DIE TÜR MIT DEN SIEBEN SCHLÖSSERN - Alfred Vohrer

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
Antworten
Benutzeravatar
Prisma
Beiträge: 3764
Registriert: Sa., 31.10.2020 18:11

DIE TÜR MIT DEN SIEBEN SCHLÖSSERN - Alfred Vohrer

Beitrag von Prisma »



Bild

● DIE TÜR MIT DEN SIEBEN SCHLÖSSERN / LA PORTE AUS SEPT SERRURES (D|F|1962)
mit Heinz Drache, Sabina Sesselmann, Gisela Uhlen, Hans Nielsen, Pinkas Braun, Werner Peters,
Siegfried Schürenberg, Jan Hendriks, Klaus Kinski, Friedrich Joloff, Ady Berber und Eddi Arent
ein Rialto Film Preben Philipsen | Les Films Jacques Leitienne | im Constantin Filmverleih
ein Film von Alfred Vohrer

Tür (1).jpg
Tür (2) .jpg
Tür (3).jpg
Tür (4).jpg
Tür (5).jpg
Tür (6).jpg
Tür (7).jpg
Tür (8).jpg
Tür (9).jpg

»Was da hinunterfällt, taucht nie wieder auf!«


Inspektor Martin (Heinz Drache) findet den Kleinkriminellen Pheeney (Klaus Kinski) ermordet in seiner Wohnung auf, dem er zuvor gestattet hatte, dort auf ihn zu warten. Zuvor berichtete er von einem Coup, bei dem er eine alte, dicke Tür mit sieben modernen Schlössern öffnen sollte, ihm diese seltsame Aufgabe jedoch zu heiß wurde. Da Pheeney vor seinem Tod ein Wappen aufgezeichnet hatte, führt die Spur zum Schloss des verstorbenen Lord Selford, der vor seinem Ableben sieben Schlüssel an Bekannte, Freunde und Angestellte verteilt hatte. Gemeinsam mit seinem Assistenten Holmes (Eddi Arent) findet Inspektor Martin heraus, dass es um ein beträchtliches Erbe geht, für welches offenkundig bereits ein Mord nach dem anderen verübt wird, um die reguläre Erbfolge um das Selford-Vermögen ein wenig zu korrigieren...

Bei "Die Tür mit den sieben Schlössern" handelt es sich um eine der erfolgreichsten und bekanntesten Wallace-Verfilmungen, bei der dieser Kino-Erfolg ein wenig konträr zu dem manchmal holprigen Gesamtergebnis steht. Es gibt vielleicht keinen anderen Film der Reihe, dem man seine dramaturgischen Mängel so bedingungslos und gerne vergibt, wie dieser zweiten Regie-Arbeit von Alfred Vohrer, aber die Geschichte bringt auch einen der höchsten Unterhaltungswerte unter seinen Artgenossen mit. Die Inszenierung beginnt beinahe lieblos, mit dem wohl einfallslosesten Titelvorspann, den die Wallace-Welt je gesehen hat. Zwar zeichnet sich Allround-Talent Peter Thomas für die Musik zuständig, doch die Anfangssequenz muss ohne seine Klänge auskommen und mit charakteristischen Geräuschen des gezeigten Bahnhofs vorlieb nehmen, was insgesamt wie ein Sakrileg wirkt. Der Einstieg zeigt wenig später den ersten Mord und schildert die Brisanz um die sieben, sich im Umlauf befindenden Schlüssel, die es zu finden gilt, bevor der Killer wieder zuschlägt oder das Erbe in die falschen Hände gerät. Die zuvor kritisierten Titelcredits zeigen eine darstellerische Riege der Extraklasse, sodass diese Produktion sicherlich von sich behaupten kann, über einen der besten Casts der gesamten Serie zu verfügen. Hinzu kommt eine atmosphärische Dichte, die auf ihre Weise vielleicht unübertroffen geblieben ist, da sie selbstverständlich und jederzeit variabel wirkt. Regisseur Alfred Vohrer hält sich strikt an die Gesetze des Kriminalfilms, allerdings nicht ohne für eine ganz individuelle Würze, vor allem aber eine ungewöhnliche Balance zu sorgen, die dem Verlauf all das gibt, was er braucht. Von Spannung über Action bis Humor ist somit alles abgedeckt und wird den interessierten Zuschauer anhaltend zufriedenstellen.

Wenn die Vorstellung der Beteiligten und vor allem der kriminellen Elemente abgeschlossen ist, ahnt man, dass diese Herrschaften nicht lange fackeln werden - ob auf der einen oder der anderen Seite. Den ermittelnden Helden spielt Heinz Drache, dessen mangelnder Charme die oft schraubzwingenartige Atmosphäre unterstützt, da er die Aggressoren der Geschichte unverblümt entlarvt, indem er sie anprangernd und teils von oben herab behandelt. So ist sein Gegenentwurf zur Arroganz beispielsweise Arroganz², und die Suche nach Hinweisen wird zur unbeirrbaren Einbahnstraße, ohne jegliche Rücksicht auf Verluste. Draches Art kann man mögen oder nicht, allerdings frischt er das Geschehen hier bedeutsam auf, sodass sein Inspektor Martin als patenter ausführender Arm Scotland Yards in Erinnerung bleibt. Mit seinem Assistenten Eddi Arent alias Holmes, dessen Name möglicherweise als Paten-Wortspiel aus einer bekannten Detektiv-Konstellation zu interpretieren ist, entstehen eingespielte Momente, in denen ein überraschend gut abgestimmter Humor zu finden ist, der das Geschehen neutralisiert, falls es doch allzu düster und nervenaufreibend wird. Doch braucht man hier Nerven aus Drahtseilen, wenn die Dramaturgie sich aufgrund zu vieler Drehbuchautoren immer wieder ungünstig verheddert? Diese Frage stellt sich bei Wallace glücklicherweise nicht primär, obwohl ein gewisses Maß an Dichte, Nachvollziehbarkeit und Logik gewünscht ist. Gut platzierte Gewaltspitzen, Schockmomente und krude Gestalten verleihen dem Geschehen die nötige Würze und das altbekannte Flair der Filmreihe, sodass es nicht schwer ist, dem mit zahlreichen Fallstricken versehenen Verlauf zu folgen. Besondere Schützenhilfe leistet die erweiterte Besetzung, bestehend aus Wallace-Veteranen oder solchen, die es noch werden sollten.

Hans Nielsen, der in den folgenden Jahren bis zu seinem frühen Tod noch zur Stammbesetzung in derartigen Krimis werden sollte, gibt seinen Wallace-Einstand als Rechtsanwalt und Notar Haveloc, dessen Figur dem Verständnis für die Story sehr zuträglich ist, da er den Zuschauer mit wichtigen Informationen versorgt. Zwar erscheinen diese hin und wieder etwas zusammenhanglos, beziehungsweise ungefragt aus ihm heraus zu sprudeln, aber man nimmt es schließlich dankend an, dass seine Person Licht in das vorherrschende Dunkel bringt, um auf der anderen Seite wieder für eine trübe Sicht zu sorgen. Keinen Hehl aus ihren Positionierungen machen Werner Peters und Gisela Uhlen als Eheleute Cody, die schamlos demonstrieren, dass der Zweck ihrer Ansicht nach alle Mittel heiligt. Wie Nielsen, geben die beiden Interpreten ihren fulminanten Einstand in die Reihe, in der sie ab diesem Zeitpunkt immer wieder in erinnerungswürdigen Parts zu sehen waren. Pinkas Braun rundet das Türschloss-Roulette mit seiner zwielichtigen Gestalt des Dr. Staletti ab, bei dem man sich von Beginn an fragt, mit wem man es eigentlich zu tun hat. Interessant und auffällig zugleich ist, dass diese Charaktere unverhohlen zeigen, dass sie bis zum Äußersten gehen werden, nur um in den Besitz der fehlenden Schlüssel zu kommen, die als Dauer-Eintrittskarte zur uneingeschränkten Unabhängigkeit etabliert werden. Bekannte Namen wie Siegfried Schürenberg, Jan Hendriks, Friedrich Joloff oder Klaus Kinski arrondieren die spannenden Ereignisse nach Kräften, Eddi Arent sorgt für angenehmen Humor nach Art des Hauses, ohne dabei in den Klamauk abzudriften. Er und Heinz Drache bilden eine harmonische Einheit, die diesen Fall so anpackt, dass es jederzeit interessant und spannend genug bleibt, um mit voller Aufmerksamkeit dabei zu bleiben.

Neben Gisela Uhlen präsentiert "Die Tür mit den sieben Schlössern" mit Sabina Sesselmann nur eine weitere weibliche Rolle, die sich vom Handlungsablauf bereitwillig als Schablone zuschneiden lässt, jedoch nicht ohne sich durch ihr pointiertes Schauspiel zu empfehlen. Sesselmann spielt hauptsächlich nach den Regeln des zeitgenössischen Kriminalfilms, kann ihrer sympathischen Figur der Sybil allerdings eine individuelle Note verleihen. Als weitläufige Verwandte der Selfords taucht die attraktive Blondine natürlich irgendwann in den hinteren Rängen der Erbfolge auf, was sie ganz klassisch zur bedrohten Schönheit werden lässt, was gewisse Mechanismen bei den Herren ihres Umfeldes weckt. Ihre besten Szenen hat sie aber mit Gisela Uhlen, in denen sich zudem die gute Qualität der Dialoge zeigt. Vohrer bringt das Ambiente und die dafür verantwortlichen Schauplätze und Kulissen seines Films hervorragend in den Fokus, sorgt in diesem Zusammenhang für ein besonderes Flair. Ob unheimliche Begegnungen und offene Gräber im Schlosspark, unterirdische Katakomben und wahnsinnige bis schwachsinnige Kontrahenten, tödliche Zufälle oder seltsame Verstrickungen - es scheint immer etwas Neues unter Regisseur Vohrers Einfallsreichtum zu geben, was in der entsprechenden Fasson vielleicht noch nicht dagewesen ist. Entstanden ist ein kleiner Klassiker der Reihe, der wie kein anderer ein Prinzip von style over substance verfolgt, das schließlich vollkommen aufgeht. "Die Tür mit den sieben Schlössern" überzeugt aufgrund der erkennbaren Unbeirrbarkeit, auch wenn man sich hier und da offenkundig in schwer nachvollziehbare Einbahnstraßen begibt, was allerdings in Windeseile verziehen werden kann, da an anderen Stellen wesentlich mehr geboten wird, als zu erwarten gewesen wäre. Von daher ist dieser Beitrag immer wieder gerne gesehen.

Antworten