HEIMWEH NACH ST. PAULI - Werner Jacobs

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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HEIMWEH NACH ST. PAULI - Werner Jacobs

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● HEIMWEH NACH ST. PAULI (D|1963)
mit Freddy Quinn, Christa Schindler, Erna Sellmer, Josef Albrecht, Bill Ramsey, Beppo Brem, Ullrich Haupt und als Gaststar Jayne Mansfield
ein Rapid Film der Constantin Produktion | im Constantin Filmverleih
ein Film von Werner Jacobs

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»In meinem Vertrag steht: Keine Freunde, keine Frauen, kein Alkohol!«


Der ehemalige Matrose Hein Steinemann (Freddy Quinn) wird unter seinem Künstlernamen Jimmy Jones in in Las Vegas als Sänger gefeiert, doch ihn plagt nach sieben Jahren USA das Heimweh. Als seine Kollegin Evelyne (Jayne Mansfield) ein Engagement in Hamburg annimmt, folgt er ihr zurück und gibt sich als finanziell abgebrannter und geläuterter Heimkehrer aus. Niemand ahnt, dass er in der Zwischenzeit zum Millionär aufgestiegen ist, auch nicht seine Mutter (Erna Sellmer), die er einst um 1000 D-Mark erleichterte, um nach Amerika zu gelangen. Noch ahnt Hein nicht, dass ihn die Schatten der Vergangenheit einholen werden...

Nachdem man sich nach Freddy Quinns und einigen anderen Gesangs- und Tanzdarbietungen zunächst vorkommt, als sei man in einem unheilvollen Revuefilm gelandet, meldet sich eine verführerische und umso üppigere Jayne Mansfield zu Wort: »Aber jetzt mach ich mal vier Wochen Schluss mit dem Rummel. Ich hab ein Engagement nach Deutschland. Du, so viel ich gehört habe, soll Deutschland ein richtiges Kulturland sein, dort gibt es überhaupt keine Reklame im Fernsehen, nur echte Kunst!« Im Kulturland Deutschland liefen seinerzeit offensichtlich nicht nur hochqualifizierte Filme im TV, sondern auch ziemlich erfolgreich im Kino. Bei "Heimweh nach St. Pauli", der auf einem Musical beruht, handelt es sich bereits um den achten "Freddy"-Film vom unermüdlich laufenden Fließband und die entsprechenden Drehbuchautoren schrieben ihrem Titelhelden immer neue Abenteuer auf den Leib, die im Gewand sogenannter Musikfilme präsentiert wurden. Nicht selten wird die reine Spielzeit somit um einen erheblichen Teil dezimiert, sodass es zu oberflächlichen und mit Plattitüden angereicherten Geschichten kommt, für die man sich ausdrücklich interessieren muss, wenn sie einem nicht zur breit angelegten Kritik oder gleich zum Abschalten reizen sollen. Die hier angebotene Geschichte ist glücklicherweise nicht allzu abstrus, verwandelt sich des willigen Zuschauers Willen allerdings in eine naive Verwechslungskomödie, die alle fünf Minuten durch einem Schlager aufgepeppt, beziehungsweise ruiniert wird. Da es in diesen Intervallen turbulent im Vordergrund zugeht, schien man die Hoffnung zu haben, dass es am Ende niemand merkt, es mit einem teils auffällig-artifiziellen Studiofilm zu tun zu haben, wobei es auch immer wieder zu schönen und charakteristischen Außenaufnahmen kommt. Die Sentimentalität und Naivität erhält also Einzug in St. Pauli, und es ist einem so, als hörte das berüchtigte Tagesgeschäft plötzlich auf, denn es werden keine Körper, sondern nurmehr Blumen verkauft.

Der Zusatz des Amüsierviertels im Titel sollte nicht zu Hoffnungen verleiten, dass man hier irgend etwas Schlüpfriges zu sehen bekommt, selbst Jayne Mansfield - die hier exklusiv als Gaststar angekündigt wird - karikiert leider nur sich, ihre Pretiosität und verbreitet leider keine Aufregung. Freddy Quinn singt in der Spielzeit von 98 Minuten sage und schreibe sieben Lieder, seine Partnerin Mansfiels eines, ganz zu schweigen von den vielen anderen Gesangs- und Tanzdarbietungen. Derartige Schnitte hatte man in anderen "Freddy"-Abenteuern vielleicht auch, allerdings kam es dort zu unterhaltsameren, teils sogar spannenderen Geschichten, doch hier verurteilen Regie und Script den Verlauf zu einer rührseligen Angelegenheit, die aber vielleicht genau das darstellt, was das Zielpublikum auch sehen wollte. Gekreuzt mit komödiantischen Anwandlungen, kommen vor allem die Darsteller zum Zuge, die gerne für diese Art der Unterhaltung gebucht werden. So wirkt Beppo Brem mit seinem bayrischen Akzent ebenso wie Jayne Mansfield mit englischem gewollt exotisch, aber nur leidlich witzig. In diesem Zusammenhang können Josef Albrecht und vor allem Erna Sellmer wesentlich besser überzeugen, denn vor allem eine polternde Mutter Sellmer sorgt für ein paar überzeugend-heitere Momente. Erwähnenswert ist noch die sympathische Leistung von Gelegenheitsschauspielerin Christa Schindler. Wenn sich der Film dem erwarteten Ende zuneigt, hat Regisseur Werner Jacobs einem wenig Substanz oder gar Neues angeboten, was nach so vielen Vorgängern und einer Musical-Vorlage vermutlich auch nicht besonders leicht war. Ganz auf Freddy Quinn abgestimmt, läuft das Ganze natürlich in völlig anvisierte Bahnen, und am Ende muss jeder Zuschauer selbst entscheiden, ob er das geboten bekommt, was er sehen oder eben nicht sehen will. "Heimweh nach St. Pauli" definiert sich als leichter Unterhaltungsfilm, der seinen Zweck mit Gesang, Slapstick und dramaturgischer Gewalt erfüllt.

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