HEIẞ WEHT DER WIND - Rolf Olsen

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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HEIẞ WEHT DER WIND - Rolf Olsen

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HEI WEHT DER WIND


● HEIẞ WEHT DER WIND / MEIN FREUND SHORTY (D|A|1964)
mit Thomas Fritsch, Judith Dornys, Gustav Knuth, Ron Randell, Heidemarie Hatheyer,
Ingrid van Bergen, Peter Neusser, Ilse Peternell, Rudolf Schündler sowie Walter Giller
eine Produktion der Berolina Film | Wiener Stadthalle | im Nora Filmverleih
ein Film von Rolf Olsen

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»Versuch zu glauben, dass du alles nur geträumt hast!«


Bei einem Postkutschenraub werden die Eltern von Chris Harper (Thomas Fritsch) brutal von den Gangstern ermordet. Er und ein Mann namens Spike Sunday (Walter Giller) kommen mit dem Leben davon und fortan bildet der an der Hand eingeschränkte Spike seinen Kumpanen zu einem der sichersten Schützen weit und breit aus. Dabei wird Chris nur von dem Gedanken getrieben, den Tod seiner Eltern zu rächen. Nach drei Jahren führt das Schicksal die Männer wieder zusammen, doch Blutrache zu nehmen stellt sich als gar nicht so einfach heraus...

Die erfolgreich laufende Karl-May-Welle diente als lukrative Grundvoraussetzung für viele - wenn man so will - Epigonen ähnlichen Strickmusters, die aber nicht selten von völlig unterschiedlicher Qualität waren. Die Wertigkeit ist dabei vor allem auf die ausführende Ebene beim Filmemachen bezogen, da sich im Gegensatz zu diesem Angebot oft ein besseres Knowhow, eine höhere Sorgfalt oder Routine, beziehungsweise technisches Verständnis gezeigt hat. Diese Anmerkungen sollen Regisseur Rolf Olsen aber gar nicht erst in die Ecke drängen, immerhin ist der Österreicher ein Garant für Unterhaltungsfilme aller Couleur, jedoch zeigen sich bei seinen Arbeiten auch gerne einmal unterschiedliche Qualitätsebenen. In diesem Zusammenhang wird "Heiß weht der Wind" zu einer Art Musterbeispiel, welches Rolf Olsen nach seinem ähnlich gelagerten und zuvor hergestellten Beitrag "Der letzte Ritt nach Santa Cruz" drehte, der ganz offensichtlich mit einem besseren Budget und mehr Sorgfalt ausgestattet war, ebenso einer viel interessanteren Geschichte und griffigeren Interpreten. Für Darsteller wie Thomas Fritsch und Walter Giller gibt es ein unvorteilhaftes Wiedersehen in dieser Produktion, da man ganz offen sagen muss, dass Wiedersehen nicht immer Freude bereitet, weil insbesondere Thomas Fritsch eine der eklatantesten Fehlbesetzungen in zeitgenössischen Genre-Filmen darstellt. Im Grunde genommen verhindern hier nur Requisite, Setting und Landschaften den Eindruck, dass man sich in einem von Klischees triefenden, deutschen Heimatfilm befindet, denn genau das gibt die grobschlächtige und äußerst vorhersehbare Story vor allem her. Der Film feierte somit auch keinen besonders erwähnenswerten Erfolg beim Kinopublikum.

So wimmelt es geradezu von unangebrachten Sentimentalitäten, die schon mehr als eine handelsübliche Dosis verbreiten, deren Menge hier buchstäblich das Gift macht. Eine zäh konstruierte Romanze und die tränenreiche Wiedervereinigung mit dem Hund namens Shorty gibt dem ungläubigen Publikum endgültig den Rest, aber bei Olsens sperriger Regie klingen nicht einmal die Pistolenschüsse authentisch, sondern erinnern an das Knallen von Korken eines minderwertigen Sekts. Übrigens präsentiert die Titelrolle des österreichischen Verleihtitels "Mein Freund Shorty" keinen Unbekannten, denn der Schäferhund "Schalk vom Möllerland" hatte bereits einige Einsätze in Filmproduktionen, wie beispielsweise in "Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse" aus dem gleichen Jahr. Leider wirkt auch dieser Handlungsstrang vollkommen kitschig und stört das teils bemüht rabiat wirkende Szenario und unterwandert seine überwiegend blassen Charaktere. Der Wiener Regisseur inszeniert erstaunlich unpräzise und teils schlampig, was auch an ein paar sogenannten Goofs zu bemerken ist. Größere Bemühungen seitens der Regie sind auch nach verzweifelter Suche nicht zu finden und trotz einer zumindest interessanten Besetzung geben sich auch keine tatsächlichen Offenbarungen zu erkennen. Eine Beurteilung des Hauptdarstellers Thomas Fritsch fällt hier erstaunlich schwer, da er ein Profil anbietet, das für einen Western - egal welcher Art - unwürdig ist. Alleine den Naiven zu mimen, der noch grün hinter den Ohren ist, und dem das Schicksal übel mitgespielt hat, wäre hier nicht zum großen Verhängnis geworden. Es ist diese offensiv-weinerliche Art, die ins zu häufig Infantile abdriftet und trotz des potenziellen Sympathieträger-Status ins Leere führt.

Präsentiert als ausgewiesener Revolverheld wider Willen, der die sicherste Hand weit und breit zu bieten hat, schlägt aufgrund des völlig weich wirkenden Erscheinungsbildes völlig fehl, sodass die Unglaubwürdigkeit ihren tragischen Lauf nimmt. Kombiniert mit einem wie ein Gentleman wirkenden aber gehandicapten Walter Giller, entstehen bizarre Momente einer aufgesetzt wirkenden Männerfreundschaft, was sich als fatal bei derartig tragenden Rollen herausstellt. Ergänzt durch Schauspieler, die ihren Parts nicht gerecht werden, weil sie wie verkleidet und nicht authentisch wirken, daher keine entsprechende Aura entfalten, fallen Rudolf Schündler, Ilse Peternell Ingrid van Bergen und Peter Neusser auf, der nur eine bedrohliche Art entfalten kann, da er von der synchronisierten Vehemenz Rainer Brandts profitiert. Heidemarie Hatheyer und Gustav Knuth bringen Klassik ins Szenario, wenn auch keine Tiefe, ebenso wie es bei dem Australier Ron Randell der Fall ist, wenngleich er einen passablen Schurken abzugeben weiß, der nicht lange herumfackelt. In der weiblichen Hauptrolle sieht man die Kanadierin Judith Dornys beim Ende des Höhepunkts ihrer Karriere. Dornys wirkt überzeugend - vor allem in optische, daher rollentechnischer Hinsicht - und sie wirkt wie ein Prototyp des Genres. Insgesamt gesehen nimmt die kalte Vorhersehbarkeit ihren Lauf und man erlebt leider keinen prägnanten Showdown, auf den doch so mühsam hin gearbeitet wurde. Das völlig unpassende Schauspiel von Thomas Fritsch gibt dem Ganzen schließlich eine unbefriedigende Pointe, sodass "Heiß weht der Wind" keinen verdienten Platz in der Riege deutschsprachiger Western verdient hat, da er größtenteils misslungen, seicht und ohne Inspiration ist.

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