DAS TESTAMENT DES DR. MABUSE - Werner Klingler

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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DAS TESTAMENT DES DR. MABUSE - Werner Klingler

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● DAS TESTAMENT DES DR. MABUSE (D|1962)
mit Gert Fröbe, Walter Rilla, Helmut Schmid, Senta Berger, Charles Regnier, Harald Juhnke, Ann Savo, Leon Askin, Rolf Eden,
Zeev Berlinsky, Alain Dijon, Albert Bessler, Alon D'Armand, Arthur Schilski, Claus Tinney, Günter Meisner und Wolfgang Preiss
eine Produktion der cCc Filmkunst | im Constantin Filmverleih
ein Film von Werner Klingler

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»Ausführung ist Ihre Sache!«


Dr. Mabuse (Wolfgang Preiss) befindet sich nach seiner Verhaftung im Sanatorium von Professor Pohland (Walter Rilla), wo er nichts anderes mehr tut, als imaginäre Straftaten zu planen. Als es tatsächlich zu Verbrechen kommt, die sich genau an den Ausarbeitungen des Dorktors orientieren, schöpft Kommissar Lohmann (Gert Fröbe) Verdacht und nimmt die Anstalt unter die Lupe. Es stellt sich heraus, dass Mabuse das Haus offenbar nicht verlassen konnte, allerdings ist er sich auch sicher, dass es einen Weg für ihn gegeben haben muss. Flocke (Leon Askin), ein ehemaliger Mitarbeiter Lohmanns und aktuelles Mitglied der Verbrecherbande, die Mabuses geniale Coups durchführt, sorgt für eine heiße Spur. Noch bevor er Auskünfte geben kann, findet die Polizei ihn ermordet auf...

Die im Vorfeld recht erfolgreich gelaufenen drei Mabuse-Filme konnten eine eindeutige Marschrichtung vorgeben, sodass die Bedrohung unmissverständliche Formen annehmen konnte. Da der größenwahnsinnige Verbrecher im Vorgängerfilm jedoch von der Polizei dingfest gemacht werden konnte, ordnet sich Werner Klinglers Adaption des bereits im Jahr 1933 von Fritz Lang verfilmten Stoffes neu, und es lässt sich bestimmt von großen Fußstapfen sprechen. Dieser vierte Teil trägt die typische Handschrift des aus Stuttgart gebürtigen Regisseurs und wirkt vor allem im Vergleich etwas angestaubter, als die unmittelbare Konkurrenz von Fritz Lang und Harald Reinl. Doktor Mabuse fristet sein Dasein in einer überaus plakativ eingerichteten Irrenanstalt und schmiedet weiterhin Pläne, allerdings ins Blaue hinein. Oder doch nicht? Als es zu mehreren Verbrechen kommt, die identisch mit den Ausführungen des streng bewachten Insassen sind, ruft es Kommissar Lohmann alias Gert Fröbe auf den Plan, der hinlänglich Erfahrungen mit seinem rücksichtslosen Gegenspieler sammeln konnte. Der Verlauf wirkt daher programmatisch und kann den mittlerweile treuen Fan der Materie schnell in seinen Bann ziehen, zumal man Räuberpistolen serviert bekommt, die alles andere als alltäglich wirken. Mabuses kriminelle Entourage mit den einfallsreichen Spitznamen teilt sich die Arbeit beinahe ökonomisch auf, doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich erste schwache Glieder in dieser Truppe zeigen werden. Thematisch knüpft Klingler deutlich an die Prämissen der Reihe an, was sich allerdings nicht inszenatorisch sagen lässt. Hin und wieder wirkt das Geschehen weniger stringent oder sogar kaum bedrohlich, obwohl es zu zahlreichen kurzen Prozessen kommt.

Im Grunde genommen wirkt dieses sich lediglich auf potenzieller Basis bewegende Schreckensstückchen eigenartig provinziell und steht daher vollkommen konträr zu der Mission Weltherrschaft, was allerdings nur noch eine vage Erinnerung aus den anderen Teilen zu sein scheint. Hier backt man kleinere große Brötchen vor Ort, immerhin residiert man isoliert in einer Unterkunft namens Irrenhaus. Gut gelungen sind die vielen und weit gestreuten Zweifel, ob es sich beim unbekannten Chef tatsächlich um Mabuse himself handelt, oder um jemand anderen. Dieser Rollentausch wirkt überraschend und kreiert eine Spannung, die den Film neu justieren kann, der mit einigen Längen zu kämpfen hat, die auf thematischer, inszenatorischer und darstellerischer Ebene zu finden sind. Die Figur des Kommissar Lohmann hinterlässt aufgrund der ungeduldigen und wenig taktvollen Art von Gert Fröbe einen sehr guten Eindruck, sodass sie zu einem der Eckpfeiler dieser undurchsichtigen Geschichte werden kann. Lohmann scheint wie besessen vom Mythos Mabuse zu sein, der transzendent über ihm und seiner kleinbürgerlichen Welt zu schweben scheint. Wüsste man als Zuschauer nicht genau, mit wem man es zu tun hat, könnte man Lohmann beinahe paranoide Züge andichten, da er alles Übel pauschal zum mittlerweile gebrochen wirkenden Doktor zurückführt. Fröbe wirkt daher rastlos, ermahnend und überaus resolut beim Durchsetzen seiner teils unorthodoxen Ermittlungsmethoden, die aber bereits in der Vergangenheit sehr vielversprechend waren. Wolfgang Preiss wirkt dieses Mal verändert in der Titelrolle, strahlt trotz seiner statischen und abwesenden Erscheinung jedoch nicht minder eine große Gefahr aus, da er offenbar das Handwerk der Willensübertragung beherrscht.

Mit wesentlich mehr Screentime bedacht als in Teil 2 und 3, begibt man sich in eine abwartende Position, da zu erahnen ist, dass von seiner Seite noch irgend etwas kommen dürfte. Walter Rilla als Professor Pohland und Leiter der Anstalt wirkt wie üblich kultiviert und vertrauenswürdig, wobei man sich in dieser Umgebung generell nicht allzu schnell dazu verleiten lassen sollte. Die Verpflichtung von Rilla sollte sich jedenfalls als Glücksgriff für diesen und die Fortsetzungen erweisen. Weitere wichtige Rollen wie die von Helmut Schmid und Senta Berger wirken sehr zweckmäßig und daher weniger dynamisch, ganz im Gegenteil zu Charles Regnier, der hier einen wahren Gentleman zeichnet, der in seinem schlechten Kern doch einen guten zu haben scheint. Harald Juhnke ist für die humorigen Einlagen zuständig und Ann Savo oder Leon Askin runden das Treiben ansprechend ab. Einige spröde Phasen setzen dem Szenario zu, ziehen es dabei künstlich in die Länge, sodass es einem so vorkommt, dass Werner Klingler sich sträubt, zu schnell zum Punkt zu kommen. Gezielte Pointen und eine besonders ansprechende Kamera-Arbeit mit teils bizarren Einstellungen entschädigen für derartige Phasen, auch die verheißungsvolle Musik von Raimund Rosenberger sorgt für Flair. Gegen Ende weiß sich der Verlauf noch einmal zu bündeln und gibt ein paar gelungene Überraschungen preis, die die gesamte Produktion insgesamt aufwerten können. "Das Testament des Dr. Mabuse" steht und fällt ein wenig mit persönlichen Präferenzen, vor allem aber im Vergleich zu den übrigen Teilen der sechsteiligen Reihe oder dem Original. Immerhin wird der Mythos des fast perfekten Verbrechens kreiert, der jedoch irgendwann wie ein Kartenhaus einstürzen muss, nicht zuletzt, um den Weg für die Fortsetzung zu ebnen, die etwa ein Jahr später in den Kinos zu sehen war.

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Prisma
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Re: DAS TESTAMENT DES DR. MABUSE - Werner Klingler

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"Das Testament des Dr. Mabuse" markiert den wohl eigentlichen Ausstieg der diabolischen Titelfigur, auch wenn Wolfgang Preiss noch nominell in den Credits der beiden nachfolgenden Teile auftaucht und sich emsige Nachfolger finden ließen. Preiss war in Teil 6 nachweislich nicht mit von der Partie, sodass zu vermuten ist, dass dies auch für das fünfte "Mabuse"-Abenteuer gilt, denn die Einblendung von Wolfgang Preiss, der von Professor Pohland Besitz ergreift, gibt es bereits in Werner Klinglers Version, sieht daher im direkten Anschluss wie Archivmaterial aus Teil 4 aus. Die Dominanz der verbrecherischen Hauptfigur scheint unter Klinglers Regie zu schwinden, da auch das Thema Weltherrschaft irgendwie vom Tisch zu sein scheint. Natürlich verfügt der Film als handelsüblicher Kriminalfilm über seine ganz individuellen Momente und kann daher im Gros überzeugen, als Teil der Reihe jedoch nicht unbedingt, da die Regie teils zu behäbig und konstruiert inszeniert. Sehr gut aufgelegte Schauspieler werten das viel zu regional wirkende Spektakel immer wieder mit überraschenden Darbietungen auf, auch die Geschichte verfügt über manchen gelungenen Twist, was für Flair sorgt. Interessanterweise prägt Charles Regnier das Geschehen zumindest in kriminalistischer Hinsicht am meisten, welches in seinem Geschäft vollkommen hierarchisch aufgebaut ist. So kämpft Gert Fröbe gegen einen Gentleman, der eigentlich viel zu sympathisch ist, um Angst uns Schrecken zu verbreiten. Die Fäden im Hintergrund zieht allerdings ein Schatten, dessen kriminelle Energie aggressiv und unerschöpflich zu sein scheint. Alles in allem handelt es sich vielleicht vielmehr um einen ganz ordentlich gemachten Kriminalfilm, als ein Highlight der Reihe, die über wesentlich stärkere und ausgeklügeltere Vertreter verfügt.

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