DIE UNHEIMLICHEN BRIEFE - Wolfgang F. Henschel

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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DIE UNHEIMLICHEN BRIEFE - Wolfgang F. Henschel

Beitrag von Prisma »



DIE UNHEIMLICHEN BRIEFE


● EDGAR WALLACE - DIE UNHEIMLICHEN BRIEFE (D|1998) [TV]
mit Gunter Berger, Mariella Ahrens, Rosalind Baffoe, Udo Schenk, Julia Richter, Helen Vita,
Eva Ebner, Peggy Lukac, Mogens von Gadow, Klaus Lehmann, Georg Tryphon und Eddi Arent
eine Produktion der Rialto Film | im Auftrag von RTL
ein Fernsehfilm von Wolfgang F. Henschel

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»Jetzt noch schmückt dich der Smaragd, doch in die Hölle gehst du nackt!«


Der Tod eines Kleinkriminellen wirft Fragen auf. Inspektor Higgins (Gunter Berger) und seine Kollegin Barbara Lane (Mariella Ahrens) finden beiden Untersuchungen heraus, dass es sich um einen fingierten Selbstmord handeln könnte, zumal sein ehemaliger Komplize wenig später ermordet aufgefunden wird und man zunächst von einem bedauernswerten Unfall ausgegangen war. Doch die Umstände passen nichts zusammen. Die Spur führt zu einem ungeklärten Diamantenraub, mit dem beide zu tun hatten, und als gereimte Anzeigen in der Times geschaltet werden, die sich eindeutig darauf beziehen, scheinen sie auf der richtigen Spur zu sein. Allerdings stoßen sie bei den Befragungen auf renitente Gesprächspartner...

Die Erfahrung hat gelehrt, dass viele der Wallace-Verfilmungen auch das halten konnten, was ihre Titel zu versprechen versuchten. Beschränkt man sich bei Wolfgang F. Henschels "Die unheimlichen Briefe" nur auf das angegebene Prädikat, erfüllt sich die Ankündigung ziemlich genau, doch dies bezieht sich nicht auf die im Film aufkommende Korrespondenz, sondern auf das Drehbuch von Peter Jürgensmeier und Florian Pauer, das so grauenhaft ist, dass es wirklich beinahe unheimlich wird. Die 1995 in der ersten Staffel gestartete TV-Reihe fing für Zuschauer mit Wallace-Fanbrille vielleicht vielversprechend an, konnte die Erwartungen allerdings hinten heraus nicht erfüllen oder zumindest halten, sodass etliche Filme erst ein paar Jahre später ausgestrahlt wurden. Die zugrunde liegende Geschichte hört sich hier zunächst einmal interessant an, scheitert aber nach wenigen Momenten an der völlig dilettantischen und überladenen - aber was das Schlimmste ist - artifiziell wirkenden Inszenierung, die reihenweise auf Wallace-Relikte, Klischees und alte Hüte der Mutterserie zurückgreift, wenngleich es so manches atmosphärische Bild aufzuspüren gibt. Es fehlt also global gesehen eine eigene Seele und es handelt sich letztlich nur um eine Aneinanderreihung eines lose vor die Füße geworfenen Handlungsgeflechts, das sich am Ende wie von selbst auflöst und wenig Überraschendes zutage bringt. Regisseur Wolfgang F. Henschel zeigt sich für mehrere neue Adaptionen verantwortlich, doch verfehlt das Ziel, für Spannung und Nervenkitzel zu sorgen. Dabei hatte er andernorts ein recht gutes Gespür für das Kreieren einer Grusel-Atmosphäre bewiesen, setzt hier allerdings und fatalerweise auf Humor, der leider keiner ist. So ist das Szenario durchzogen mit halbherzigen Gags und strapaziösem Getue, welches nicht nur an Eddi Arent abdelegiert ist, sondern an fast alle der Beteiligten.

Das Schauspiel wirkt streckenweise derartig gekünstelt und ohne Timing, dass es eine Freude ist, wenn die entsprechenden Szenen vorbei sind. Gunter Berger und Mariella Ahrens ergeben ein passables Ermittler-Team, dem man die Lösung des nebulösen Falles durchaus zutraut, wenn er sich nicht dummerweise wie von selbst lösen würde. Die Erhebungen orientieren sich an keinen logischen Abfolgen, die Verdächtigen sind verdächtiger als einem lieb ist und es kommt zu einem halbherzigen Whodunit in einem Finale, das sich in der Qualität kaum vom gesamten Verlauf unterscheidet. Eddi Arent, der in allen acht TV-Verfilmungen vertreten war, ist hier als Scotland-Yard-Chef zu sehen. Sein Entwurf des Sir John ist leider eher peinlich als hilfreich und von daher vollkommen misslungen, Rosalind Baffoe als seine Sekretärin stolpert ebenso unfähig umher, sodass es keinen Spaß macht, diese wohl als auflockernde Elemente gedachten Intervalle mitzuerleben. Es ist verständlich, dass man sich an den Herzstücken der Ur-Serie orientieren wollte, aber dabei auf einen völlig eigenen Charakter zu verzichten bringt hier leider keine weiteren Erkenntnisse im Wallace-Universum. Die seinerzeit beinahe sensationelle Meldung in den Medien, dass Horst Wendlandt und die Rialto Film wieder alte Pfade begehen würden, entpuppt sich leider als Ente. Als Wallace-Veteranin ist des Weiteren noch Eva Ebner zu sehen, langjährige Regie-Assistentin Alfred Vohrers, die hier allerdings als Schauspielerin auftritt. Ansonsten enttäuschen Helen Vita, Udo Schenk und Peggy Lukac, von denen man sonst Stichhaltiges gewöhnt ist, und auch die übrigen Darsteller bleiben farb- und konturlos, wobei man bei diesem Stichwort wieder eine Brücke zum Verlauf bauen kann, der einfach nur langatmig und größtenteils verworren ist. Wolfgang F. Henschels Versuch, eine unterhaltsame Wallace-Adaption fürs Fernsehen herzustellen ist mit der Mission "Die unheimlichen Briefe" sang- und klanglos gescheitert.

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Prisma
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Re: DIE UNHEIMLICHEN BRIEFE - Wolfgang F. Henschel

Beitrag von Prisma »



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Viel Gelungenes war in Wolfgang F. Henschels "Die unheimlichen Briefe" leider nicht zu finden und es setzt dieser TV-Produktion noch mehr zu, dass permanent Brücken zu den Wallace-Filmen der Ur-Serie gebaut und Dinge kopiert werden, zum Teil in grobschlächtiger Art und Weise. Eine gelungene Szene ist in diesem Zusammenhang allerdings zu finden, und zwar als man die Verbrecher-Kartei von Scotland Yard nach schweren Jungs durchsucht. Hier sind die Szenenfotos von den Wallace-Darstellern Victor de Kowa aus "Der Fälscher von London", Albert Bessler aus "Der Zinker" und Georg Lehn aus "Der grüne Bogenschütze" zu sehen und stellen richtige Gangster-Visagen dar. Ansonsten handelt es sich bei den vielen Reminiszenzen im Film leider nur um Schläge ins Wasser.

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