DER FLUCH DER GELBEN SCHLANGE - Franz Josef Gottlieb

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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DER FLUCH DER GELBEN SCHLANGE - Franz Josef Gottlieb

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● DER FLUCH DER GELBEN SCHLANGE (D|1963)
mit Joachim Fuchsberger, Brigitte Grothum, Pinkas Braun, Doris Kirchner, Werner Peters, Charles Regnier, Fritz Tillmann und Eddi Arent
eine Produkrion der cCc Filmkunst | im Constantin Filmverleih
ein Film von Franz Josef Gottlieb

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»Brutale Gewalt allein hat noch nie gesiegt!«


Der britische Millionär Joe Bray (Fritz Tillmann) lebt zurückgezogen in Hongkong. Er hütet ein Geheimnis, welches über Frieden oder Chaos in entscheiden könnte: Die sogenannte gelbe Schlange, ein vergoldetes Schmuckstück, dass es seinem jeweiligen Besitzer am Stichtag ermöglichen würde, nach der Weltherrschaft zu greifen. Als die gelbe Schlange gestohlen wird, begreift Bray, dass jemand genau diesen Plan verfolgt. Es scheint, dass sein Sohn Fing-Su (Pinkas Braun) mithilfe einer Armee Chinesen alles für die Machtübernahme vorbereitet, dessen Halbbruder Clifford Lynn (Joachim Fuchsberger) aber alles daran setzt, seine teuflischen Pläne zu vereiteln. Als sich die Situation zuspitzt, stirbt Joe Bray plötzlich...

Der bekannte Produzent Artur Brauner eilte nicht nur der Ruf voraus, ein klassischer Sparfuchs zu sein, sondern er war geradezu berüchtigt für die bestechend scharfe Analyse cineastischer Belange, sodass seine cCc Filmkunst an nahezu allen Genres und Populärwellen beteiligt war. Vielleicht gilt er deswegen rückblickend nicht gerade als Trendsetter, aber Brauner war es auch möglich, Maßstäbe zu setzen. Ob man es nun Intuition oder Geschäftstüchtigkeit nennen will, spielt unterm Strich keine entscheidende Rolle, denn dafür stehen seine vielen Produktionen für den europäischen und vor allem deutschen Markt, der zu den besten Zeiten unermüdlich mit neuem Material versorgt wurde. Mit der Wallace-Verfilmung "Der Fluch der gelben Schlange" konnte der Berliner im klassischen Sinn zwar keine neuen Maßstäbe setzen, obwohl sich der Film grundlegend von seinen Artgenossen unterscheidet, was insgesamt wohl auch an der Ausgangsgeschichte des englischen Autors liegen mag. Der Legende nach konnte sich Artur Brauner genau wie sein Konkurrent Kurt Ulrich seinerzeit die Rechte für einen Film sichern, doch mit dieser Produktion hatte man es offenbar nicht ganz so eilig, da ihr ein Dutzend Beiträge vorausgingen. Da diese teils exotisch wirkende Geschichte ebenso wie bei der Rialto Film vom Großverleih Constantin in die Kinos gebracht wurde, konnten parallele Terminierungen vermieden werden, sodass sich der Film ebenfalls eines Millionenpublikums erfreuen durfte, wenngleich die Besucherzahlen im Vergleich zu den Top-Scorern der Reihe deutlich zurückgingen, wofür es mehrere Gründe geben dürfte. An einer typischen und vor allem prominenten Besetzung hinter und vor der Kamera kann es nicht gelegen haben, da die Entourage derjenigen der Konkurrenz in nichts nachsteht. Vielmehr dürfte es an der hier zugrunde liegenden Story liegen, die bei ihrem Aufrollen hin und wieder spröde wirkt und vielleicht zu wenig Märchencharakter anbietet, den Zuschauer der Serie lieb gewonnen hatten.

Vielmehr will hin und wieder das unbestimmte Gefühl aufkommen, dass eine allgemeintaugliche Parabel geschildert wird, die hinter einem dichten Schleier zwar nie konkret und letztlich vorsichtig wirkt, aber dennoch beunruhigende Züge annehmen kann. Dieses Unbehagen wurde in anderen Filmen der Reihe über besonders blutrünstige und rücksichtslose Verbrecher aufgebaut, die nicht selten in auffälligen Maskeraden am Werk waren. Hier geht es um nichts weniger als die gesamte Weltherrschaft, die von einer handgefertigten Schlange ausgeht, die dem Vernehmen nach noch nicht einmal einen besonders hohen materiellen Wert haben soll. Wem sie allerdings im richtigen Moment in die Hände fällt, greift gleichzeitig nach der Macht, die offensichtlich durch eine Armee von Chinesen gestützt werden würde. Hierbei handelt es sich um die Zeichnung eines gerne und häufig bemühten Schreckensgespenstes, das seine Wirkung auch unter der Regie Gottliebs erzielt, sodass man sich auf ein alternatives Wallace-Angebot einstellen muss. Thematisch und inszenatorisch gesehen, plätschert der Verlauf nicht selten auf seine gesteckten Ziele hin, allerdings kommt nicht zuletzt wegen der hier hervorragend aufspielenden Entourage ein doch sehr bekanntes Wallace-Feeling auf, da sich mitunter bekannte Gesichter der Reihe versammelt haben, die aufgrund der völlig anderen und daher unsicheren Thematik eine Art Lebensversicherung darstellen. Dem Empfinden nach wirkt das Schauspiel hier in wesentlichen Teilen besser platziert als anderswo, was dem Verlauf trotz holpriger oder substanzloser Intervalle zu mehr Aufmerksamkeit verhilft, aber es gibt auch noch einige andere Bereiche, in denen "Der Fluch der gelben Schlange" mit Leichtigkeit oder wahlweise unorthodoxen Überraschungen überzeugen kann und wird. In diesem Zusammenhang ist die musikalische Begleitung des Komponisten Oskar Sala zu nennen, welche hier wie in keinem anderen Beitrag aus der Reihe tanzt.

Diese eher kritisch klingende Anmerkung soll bei entsprechenden Antennen gar nicht so gemeint sein, denn das spezielle Angebot, das bei nicht wenigen Fans gegen herkömmliche Höreindrücke verliert, unterstreicht insbesondere die destruktiv gezeichneten Anteile dieser Geschichte punktgenau und sehr treffsicher, darf daher auch als eines der bedeutendsten Experimente im akustischen Wallace-Kosmos betrachtet werden. Betrachtet man den übersichtlich wirkenden Cast, könnte man sich zunächst ein paar mehr Darsteller wünschen, allerdings manifestiert sich bei fortlaufender Geschichte der Eindruck, dass man es mit einer der ausgewogensten Schauspieler-Riegen der gesamten Reihe zu tun bekommt. Die Zusammensetzung aus bekannten Krimi-Gesichtern und Wallace-Debütanten passt wie angegossen, die Rollen sind nahezu perfekt aufeinander abgestimmt. Mit Joachim Fuchsberger und Eddi Arent sind wahre Wallace-Veteranen mit von der Partie, und beide punkten vor allem durch ihr unkonventionelles und vollkommen vertraut wirkendes Zusammenspiel. Fuchsberger, der hier höchstens als Hobby-Ermittler zu sehen ist, stellt die drastisch gekürzte Arbeit der Polizei schon alleine aus diesem Grund in den Schatten, aber auch wegen seines offensichtlichen Instinkts. Da Clifford Lynn am besten von allen weiß, mit wem er es zu tun hat, besitzt er immense Vorteile im Wettlauf gegen die Zeit, außerdem ist die eigentlich degradierende Bezeichnung des Hobby-Ermittlers bei genauerem Betrachten nicht ganz angebracht, immerhin hält er seinen Kopf für den Weltfrieden hin - zumindest suggeriert es die Geschichte so, auch wenn es niemals effektiv zu diesen bedrohlichen Eindrücken beim Publikum kommt. Fuchsberger bietet hier eine Melange aus Routine und Dynamik an, bei der vor allem seine unangepassten Verhaltensweisen überzeugen. Insbesondere im Zusammenspiel mit Werner Peters, Doris Kirchner und Pinkas Braun kommt es daher zu denkwürdigen Szenen und Dialogen.

Seine zukünftige Braut erhält durch die besonders starke Zeichnung von Brigitte Grothum Tiefe und Raum, da man sehr viele Nuancen und Veränderungen wahrnehmen kann. Zwar bewegt sich Joan irgendwo zwischen Schablone und Klischee, beweist aber den Mut, sich von unnötigem Ballast zu befreien. Ihre stärkste Kontrahentin ist in der eigenen Familie auszumachen, was Doris Kirchner mit allen Kräften zu untermauern versucht. Werner Peters, Fritz Tillmann und Charles Regnier bieten erwartungsgemäß besonders griffige Darbietungen an, genau wie ein doppelzüngiger Pinkas Braun, mit dem der Frieden der Geschichte steht oder zu fallen droht. Die partielle Behäbigkeit der Geschichte kann durch hervorragendes Schauspiel kompensiert werden, wobei es in den richtigen Momenten zu Spannungssteigerungen kommt, die nicht selten in Schocks gipfeln. Dass Artur Brauner gerade diese vergleichsweise vielleicht schwächere, aber zumindest andere Geschichte in den Ring warf, hat vermutlich nur den einen Grund, dass es sich hierbei um die einzige Story handelte, deren Rechte er sich damals exklusiv sichern konnte. "Der Fluch der gelben Schlange" kämpft intern mit Fluch und Segen, kann jedoch als besonders dicht fotografierter und teils extravagant inszenierter Film überzeugen, zumal er sich nicht der Versuchung hingibt, die laufende Reihe einfach zu kopieren. Dass die Geschichte sicherlich ein Stück weit dazu gezwungen hat, andere Wege zu beschreiten, kann rückblickend als großer Bonus gewertet werden. Dieses Mal ist eben die gesamte Welt in Gefahr und man hat es nicht mit abenteuerlich maskierten Mördern oder Phantomen zu tun, die das Szenario in Angst und Schrecken versetzen. Vielmehr weiß man hier ganz genau, mit wem man konfrontiert ist, was einen klassischen Whodunit-Effekt zwar ausschließt, aber dennoch genügend Möglichkeiten zum Nervenkitzel bereit hält. Franz Josef Gottliebs Beitrag braucht sich unterm Strich nicht im Glanzlicht der Rialto-Beiträge zu verstecken.

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