Die Handlung des folgenden Films
ist frei erfunden.
Aber die Bedrohung, die er zeigt,
ist sehr real -
und sie wächst von Tag zu Tag.
Der Film eröffnet mit einer Szene, in der die Rede des fiktiven Parteifunktionärs Schamberger (Ulrich Matschoss) mit Archiv-Aufnahmen der Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen, FAP-Aufmärschen und ähnlichen Bildern zu einer Collage verschmolzen wird, welche die Realität des erstarkenden deutschen Rechtsextremismus der frühen 90er und der erdachten Geschichte zu einer kaum unterscheidbaren Symbiose von Dokumentarfilm und Fernsehspiel werden lässt.
Es ist also nicht zu übersehen, welche Atmosphäre Thosten Näter veranlasst haben dürfte, sowohl Drehbuch, Schnitt als auch Regie für diesen deutschen Fernseh-Zweiteiler zu übernehmen.
Im Fokus der Geschichte sind die Geschwister Ralph und Jessica.
Die Schwester Moderatorin bei einem hippen Berliner Radio-Sender, der Bruder arbeitslos in der alten Heimat, dem mecklenburgischen Bliesburg. Die Aufnahmen der Bliesburger-Gassen, mit seinen heruntergekommenen, teils verlassenen Häusern, erinnern visuell eher an Londoner Arbeiterviertel zur Zeit der Industrialisierung. Die von Helmut Kohl versprochenden blühenden Landschaften sahen in den Köpfen der ehemaligen DDR-Bürger sicherlich anders aus.
Als Jessica in Bliesburg zur Geburtstagsfeier ihres Vaters ankommt, hält die Freude nicht lange: ein junger Mann, gespielt von Markus Majowski (den die meisten eher als Sketchkomiker kennen dürften) poltert in den Gasthof und fordert Jessicas Vater, Stellvertreter des Bürgermeisters, auf zu handeln denn draußen hat sich eine Gruppe Bliesburger Bürger versammelt um die Ankunft eines Busses mit Asylbewerbern zu blockieren.
Zusammen mit einem Familienfreund macht sich Jessica auf, um die Familien in dem Bus mit ein paar Lebensmitteln und Decken zu versorgen. Als ihr Blick in die wütende Meute wandert sieht sie plötzlich ein bekanntes Gesicht: Ralph.
"Was machst du hier bei diesen Leuten?" - "Was meinst du mit "diese Leute"? Das sind meine Freunde."
Das Wiedersehen zwischen Bruder und Schwester verläuft denkbar schlecht, außer Vorwürfen haben sich die beiden nichts mitzuteilen, enttäuscht und wütend kehrt Ralph zur Gruppe zurück, dieses mal an vorderster Front.
Die Blockade hält bis in die späten Abendstunden und wird schließlich doch aufgelöst.
"Feiges Pack...aber noch sind die nicht in der Stadt."
Nazi-Skin Gerd, ein Kumpel von Ralph, schlägt seiner kleinen Truppe vor schnell aktiv zu werden. Noch während die Asylbewerber zurück in den Bus gehen gelingt es ihnen, die Reifen des Busses zu zerschneiden, der Bus kommt nicht mehr von der Stelle. Steine werden geworfen und als Gerd anfängt den Bus mit Benzin zu begießen bricht eine Panik aus, die herausstürmenden Menschen werden vom Neonazi-Trupp mit Faustschlägen und Baseballkeulen maltretiert. Eine Frau hängt im Bus an etwas fest und kann nicht fliehen, Gerd schießt aus der Ferne mit einer Pistole auf das Benzin, der Bus steht in Flammen.
Zwar stand Ralph nur am Rande dabei, erschrocken von der Brutalität seines Freundes, doch ihm ist klar, dass er dabei war, zusammen mit Gerd flüchtet er in die Nacht.
Dieser Vorfall ist der Beginn des sich über knapp 3 Stunden ziehenden Fernsehspiels. Gerd und Ralph finden zunächst Unterschlupf bei einem Bekannten aus der rechten Szene, es folgt eine Odysee durch mehrere Länder, Begegnungen mit Wehrsportgruppen und rechtsextremen Parteien, einer immer stärker anziehenden Radikalisierung Ralphs und der Versuch seiner Schwester ihren kleinen Bruder ins Leben zurückzuholen.
Leider ist dieser Fernseh-Zweiteiler bisher noch nicht auf DVD, geschweige denn auf Bluray erschienen. Die Darstellung der rechten Szene beschränkt sich auf die zu jener Zeit prägendsten Bilder, also überwiegend der Nazi-Skin - Subkultur. Dies wird sicherlich der Komplexität des Themas heutzutage nicht mehr gerecht, doch Äußerlichkeiten mögen sich geändert haben, die Themen die dieser Film behandelt sind (leider) noch immer aktuell.
Szeneinterne Verwürfnisse, Frust, Hass, der Knacks in der Biographie, wer sich mit dem Thema beschäftigt wird auch zur heutigen Zeit Parallelen ziehen können.
Es ist überraschend schwierig an Informationen zum Film zu gelangen, daher hier noch der Versuch einer Stabliste:
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