DR. CRIPPEN LEBT - Erich Engels

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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DR. CRIPPEN LEBT - Erich Engels

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● DR. CRIPPEN LEBT (D|1958)
mit Elisabeth Müller, Peter van Eyck, Fritz Tillmann, Carl Lange, Günther Pfitzmann, Inge Meysel, Katharina Mayberg,
Hans Zesch-Ballot, Robert Meyn, Richard Münch, Werner Schumacher, Hermann Kner, Fred Raul und Howard Vernon
ein Real Film | im Europa Filmverleih
ein Film von Erich Engels

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»Ich würde Sie bewundern, wenn Sie nicht ein so gemeiner Verbrecher wären...«


Der verurteilte Mörder Dr. James Crippen wird in London hingerichtet, doch bereits wenig später stellt sich heraus, dass man mit dessen Assistenten (Howard Vernon) den falschen Mann aufs Schafott brachte. Crippens Vorteil ist ab sofort, dass niemand seine Identität kennt, was die Arbeit des internationalen Ermittlerteams rund um Kommissar Ferrier (Peter van Eyck) und Kommissar Steen (Fritz Tillmann) in Paris erschwert. Es gilt, die junge Medizinstudentin Fleur Blanchard (Elisabeth Müller) zu schützen, deren Eltern einst von Dr. Crippen ermordet wurden, da sie ein Heilserum gegen Schlangengift entwickelt hatten, an das Crippen gelangen wollte. Die Polizei ist alarmiert, da klar ist, dass der Doktor längst nach Paris gekommen ist, um Blanche zu ermorden und sich die Ergebnisse anzueignen...

Nach dem großen Erfolg seines im Jahr 1942 entstandenen Spielfilms "Dr. Crippen an Bord" inszenierte Regisseur Erich Engels erneut eine Geschichte rund um den teuflischen Doktor, allerdings kann man von keiner unmittelbaren Fortsetzung des Stoffs sprechen. Das Kriminalfilm-Genre kann als Engels' Domäne bezeichnet werden, in welcher er auch seine größten Erfolge erzielen konnte. Diese 1958 entstandene Adaption präsentiert sich ganz im Fahrwasser gängiger End-50er-Kriminalgeschichten und verfügt über die richtigen Grundvoraussetzungen, das Publikum nach Möglichkeit in einen Whodunit-Würgegriff zu nehmen, falls man die tödlichen Machenschaften nicht gleich durchschaut. Engels Leitung wirkt in vielen Intervallen etwas altmodisch und wenig risikofreudig, sodass sich die Spannungsmomente nicht gleich von selbst ergeben. Die Integration zahlreicher Personen führt zu einem Ungleichgewicht zwischen den sympathischen und kriminalistischen, sowie den ausgesprochen undurchsichtigen Zeitgenossen, deren Anzahl leider nicht überwiegt, sodass es naturgemäß zu eindeutigen Schlüssen kommen muss. Sein feines Gespür zeigt der Regisseur in anderen Bereichen, wie etwa dem sicheren Kreieren von unbehaglichen und bedrohlichen Momenten, die in schöner Schwarzweiß-Fotografie eingefangen sind. Diese Atmosphäre transportiert sich durch den gesamten Verlauf und hält am Ende weitgehend bei der Stange. Die Story rund um ein offensichtlich wahnsinniges Phantom baut durchaus spannende Phasen auf, die zwar oft durch eine auffällige darstellerische Biederkeit aufgeweicht werden, aber unterm Strich unterhaltsam wirken, zumal echte Größen des deutschen Unterhaltungsfilms beteiligt sind. Leider orientiert sich der Verlauf aber zu sehr an gängigen Schablonen. Der große Vorteil der Produktion ist vielleicht der gut strukturierte Aufbau, der keinen Zweifel daran lässt, dass sich alles zum Guten wenden muss.

Natürlich entsteht gerade auch hierbei eine gewisse Vorhersehbarkeit, die dann durch die zu wenigen, bereits erwähnten Verdächtigen unterstützt wird und hemmend wirkt. Interessante Akzente werden im akustischen Bereich gesetzt, die insbesondere von der teils nervenaufreibenden Musik von Siegfried Franz fabriziert werden. Auch die meisten Schauspieler wirken überzeugend, allen voran Peter van Eyck, den man erneut in einer Paraderolle des uneigennützigen aber bestimmenden Beschützers sieht. Im kriminalistischen Sinn läuft er hin und wieder zwar gegen Wände, kompensiert dies aber durch seine gute Auffassungsgabe und charmante Anwandlungen, die bei seiner Partnerin Elisabeth Müller platziert werden. Interessant ist die Tatsache, dass die Schweizerin in den Credits an erster Stelle genannt wird, und dementsprechend einen großen Anteil am Geschehen eingeräumt bekommt. Sie bietet im Endeffekt eine recht hausbackene Leistung, die sich vermutlich aus dem besseren Elternhaus ergibt, passt sich somit der stellenweise auftretenden Antiquiertheit des Szenarios an, bleibt aber mit einer überaus sympathischen Figur in Erinnerung, die trotz emanzipatorischer Ansätze in den richtigen Momenten sämtliche Beschützerinstinkte aktivieren kann. Carl Lange oder Fritz Tillmann bleiben in obligatorischen Sphären und interpretieren Rollen, die für Verlässlichkeit sorgen. Gespickt mit ein paar nötigen und immer wiederkehrenden Zweifeln, werden sie mitunter zu den Säulen der Story, und sogar Howard Vernon ist hier in einem kürzeren Part als falsche Titelfigur zu sehen. Erwähnenswert sind des Weiteren noch Inge Meysel, Günther Pfitzmann und Katharina Mayberg, die sich den Anforderungen sehr clever anpassen. "Dr. Crippen lebt" braucht vielleicht ein paar Anläufe, bis er seine volle Stärke preisgibt, dennoch hat man es mit einem gut strukturierten Krimi zu tun, der zum Finale hin noch einmal alles aus der Spannungskiste heraus kramt.

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Richie Pistilli
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Re: DR. CRIPPEN LEBT - Erich Engels

Beitrag von Richie Pistilli »

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Dr. Crippen lebt (D)
Il dottor Crippen è vivo (IT)
Témoins à abattre (F)
Dokter Crippen leeft (BE)
Misterioso Dr. Crippen (POR)
Massmördaren Crippen (SWE)
Doctor Crippen lives

D 1958



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Deutsche Erstaufführung: 20.02.1958

Deutsche TV-Premiere: 19.10.1963 (ARD)

Filmportal

Score: Siegfried Franz (Orchester)

Hörspiel: Der Fall Dr. Crippen

OFDb



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Erich Engels Film DR. CRIPPEN LEBT erinnert mich nicht nur an einen Vorläufer der erfolgreichen Mabuse- und Edgar-Wallace-Filmreihen, sonder soll wohl auch als Fortsetzung des ebenfalls vom gleichen Regisseur gedrehten DR. CRIPPEN AN BORD (1942) dienen, den ich aber bis dato leider noch nicht gesehen habe. Im Großen und Ganzen entpuppt sich der Streifen als solide Kriminalfilmkost, die sowohl eine wohlige Atmosphäre versprüht als auch mit überzeugenden Darsteller und Darstellerinnen aufwartet. Was den Plot betrifft, so empfand ich diesen als etwas zu vorhersehbar, wobei bis zum tatsächlichen Outing des wahren Bösewichts mehrere Möglichkeiten in meinen Gedanken kreisten, was die wahre Identität von Dr. Crippen betrifft. Zudem wird die Identität bereits kurz vor seiner Selbstenttarnung von einer zweiten, unbeteiligten Person preisgegeben. Die einzige Rolle, die ich etwas überspannt empfand, war der Auftritt von Günter Pfitzmann, der analog zu Eddie Arent in den Wallace-Filmen für heitere Stimmung sorgen sollte. Obwohl seine Darbietung als tadellos angesehen werden kann, ging mir seine Filmfigur an manchen Stellen etwas auf die Nerven. Dennoch finde ich den Film äußerst sehenswert - insbesondere das letzte Drittel, in dem es dann so richtig zur Sache geht.



Prisma hat geschrieben:
Mi., 26.10.2022 14:25
"Dr. Crippen lebt" braucht vielleicht ein paar Anläufe, bis er seine volle Stärke preisgibt, dennoch hat man es mit einem gut strukturierten Krimi zu tun, der zum Finale hin noch einmal alles aus der Spannungskiste heraus kramt.

Dem kann ich nur beipflichten, denn in der zweiten Runde hat mir der Film schon weitaus mehr zugesagt, als es bei der Erstsichtung der Fall war.


Prisma hat geschrieben:
Mi., 26.10.2022 14:25
Gespickt mit ein paar nötigen und immer wiederkehrenden Zweifeln, werden sie mitunter zu den Säulen der Story, und sogar Howard Vernon ist hier in einem kürzeren Part als falsche Titelfigur zu sehen.

Schade, dass sein Auftritt nur von sehr kurzer Dauer ist, denn Howard Vernon hätte ich in diesem Film gerne noch etwas länger zugeschaut.
Aber dem sollte wohl nicht so sein. :|


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Prisma
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Re: DR. CRIPPEN LEBT - Erich Engels

Beitrag von Prisma »

Richie Pistilli hat geschrieben:
Do., 10.08.2023 21:01
DR. CRIPPEN AN BORD (1942)

Obwohl ich es ja oft nicht so sehr mit Filmen aus diesen frühen Produktionsjahren habe, fand ich diese Version sehr gut, was vor allem an der Performance eines wie üblich exzellent agierenden Rudolf Fernau liegt. Habe ich bislang aber auch nur einmal gesehen.


Richie Pistilli hat geschrieben:
Do., 10.08.2023 21:01
Schade, dass sein Auftritt nur von sehr kurzer Dauer ist, denn Howard Vernon hätte ich in diesem Film gerne noch etwas länger zugeschaut.

Ich finde diese Auftritte generell ganz interessant, wenn oft auch nur sehr kurz angelegt, genau wie in "Die 1000 Augen des Dr. Mabuse". Howard Vernon war ja schon viel mehr als nur der Jess-Franco-Stamsmchauspieler, doch so dürften ihn die meisten in Erinnerung behalten haben, da es sich um eine quantitativ äußerst produktive Zeit handelte, die aber ebenso spannend für den Zuschauer war.

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Richie Pistilli
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Re: DR. CRIPPEN LEBT - Erich Engels

Beitrag von Richie Pistilli »

Prisma hat geschrieben:
Fr., 11.08.2023 18:56
Ich finde diese Auftritte generell ganz interessant, wenn oft auch nur sehr kurz angelegt, genau wie in "Die 1000 Augen des Dr. Mabuse". Howard Vernon war ja schon viel mehr als nur der Jess-Franco-Stamsmchauspieler, doch so dürften ihn die meisten in Erinnerung behalten haben, da es sich um eine quantitativ äußerst produktive Zeit handelte, die aber ebenso spannend für den Zuschauer war.

Im vorliegenden Film hätte ich ihm dennoch gerne etwas länger zugesehen, denn irgendwie ließ mich der Gedanke nicht los, dass er die ausgezeichnete Inszenierung mit einer längerern Auftrittsdauer noch weiter aufgewertet hätte. Fand es irgendwie schade, sein Potenzial dermaßen schnell zu verbennen. Was den Vorgängerfilm DR. CRIPPEN AN BORD anbelangt, so werde ich diesbezüglich einfach mal die Augen offen halten. :)

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Prisma
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Re: DR. CRIPPEN LEBT - Erich Engels

Beitrag von Prisma »

Richie Pistilli hat geschrieben:
So., 13.08.2023 17:34
Im vorliegenden Film hätte ich ihm dennoch gerne etwas länger zugesehen. [...] Fand es irgendwie schade, sein Potenzial dermaßen schnell zu verbennen.

Ich mag so solche kurzen Rollen sehr gerne, die trotzdem den ganzen Film wie ein Schatten über dem Szenario liegen bleiben. So bekommen sie konträr zur Auftrittsdauer eine dem Empfinden nach exponiertere Bedeutung. Von daher finde ich seinen Auftritt gar nicht so sehr verschenkt, da er immerhin ganz deutlich als tragische Figur im Gedächtnis bleibt.

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