DER LETZTE MANN - Harald Braun

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Prisma
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DER LETZTE MANN - Harald Braun

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Hans Albers   Romy Schneider   in

DER LETZTE MANN


● DER LETZTE MANN (D|1955)
mit Joachim Fuchsberger, Michael Heltau, Camilla Spira, Karl Georg Saebisch, Ursula von Reibnitz, Michael Gebühr und Rudolf Forster
eine Produktion der NDF | im Schorcht Filmverleih
ein Film von Harald Braun

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»Man gewöhnt sich ans Gute!«


Karl Knesebeck (Hans Albers) ist Oberkellner in einem der besten Hotels der Stadt und führt seine Untergebenen mit strenger Hand. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung und Zugehörigkeit zum Hotel Hövelmann, genießt er viele Privilegien und überschreitet auch gerne einmal seine Kompetenzen. Nach dem Tod der Besitzerin geht der Betrieb in die Hände der Erben über, die sich größtenteils darüber einig werden, dass sie vor allem Geld sehen wollen. Niddy (Romy Schneider), die Tochter des Hauses, versucht sich gemeinsam mit Oberkellner Karl gegen diese Zweidrittelmehrheit zu stellen, doch unter ihnen befindet sich Alwin (Joachim Fuchsberger), der das Urgestein des Hauses nicht nur zum Toilettendienst degradiert, sondern sich auch an die 17jährige Niddy heranmacht...

Bei dieser Mitte 1955 entstandenen Produktion handelt es sich um ein Remake des im Jahr 1924 uraufgeführten und gleichnamigen Stummfilmklassikers von Friedrich Wilhelm Murnau, der es unter anderem aufgrund seiner inszenatorischen Dichte zu internationaler Anerkennung brachte. Herauszufinden, ob diese zweite Version unter der Regie von Harald Braun ebenso punkten kann, wird hier zu einer spannenden Aufgabe, immerhin muss in große Fußstapfen getreten werden. Unter diesen Umständen bietet sich der Versuch an, diesen Film unvoreingenommen anzugehen, da er sonst insgesamt zu verlieren droht. Als optimale Grundvoraussetzung kann schon einmal die Schauspiel-Entourage genannt werden, deren teils große Namen wie die halbe Miete aussehen, aber auch die Erzählung ist hochinteressant, da sie voller Brisanz und immerfort aktuell ist. Ein Oberkellner, der von anderen geschätzt und von sich selbst überschätzt wird, steht plötzlich vor den Ruinen seines beruflichen Lebens. Dabei ist es noch zu früh, sich zur Ruhe setzen zu können, allerdings auch zu spät, zurück zu rudern, da man seine Expertise mit Überheblichkeit verwechselte. Vielleicht bekommt das Publikum bei einer derartig auf Hans Albers zugeschnittenen Rolle zunächst den selben Eindruck, wobei davon auszugehen ist, dass er zu jener Zeit immer noch genügend Kinogänger mobilisieren konnte. So kommt es zu einer typischen Darbietung auf einem roten Teppich und vollkommen bekanntem Parkett, um die daraus resultierende Sicherheit 1:1 auf den Verlauf zu übertragen. Wie erwähnt setzt Braun eher auf Unterhaltungsambitionen als dass man eine breit angelegte Gesellschaftskritik ohne Weiteres herausfiltern könnte, allerdings bleiben diese Inhalte nicht ungesehen, da sie spätestens bei dem geschilderten Abstieg des Kellners mehr als deutlich werden. Im Grunde genommen ist "Der letzte Mann" kein Meisterwerk der subtilen Ausarbeitung geworden, reiht sich allerdings in die Riege der Storys ein, die raffiniert und in kürzester Zeit auf Unterhaltungsebene packen können.

Vom Ambiente her ist hauptsächlich, aber nicht nur ein Hotelbetrieb der Oberklasse zu sehen, der über allerlei Luxus und Geschichten verfügt, aber es sind auch haufenweise uralte Relikte zu erkennen, die viele Gäste als sichere Bank empfinden. Dass neue Besen gut kehren, wird in diesem Szenario etwas zugunsten der Nostalgie und Verklärtheit umgedreht, denn bestimmte neue Besen kehren vor allem einmal anders als gewöhnlich, nämlich eisern. Hans Albers' Status kann somit ungewöhnlicherweise mit einem Wisch erschüttert werden, sodass sich vollkommen neue Perspektiven ergeben, was für den Oberkellner allerdings bedeutet, dass er die Karriereleiter hinabsteigen wird. Diese Parabel ist gewiss nicht neu, wird sich immer wiederholen und neu erzählt werden, weil es auf die eigene Handhabe ankommt. Die gut gewählten Charaktere des Szenarios können beim besten Willen nicht verändert werden, also muss der Fokus auf einen selbst gelegt werden. Hans Albers interpretiert seine Rolle nicht ohne die obligatorische Portion Vereinnahmung, weiß schlussendlich aber zu gefallen, was ebenfalls für Rudolf Forster oder Joachim Fuchsberger gilt. Auch Romy Schneider potenziert ihren ohnehin vorhandenen Liebreiz für das Publikum und spielt seelenschmeichlerisch, denn immerhin ist der Ruf nach einer heilen anstatt einer heiklen Welt deutlich zu vernehmen. Regisseur Harald Braun schaltet sich von Anfang bis Ende in einen kompletten Unterhaltungsmodus, sodass seine Geschichte sicher über die Zielgrade kommt. So kann "Der letzte Mann" in den wichtigsten Bereichen überzeugen und die Schauspieler vertreiben einem die Zeit angenehm und sogar sinnvoll. Hier und da hätten der Produktion ein paar kritischere Untertöne sehr gut gestanden, denn der Verlauf driftet immer wieder deutlich in Theatralik und Oberflächlichkeit ab, da viele Personen einfach zu naiv durch diese in schönen Bildern eingefangene Welt gehen. Am Ende überwiegen jedoch die positiven Komponenten, obwohl sich schnell die Gewissheit etabliert, dass hier alles gut ausgehen und passen wird, weil es eben passen und gut ausgehen muss.

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