● DER UNHEIMLICHE MÖNCH (D|1965)
mit Karin Dor, Harald Leipnitz, Ilse Steppat, Siegfried Lowitz, Siegfried Schürenberg, Hartmut Reck, Dieter Eppler,
Kurt Waitzmann, Uta Levka, Rudolf Schündler, Kurd Pieritz, Dunja Rajter, Susanne Hsiao, Uschi Glas und Eddi Arent
ein Rialto Film Preben Philipsen | im Constantin Filmverleih
ein Film von Harald Reinl
Die Edgar-Wallace-Reihe hatte seit Bestehen sehr große Kino-Erfolge aufzuweisen, zu denen auch "Der unheimliche Mönch" von Regisseur Harald Reinl zählt, welxher mit diesem Film seinen Abschied von der Serie nahm. Die Resonanz bei diesem Ende des Jahres 1965 gedrehten und bis dato zwanzigsten Rialto Film nach Wallace war wieder einmal hervorragend und konnte weit über 2½ Millionen Zuschauer in die Lichtspielhäuser locken. So zeigte sich, dass die Materie immer noch genügend Potenzial für die großen Würfe herzugeben hatte, wenngleich der Erfolg durch interne Übersättigungs- und Abnutzungserscheinungen oder die breit aufgestellte Konkurrenz aus dem In- und Ausland sicherlich mit für einen Rückgang der Zahlen verantwortlich war. "Der unheimliche Mönch" gilt als einer der letzten großen Klassiker der Reihe und die Gründe hierfür lassen sich vor allem an inszenatorischen und stilistischen Belangen festmachen. Reinls Film verfügt in erster Linie über eine exzellente Atmosphäre und eine herausragende Besetzung, sodass die komplette Spielzeit ein sehr hohes Niveau widerspiegelt. Da es sich um den letzten Schwarzweiß-Wallace der Rialto gehandelt hat, wirkt es tatsächlich so, als habe man noch einmal alle typischen Charakteristika mobilisieren wollen, um die neue Ära der Farbfilme einzuleiten. Interessant ist, dass der Film über einen Farbvorspann verfügt, was sich nicht nur auf bunte Grafiken oder eingefärbte Standbilder bezieht, sondern auch auf das bewegte Bild. Diese kurze Phase, in der der Wagen des Notars ausbrennt, beflügelt die Fantasie insofern, dass man sich vorstellt, wie dieser komplette Film in Farbe gewirkt hätte, was sich allerdings schnell wieder gibt, da das Angebot herrlicher Schwarzweiß-Bilder hier enorm ist, was natürlich auch an den besonderen Schauplätzen liegt. So kommt man in den Genuss von Reinls minutiös und aufwändig arrangiertem Licht- und Schattenspiel rund um das Schloss und die weitläufigen Parkanlagen.
Der Einstieg in den Verlauf wird mit einem tosenden Gewitter und strömendem Regen eingeläutet, außerdem einer umher schleichenden Gestalt, die offensichtlich auf einen richtigen Moment zu warten scheint. Im Inneren des Schlosses hingegen, wartet man ungeduldig auf den Tod, denn immerhin geht es um viel Geld. Man verspürt eine zerreißende Nervosität bei den wartenden Personen, da der Notar zugegen ist, der durch seine Absolution im Handumdrehen Erwartungen und Träume zerplatzen lassen kann. Es erweist sich als eine clevere Idee, das Publikum direkt mit in die neuen Modalitäten einzuweihen, während die unmittelbar betroffenen Herrschaften vor der Türe wie auf heißen Kohlen hin- und hergehen. Die Voraussetzungen ändern sich schlagartig, da der Notar von einem Unbekannten ermordet wird und das soeben geänderte Testament an sich nimmt, welches wenig später als Trumpfass wieder auftaucht, um einen der vielen Handlungsstränge zu bilden. Es ist auffällig, dass es neben der Haupthandlung recht viele Auswüchse zu geben scheint, die das Publikum in Atem halten sollen. So bleibt abzuwarten, ob sich Regisseur Reinl beim Ordnen nicht verheddert, zumal sich noch herausstellt, dass einige Geschehnisse doch recht weit auseinander liegen. In der Zwischenzeit stellt sich die mordlustige Titelfigur selbst eindringlich vor, die ihr erstes Opfer treffsicher mit der Peitsche niederstreckt, um auch Scotland Yard in das Geschehen zu integrieren. Auch hier zeigt sich unmittelbar, welch feines Gespür für atmosphärische Dichte besteht, sodass sich nicht selten das Potenzial zeigt, Gänsehaut aufkommen zu lassen und Schauer über den Rücken zu treiben. Die Titelfigur in der Verkleidung eines Mönchs mag auch auf den zweiten Blick etwas eigentümlich anmuten, allerdings wird diese doch sehr auffällige Maskerade nicht großartig hinterfragt, da man in zahlreichen Wallace-Vorgängern ähnliche Gestalten wahrnehmen konnte, die ihren Dienst am Kunden erfüllten.
"Der unheimliche Mönch" verfügt über eine Premium-Besetzung, die sich innerhalb der Reihe vielleicht in der ewigen Top-5 platzieren kann, da nicht nur hochkarätige Stars geboten werden, sondern auch denkwürdige Präzisionsleistungen. Zwar bewegen sich die meisten Schauspieler in ihren unlängst bekannten Rollenprofilen und brechen in diesem Zusammenhang nicht aus dieser Norm aus, was übrigens auch für manche Interpretinnen gilt, allerdings wird man Zeuge einer exzellenten Schauspielerführung und darf sich an dynamischen Interpretationen erfreuen, zumal das Szenario überwiegend von Wallace-Veteranen beherrscht wird. Repräsentativ für Recht und Ordnung ist Harald Leipnitz in seinem zweiten Wallace'schen Zwischenstopp zu sehen, der die Figur des Ermittlers mit einer angenehm andersartigen Note ausstattet. Ihn umgibt eine völlig neue Form der Sachlichkeit, was vor allem vergleichsweise nicht immer sonderlich sympathisch wirken will, aber langfristig gesehen Achtungserfolge erzielen kann. Harald Leipnitz' Inspektor Bratt stellt dem Empfinden nach sehr klassische Erhebungen an, denen der Zufall auch gerne einmal zur Hilfe kommen darf. An seiner Seite agieren Personen, die wechselseitig überaus konträr wirken, und Bratts Kompetenzen somit immer wieder aktiv in den Vordergrund rücken. Kurt Waitzmann als sein Assistent wirkt somit wie der klassisch-loyale Helfer, der sogar häufig als Stichwortgeber fungiert. So sieht man eine Konstellation von Kollegen, die einander schätzen und erfolgversprechend ermitteln. An deren Seite poltert immer wieder Sir John alias Siegfried Schürenberg herum, der für die humorischen Anteile der Polizeiarbeit und darüber hinaus der kompletten Szenerie verantwortlich ist. Schürenberg konnte sich im Lauf der Jahre als feste Größe in der Serie etablieren, sodass seine unverkennbaren oder eher unkonventionellen Methoden zu den Highlights der jeweiligen Filme werden können, vorausgesetzt man vergibt ihm seinen konfusen Stil, der oft wirkt, als sei er ohne Hand uns Fuß.
Die Riege zwielichtiger Gestalten, Bösewichte oder schwer zu durchschauender Personen wird durch zahlreiche Personen abgedeckt, die wie geschaffen für derartige Parts wirken. So können Siegfried Lowitz, Hartmut Reck und Dieter Eppler Teile der Familie zeichnen, mit der man lieber nichts zu tun hätte. Insbesondere Lowitz übertrifft sich hier in der Rolle des skrupellosen Anwalts selbst und liefert bei seinem Ausstand seine vielleicht beste Wallace-Performance. Rudolf Schündler und Kurd Pieritz runden den Kreis der Verdächtigen gekonnt ab und Eddi Arent fällt durch wohldosierten Humor auf, außerdem durch Facetten, die er insbesondere im Umgang mit der anmutigen Weiblichkeit nicht oft zeigen durfte. Eine herausragende Interpretation bietet Ilse Steppat an, die das Publikum zu uneindeutigen Eindrücken verleitet. So entfaltet sich eine Aura zwischen vorsichtiger Sympathie und dem natürlichen Verlangen nach Sicherheitsabstand. Steppats Fähigkeiten können eher als Schauspielkunst klassifiziert werden, denn sie liefert einige Lehrstunden in Sachen Aura, Gestik, Mimik und Dominanz. Bleibt man bei den Rollen, die innerhalb der Reihe vielleicht mit die schönsten und intensivsten waren, so muss unbedingt auch Karin Dor Erwähnung finden, die hier eine der seltenen Gelegenheiten bekam, einen Wallace-Film namentlich in den Titel-Credits anzuführen. Ihre Gwendolin wirkt wie ein Prototyp der sympathischen Erscheinung, die alle Erwartungen, Wünsche und Projektionsflächen des Publikums miteinander vereint. Als geprellte Erbin, die immer mehr in Bedrängnis durch ihr Umfeld gerät, werden pauschal alle Beschützerinstinkte aktiviert, und es ist interessant einen unbekannten Beschützer an ihrer Seite zu wissen. Eine obligatorische Liaison mit dem Ermittler will daher weniger zünden, zumal sie eigentlich unnötig wirkt, bekommt man doch eine bodenständige Frau zu sehen, die teils sogar desillusioniert wirkt. Dor überrascht und überzeugt jedenfalls mit einer reifen Vorstellung, die in lebhafter Erinnerung bleibt.
Wie erwähnt verfügt "Der unheimliche Mönch" über einige separat voneinander ablaufende Handlungsstränge, von denen sich einige spektakulär treffen, andere jedoch abrupt fallen gelassen werden, was sich insbesondere im letzten Drittel des Verlaufs herauskristallisiert. Weniger schlimm als auffällig ist somit von einigen Angelegenheiten nicht mehr die Rede. Gravierender erscheint das plötzliche Wegfallen gewisser Personen wie beispielsweise Ilse Stappat, über deren Verbleib oder Schicksal man nichts Weiteres mehr erfährt, da das Hauptaugenmerk nur noch auf der Überführung des Mönchs liegt. Bei genauer Betrachtung lassen sich einerseits tatsächlich mehrere dramaturgische Ungereimtheiten finden, allerdings sind sie gerade bei diesem Film sehr leicht zu vergeben, da man auf der andren Seite so viel in diesem teils unheimlich wirkenden Unterhaltungsspektakel geboten bekommt. Hinzu kommt ein Finale, das mit besonderen Überraschungen aufwarten kann, da man sich offenkundig gegen das Gesetz der Serie positioniert. So lassen sich die fadenscheinigen Erklärungen und nahezu hellseherischen Fähigkeiten Inspektor Bratts wesentlich leichter wegstecken, als es unter normalen Umständen der Fall gewesen wäre. Der Film zeichnet sich im Endeffekt nicht nur durch seine Bildgewalt, Variation und Dynamik aus, sondern auch durch die exzellente Musik von Peter Thomas, die verlässlicher Begleiter sowie Verstärker für Stimmungen und Geschehnisse aller Couleur wird. Die aufwändige Inszenierung wird außerdem durch die Wahl der Schauplätze unterstrichen. So ist das im neugotischen Stil errichtete Schloss Hastenbeck als Schloss Darkwood eine der besten Standortwahlen der kompletten Reihe geworden, außerdem wurde an Originalschauplätzen in London gedreht. Harald Reinl bietet erneut ein Komplettpaket an, von dem man nach Beendigung des Films sagen darf, dass es sich um einen Wallace handelt, wie man ihn sich vorstellt und dass es schade ist, dass der gebürtige Österreicher keinen Farbfilm zur Reihe beisteuerte.