DER SCHWARZE ABT - Franz Josef Gottlieb

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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DER SCHWARZE ABT - Franz Josef Gottlieb

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● DER SCHWARZE ABT / LE CRAPAUD MASQUE (D|F|1963)
mit Joachim Fuchsberger, Grit Boettcher, Dieter Borsche, Charles Regnier, Eva Ingeborg Scholz, Werner Peters,
Alice Treff, Harry Wüstenhagen, Friedrich Schoenfelder, Kurd Pieritz sowie Eddi Arent und Klaus Kinski
ein Rialto Film Preben Philipsen | Les Films Jacques Leitienne | im Constantin Filmverleih
ein Film von Franz Josef Gottlieb

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»Glauben Sie mir, er wartet auf uns!«


Englische Zeitungen berichten von einem Mord in den Ruinen der Abtei von Fossaway, in denen der Jagdverwalter Smooth (Kurd Pieritz) tot aufgefunden wurde. Für das Verbrechen soll angeblich das Gespenst der Gegend verantwortlich sein, und tatsächlich schleicht der sogenannte schwarze Abt nachts durch die alten Gemäuer. Inspektor Puddler (Charles Regnier) und sein Assistent Horatio (Eddi Arent) nehmen die Ermittlungen auf und quartieren sich im Schloss des zwielichtigen Lord Chelford (Dieter Borsche) ein, welcher seine ganze Zeit damit verbringt, den sagenumwobenen Goldschatz der Familie zu finden. Doch auch andere Gestalten werden auf dieses unschätzbare Vermögen aufmerksam und treiben sich fortan in der Gegend herum. Als das nächste Verbrechen geschieht, vermutet Inspektor Puddler zurecht, dass die Morde der Gegend mit dem Schatz zu tun haben könnten...

Mit "Der schwarze Abt" wurde bereits die bereits fünfzehnte Edgar-Wallace-Verfilmung der Nachkriegszeit ins Rennen geschickt, mit dessen Inszenierung Regisseur Franz Josef Gottlieb beauftragt wurde. Es kann direkt betont werden, dass der Österreicher ein wahrer Spezialist für atmosphärische Dichte ist, was man in dieser Produktion nahezu pausenlos spüren kann, zumindest einerseits. Auf der anderen Seite ist Gottlieb für den Kriminalfilm-Bereich allerdings auch recht bekannt dafür gewesen, diverse Stilbrüche zu begehen. So lassen sich immer wieder dramaturgische Ungereimtheiten und schlecht dosierte Phasen der Stringenz wahrnehmen, sodass seine Beiträge zwar eine große Anhängerschar aufweisen können, letztlich allerdings als keine großen Klassiker gelten. Auch hier wirkt die Geschichte zunächst stimmig und trotz des behäbigen Erzähltempos packend genug, um bei der Stange halten zu können, doch dieses Niveau wird leider nicht mehr präzise im letzten Drittel des Verlaufs aufrecht erhalten, bis sich zwischen all dem Nebel und der Dunkelheit insbesondere zum Finale hin viel zu viele verworrene Elemente einschleichen und wichtige Fragen dem Empfinden nach offen bleiben. Dieser Eindruck legt sich beim mehrmaligen Anschauen in einem beruhigenden Ausmaß, jedoch dürfte es die Erst-Ansicht des Films bleiben, die über ihn entscheidet, vor allem, wenn sie nicht vollkommen zufriedenstellend verläuft. Im Grunde genommen hat man es mit einem Wallace reinster Seele zu tun, der alle Zutaten aufweist, die die Serie bekannt und beliebt gemacht haben. Bereits der Einstieg in dieses Grusel-Märchen ist perfekt gelungen, wenn man den ersten Mord des umher schleichenden Abtes in den Ruinen der Abtei verfolgen kann. Dabei handelt es sich um eine der ansehnlichsten Prätitel-Sequenzen der gesamten Reihe. Gleich zu Beginn fällt das interessante Spiel mit Licht und Schatten sowie Nähe und Distanz auf. In Verbindung mit Martin Böttchers mysteriös wirkenden Klängen, den aussagekräftigen Kulissen und dem stimmigen Ambiente, entsteht eben diese besagte Atmosphäre, die sich in der Erinnerung der Zuschauer festsetzen wird.

"Der schwarze Abt" ist bis in die kleinsten Rollen hervorragend besetzt. Für die Hauptrolle wurde erneut Joachim Fuchsberger verpflichtet, den man bereits in seinem achten Wallace-Film begleiten darf. Für eine Stammbesetzung fällt dabei überaus angenehm auf, dass sich Fuchsberger immer weiter entwickelt hat und seine Wandlungsfähigkeit, die innerhalb eines bestehenden Images immer recht schwer zu variieren ist, dennoch unter Beweis stellen kann. Überhaupt sind im Verlauf zahlreiche Darsteller zu finden, die sich absolut auf gegenseitiger Augenhöhe bewegen und den Gesamtverlauf nach Belieben prägen. Joachim Fuchsberger als Dick Alford ist zur Abwechslung nicht in der klassischen Ermittler-Rolle zu sehen, trägt aber seinen Teil zur Auflösung bei, wenngleich er die Ermittlungen der Polizei immer wieder aus persönlichen Gründen behindern wird. Die Sympathien des Zuschauers zieht er dennoch oder gerade deswegen auf sich und überzeugt insgesamt durch seine forsche Art, die nicht gerade durch falsche Rücksichten und Sentimentalitäten geprägt ist. Nur im Zusammensein mit Leslie Gine alias Grit Boettcher zeigen sich seine galanten Züge, wobei der Umgang, genau wie das Gesamtgeschehen an sich, von einer nervösen Spannung geprägt ist. Leslie, die mit dessen Vetter Lord Chelford verlobt ist, wird eigentlich als perfect match für Dick offeriert, doch die dem Anschein nach aussichtslosen familiären Komplikationen trüben diese kurzen unbeschwerten Sequenzen. Grit Boettcher arbeitet in diesem Film lediglich bestehende Anforderungen ab und schenkt dem Publikum eigentlich kaum ein Stück mehr. Sie zeichnet ihre Figur der bedrohten Schönheit, die gleich von mehreren Seiten Böses zu befürchten hat, den üblichen Wallace-Schablonen entsprechend. Von Eigenständigkeit oder Selbstbewusstsein ist dabei vor allem vergleichsweise wenig zu sehen, sodass die Rolle insgesamt zu den unspektakuläreren im Wallace-Orbit gezählt werden kann. Dennoch überzeugt die Interaktion mit Joachim Fuchsberger, aber vor allem bleiben die gemeinsamen Szenen mit einem zudringlich werdenden Werner Peters in Erinnerung.

Das Ermittler-Duo, bestehend aus Charles Regnier und Eddi Arent, agiert sowohl überzeugend als auch überraschend zugleich. Nicht nur, dass sie dem Empfinden nach ein eingespieltes Team darstellen und trotz gegensätzlicher Herangehensweisen perfekt harmonieren. Ganz im Sinn des Kriminalfalles beweisen beide auch gute Spürnasen, was notwendig ist, da das Drehbuch den Zuschauer oftmals im Unklaren über gewisse Vorkommnisse lässt. Das Sprachrohr für Aufklärungen aller Art stellt daher Inspektor Puddler dar, bei dem man oftmals nicht genau weiß, wo er seine wichtigen Informationen gerade her hat, aber seine Treffsicherheit wirkt durchaus glaubwürdig, da es seine klassische und sicher wirkende Ermittlerfigur zulässt. Eddi Arent zeigt sich glücklicherweise von seiner diskreteren Seite und sorgt für Humor, der in den meisten Fällen nicht über das Ziel hinausschießt. Als Widersacher ist Dieter Borsche als Lord Chelford erwartungsgemäß von einer sehr präzisen Seite zu sehen und gibt diesem mysteriös wirkenden Charakter genügend Konturen, um Zweifel beim Zuschauer aufzuwerfen, wenngleich auch er gegen ein paar Ungereimtheiten der Story anzukämpfen hat. Überhaupt leisten die Stars der mysteriös ausgeleuchteten Manege in diesem Bereich ausgezeichnete kompensatorische Arbeit. Ihren leider einmaligen Gastauftritt gibt Eva Ingeborg Scholz zum Besten, die als Mary Wenner einen der bislang beeindruckendsten halbseidenen Charaktere der kompletten Reihe dargestellt hat. Ihr Kalkül scheitert an unterschiedlichen Interessen der anderen und trotz ihres weitgehend unsympathisch angelegten Charakters kann sie das Publikum schließlich doch für sich gewinnen. Ihre Szenen mit Werner Peters gehören zu den einprägsamsten des gesamten Films, und Peters, der gewohnt abstoßend und hinterhältig agiert, liefert einen Parade-Auftritt, der zweifellos in Erinnerung bleibt. Die großartige Alice Treff bleibt aufgrund der Kürze ihrer Rolle leider hinter den Erwartungen zurück, aber kein Geringerer als Klaus Kinski überrascht erneut mit einer Wandlungsfähigkeit, hier als Spion und Butler Thomas Fortuna, in einer seiner vielleicht elegantesten Rollen.

Wie erwähnt, hat man es bei "Der schwarze Abt" mit einem der stilistisch sichersten und wohl überzeugendsten Filme nach Motiven des bekannten Autors zu tun. Das Komplettpaket leidet allerdings immer wieder unter einigen Zweideutigkeiten, die sich insbesondere zum Ende hin zuspitzen und ein Finale anbieten, welches schließlich doch zu konstruiert und hektisch aufgerollt wirkt. Auch das Integrieren von mehreren umher schleichenden Kuttenträgern ist der Auflösung nicht gerade dienlich und stiftet somit keine positiv gemeinte Verwirrung beim Publikum, welches hier über die Maßen animiert wird, den wahren Täter und dessen Motivation auszumachen. Glücklicherweise sind die Gegebenheiten in Form atmosphärischer Dichte und überzeugender darstellerischer Leistungen sehr gut ausbalanciert. Die Auflösung ist und bleibt jedoch unbefriedigend, da unterm Strich zu viele verworrene Anteile transportiert werden und daher hauptsächlich in Erinnerung bleiben. Bei allen Vorzügen, die Franz Josef Gottliebs Arbeiten zu bieten haben, bleibt er nicht als Architekt grenzenloser Spannung in Erinnerung, was insbesondere bei diesem Film sehr schade ist, handelt es sich doch um einen herrlich fotografierten Gruselkrimi. Es gibt allerlei Irrungen und Wirrungen, gut gestrickte Konstellationen der beteiligten Personen und einige abenteuerliche Plot-Fragmente, sodass die Haupt- und Nebenhandlung im Endeffekt oft gar nicht mehr so eindeutig voneinander abgegrenzt werden kann. Martin Böttchers Score begleitet den Verlauf mit seinen typisch mystisch anmutenden Kompositionen, und diese Klänge sind vielleicht nicht besonders spektakulär ausgefallen, charakterisieren den Verlauf aber stets eingängig bis bemerkenswert. "Der schwarze Abt" entwickelt sich insgesamt von einer anfangs sehr ambitioniert wirkenden Mördersuche in eine teils launisch aufgebaute Schatzsuche, die offensichtlich eine ausführlichere Behandlung erfahren hat als die Aufklärung rund um die wahre Identität der gefährlichen Titelfigur. Als kurzweilige Unterhaltung und visuell beeindruckendes Märchen der Serie funktioniert Franz Josef Gottliebs Beitrag aber erstaunlich gut.

Percy Lister
Beiträge: 348
Registriert: Sa., 14.11.2020 16:15

Re: DER SCHWARZE ABT - Franz Josef Gottlieb

Beitrag von Percy Lister »

Prisma hat geschrieben:Nur im Zusammensein mit Leslie Gine alias Grit Boettcher zeigen sich seine galanten Züge, wobei der Umgang, genau wie das Gesamtgeschehen an sich, von einer nervösen Spannung geprägt ist. Leslie, die mit dessen Vetter Lord Chelford verlobt ist, wird eigentlich als perfect match für Dick offeriert, doch die dem Anschein nach aussichtslosen familiären Komplikationen trüben diese kurzen unbeschwerten Sequenzen.
Werner Peters als Nebenbuhler verkörpert einen Unhold und bedrängt die zierliche Frau, die den gesellschaftlichen Gepflogenheiten entsprechend zu einer zurückhaltenden jungen Dame erzogen worden ist, die gepflegte Konversation machen und ansonsten eine gute Partie eingehen soll. Das ungehobelte Benehmen ihres Verehrers entrüstet sie, weil ihr auf der Schule für Töchter des gehobenen Mittelstands nicht gesagt wurde, dass nicht alle Männer Kavaliere und Gentlemen sind, sondern eine Frau auch damit rechnen muss, einem Vertreter des starken Geschlechts zu begegnen, der keine anderen Absichten als die Befriedigung seiner sexuellen Gelüste hat. Sie ist deshalb zunächst irritiert und dann entsetzt, dass der Angestellte ihres Bruders sich erdreistet, ihr eindeutige Avancen zu machen und sie mit Gewalt in die Enge treibt. So findet sich Leslie von Männern umgeben, die, mit Ausnahme von Dick Alford, wenig vielversprechend sind und ihr das Gefühl vermitteln, sich in ihr Schicksal fügen zu müssen.

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