DAS GROẞE LIEBESSPIEL - Alfred Weidenmann

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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DAS GROẞE LIEBESSPIEL - Alfred Weidenmann

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DAS GROE LIEBESSPIEL


● DAS GROẞE LIEBESSPIEL / REIGEN 63 (D|A|1963)
mit Lilli Palmer, Hildegard Knef, Peter van Eyck, Alexandra Stewart, Paul Hubschmid, Daliah Lavi, Thomas Fritsch,
Danièle Gaubert, Angelo Santi, Elisabeth Flickenschildt, Peter Parten, Gisela Trowe, Walter Giller, Charles Regnier,
Fritz Tillmann, Richard Münch, Paul Hoffmann, Egon von Jordan, Ulli Lommel sowie Martin Held sowie Nadja Tiller
eine Produktion der Team Film | Wiener Stadthalle-Station Betriebs-und Produktionsgesellschaft | im Nora Filmverleih
ein Film von Alfred Weidenmann

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»Ein Betrunkener wirft Steine in seine eigenen Fenster!«


Zwölf Momentaufnahmen, beziehungsweise Liebesepisoden, bei denen sich keine tieferen Gefühle entwickeln und sich die betreffenden Personen nur an der Oberfläche treffen werden: Ein Polizist lässt sich mit einem bekannten Callgirl ein, die wiederum gebucht wird, um einen Schüler in die Geheimnisse der Liebe einzuweihen. Dieser junge Mann lässt sich mit der attraktiven Gattin seines Direktors ein, den man wenig Später im Bett einer aufreizenden Sekretärin findet, die wiederum ein Verhältnis mit ihrem Chef beginnt. Die geschiedene Frau des Chefs verfällt einem Studenten, der einer hübschen Französin nicht widerstehen kann, die sich auf eine Liaison mit einem Gastarbeiter einlässt. Eine berühmte Schauspielerin kann dessen Charme ebenfalls nicht widerstehen, bis sie sich in den Armen eines Diplomaten wiederfindet, der seiner älteren Freundin den Laufpass gibt, bis sich der Kreis wieder schließt und zwar in den Armen des Callgirls...

Bei Alfred Weidenmanns "Das große Liebesspiel", dessen dramaturgischer Rahmen an Arthur Schnitzlers Klassiker "Reigen" erinnern soll, stellt sich insgesamt die Frage, ob ein Film, der mit einer derartigen Star-Dichte aufwartet - und vor allem die exzellenten Voraussetzungen der berühmten Vorlage zu bieten - hat überhaupt nennenswerte Schwächen aufweisen kann? Die Regie beantwortet diese Frage binnen kürzester Zeit selbst, da die Aneinanderreihung der zwölf Episoden rund um die Liebe und Libido nicht den ironischen Gehalt und somit die gesellschaftskritische Schärfe erreicht, die wünschenswert oder zu erwarten gewesen wäre. Es lässt sich kaum leugnen, dass der von Alfred Weidenmann vollzogene Anstrich zwar sehr modern und stets nett anzusehen wirkt, und der Charakter der Geschichte seine provokanten Spitzen preisgibt, aber es bleibt lediglich die Edel-Variante eines Lustspiels nach bekanntem Strickmuster, wofür schlussendlich die Regie verantwortlich zu sein scheint. So lässt der aufbereitet wirkende Episoden-Reigen an unverkennbarem Charakter oder leichtfüßigen Charme vermissen. Bei einer derartigen Wucht von darstellerischen Akzenten mag es sich vielleicht eher nach Jammern auf hohem Niveau anhören, und schließlich steht auf der Habenseite noch ein Routinier wie Alfred Weidenmann, der Star-Kino wenigstens stets mit publikumswirksamen Elementen versehen und inszenieren konnte. So steht und fällt auch diese Angelegenheit mit persönlichen Präferenzen. Die Sphären eines klassischen Ausstattungsfilms werden mit Leichtigkeit erreicht, außerdem stammt das Drehbuch von keinem Geringeren als Herbert Reinecker, doch trotz all dieser günstigen Grundvoraussetzungen will kein vollends zufriedenstellender Eindruck entstehen.

Gerade in Szenen mit Lilli Palmer, in denen sie mit ihrem Gegenüber einen inneren Monolog führt und Kommentare über ihn abgibt, die nur der Zuschauer vernehmen kann, fühlt man sich stark an den ein Jahr zuvor entstandenen Alfred-Weidenmann-Film "Julia, du bist zauberhaft" erinnert, der aufgrund seiner charmanten Leichtfüßigkeit einen besonders interessanten und unterhaltsamen Eindruck hinterlassen konnte. Dies will hier nie so richtig aufkommen, sodass sich "Das große Liebesspiel" vielleicht eher auf ein handelsübliches Star-Roulette reduzieren lässt, in dem die Protagonisten im Sinne der Anklage mehr als nur einmal Kolportage betreiben müssen und hin und wieder ins offene Messer laufen. Die Besetzung liest sich absolut traumhaft, denn die bekannten Namen wollen im Vorspann, in dem man direkt die bekannte Melodie eines Evergreens zu hören bekommt, überhaupt nicht aufhören. In diesem Zusammenhang wird man Hauptdarstellerin Hildegard Knef "Eins uns eins, das macht zwei" vor schlechter Rückprojektion performen sehen, was ohne zwingende Notwendigkeit über den dramaturgischen Bogen und die bevorstehenden Pointen aufklären soll, der sich idealerweise selbst vorstellen und erklären würden, also unterm Strich nur einen musikalischer Lockvogel für Interessierte darstellt. Eigentlich hat man es mit einer Geschichte zu tun, die Schwierigkeiten mit ihrem eigenen Humor hat, da er aufgesetzt wirkt, weil er mit den jeweiligen Kopien nicht parat kommt, und auch die Konstellationen ergeben sich lediglich nach dem Zufallsprinzip, was ja durchaus seinen Reiz haben kann, allerdings genügt hier weniger als ein nicht vorhandener Augenaufschlag der attraktiven Damen, um die Männerwelt in Wallung zu bringen. Also wie im richtigen Leben?

Die bereits erwähnte Lilli Palmer tritt erst sehr spät im Szenario auf und bekommt erneut die große Bühne von Alfred Weidenmann geebnet, Konkurrenz mit den anderen Stars entsteht erst gar nicht, da gemeinsame Szenen nicht aufkommen. Glücklicherweise erscheinen alle Darsteller kompetent und aufmerksam genug, um so manche eckige Voraussetzung des Scripts glatt zu bügeln, und der Zuschauer kann schließlich auch gut mit der bloßen Reduzierung auf einen Schauspieler-Film leben. Die Rollen sind aufgrund der Strukturierung des Verlaufs meistens kurz bis sehr kurz ausgefallen, man kommt in den seltenen Genuss, große Namen selbst im kleinen Nebenrollen erleben zu können, wenngleich sie natürlich Intervall-Hauptrollen darstellen. Erwähnenswerte Auftritte sieht man von der immer schönen Alexandra Stewart, der verführerischen Daliah Lavi, Peter Parten, der mit überraschend gewitztem Schauspiel auftrumpft, oder der atemberaubenden Französin Danièle Gaubert, die Verve zu vermitteln weiß. Auch die meisten der übrigen Rollen hinterlassen sehr gute Eindrücke, vor allem beachtenswert ist erneut Elisabeth Flickenschildt, die 1964 für ihre darstellerische Leistung mit dem Filmband in Gold ausgezeichnet wurde. Des Weiteren erfreuen Peter van Eyck, Fritz Tillmann, Thomas Fritsch, Paul Hubschmid, Walter Giller oder Martin Held mit Präzisionsauftritten. Als hervorragend ist die aufmerksame und ins Detail verliebte Kamera zu beschreiben, die das Flair der Schauplätze ansehnlich zu transportieren und verwenden weiß, außerdem Stimmungen und Emotionen andeuten kann. Im Endeffekt betreibt "Das große Liebesspiel" viel Aufwand, der leider nicht immer wie anvisiert aufgeht. So lässt sich hinter vorgehaltener Hand sagen, dass es für einen Klassiker der Neuinterpretation vielleicht eine andere Regie gebraucht hätte.

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