PARAPSYCHO - SPEKTRUM DER ANGST
● PARAPSYCHO - SPEKTRUM DER ANGST | EPISODE 3 | TELEPATHIE/HYPNOSE (D|1974)
mit Mathieu Carrière, Alexandra Drewes-Marischka, Helmut Förnbacher, Jane Tilden, Edwige Pierre, Heinz Marecek, Guido Wieland, Harry Hardt
eine Produktion der TIT Film | im Verleih der Cinerama Filmgesellschaft
ein Film von Peter Patzak
»Warum halten wir alles für tot, was nicht so lebt, wie wir das Leben leben?«
Barbara (Alexandra Drewes-Marischka) und Michael (Helmut Förnbacher) sind jung vermählt und begeben sich in die verdienten Flitterwochen. Die harmonische Zweisamkeit findet jedoch ein abruptes Ende, denn Barbara ist plötzlich spurlos verschwunden. Michael begibt sich verzweifelt auf die Suche nach seiner Frau. Ist sie entführt worden? Barbara hat selbst das Weite gesucht, denn sie fühlt sich zu Maler Mario (Mathieu Carrière) hingezogen, der eine abartige Neigung hat. Mit Hilfe von telepathischen Befehlen lockt er junge, hübsche Frauen in sein Atelier, um sie sich in jeder Beziehung gefügig zu machen. Sein hypnotischer Einfluss kennt keine Grenzen und kein Erbarmen. Für die junge Braut beginnen Tage der Angst und der Qual. Als Mario seine Wohnung verlässt, taucht seine Mutter (Jane Tilden) auf, um Barbara aus dieser Lusthölle zu befreien. Wie wird Mario reagieren...?
»Gruseliges, Grauseliges, Unheimliches und Unerklärliches passierte bei den Dreharbeiten zu dem Film "Parapsycho - Spektrum der Angst", der sich mit eben diesen Phänomenen des Übersinnlichen befasst und auseinandersetzt. Das Team, Hauptdarsteller wie Filmemacher, erlebten eine wahre Serie von geheimnisvollen Vorfällen, die bis zum beklagenswerten Tode eines Darstellers einer Nebenrolle reichte. Ein fünfzigjähriger Mann namens Wiesinger war zwei Tage nachher plötzlich tot.« Ob sich mit diesen Anmerkungen und angeblichen Geschehnissen tatsächlich eine Kausalität ableiten lässt, bleibt ungewiss, am Ende fühlen sich derartige Notizen im Reich der Mythen jedoch wohl. Unterm Strich macht es der Regisseur Peter Patzak seinem Publikum vielleicht nicht besonders leicht, seinen Film bedingungslos anzunehmen oder gar zu mögen, jedoch fällt die Entscheidung über die persönliche Lieblingsepisode dieser Veranstaltung nicht gerade schwer, zumal es unterschiedlicher nicht zugehen könnte. Innerhalb der "Parapsycho"-Triangel bleibt Episode 3 vielleicht diejenige, die am meisten greifbar erscheint, auch wenn die thematische Staffage hier über die Maßen in die Vollen greift. Aber der Wahnsinn kennt bekanntlich keine Grenzen, sodass diese Geschichte ihre Trigger und Reize bereitwillig preisgibt, noch bevor man erahnt, wo diese strapaziöse Reise eigentlich hingehen wird. Die Regie geht hier wesentlich offensiver und brutaler vor, wenngleich sich dies hauptsächlich auf die psychologische Ebene bezieht, die im Rahmen der Möglichkeiten transparent gemacht wird, um sie in gleichen Atemzügen wieder in einen verschleiernden Nebel zu hüllen. Wie in unzähligen Geschichten ist ein Irrer am Werk, der von Hauptdarsteller Mathieu Carrière eine beängstigende Aura verliehen bekommt. Seine Darbietung ist in besonderem Maße erstaunlich wie beunruhigend, da hier Abscheu und Faszination eine verwirrende Allianz eingehen. Im Verlauf gibt er seiner Figur des Mario immer wieder unterschiedliche Gesichter, sein Opfer wird indirekt zum Sprachrohr seiner Perversion und einer grenzenlos erscheinenden Brutalität, er lässt einem buchstäblich das Blut in den Adern gefrieren.
Ebenso verwunderlich wie in den zwei vorigen Episoden ist, dass einige der Darsteller Szenen haben, in denen sie direkt in die Kamera schauen, um den Zuschauer zusätzlich zu strapazieren. Dass man hier allerdings unmittelbar angesprochen wird, ob fragend, verzweifelt, lethargisch oder drohend, eine bestimmte Wirkung bleibt nicht aus. Gerade in der letzten Einstellung, in der Mathieu Carrière plötzlich einen Blickkontakt mit dem Publikum herzustellen versucht, lässt einen quasi zusammenzucken. Er suggeriert, dass er jeder, und überall sein könnte, und dass es sich um eine Person handelt, die es tatsächlich geben könnte. Im Verlauf zieht er jedenfalls mit Partnerin Alexandra Drewes-Marischka alle erdenklichen und undenkbaren Register, die Strapaziöses unter ihm zu leisten hat. Bei der Interpretin handelt es sicherlich um eines der schönsten und aufregendsten Geschöpfe des zeitgenössischen Kino und TV, doch leider trat sie immer nur sporadisch in ausgewählten Rollen auf. Marischka agiert hier genau so, wie man es von ihr hinlänglich gewöhnt war. Beinahe wortlos agierend, verlässt sie sich auf ihre dominante Aura und im Endeffekt ist sie es, die die großen "PSI"-Momente kreiert, nicht zuletzt, weil ihr das fulminante Finale gehört. Sie und Mathieu Carrière stellen schon ein atemberaubendes Gespann dar. Des Weiteren zeigt sich Helmut Förnbacher von einer überaus angenehmen, soliden Seite, auch Jane Tilden stellt ihr Können einmal fernab ihres Rollen-Abonnements unter Beweis, was ebenso überraschend wie erfrischend wirkt. Die Personen des Szenarios wirken beinahe allesamt ungewöhnlich kalt und zurückweisend, und dabei spielt es kaum eine Rolle, auf welcher Seite sie auszumachen sind. Das Script reißt die Beweggründe lediglich vage an, sodass dem Zuschauer eine Vielzahl an Möglichkeiten offensteht, eigene Schlüsse zu ziehen. Auch wenn man viele Hintergründe nicht klar bewerten kann, sieht man sich in einer Abwärtsspirale gefangen, die immer bizarrere Kreise zieht. Die Hauptfigur Mario betreibt ein teuflisches Hobby, indem er junge Frauen per telepathischem Befehl in seine Wohnung lockt, um diese dort sexuell auszubeuten.
Die Veranschaulichungen in dieser Lusthölle stellen innerhalb der drei Episoden sicherlich die freizügigsten dar, können aufgrund ihrer brisanten Inszenierung überzeugen, zumal sie optimal mit der angebotenen Thematik verschmelzen. Schon bald kommt es zum buchstäblichen Absturz, und zwar dann, wenn der perverse Maler genug von seinen Spielzeugen hat, die ihn unter normalen Umständen wahrscheinlich demütigend auslachen würden. Eigentlich lässt "Parapsycho - Spektrum der Angst" alle Fragen - die der Film selbst aufgeworfen hat - relativ offen, kommt daher nur schwer über die hohen Klippen hinweg, übernatürliche Phänomene rund um Telepathie oder Hypnose aufzuklären oder transparent zu machen. Peter Patzak macht allen Unkenrufen zum Trotz sozusagen seine ganz eigene Wiener Melange daraus und lässt den Zuschauer entscheiden, ob das Angebot reichhaltig und unterm Strich zufriedenstellend ist. Auch ohne konkrete Aufklärung wirkt es nicht weiter tragisch, wenn offene Fragen im "PSI"-Universum zurückbleiben, die aber bei einer intensiven persönlichen Auseinandersetzung eigenständig in das rechte Licht gerückt werden. Da die Bild-Kompositionen hart, steril und kalt wirken, kommt eine ganz besonders dichte und unbehagliche Atmosphäre auf, die Kamera-Einstellungen begünstigen den experimentellen Charakter dieser Folge zusätzlich, die eigenwillige Ausstattung unterstreicht den Eigensinn der Hauptfigur, und als außergewöhnlich gut gelungen ist die Musik von Richard Schönherz und Manuel Rigoni zu bezeichnen, denn sie untermalt nicht nur schwere Stimmungen, sondern fabriziert sie regelrecht; eine akustische Untermalung wie geschaffen für einen deutlichen Nachhall, den man hier eindeutig verspüren wird. So oder so. "Parapsycho - Spektrum der Angst" schließt den Kreis letztlich mit einer hochinteressanten und brisanten Episode, die nicht selten als die gelungenste des Films eingestuft wird, weil sie auch im Konkurrenzkampf mit anderen Filmen das gewisse Etwas zu bieten hat. Die Hauptakteure Alexandra Drewes-Marischka und insbesondere Mathieu Carrière setzen diesem hypnotischen Treiben buchstäblich die Krone auf.