DIE PYRAMIDE DES SONNENGOTTES - Robert Siodmak

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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DIE PYRAMIDE DES SONNENGOTTES - Robert Siodmak

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● DIE PYRAMIDE DES SONNENGOTTES / I VIOLENTI DI RIO BRAVO / LES MERCENAIRES DU RIO GRANDE (D|I|F|1965)
mit Lex Barker, Michèle Girardon, Gérard Barray, Rik Battaglia, Theresa Lorca, Alessandra Panaro, Gustavo Rojo,
Jean-Roger Caussimon, Kelo Henderson, Antun Nalis, Hans Nielsen, Willy Egger, Jeff Corey und Ralf Wolter
eine Produktion der cCc Filmkunst | Serena | Franco London Films | Avala Film | im Gloria Filmverleih
ein Film von Robert Siodmak

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»Ich zahle nur in einer Währung!«


Der abtrünnige Hauptmann Verdoja (Rik Battaglia) und seine Bande überfallen die Hacienda von Don Pedro Arbellez (Hans Nielsen), um Doktor Sternau (Lex Barker) gefangenzunehmen. Die überlebenden Geiseln werden in "Die Pyramide des Sonnengottes" verschleppt, wo der sagenhafte Aztekenschatz verborgen liegen soll. Aber Dr. Sternau kann entkommen und die Suche gestaltet sich schwieriger als erwartet. In der Zwischenzeit bemüht sich Don Alfonso (Gérard Barray) um die Aztekenprinzessin Karja (Theresa Lorca), um ihr das Geheimnis zu entlocken, wo sich der Schatz verbirgt. Ein regelrechtes Goldfieber bricht aus, bei dem die Gefahr besteht, von seinen eigenen Komplizen betrogen zu werden...

Hilfreiche Erklärungen, imposante Bildstrecken und ein sich insgesamt zum Ende hin sammelnder Verlauf konnten den Vorgängerfilm als wegweisend für eine spannende Fortsetzung empfehlen. Wenn man so will, ist "Der Schatz der Azteken" als Horsd’œuvre zu bezeichnen und weist schmackhaft darauf hin, was dem interessierten Zuschauer noch bevorsteht. Robert Siodmaks Arbeit wurde seinerzeit lediglich in den deutschsprachigen Ländern und der Tschechoslowakei in zwei Teilen in die Kinos gebracht. Ansonsten bescherte man den Kinogängern eine zu einem Film komprimierte Schnittfassung. Als Nachfolger widersetzt sich "Die Pyramide des Sonnengottes" dem weit verbreiteten Mythos, dass Fortsetzungen in der Regel das Nachsehen haben, wobei die Eindrücke in diesem Fall aber gegenteilig sind. Vielleicht könnte man überspitzt sagen, dass Siodmak einen kompletten Film zugunsten einer stärkeren Fortsetzung verheizte, um schlussendlich die geballte Ladung präsentieren zu können. In der Tat ist das Angebot hier reichhaltiger; ein Eindruck, der sich bereits nach kurzer Spieldauer etablieren wird, was den ersten Teil jedoch keineswegs abwerten soll. Vielmehr ergeben die gesammelten Impressionen ein Panorama der gehobeneren Klasse und es geht spannender, drastischer, vergleichsweise sogar dramatischer zu. Mit nahezu identischem Stab und der gleichen Besetzung etabliert sich logischerweise ein hoher Wiedererkennungswert und eine willkommene Abgrenzungstaktik zu Konkurrenzfilmen, da Lex Barker für Hauptrollenverhältnisse eher sporadisch zu sehen ist und die größere Bühne Kollegen wie Rik Battaglia, Theresa Lorca, Gérard Barray oder Michèle Girardon überlassen wird. Diese Tatsache wirkt wider Erwarten sogar erfrischend, da ein packendes Kräftemessen inszeniert werden kann, was zu mehr Spannung und weniger Vorhersehbarkeit führt. In der Saison 1965 konnte sich der Film übrigens in den Top Ten der erfolgreichsten deutschen Filme auf Platz 9 platzieren.

Bei den Charakteren bilden sich auffällige Fraktionen und Allianzen, die von ihrem Ursprung her jedoch hauptsächlich als unzuverlässig im Rahmen der Vertrauenswürdigkeit dargestellt werden. Zumindest in den meisten Fällen. Durch die Gier und Niederträchtigkeit vieler der Beteiligten wird sich der Kreis schnell schließen, aber nicht ohne Opfer zu fordern, sowohl für die Gerechtigkeit als auch die Ungerechtigkeit. Häufig fängt die Kamera in diesem Zusammenhang Eindrücke ein, die empfindlich berühren und teils wirklich schockieren können, doch der Sonnengott "Montezuma" wird sich blutrünstige Rache vorbehalten. So hofft man zumindest. Das Verlangen nach Gold und Macht hat schon in ganz anderen Filmen für zahlreiche Katastrophen gesorgt und kehrt die Marschrichtung aus "Der Schatz der Azteken" ein wenig um. Klassische Elemente des Abenteuerfilms verbannen ein paar starre und schwerfällige Elemente, die zuvor auffälliger zu erkennen waren. Mehr Action, Tempo, perfide Veranschaulichungen sowie rücksichtslose Vorgehensweisen der Gangster sorgen für einen ordentlichen Spannungsbogen. Von darstellerischer Seite sind in "Die Pyramide des Sonnengottes" insbesondere Rik Battaglia, Michèle Girardon und Theresa Lorca zu nennen, die den turbulenten Verlauf mehr als alle übrigen Interpreten prägen und sogar tragen können,um charakteristisch für das Tauziehen zwischen Gut und Böse zur Verfügung zu stehen. Battaglia übertrifft sich dabei in einer Art Paraderolle selbst und wirkt wie der Inbegriff der Verworfenheit. Hierbei wirkt es wie selbstverständlich, dass er die Verachtung des Zuschauers und den Hass etlicher Widersacher ganz zielstrebig auf sich zieht, doch einem Zeitgenossen wie ihm ist es gleich, da es sein Lebenselixier darstellt. Viele werden an ihm scheitern und noch einmal so viele wird er ins Jenseits befördern, doch man hofft auf das Gesetz des Films: nämlich, dass ihm ein möglichst qualvolles Ende bevorsteht.

Mademoiselle Girardon hingegen agiert aus dem Hinterhalt und setzt die Waffen einer Frau gewinnbringend ein. Insbesondere Konkurrenten nimmt sie dabei akribisch ins Visier und zur Verwirklichung ihrer Ziele macht sie sich zur Dirne, wenngleich zu vermuten ist, dass sie nie etwas anderes war. In diesem Kontext legt sie ihren Preis selbst fest: »Wer das Gold hat, hat auch die Frau!« Die damaligen Kritiken gingen hauptsächlich eindeutig, beziehungsweise hart mit Robert Siodmaks Werk ins Gericht und bei den wenigen positiv hervorgehobenen Aspekten wird vor allem Michèle Girardons Darbietung erwähnt. Ihre Präzisionsleistung wird zusätzlich von Eva Katharina Schulz perfektioniert, ihrer deutschen Synchronstimme. Theresa Lorca bedient die entgegengesetzte Seite sehr überzeugend und wird genau wie Girardon eine Art tragische Schlüsselfigur des Szenarios. Übrigens lernte die ehemalige spanische Flamencotänzerin Lorca ihren späteren Ehemann Gérard Barray bei den Dreharbeiten kennen, den sie noch im gleichen Jahr heiratete. "Die Pyramide des Sonnengottes" setzt insgesamt mehr auf Spektakel und Verstrickungen, kann daher einen ansprechenderen Unterhaltungswert bieten, was die hauseigene aber auch externe Konkurrenz in die zweite Reihe verweisen kann. Als Motor fungiert das Großthema Goldfieber, ein Begriff, der eine vorprogrammierte Katastrophe in sich trägt. Zahlreiche Twists und ein hoher Bodycount kündigen ein packendes Finale an, das dem Vernehmen nach nur unter widrigen Umständen abgedreht werden konnte, wie viele andere Szenen übrigens auch. Die Frage, ob "Montezuma" der Gerechtigkeit zum Sieg verhelfen kann, wenn zahlreiche Sympathieträger längst in die ewigen Jagdgründe eingegangen sind, wird sich schließlich eindrucksvoll herausstellen. Einige Ungereimtheiten sind unter der Regie von Siodmak offensichtlich und daher nicht zu leugnen, aber im Orbit der May-Verfilmungen kann dieser zweite Teil den Platzhirschen der Rialto insgesamt doch ernsthafte Schwierigkeiten bereiten.

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Prisma
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Re: DIE PYRAMIDE DES SONNENGOTTES - Robert Siodmak

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● MICHÈLE GIRARDON als JOSEFA in
DIE PYRAMIDE DES SONNENGOTTES (D|I|F|1965)



»Ich zahle nur in einer Währung!« Vollmundig und nahezu gebieterisch ist dieser Satz von der geheimnisvoll wirkenden Dame zu hören, die ihre Krallen offensichtlich immer dann ausfährt, sobald sie plumpe Avancen ohne ein lukratives Angebot gemacht bekommt. Da sie ganz in Schwarz gehüllt in Erscheinung tritt, vermittelt sie unweigerlich den Eindruck einer hinterhältigen schwarzen Witwe, denn wie sich noch herausstellen wird, verspeist sie ihre Männer in der Tat nach Belieben. Josefa ist intrigant und eiskalt berechnend, ihr Einsatz ist die außergewöhnliche Attraktivität und eine auffällige Leichtfertigkeit Männern gegenüber, die dieser Spinne stets ein volles Netz garantiert. Die passende Aura bekommt die dirnenhaft wirkende Frau von der französischen Darstellerin Michèle Girardon verliehen, und es werden sich zahlreiche Kostproben ihres breiten Repertoires zeigen. Integriert als nicht zu unterschätzende Gefahr, spielt sie ein unbarmherziges Schachspiel nach eigenen Regeln, kollaboriert dabei am liebsten mit den ranghöchsten Offizieren und ist zu jedem erdenklichen Bauernopfer bereit. Die feuerrote Josefa gefällt sich darin, ihrem Temperament freien Lauf zu lassen und legt keinen Wert auf unnötige Worte und zeitaufwändige Höflichkeiten. Sie kommt stets direkt zum gleichen Punkt, da sie alles und jeden wie ein Geschäft behandelt. Konträr zu einem heißblütig wirkenden Wesen stehen ihre kalten Augen, die ihre Beute gleichzeitig fixieren und gewissermaßen hypnotisieren können, denn sie als Frau verspricht sich jedem Mann der ihr nützlich sein kann selbst als Trophäe. Michèle Girardon ist sowohl in "Der Schatz der Azteken" als auch in der starken Fortsetzung "Die Pyramide des Sonnengottes" zu sehen und insbesondere in der zweiten Etappe des Szenarios lässt sie ihre glücklicherweise ausgiebiger in den Fokus gerückten Sequenzen zu einem denkwürdigen Erlebnis werden.

Ausgestattet mit der gesamten Palette eines sehr klassischen Darbietungsstils im Rahmen von Gestik und Mimik, bleibt sie als eine der überzeugendsten Interpreten in Robert Siodmaks Film in lebhafter Erinnerung. Das deutsche Synchronstimmen-Kaliber Eva Katharina Schulz verleiht Josefa die richtige Stimmfärbung, sodass sie ihre Intervalle nicht nur über ihre außergewöhnliche Präsenz, sondern auch verbal dominieren kann. In beiden Teilen bewegt sie sich zielsicher in der Ruhe vor dem Sturm, aber auch in größten Turbulenzen, was den Eindruck ihrer Unnahbarkeit nur unterstreichen möchte, jedoch sind Charaktere wie sie prädestiniert dafür, nicht nur die Verschlagenheit, sondern im Endeffekt auch die Tragik zu bedienen. Als Mätresse des Bösen ist sie zu jeder Koalition und jedem Pakt bereit, kennt dabei aber keinerlei Loyalität oder Skrupel. Dem Empfinden nach würde die sich nahezu katzenartig bewegende Dame jederzeit ihre eigene Großmutter verkaufen, wenn sie denn jemals eine gehabt hätte. Das Markieren zusätzlicher Akzente geschieht durch die hochwertige Garderobe und Maske. Ob in feinsten Roben oder Reitmontur mit Gerte; Josefa koppelt zu jeder Zeit unwiderstehliche Verführung mit brutaler Dominanz, was sie zusätzlich gefährlich erscheinen lässt. Ihre Hände macht sie sich allerdings nie selbst schmutzig, zumal sich liebestolle Lakaien freiwillig in ihre Dienste stellen. Michèle Girardon brilliert sozusagen im Zeichen des Bösen und wird zu einem der Aushängeschilder dieser Produktionen, in denen ihre schauspielerische Raffinesse herausragt und die Messlatte hoch ansetzt. Leider umfasst die Filmografie der aparten Französin nur 35 Produktionen, da sie sich im Alter von nur 36 Jahren das Leben nahm. Dementsprechend ist sie wahrscheinlich weniger aus TV und Kino bekannt, fordert nach dieser überragend interpretierten Rolle aber beinahe dazu auf, auch weitere ihrer Darbietungen kennenzulernen.

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Re: DIE PYRAMIDE DES SONNENGOTTES - Robert Siodmak

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Während sich die Karriere des Regisseurs Robert Siodmak langsam aber sicher dem Ende zuneigte, fabrizierte er mit "Der Schatz der Azteken" und der Fortsetzung "Die Pyramide des Sonnengottes" noch einmal zwei sehr interessante Abenteuerfilme. Dieser zweite Teil konnte einen noch deutlicheren Publikumserfolg bei deutschen Kinogängern erzielen als der erste Teil, landete sogar unter den zehn erfolgreichsten Filmen der Saison. Dem Empfinden nach wird hier tatsächlich etwas mehr Drive und Action angeboten, was vor allem von den beteiligten Charakteren ausgeht, die ihre subversiven Kräfte jederzeit bündeln werden, um an den sagenhaften Goldschatz der Azteken zu kommen. Lange sieht es so aus, als würde die Fraktion der Helden immer mehr in sich zusammenschrumpfen, auch Lex Barker erreicht nicht die Präsenz und Screentime, die er und der Zuschauer gewöhnt waren, aber es kommt zu sich überschlagenden Ereignissen, die das Potenzial haben, in Atem zu halten. Der Film verfügt über sehr imposante Schauplätze und Kulissen, auch die episch klingende Musik von Erwin Halletz sorgt für Nachhall und eine Breite des angebotenen Spektrums. Am Ende geht alles sehr schnell, sodass der Eindruck entsteht, es hätte sicherlich noch Material für eine weitere Fortsetzung gegeben, aber auch hier muss alles einmal ein verdientes Ende haben. Das Finale wirkt in der Ausarbeitung eindringlich, nahezu formvollendet, und viele Helden fallen der Dramatik und angemessenen Theatralik zum Opfer, was sich immer als bewährtes Stilmittel herausstellte. "Die Pyramide des Sonnengottes" ist schlussendlich immer gerne gesehen und kann auch blendend funktionieren, ohne sich den ersten Teil vorher anschauen zu müssen.

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