Behandelt wird eine Geschichte, die der damaligen Jugend sicherlich flächendeckend unter den Nägeln gebrannt hat, da der Wunsch, sich von alt hergebrachten Konventionen zu befreien, naturgemäß allgegenwärtig ist. Der anschaulich dargestellte Generationenkonflikt erweist sich dabei nur als einer der wichtigen Bausteine für den Verlauf, aus dem sich allerdings immer wieder neuer Zündstoff ziehen lässt. Ein 18jähriger und seine 17jährige Freundin wollen heiraten und schwindeln bei den Tatsachen, sodass sie unter der Vortäuschung einer Schwangerschaft die Genehmigung zur Heirat bekommen. Mit jugendlichem Leichtsinn versehen muss es natürlich zu einer Katastrophe kommen, doch es handelt sich bei Horst und Karin um keine zwei Revoluzzer, die die Welt auf den Kopf stellen wollen, sondern um einen hitzigen und verwöhnten Trotzkopf und eine junge Träumerin, deren Vorstellungen sich nicht immer in der Realität abspielen. Das wohl behütete und vor allem unbeschwerte Leben nimmt ein abruptes Ende, da der Sohn aus reichem Hause unsanft auf dem Boden der Tatsachen ankommt. Seine Frau erwartet, dass der jugendliche Leichtsinn durch eine Männlichkeit ausgetauscht wird, die sie bei ihrem Schwiegervater zu sehen glaubt. Der wiederum wird von ihm nur als Stiefvater angesehen und behandelt, da der leibliche Vater im Krieg geblieben ist. Seine Mutter entwickelte einen Schuldkomplex und erlaubte ihrem Sohn alles, was dieser wollte.

Wenn eins zum anderen kommt, ist Alfred Vohrer der richtige Mann, die Themen zunächst zu verschärfen, um sie am Ende gerne auch dramatisch zu ordnen. Horst schmeißt kurz vor dem Abitur die Schule, da er sich von einem seiner Lehrer gedemütigt fühlte, sein Stiefvater streicht den monatlichen Scheck, die Mutter ist verzweifelt, und Karin klammert sich an eine wohltuende Naivität, dass sich alles schon zum Guten wenden würde. Als die vermeintliche Schwangerschaft auffliegt, kommen alle in der Realität an. Das Leben kostet schließlich nicht nur Nerven, sondern zu allem Überfluss auch noch Geld. Die ohnehin wacklige Familienkonstellation droht endgültig zu kippen, da sich zu allem Überfluss auch noch ein unerwartetes Techtelmechtel anbahnt, aber Gelegenheit macht bekanntlich Triebe. Der Verlauf profitiert in außerordentlich starker Art und Weise von den beteiligten Schauspielern, von denen einige immer wieder bei Vohrer auftauchen sollten. Zunächst ist die so logisch wirkende Hauptrolle mit Barbara Frey zu nennen, die wie einer der Prototypen des gefallenen, gefährdeten oder rechtschaffenen Mädchens für all die Problemfilme dieser Zeit wirkt und auch in etlichen Produktionen mit von der Partie war. Karin macht das, was man eine vermeintlich gute Partie nennt, die der Realität allerdings nicht standhält. Im Grunde genommen wünscht sie sich einen gewissen Respekt ihres Umfeldes, wenn man so will der Gesellschaft, und eine Lockerung des moralischen Systems, in welchem junge Leute wie sie mit verurteilenden Blicken angegafft werden. Dabei stellt die attraktive, junge Frau durchaus ein Produkt der Männerfantasien dar, die wohl von Gleichaltrigen bis hin zu Opa reichen. Dann findet aber der Stiefvater ihres Ehemannes Gefallen an ihr, da dieser eine Frau hat, die einfach zu perfekt zu sein scheint. In diesem Zusammenhang müssen die exzellenten Leistungen von Heinz Drache und Gisela Uhlen erwähnt werden, die in folgenden Jahren immer wieder unter Vohrer spielen sollten.

Insbesondere Heinz Drache wirkt hier sehr beachtlich, da er von oben herab spielt und damit die Generation repräsentiert, die von den Jugendlichen mit Unverständnis abgestraft wird. Dabei handelt es sich allerdings um ein Geben und Nehmen, sodass eine Kompromissfindung in weite Ferne rückt. Dr. Wegener ist vielleicht das, was man arrogant, selbstgefällig und belehrend nennen möchte, aber er ringt einem auch Respekt ab. Seine Frau wird dargestellt von einer ungewöhnlich zahm wirkenden Gisela Uhlen, die in späteren Jahren eine emotionale Verbissenheit präsentierte, die ihre Auftritte als besonders erinnerungswürdig erscheinen lassen sollte. Als Mutter, die ihren Sohn verwöhnt hat, es hinten raus aber nicht gedankt bekommt, wirkt sie eingeschüchtert und nervös, aber auch besonnen genug, um die Situation nicht noch weiter zu verschärfen. Bestückt mit weiteren Jungstars des deutschen Films, kommt eine hohe Glaubwürdigkeit zustande, die vor allem durch Matthias Fuchs auf die Spitze getrieben wird. Er stellt eine ähnliche Rolle dar wie ein paar Jahre zuvor in dem Erfolgsfilm "Die Mädels vom Immenhof", als versnobter, hochnäsiger, hitzköpfiger und eitler junger Mann, der oftmals einfach nur abgehoben wirkt und sich die Dinge so zurecht denkt, wie er sie gerne hätte. Doch leider funktioniert es hier genauso wenig wie fünf Jahre zuvor unter Wolfgang Schleifs Regie. Alfred Vohrer bringt die günstigen Voraussetzungen eines besonderen Schauspielerfilms und der guten dramaturgischen Gegebenheiten zusammen und kreiert eine Geschichte, die auf ihre Art fesselt und zum Nachdenken bewegt, auch wenn sich die Zeiten geändert haben, wobei Generationenkonflikte ein Evergreen zu sein scheinen. Veredelt durch besondere oder sogar teils abstrakte Regie-Einfälle, ungewöhnliche Kamera-Perspektiven und eine mutige Handhabe erkennt man, was in den nächsten Jahren zu seinem Standard werden sollte. "Mit 17 weint man nicht" ist somit einer der qualitativ hochwertigeren Vertreter des Genres.

Antworten