DAS HALSTUCH - HANS QUEST

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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DAS HALSTUCH - HANS QUEST

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● FRANCIS DURBRIDGE - DAS HALSTUCH (D|1962) [TV]
mit Heinz Drache, Albert Lieven, Margot Trooger, Dieter Borsche, Gardy Granass, Hellmut Lange, Erica Beer,
Horst Tappert, Eckart Dux, Erwin Linder, Eva Pflug, Christian Doermer, Alf Marholm, Wolf Schlamminger, u.a.
eine Produktion des Westdeutschen Rundfunk
ein Mehrteiler von Hans Quest



Viele der Fernsehmehrteiler nach Francis Durbridge gelten bis heute als die größten Straßenfeger der bundesdeutschen TV-Geschichte. "Das Halstuch" entstand unter der Regie des Routiniers Hans Quest, und dieser Sechsteiler gilt nach wie vor als Inbegriff des sogenannten Straßenfegers. Die Vorgänger "Der Andere" und "Es ist soweit" konnten bereits beachtliche Erfolge verbuchen, doch "Das Halstuch" übertraf alle Erwartungen und konnte eine nahezu beispiellose Einschaltquote von 89 Prozent einfahren. Ausgestrahlt in sechs Teilen, deren Spielzeit zwischen 35 und 40 Minuten variierten, entstand ein nationaler Hype um die mysteriös angelegte Suche nach dem geheimnisvollen Halstuchmörder. Die entsprechenden Cliffhanger am Ende der ersten fünf Folgen heizten die Spannung nur noch weiter auf. Ausgestattet mit einer hervorragenden Besetzung. lässt sich dieses Mörderspiel auch heute noch sehr gut anschauen und hat innerhalb seines oft antiquiert wirkenden Charmes nichts von seiner breiten Faszination verloren. Ein Freuenmord, der mit einem Halstuch ausgeführt wurde, hält einer kleinen, verschlafenen Gemeinde einen unangenehmen Spiegel vor, denn das Mordinstrument lässt die Geschichte weitere Kreise ziehen.

So lernt das Publikum die gehobenen Kreise Londons, aber auch das entsprechende Nachtleben kennen, von den unterschiedlich gezeichneten Charakteren ganz zu schweigen. Regisseur Hans Quest inszeniert raffiniert und vor allem klug, da er einen besonders gut durchdachten Aufbau anbietet, der sich keine Aussetzer erlauben wird. Dieses Kriminalspiel in Schwarzweiß mag für heutige Begriffe vielleicht sehr dialoglastig ausgefallen sein, allerdings können die erstklassigen Interpreten in diesem Zusammenhang Überzeugungsarbeit leisten und ihre Stärken ausspielen, allen voran Heinz Drache, Albert Lieven und Margot Trooger. Die Jagd nach dem skrupellosen Halstuch-Mörder beschäftigte seinerzeit so gut wie eine komplette Nation, und hier verwundert das prekäre Detail, dass der Kabarettist Wolfgang Neuss mit einer Zeitungsannonce für einen waschechten Skandal sorgte, in welcher der Mörder durch bloßes Erraten vor Ausstrahlung der finalen Folge preisgegeben wurde. "Das Halstuch" gilt schließlich auch heute noch als der Straßenfeger schlechthin und kann auch nach Jahrzehnten in seinen Bann ziehen, da die rückblickend gepflegte Krimi-Unterhaltung immer noch raffiniert genug wirkt, um den Zuschauer zu interessieren.

Percy Lister
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Registriert: Sa., 14.11.2020 16:15

Re: DAS HALSTUCH - HANS QUEST

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Nachbetrachtungen zu "DAS HALSTUCH"

* Darsteller: HEINZ DRACHE, von der Bürde, einen Rialto-Edgar-Wallace-Inspektor darstellen zu müssen noch gänzlich unbelastet, zeigt seinen Kriminalinspektor Harry Yates als biederen Ehemann und unauffälligen Bürger seiner Kleinstadt, ganz wie es die beschauliche Atmosphäre dieses ländlichen Sechsteilers verlangt. Man sieht Yates an, dass er sich mit den Verhältnissen arrangiert hat, obwohl er die meisten Einwohner von Littleshaw in Bezug auf Intellekt und Toleranz übertrifft. Kein Wunder, dass er sich mit dem aufgeschlossenen Geistlichen Nigel Matthews, dem HORST TAPPERT ein sympathisches Gesicht verleiht, besonders gut versteht, sind sie doch beide von den engstirnigen Launen der Landbewohner betroffen. GARDY GRANASS als Jill Yates zeigt die typische Fünfziger-Jahre-Ehefrau, deren Sorgen sich um das Wohl ihres gestressten Gatten drehen und die zwar durchaus abweichende Meinungen vertritt, sich aber letztlich um des häuslichen Friedens willen mit der Herrschaft über ihr kleines Reich begnügt. HELLMUT LANGE, als Teilinvalide ans Haus gefesselt, frönt seiner ohnehin latent vorhandenen Misanthropie, die durch seinen Unfall größer geworden ist und ihn das lockere Leben seiner weitaus jüngeren Schwester neiden lässt. Altmodisch, verbissen und hart präsentiert sich Edward Collins als der kleine Mann von der Straße, der nach Aufklärung verlangt und immer schon wusste, dass Millionären und Großstädten nicht zu trauen ist. ALBERT LIEVEN ist der Vertreter der oberen Zehntausend, weltgewandt, präzise und unsentimental. Der Name Clifton Morris bürgt für diversifizierenden Geschäftsgeist und Disziplin und wird nun durch einen Augenblick der Schwäche in ein Mordkomplott verwickelt, das ihn um Kopf und Kragen bringen könnte. MARGOT TROOGER hat das Format, die weibliche Hauptrolle mit Eleganz und Souveränität auszufüllen, um im passenden Moment theatralisch die Fassung zu verlieren und sich auf die Macht der Hierarchien zu berufen. Die Erschütterung ihrer Contenance steht für den Niedergang der heilen Welt in Littleshaw. DIETER BORSCHE hat seine Unschuld schon lange verloren; Reverend Dearborn hat seine teuflischen Spuren hinterlassen und schickt sich an, nach einer Phase der Regeneration zwischen Zeichenkohle und Minenbleistift erneut seine hässliche Fratze zu erheben. ERWIN LINDER, aus weitaus einfacherem Holz geschnitzt, fühlt sich auf den Meiereisitzungen in Tweed und Breeches am wohlsten und schmückt sich mit dem für örtliche Verhältnisse glamourösen Flair, das seine Verlobte Marian Hastings umweht. CHRISTIAN DOERMER zeigt den beflissenen Gerald Quincey als jungen Mann, der alles richtig machen will und an seinen eigenen Erfüllungsansprüchen scheitert. ECKART DUX als Sergeant Jeffreys harmoniert mit seinem Chef, weil sie wie Partner agieren und ihm das behagliche Landleben einen angenehmeren Dienst ermöglicht als in der Stadt. Mit wogender Oberweite und aufdringlicher Schmeichelstimme tänzelt ERICA BEER als Revuegirl Kim Marshall durch ihre Garderobe im "Finale". Auch sie wird nach und nach ihrer Lasterinsignien beraubt und offenbart eine verängstigte Frau mit Kleinbürgersehnsüchten. EVA PFLUG steht in Ermangelung einer Fay Collins aus Fleisch und Blut stellvertretend für den Typus der ehrgeizigen Frau, die blitzschnell Chancen wittert, um Kapital daraus zu schlagen. Ihre mit augenzwinkerndem Charme ausgestattete Diana Winston ist sehr ambitioniert und kontrastiert deutlich mit dem traditionellen Frauenbild, das beispielsweise von Gardy Granass oder HELGA ZECKRA gezeigt wird. Diese ist - äußerst unvorteilhaft frisiert und gekleidet - die biedere Angestellte der Modeschöpferin Hastings und zeigt jungmädchenhafte Interessen an Klatsch und Tratsch. HEINZ VON CLEVE als Butler Eric leistet dem distinguierten Verleger gute Dienste und es ist schade, dass er schon bald nach Schottland abgeschoben wird. Hier wurde Suspense-Potential liegen gelassen.

* Drehbuch: Im Falle von "Das Halstuch" lässt sich sagen, dass hier einer der klarsten und geradlinigsten Handlungsstränge vorliegt. Der Rätselfaktor ist sehr klassisch; es gibt belastende Beweisstücke, aber keine exaltierten Einfälle wie Anrufe aus dem Jenseits oder verschwundene Leichen. Der Whodunit ist sehr traditionell und ermöglicht es dem Publikum, die Charakterzeichnungen mit den Aussagen der Personen abzustimmen und sich Schritt für Schritt dem Täter anzunähern. Zwei Punkte sind noch anzumerken: Was hat es mit dem Alibi auf sich, das Mrs. Hopedean ihrem Mann für die Mordnacht gibt? Welche Schauspielerin hätte wohl Fay Collins darstellen können?

* Musik: Hans Jönsson und das Kölner Tanz- und Unterhaltungsorchester sorgen für schmissige Klänge, die das Heuballen-Ambiente von Littleshaw ebenso aufwirbeln wie die Atmosphäre der Neonlichter im Londoner Nachtleben.

* Ton: Die wohlklingenden Stimmen der sprachlich geschulten Schauspieler profitieren ungemein von der Präzision des Tons, der Unterhaltungen im Freien natürlich und ebenso klar wirken lässt wie Gespräche in Innenräumen. Die Lautstärke steigert sich in dramatischen Momenten allerdings so sehr, dass der Tonregler rasch bedient werden muss.

* Kamera: "Leichen first!" - Der Heuwagen darf passieren. Was mit einer freundlichen Geste beginnt, wird bald als Täuschung entlarvt. In "Das Halstuch" finden sich Nahaufnahmen von gequälten Gesichtern ebenso wie Panoramaansichten der Wiesen und Felder. Das Individuum als Gefangener seines Umfelds erläutert die Kamera besonders in den Szenen mit Clifton Morris in dessen Luxusapartment. Ebenso gewährt die Kamera Freiheit, wenn sie die handelnden Personen immer wieder Abstecher durch die Straßen und Wege der Kleinstadt unternehmen lässt.

* Kostüme: Ingrid Bütow verpasst den jeweiligen Figuren berufs- und charaktertypische Kleider. So sieht man Marian Hastings in selbstgeschneiderten Kostümen, auch Diana Winston trägt unverkennbar ein Ensemble aus dieser Fertigung. Clifton Morris, der in Londons nobler Savile Row einkauft, kleidet sich in gutsitzende, zeitlose Eleganz. Blond und flatterhaft wiegt sich der Chiffon in Gestalt einer Kim Marshall, während der kantige Edward Collins seine Anzüge erst von den Mottenkugeln befreien muss, bevor er sie nach einem langen Winter wieder ans Tageslicht führt.

* Szenenbild: Alfons Windau drückt dem "Halstuch" seinen unverkennbaren Stempel auf und wägt die zitronenfrische Sauberkeit des Yates-Haushaltes mit den marmornen Räumen des Millionärs und dem muffigen Ambiente der Sternchen-Garderobe auf.

* Regie: Hans Quest achtet sehr auf eine gepflegte Atmosphäre und eine klare Positionierung der Schauspieler. Jeder leistet auf seinem Platz das für seine Figur Höchstmögliche und sorgt so für ein gelungenes Gefüge. Quest verfolgt die klare Linie konsequent.

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Prisma
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Re: DAS HALSTUCH - HANS QUEST

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● DAS HALSTUCH | ERSTER TEIL (D|1962) [TV]
mit Heinz Drache, Margot Trooger, Albert Lieven, Hellmut Lange, Eckart Dux, Christian Doermer, Horst Tappert, Erwin Linder, u.a.
eine Produktion des Westdeutschen Rundfunk
Regie | Hans Quest

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In der kleinen Ortschaft Littleshaw wird eine Frauenleiche aufgefunden, die mit einem Halstuch erwürgt wurde. Harry Yates (Heinz Drache), der Polizei-Inspektor der verschlafenen Stadt, übernimmt die Erhebungen in diesem eigenartigen Fall, der noch hohe Wellen bis in das nicht weit entfernte London schlagen soll. Die Ermordete wird als Faye Collins, die Schwester des ortsansässigen Musikers Edward Collins (Hellmut Lange) identifiziert, die sich seit längerer Zeit in den besseren Kreisen der Gesellschaft bewegt hat. Bei der Polizei sagt Marian Hastings (Margot Trooger) derweil aus, ihre Freundin Faye noch am Abend ihrer Ermordung mit einem fremden Herrn gesehen zu haben, den sie wenige Tage später auf einem Zeitungsfoto wieder erkennen wird...

"Das Halstuch" gilt unter den Vertretern der sogenannten bundesdeutschen Straßenfeger vielleicht als der ultimative Klassiker, zumindest aber als einer der beliebtesten Verfilmungen nach Francis Durbridge. Ein kleiner, verschlafener Ort in der Nähe von London hat plötzlich seine unangenehme Headline, denn man findet völlig überraschend eine Ermordete auf einem Heuwagen. Da die Tote schnell zugeordnet werden kann, nehmen die Ermittlungen mit den entsprechenden Etappen ihren gut aufgebauten Verlauf, der von Inspektor Yates alias Heinz Drache delegiert wird. Der Mehrteiler kann sich auf die Tatkraft und den Spürsinn seiner Ermittlerfigur verlassen, die dem Szenario einen beeindruckenden Stempel aufdrücken kann. Doch wer ist es gewesen? Diese Frage zieht sich in einem Sechsteiler naturgemäß etwas nach hinten hin, sodass man sich auf kriminalistische Kleinstarbeit, versteckte Tricks, Verschleierungstaktiken und schwer auszurechnende Personen gefasst machen darf. Die ermordete Faye Collins scheint dem Eindruck nach überhaupt nicht in das kleine Nest Littleshaw zu passen, da sie sich längst am Rockzipfel der Haautevolee orientiert hatte, was den Täterkreis unübersichtlich zu öffnen scheint. Erdrosselt mit einem auffälligen und hochwertigen Halstuch, kann man sich keinen Reim darauf machen, wer zu solch abscheulichen Mitteln hätte greifen können. Regisseur Hans Quest orchestriert den Verlauf mit einer beeindruckenden Struktur und die verschiedenen Charaktere stellen sich quasi selbst vor, beziehungsweise werden durch Yates Verhöre näher gebracht. Für den Zuschauer kristallisieren sich schnell die sympathischen Personen der Geschichte heraus, oder auch diejenigen, denen man nicht so recht trauen möchte, weil sie sich winden wie ein Aal, oder noch besser in Widersprüchlichkeiten verstricken.

Die Arbeit der Polizei erweist sich als kollegial und unaufgeregt, doch sollte man Inspektor Yates nicht unterschätzen, denn er hat immer noch eine Frage oder einen zusätzlichen Gedanken parat und lässt seine Reviergäste nicht gerne wieder schnell vom Haken. Er erweist sich als Freund unkonventioneller Methoden, die sich vielleicht nicht immer eng an die Dienstvorschriften halten, doch der Erfolg scheint ihm in den meisten Fällen recht zu geben. Gespickt mit hervorragenden deutschen Film- und Fernsehstars dieser Zeit, nimmt der Verlauf hoch interessante Formen in Darstellung und Dialogen an, sodass es nicht selten ein Genuss wird, einfach nur dabei zu sein und mitzurätseln. Ob Margot Trooger, Albert Lieven, Hellmut Lange, Christian Doermer oder Horst Tappert; die Spiellaune und Präzision scheint hier keine Hindernisse zu kennen. Für eine TV-Produktion bekommt man - was beispielsweise die Studio-Aufnahmen, Requisiten oder Musik anbelangt - Standard geboten, doch es ist leicht zu verstehen, weshalb diese Produktion so ausgezeichnet beim Publikum ankommen konnte. Die akribische Polizeiarbeit sorgt dafür, dem Zuschauer immer ein weiteres Mosaiksteinchen zu liefern, bis sich Zusammenhänge ergeben oder mindestens einmal Hinweise oder Indizien, was sich in Teil 1 jedoch noch nicht zu greifbaren Elementen verhärten wird, da man noch einige Überraschungen vor sich hat. Beim Thema des Unvorhergesehenen tut Hans Quest übrigens gut daran, einen ordentlichen Cliffhanger am Ende der Episode zu etablieren, der das Weiterschauen garantiert. Aller Wahrscheinlichkeit wird es nicht nur bei dem einen Opfer bleiben und der Mörder wieder mit dem Halstuch zuschlagen, bis sich die Schlingen um gewisse Hälse empfindlich zuziehen können. Teil 1 bietet schließlich den perfekten Start für einen ungemein unterhaltsamen Kriminalfall.

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Prisma
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Re: DAS HALSTUCH - HANS QUEST

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● DAS HALSTUCH | ZWEITER TEIL (D|1962) [TV]
mit Heinz Drache, Gardy Granass, Dieter Borsche, Albert Lieven, Eckart Dux, Erica Beer, Hellmut Lange, Christian Doermer, Erwin Linder, u.a.
eine Produktion des Westdeutschen Rundfunk
Regie | Hans Quest

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Nachdem die Tatwaffe in Form eines Halstuches in einem gewöhnlichen Geigenkasten gefunden wurde, laufen die Ermittlungen von Inspektor Yates (Heinz Drache) auf Hochtouren. Akribisch trägt er Informationen zum Tathergang zusammen, befragt dabei Personen, die mit der Ermordeten in Kontakt gestanden haben. In der Zwischenzeit versucht der schwer belastete Geschäftsmann Clifton Morris (Albert Lieven) Spuren und mögliche Beweise gegen ihn zu beseitigen, doch schon bald steht er vor dem nächsten Problem, denn er wird mit einer Erpresserin konfrontiert, die etwas gegen ihn in der Hand zu haben scheint...

Kaum hat das Publikum den ersten spannenden Cliffhanger dieses Sechsteilers mit erleben dürfen, steigt der natürliche Impuls, des Rätsels Lösung so schnell wie möglich kennenlernen zu wollen, immerhin ist die doch extravagante Mordwaffe an einem völlig bizarren Ort und für so manchen zu einem völlig unglücklichen Zeitpunkt aufgetaucht. Krimi-Kenner und der aufmerksame Fuchs der Polizei lassen sich nicht so schnell täuschen, denn das Halstuch wirkt doch arg platziert, aber nur so wird sich der Verlauf immer weiter zum Mörder bahnen, der offensichtlich keinerlei Skrupel kennt. Bislang stellte Regisseur Hans Quest wichtige Schachfiguren dieses Durbridge'schen Spiels vor, doch es kommt im zweiten Teil zu bedeutenden Erweiterungen im Personen-Karussell. Dieter Borsche, Erica Beer oder Gardy Granass betreten das Szenario und bieten unterschiedliche Eindrücke an, die teils undurchsichtig erscheinen, aber auch aufrichtig beziehungsweise hilfreich. Die Suche nach dem Täter wird durch einen aufmerksamen Inspektor Yates forciert, was Albert Lievens hervorragend interpretierten Part als Tatverdächtigen auf den Plan bringt. Thematisch erscheint alles recht gut ausbuchstabiert zu sein, die Verdächtigen winden sich hin und her, die Unverdächtigen erschienen naturgemäß nicht vertrauenswürdig, und den guten Seelen muss man nur genau zuhören, um wichtige Hinweise zu erhalten. Falsche Fährten werden bewusst und transparent gelegt, doch das Motiv liegt in diesem frühen Stadium noch völlig im Dunkeln. Ein weiteres Hauptaugenmerk liegt auf der Arbeit der Polizei, die unaufgeregt und beinahe unprätentiös vonstattengeht, wenn Heinz Drache nicht hin und wieder sein Terrain markieren würde. Interessant ist das Zusammenspiel zwischen ihm und seiner Film-Ehefrau Gardy Granass, die zwischen den anstehenden Haushaltspflichten eine gute und zuverlässige Ratgeberin zu sein scheint.

Ihr Mann scheint immer im Dienst zu sein, was vielleicht auch an dem außerordentlichen Kriminalfall liegen mag, aber sie tritt ihm mit Verständnis gegenüber, erntet dadurch eine hin und wieder eigenartig väterlich wirkende Form der Zuwendung. Dennoch handelt es sich bei beiden Interpreten um eine gute Wahl für das harmonisch wirkende Gespann, welches scheinbar keine große Relevanz eingeräumt bekommt. Yates beißt sich an dem wohlhabenden, versnobt und völlig unkooperativ wirkenden Clifton Morris fest, hört sich von Dieter Borsche quasi ein Fließband von teils unschönen Nebensätzen an, kommt kurz mit anderen Zeugen ins Gespräch und ordnet das Geschehen, indem er sich nicht in die Karten schauen lässt. Folge 2 dient zur Justierung der Vorgänge und Personen und lässt alle Möglichkeiten offen erscheinen, zumal sich Aggressionen, Konspirationen und Täuschungsmanöver herauskristallisieren, die auch für das Publikum zu größeren Denkaufgaben werden können. Aber genau das macht den großen Reiz dieser recht konservativ im Bilde festgehaltenen Veranstaltung aus, kann den Namen Straßenfeger also zurecht für sich reklamieren. Yates' Erhebungen wirken gut durchdacht und man zieht es durchaus in Erwägung, dass er einige versteckte Fallen stellt, die allerdings noch nicht sichtbar sind. Der Mörder dürfte unterdessen auch alles daran setzen, falsche Spuren zu legen und brandheiße zu verwischen, außerdem liegt der nächste Mord förmlich in der Luft. Gefährdet erscheinen zahlreiche Beteiligte, verdächtig selbstredend auch, doch in diesem eher noch frühen Stadium der Geschichte bleiben unterm Strich Mutmaßungen und Ratespiele zurück. Dieser dialoglastige zweite Teil sollte dennoch aufmerksam verfolgt werden, denn wichtige Verdächtige werden in den Ring geworfen und manche Nebensätze haben das Potenzial, zu heißen Spuren zu werden. Ein rätselhafter Cliffhanger baut zudem eine solide Brücke zur nächsten Episode.

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