MÖRDERSPIEL - Helmuth Ashley

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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MÖRDERSPIEL - Helmuth Ashley

Beitrag von Prisma »



MÖRDERSPIEL


● MÖRDERSPIEL / LE JEU DE L'ASSASSIN (D|F|1962)
mit Harry Meyen, Magali Noël, Götz George, Georges Rivière, Hanne Wieder, Margot Hielscher, Wolfgang Reichmann, Anita Höfer,
Wolfgang Kieling, Heinz Klevenow, Hans Paetsch, Balduin Baas, Peter Eschberg, Armin Dahlen, Hans Stadtmüller und Robert Graf
eine Utz Utermnn Produktion | Bavaria Filmkunst | Filmaufbau | Les Films Givé | im Bavaria Filmverleih
ein Film von Helmuth Ashley

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»Wie ich dich hasse!«


Wie gewöhnlich hat sich eine bunte Gesellschaft bei dem Industriellen Hauser (Heinz Klevenow) zusammengefunden, und niemand ahnt, dass einer der Partygäste ein dunkles Geheimnis hütet. Klaus Troger (Harry Meyen) führt ein Doppelleben, denn der Modeschöpfer bringt im Schutz der Dunkelheit ausschließlich blonde Frauen um. Da Troger nach dessen jüngster Tat von seinem Bekannten Kersten vor dem Haus der Ermordeten gesehen wurde, droht er aufzufliegen. Bei Hauser bietet sich jedoch eine günstige Gelegenheit, den Mitwisser auszuschalten, da die Gesellschaft Gefallen an dem sogenannten Mörderspiel findet, bei dem ein Mörder und Kommissar ausgelost werden. Hier sieht Troger die Chance, unbehelligt zuschlagen zu können...

Die erfolgreich laufende Edgar-Wallace-Reihe ist zu großen Teilen mit verantwortlich dafür, dass seinerzeit viele Produzenten dazu animiert wurden, Epigonen und Konkurrenzproduktionen in das hart umkämpfte Rennen zu schicken. Gemeinsam mit dem österreichischen Regisseur Helmuth Ashley und der Bavaria Filmkunst, konnte der Produzent, Drehbuchautor und Journalist Utz Utermann den Markt bereits im Jahr 1960 mit seinem Coup "Das schwarze Schaf" bereichern. Angespornt vom Erfolg und basierend auf einer Romanvorlage von Max Pierre Schaeffer, entstand der bemerkenswerte Kriminalfilm "Mörderspiel", der sich vor allem in stilistischer Hinsicht von vielen seiner Artgenossen unterscheidet. Der Einstieg geschieht klassisch mit einem Mord, der bereits geschehen ist. Überrascht nimmt man zur Kenntnis, dass sich der Mörder, der sich noch am Tatort befindet und dem man dabei zusehen kann, wie er seine eigenen Spuren beseitigt, nicht darum bemüht, sein Inkognito aufrecht zu erhalten. Diese interessante Variante konnte sich spätestens ab der Krimi-Reihe "Columbo" als völlig salonfähig etablieren, wirkt hier allerdings noch ziemlich exotisch, da so gut wie alle Krimis auf einen ordentlichen Whodunit setzten. Hier kann man die Gedankengänge und inneren Monologe des Täters live miterleben und blickt dabei auf die männliche Hauptrolle, die von Harry Meyen exzellent dargestellt wird. Leider blieb es diesem großartigen Interpreten verwehrt, zu dieser Zeit Karriere innerhalb des Genres zu machen, obwohl seine Aura dafür wie geschaffen gewesen ist. Völlig erfrischend und überraschend zugleich wirkt die gewählte Strategie, das Publikum durch subjektive Kamera-Einstellungen mit einzubeziehen, was den Eindruck vermittelt, ganz nah am Geschehen zu sein, beziehungsweise zum Komplizen gemacht zu werden. So ist man den anderen Personen und der Polizei immer einen entscheidenden Schritt voraus, was eine ganz spezielle Art der Spannung forciert.

Es ist immer interessant, wenn die Hautevolee zu ihren berüchtigten Privatvorstellungen lädt, doch dieses Mal droht es ein bisschen zu viel der negativen Presse zu werden, immerhin ist man wie aus dem Nichts in einen Mord verwickelt. Da sich das Setting in einer isolierten Gesellschaft befindet, ist der Kreis der Verdächtigen dementsprechend klein, aber einer muss es am Ende des Tages am auch gewesen sein. Die Polizei geht unter Wolfgang Kieling dementsprechend aggressiv und sogar demonstrativ vor, immerhin will er sich erst gar nicht bemühen, seine Antipathie gegen diese feinen Herrschaften zu verstecken. Kielings Verhörmethoden wirken sachlich, obwohl sie stets einen bissigen und angriffslustigen Unterton offenbaren, allerdings achtet er auch nicht auf wichtige Kleinigkeiten, die den Fall vielleicht entscheidend weiter bringen würden. Das Publikum befindet sich in der komfortablen Lage, mehr als die Hintergründe zu durchschauen, und es entwickelt sich zur brandheißen Frage, was der Mörder noch alles an Vertuschungsarbeit leisten wird, um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Eigentlich ist dieser nämlich so gut wie erledigt, wenn es nicht zu viele Personen um ihn herum geben würde, die sich durch pathologische Selbstinszenierungen in den Fokus der Polizei bringen und sich als Verdächtige präsentieren würden. Ein Mord ist geschehen, der Personenkreis der Zuschauer weiß längst, dass es das falsche Opfer erwischt hat, aber die anwesenden Herrschaften denken nur an ihre eigenen Sentiments. So ist wenig Mitgefühl und Anteilnahme aufzuspüren, aber viel Gleichgültigkeit, Missgunst, Hass, Angst und vor allem Egoismus. Die Geschichte behält es sich vor, leichtfertig sympathische Personen zu präsentieren, wenngleich es sogar wahrscheinlicher ist, dass diese Spezies überhaupt nicht in Reinform vorhanden ist. Regisseur Ashley richtet sein großes Interesse auf die unübersehbare Tatsache, einen Film zu inszenieren, der im Schwarzweiß deutscher Beiträge heraus sticht.

So erinnert "Mörderspiel" mehr oder weniger an große französische Vorbilder oder gar an die etwa zeitgleich entstandene Produktion "Mitternachtsparty" von Robert Hossein, in dem der hier ebenfalls agierende Georges Rivière mit von der Partie ist. Die Gesichter der vornehmen Gesellschaft, die bürgerlicher und spießiger nicht sein könnte, werden durch exzellente Schauspieler repräsentiert, und allen voran ist wohl Harry Meyen zu erwähnen, dessen innerer Monolog seine potenziellen und tatsächlichen Taten ankündigt. Der Zufall will es, dass er von einem Bekannten entlarvt wird, bevor der Mord überhaupt bis zur Polizei und ihm vorgedrungen wäre, doch Troger muss handeln, und zwar schnell. Gemeinsam fährt man zur besagten Party, auf der sich die Gäste gelangweilt und resigniert gegenseitig provozieren, wo sich auch seine Frau befindet, die von der so umwerfenden und gleichzeitig toxisch wirkenden Magali Noël dargestellt wird. Das zerrüttete Verhältnis der beiden versucht Erklärungen zu liefern, kratzt allerdings nur an der Oberfläche, da sich die Regie bei aller Extravaganz vornehmlich für die Inszenierung eines Krimis entscheidet. Das isolierte Setting ist zusätzlich mit guten Bekannten des deutschen Kinos, wie etwa Hanne Wieder, Robert Graf, Margot Hielscher, Hans Paetsch, Wolfgang Reichmann oder Götz George ausstaffiert, sodass man es zusätzlich mit hochklassigen Interpretationen zu tun bekommt, die sich als gute Zubringer für die Geschichte erweisen. Die Idee des Titel gebenden Spiels entfaltet seine volle Wucht im Dunkel des Gefechts und stellt erfreulicherweise eine andere Art der Krimi-Unterhaltung dar, die sich unter Helmuth Ashley dennoch an bestehende Gesetze des Genres hält. Gespickt mit zahlreichen Twists, entfaltet sich eine, man möchte sagen, gehobene Art der Spannung, und dem Konzept des Films entsprechend liegen alle Hoffnungen auf einem guten Aufbau, beziehungsweise einer akribischen Aufklärungsarbeit mit passendem Finale, das sich als extravagant in der Erinnerung festsetzen kann.

Andronico
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Registriert: Sa., 06.05.2023 12:19

Re: MÖRDERSPIEL - Helmuth Ashley

Beitrag von Andronico »

Das ist der erste Beitrag den ich hier komplett gelesenen habe, da ich diesen Film zuletzt geschaut habe. Deutschtümmelei ist aktuell mein bevorzugtes Thema-ob Spielfime oder Serien. Und damit:'Hallo'.

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Prisma
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Registriert: Sa., 31.10.2020 18:11

Re: MÖRDERSPIEL - Helmuth Ashley

Beitrag von Prisma »

Andronico hat geschrieben:
So., 14.05.2023 09:44
Deutschtümmelei ist aktuell mein bevorzugtes Thema-ob Spielfime oder Serien.

Das höre ich natürlich sehr gerne, denn bei mir ist das ganz genauso. Ein herzliches Willkommen, Andronico! :)
Ich hoffe, "Mörderspiel" konnte Dich überzeugen.

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