DIE GRUFT MIT DEM RÄTSELSCHLOSS - Franz Josef Gottlieb

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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DIE GRUFT MIT DEM RÄTSELSCHLOSS - Franz Josef Gottlieb

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● DIE GRUFT MIT DEM RÄTSELSCHLOSS (D|1964)
mit Harald Leipnitz, Judith Dornys, Harry Meyen, Rudolf Forster, Werner Peters, Ernst Fritz Fürbringer, Siegfried Schürenberg,
Ilse Steppat, Vera Tschechowa, Harry Wüstenhagen, Kurt Waitzmann, Herbert Knippenberg sowie Klaus Kinski und Eddi Arent
ein Rialto Film Preben Philipsen | im Constantin Filmverleih
ein Film von Franz Josef Gottlieb

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»Fragen Sie nicht mein Kind. Mr. Real erwartet Sie!«


Der ehemalige Spielhöllenbesitzer Real (Rudolf Forster) will sein gesamtes Vermögen der jungen Kathleen Kent (Judith Dornys) vermachen, Tochter eines ehemaligen Croupiers bei Real, der sich vor Jahren das Leben nahm, weil sein Chef ihn zu Grunde richtete. Aus Reue lässt er dessen Tochter nach London kommen um sie über das neue Testament zu unterrichten. Seine ehemaligen Mitarbeiter wollen ihm allerdings einen Strich durch die Rechnung machen und fangen die Millionenerbin bereits am Bahnhof ab. Connor (Ernst Fritz Fürbringer), der Chef dieser Gruppe, versucht einen Deal mit Kathleen auszuhandeln, um an einen Teil des Vermögens zu gelangen, welches sich in Reals Haus in einer Gruft befindet, die einem Hochsicherheitstrakt gleicht. Aber der Weg dorthin birgt tödliche Fallen, doch Connors Truppe dezimiert sich auch ohne Reals mörderische Spielereien, da ein Phantom einen nach dem anderen aus dem Hinterhalt abknallt. Inspektor Angel (Harry Meyen) von Scotland-Yard steht vor einem schwierigen Rätsel...

Dieser neunzehnte Edgar Wallace-Film, und nach "Der Fluch der gelben Schlange" und "Der schwarze Abt" dritte Beitrag des Regisseurs Franz Josef Gottlieb, stellt innerhalb der langjährigen Reihe keinen besonders großen Wurf dar, hatte er mit bis dahin nur 1,3 Millionen Kino-Besuchern doch die schwächste Resonanz zu verbuchen. Die Gründe dafür sind wohl hauptsächlich in den Bereichen der neu strukturierten Besetzung und der streckenweise sehr umständlichen Inszenierung zu finden. Der Verlauf erweist sich als ziemlich eigenwillig, jedoch nicht in dem gewünschten Ausmaß, um neue Akzente zu setzen. So sieht man es dieser Produktion von Anfang bis Ende an, dass die neue Gewürzmischung zwar vorhanden ist, aber einfach nicht wie gewollt oder erhofft zünden kann, da innerhalb der Geschichte zu zahlreiche Widerstände aufgebaut werden, die klumpig wirken. Die Erzählstruktur transportiert somit zu viel an Hektik, die selbst die nur spärlich vorhandenen spannenden Passagen unterwandert. Leider ist das Thema um das Millionenerbe des alten Real nicht besonders originell, sodass auch das gut gemeinte Säbelrasseln der Regie in vielen Sequenzen untergeht, oder sogar über das Ziel hinaus schießt. Insgesamt vermisst man neben allen offensichtlichen Unterhaltungs-Ambitionen daher eine notwendige Dosierung, und Vieles wirkt hier einfach etwas zu dick aufgetragen. Bei aller Kritik verfügt "Die Gruft mit dem Rätselschloss" natürlich auch über besondere Momente und Vorteile, die sich vor allem im visuellen Bereich finden lassen. Etliche Schauplätze kommen besonders gut an, insbesondere die geheimnisumwobene Mühle. Vor allem im Bereich der Bildkompositionen kann eine sehr ansprechende Gestaltung ausgemacht werden, die im Spektrum der Wallace-Filme in der oberen Kategorie anzusiedeln ist, auch wenn einige Bauten wie die Gruft eher verspielt wirken. Zumindest für heutige Begriffe. Leider geht dieses insgesamt gute Gespür in einer wenig extravaganten Geschichte unter und viele Sequenzen wirken künstlich daher gestreckt, bis sich endlich die zündenden Zusammenhänge ergeben.

Was im nachfolgenden Film "Der Hexer" für Furore sorgen sollte, nämlich eine beispiellos wirkende Doppelspitze der männlichen Hauptrollen, hätte dieser Produktion auch sehr gut gestanden. Dabei ist es weniger von Belang, wie die Anlegung der jeweiligen Rolle im Szenario zu funktionieren hat, sondern ob eine entsprechende Augenhöhe ausfindig gemacht werden kann. Harald Leipnitz und Harry Meyen hätten in diesem Zusammenhang deutlichere dramaturgische Konturen bekommen können, um das aufkommende Ungleichgewicht nicht zu schwerwiegend in den Raum zu stellen. Der anscheinend freundschaftliche Umgang der beiden stellt eigentlich eine hervorragende Basis für potentielle Überraschungen für den Zuschauer dar, doch leider geht Inspektor Angels Puffer-Funktion zwischen den Fronten nicht besonders gut auf und das gute Ausgangsmaterial verpufft klammheimlich am Rande. Der Mut zur alternativen Besetzung bei den Hauptrollen wird insgesamt durch ungünstige Positionierungen der Charaktere vertan, sodass der Eindruck einer zweiten Garnitur entsteht, die den Film schlussendlich prägt. Zu Harald Leipnitz' Interpretation bleibt zu sagen, dass er in der Edgar-Wallace-Reihe eine seiner besten Leistungen anbietet, auch wenn der zwielichtige Charakter des Jimmy Flinn nur bedingt funktionieren will. Die aus Ungarn gebürtige Kanadierin Judith Dornys, deren Karriere leider nur mit wenigen Highlights gespickt ist und die ihren Schwanengesang in einigen "Frau Wirtin"-Filmen hatte, wirkt dem Empfinden nach austauschbar und gibt der bedrohten Millionenerbin zu wenige Konturen. Selten wirkt die Bedrohung massiv, außerdem will das Kidnapping, welches im Endeffekt eher eine unfreiwillige Unterbringung in einer Art Hotel zu sein scheint, mit all dem belanglosen Hin und Her einfach nicht den Drive aufnehmen, der offensichtlich anvisiert war. An der zierlichen und sympathisch wirkenden Kathleen Kent ist im Endeffekt vielleicht weniger darstellerisch etwas auszusetzen, als dass man sich einfach mehrere größere Momente für sie gewünscht hätte.

Interessantere Darbietungen liefern definitiv Rudolf Forster als Real und Ernst Fritz Fürbringer als Banden-Chef Connor, die beide richtig auftrumpfen dürfen. Zwar weht auch um diese Rollen ein Hauch des Klichees, aber die schauspielerischen Finessen halten durchaus bei der Stange. Forster, den man leider in seinem Wallace-Gastspiel sieht, kann schließlich mit Dominanz überzeugen. Seine Rolle offeriert gerade zu Beginn einen doppelten Boden und es sind ansprechende ironische Untertöne wahrzunehmen. Im weiteren Verlauf verliert der eigentlich gut aufgebaute Charakter des Real an Bedeutung, bis beinahe nur noch sentimentale Tendenzen vorhanden sind, die am Mythos der Figur des rücksichtslosen Real rütteln. Sein Widersacher Connor wirkt unterschwellig skrupellos, doch dieser Eindruck wird immer wieder durch seine eigenen Komplizen unterwandert. Dem Empfinden nach handelt es sich nämlich um eine bunt zusammen gewürfelte Truppe, die zu viel Zeit zur Verfügung hat. Eine gute Voraussetzung für das Auftauchen des geheimnisvollen Mörders, der Connors Gefolgschaft im Sinne von Kanonenfutter dezimieren darf. Erwähnenswert ist auf jeden Fall noch Rechtsanwalt Spedding, ein Lakai der nur auf den richtigen Moment warten wird, um ebenfalls an Reals Eingemachtes zu kommen. Die Darstellung durch Werner Peters ist gewohnt dicht, und der Schauspieler vermag es immer wieder, seinen Personen zwielichtige Noten zu verleihen sowie Abscheu und tiefstes Misstrauen hervorzurufen. Bei Siegfried Schürenbergs Sir John ist bei jedem seiner Auftritte wahrzunehmen, dass er an dieser Rolle nach Belieben feilen konnte. Seine Hektik ist bereits hier legendär, er wirkt mürrisch und gereizt bei Komplikationen, die sich ohnehin wie ein roter Faden durch "Die Gruft mit dem Rätselschloss" ziehen. Was Eddi Arent angeht, so ist er hier nach persönlichem Ermessen kaum zu verschmerzen. Sein gebetsmühlenartiger Humor verlangt Durchhaltevermögen ab, sodass er der Geschichte leider hauptsächlich schadet. Erwähnenswert sind zudem die kleineren Auftritte von Vera Tschechowa und Ilse Steppat, die beide eine hohe Präsenz aufbauen, was ein überaus zwielichtiger Klaus Kinski am nachhaltigsten schafft. Er schleicht durch die Kulissen und ist nicht zuzuordnen, ein wortloser Auftritt wirkt dabei sehr beunruhigend.

Was wäre ein echter Wallace-Film ohne eine besondere Besetzung? In dieser Hinsicht weiß "Die Gruft mit dem Rätselschloss" schon zu überzeugen, auch wenn es letztlich der Vergleich innerhalb des Wallace-Universums ist, der Gottliebs Film ein wenig zusetzt. Der Wille, diesen neunzehnten Beitrag mit neuen Impulsen anzureichern, scheint allgegenwärtig zu sein, aber unterm Strich zeigt das Ergebnis doch lediglich eine recht durchschnittliches Ergebnis. Was man Gottliebs Inszenierungen generell zu Gute halten muss, ist eine Art verspielter Detail-Verliebtheit und ein angenehmes, experimentelles Vorgehen, was wiederum besonders bei den vielen spektakulären Kamera-Einstellungen geltend gemacht wird. Ein Gespür für die Geschichte ist durchaus zu sehen, aber den Unterschied machen einfach viele Feinheiten aus und es offenbaren sichz Ungereimtheiten in der Feinabstimmung, sodass diese Produktion sich Vergleiche gefallen lassen muss. Positiv zu erwähnen ist die Prätitel-Sequenz, die mit einem gelungenen Film-im-Film-Ereignis überzeugen, bei der Erst-Ansicht sogar überraschen kann, und auch der erste Mord im Kino wirkt über die Projektionsfläche Vera Tschechowa sehr aufwühlend. Der Vorspann präsentiert aussagekräftige Szenenbilder, was sich stets als gutes Stilmittel bewiesen hat, und die Musik von Peter Thomas ist vielleicht nicht seine Beste, bleibt aber insbesondere in Verbindung mit gewissen Bildern in Erinnerung. "Die Gruft mit dem Rätselschloss" transportiert einen recht klaren und durchstrukturierten Ablauf, der aber leider oft zu herkömmlich bleibt. Zu spannungsarm und kopflastig wirkt die Architektur und zurück bleibt bestenfalls eine kurzweilige Angelegenheit, die allerdings immer wieder per Holzhammer-Methode durch Eddi Arents ungezügelte Humor-Einlagen gestört wird. Unterm Strich bleibt schließlich ein Film zurück, der seinen berüchtigten Stellenwert im Sinn von Durchschnittsware mit kleineren Farbtupfern in schönen Bildern nicht umsonst auferlegt bekommen hat. Für Zustimmung sorgt dann eher die wallacewürdige Besetzung, die als augenscheinlich zweite Garnitur für begrüßenswerte Momente sorgen kann, um sich in höhere Sphären zu spielen. Insgesamt gesehen findet sich diese Produktion in der langjährigen Reihe daher zurecht auf den hinteren Rängen wieder.

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