69 LIEBESSPIELE
● 69 LIEBESSPIELE / ENGEL DER SÜNDE (D|1967)
mit Erik Schumann, Angelica Ott, Sieghardt Rupp, Felix Franchy, Yvonne ten Hoff, Rainer Basedow, Herbert Fux,
Alfred Geiger, Eva Kinsky, Monika Zinnenberg, Sissy Löwinger, Felix Dvorak, Linda Caroll und Christiane Rücker
ein Lisa Film | im Gloria Verleih
ein Film von August Rieger
»Die operiere ich, die Dame. Ohne Narkose!«
Die junge und ambitionierte Journalistin Silvana (Angelica Ott) soll die Auflage ihrer Zeitung wieder in gehobenere Sphären bringen und plant daher einen spektakulären Milieu-Report. Vor Ort will sie der sogenannten Geheimprostitution auf den Grund gehen und verkleidet sich deshalb selbst als Dirne. Es dauert nicht lange, bis sie viel näher an das Geschehen kommt, als ihr lieb ist, denn sie erlebt die Machenschaften eines Zuhälter-Rings hautnah mit, der seine Damen zur Not mit brachialer Gewalt auf die Straßen zwingt. Silvana gerät ins Visier der Hintermänner und muss lernen, wie es jedem ergeht, der sich den Gesetzmäßigkeiten der Unterwelt widersetzt. Wird sie sich wieder aus diesem Sumpf befreien können, oder ist die Journalistin zu weit gegangen..?
Die ziemlich eindeutig klingenden Titel "69 Liebesspiele" oder "Engel der Sünde" schüren eine Erwartungshaltung bezüglich dieses 1968 von August Rieger inszenierten Films in Richtung handelsüblicher Erotikfilme oder Sex-Klamotten, allerdings kommt es (glücklicherweise) vollkommen anders, denn die Geschichte entpuppt sich als eine Art Kiez-Reißer oder konstruierte Milieu-Studie, die ihre Chancen in der Offensive sucht und Stärken genau in diesem Zusammenhang entfalten kann. Die Geschichte beginnt mit den Erläuterungen einer Off-Stimme und versucht, eine Art Dokumentar-Charakter aufzubauen, indem Nutten auf der Straße befragt werden, um unverblümt aus dem Nähkästchen plaudern zu können. Im unmittelbaren Anschluss befindet man sich auch schon bei einer Krisensitzung im Konferenzraum einer Zeitung, bei welcher der Chef seinen Angestellten Dampf unterm Hintern macht, da man mit sinkenden Auflagen zu kämpfen hat. Der Druck wird also klassisch von oben nach unten verteilt, wie es etwa auf der Straße der Fall ist. Dieser kurze und prägnante Einstieg in die Geschichte bedient sich gleich eines klaren Aufbaus, den man unter Riegers Regie auch weiterhin finden wird, sodass Milieu und entsprechende Charaktere nach filmischem Ermessen authentisch, also reißerisch gezeichnet werden können. Dabei ist ein beachtlicher Unterhaltungswert so gut wie garantiert, immerhin hält sich die Regie an die bestehenden Gesetze des Genres. Die Geschichte um einen Zuhälter-Ring und die damit verbundene Veranschaulichung, wie Mädchen rekrutiert und gefügig gemacht werden, ist sicherlich nicht neu, allerdings ist die Umsetzung überaus spannend und temporeich ausgefallen. Gespickt mit Darsteller_innen, die man angesichts eines solchen Reißers auch als Expertenrunde vorstellen könnte, nimmt dieser Beitrag immer mehr an gewünschter Fahrt auf.
Um die Auflage der Zeitung wieder in gewohnte Sphären zu bringen, beschließt Journalistin Silvana einen Report zu veranstalten. Dabei zeigt sich Lisa-Film-Sternchen Angelica Ott gar nicht einmal so unbegabt, wenn sie sich als Prostituierte verkleidet und ein günstiges Plätzchen auf dem Straßenstrich sucht. Leider entpuppt sich diese Aktion als unberechenbar, denn Silvana hat die Aufdringlichkeit gewisser Freier nicht mit einkalkuliert, die anderer Hyänen ganz zu schweigen. Es wirkt beinahe schon episch, wenn sie von einer Horde Bordsteinschwalben als »Du Hure« oder »Nutte« beschimpft und anschließend in deren Stammlokal verprügelt wird. Die Kontaktaufnahme mit dem Zuhälter-Ring erweist sich schließlich als am meisten gefährlich, und der Kopf der Bande wird von keinem geringeren als Erik Schumann erneut besonders überzeugend gezeichnet. Er und seine Helfershelfer fackeln nicht lange herum, sie treiben junge, hübsche und vorzugsweise leichtfertige Mädchen in deren Abhängigkeit und schicken sie auf den Strich, um sie in arrangierten Sex-Orgien unterzubringen. Felix Franchy und Rainer Basedow wirken hierbei besonders abstoßend, wenn sie ihren Pferdchen die Daumenschrauben anlegen, die wiederum überzeugend von Eva Kinsky, Sissy Löwinger, aber vor allem Monika Zinnenberg zum Leben erweckt werden. Weitere starke Leistungen sieht man von Yvonne ten Hoff und Christiane Rücker als junge Mädchen, die erst einmal abgerichtet werden müssen. Im Rahmen der Dialoge wird hier hin und wieder dick auf die Tube gedrückt, sodass es richtigen Spaß macht, dieser blendend aufgelegten Besetzung bei ihrem Treiben zuzuschauen. Was die Exposition angeht, hält sich die Regie weitgehend zurück. Man sieht ein paar leicht bekleidete Damen hier, ein wenig angedeuteten Sex da, und eine sehr ästhetische Darbietung einer Tänzerin im Club, außerdem eine Gesangsnummer von einer gewissen Alvarah Gomez, die das Titel-Lied "69 Liebesspiele" zum Besten gibt.
Selbstverständlich kommt es in einem derartigen - vielleicht sogar eher nominellen - Exploitation-Reißer auch zu Veranschaulichungen rund um Gewalt und Brutalität, die sich allerdings eher in Andeutungen verlieren, sich somit vor allem in der Fantasie des Zuschauers abspielen. Was der Geschichte im Endeffekt sehr gut steht, sind die hoch interessanten Erweiterungen im Bereich der Nebenhandlungen, sodass es nie Auszeiten zu finden gibt. Stimmung und Tempo erscheinen daher optimal dosiert zu sein. Ein bisschen unverständlich bleibt allerdings der weitgehend diffuse Titel, weil man sich bei Interesse für derartige Milieu-Filme nicht unbedingt angesprochen fühlt. Die Geschichte spielt in einer unbekannten Stadt und es wird anfangs suggeriert, dass sich derartige Revier-Kämpfe und Untergrund-Methoden überall abspielen könnten. Handwerklich gesehen ist dieser Produktion nicht viel vorzuwerfen und die Geschichte präsentiert sich in besonders schönen Schwarzweiß-Bildern, die für eine besondere atmosphärische Dichte sorgen. So ist insbesondere die hervorragende Arbeit des Kameramanns Walter Kindler ist hervorzuheben, weil man schon einige extravagante Einstellungen zu Gesicht bekommt, wie beispielsweise aus der Froschperspektive. So befindet man sich nicht selten unmittelbar an den Orten der Geschehnisse, wie beispielsweise inmitten der Beine von Prostituierten, oder direkt vor oder hinter irgend welchem Mobiliar, welches im Rahmen von Nähe und Distanz oft die einzige Barriere darstellt. Musikalisch bekommt man handelsübliche Klänge geboten und das Gesamt-Ergebnis wirkt insgesamt rund und überaus unterhaltsam. "Engel der Sünde" kann rundum überzeugen, denn wer derartige Milieustudien mit obligatorischer Würzmischung prinzipiell gerne mag, darf bei diesem eher unscheinbaren Vertreter gerne einmal einen Blick riskieren. So bleibt ein Strudel aus Prostitution, Nötigung, Erpressung und Gewalt, der eine willkommene Überraschung darstellt.
Die ziemlich eindeutig klingenden Titel "69 Liebesspiele" oder "Engel der Sünde" schüren eine Erwartungshaltung bezüglich dieses 1968 von August Rieger inszenierten Films in Richtung handelsüblicher Erotikfilme oder Sex-Klamotten, allerdings kommt es (glücklicherweise) vollkommen anders, denn die Geschichte entpuppt sich als eine Art Kiez-Reißer oder konstruierte Milieu-Studie, die ihre Chancen in der Offensive sucht und Stärken genau in diesem Zusammenhang entfalten kann. Die Geschichte beginnt mit den Erläuterungen einer Off-Stimme und versucht, eine Art Dokumentar-Charakter aufzubauen, indem Nutten auf der Straße befragt werden, um unverblümt aus dem Nähkästchen plaudern zu können. Im unmittelbaren Anschluss befindet man sich auch schon bei einer Krisensitzung im Konferenzraum einer Zeitung, bei welcher der Chef seinen Angestellten Dampf unterm Hintern macht, da man mit sinkenden Auflagen zu kämpfen hat. Der Druck wird also klassisch von oben nach unten verteilt, wie es etwa auf der Straße der Fall ist. Dieser kurze und prägnante Einstieg in die Geschichte bedient sich gleich eines klaren Aufbaus, den man unter Riegers Regie auch weiterhin finden wird, sodass Milieu und entsprechende Charaktere nach filmischem Ermessen authentisch, also reißerisch gezeichnet werden können. Dabei ist ein beachtlicher Unterhaltungswert so gut wie garantiert, immerhin hält sich die Regie an die bestehenden Gesetze des Genres. Die Geschichte um einen Zuhälter-Ring und die damit verbundene Veranschaulichung, wie Mädchen rekrutiert und gefügig gemacht werden, ist sicherlich nicht neu, allerdings ist die Umsetzung überaus spannend und temporeich ausgefallen. Gespickt mit Darsteller_innen, die man angesichts eines solchen Reißers auch als Expertenrunde vorstellen könnte, nimmt dieser Beitrag immer mehr an gewünschter Fahrt auf.
Um die Auflage der Zeitung wieder in gewohnte Sphären zu bringen, beschließt Journalistin Silvana einen Report zu veranstalten. Dabei zeigt sich Lisa-Film-Sternchen Angelica Ott gar nicht einmal so unbegabt, wenn sie sich als Prostituierte verkleidet und ein günstiges Plätzchen auf dem Straßenstrich sucht. Leider entpuppt sich diese Aktion als unberechenbar, denn Silvana hat die Aufdringlichkeit gewisser Freier nicht mit einkalkuliert, die anderer Hyänen ganz zu schweigen. Es wirkt beinahe schon episch, wenn sie von einer Horde Bordsteinschwalben als »Du Hure« oder »Nutte« beschimpft und anschließend in deren Stammlokal verprügelt wird. Die Kontaktaufnahme mit dem Zuhälter-Ring erweist sich schließlich als am meisten gefährlich, und der Kopf der Bande wird von keinem geringeren als Erik Schumann erneut besonders überzeugend gezeichnet. Er und seine Helfershelfer fackeln nicht lange herum, sie treiben junge, hübsche und vorzugsweise leichtfertige Mädchen in deren Abhängigkeit und schicken sie auf den Strich, um sie in arrangierten Sex-Orgien unterzubringen. Felix Franchy und Rainer Basedow wirken hierbei besonders abstoßend, wenn sie ihren Pferdchen die Daumenschrauben anlegen, die wiederum überzeugend von Eva Kinsky, Sissy Löwinger, aber vor allem Monika Zinnenberg zum Leben erweckt werden. Weitere starke Leistungen sieht man von Yvonne ten Hoff und Christiane Rücker als junge Mädchen, die erst einmal abgerichtet werden müssen. Im Rahmen der Dialoge wird hier hin und wieder dick auf die Tube gedrückt, sodass es richtigen Spaß macht, dieser blendend aufgelegten Besetzung bei ihrem Treiben zuzuschauen. Was die Exposition angeht, hält sich die Regie weitgehend zurück. Man sieht ein paar leicht bekleidete Damen hier, ein wenig angedeuteten Sex da, und eine sehr ästhetische Darbietung einer Tänzerin im Club, außerdem eine Gesangsnummer von einer gewissen Alvarah Gomez, die das Titel-Lied "69 Liebesspiele" zum Besten gibt.
Selbstverständlich kommt es in einem derartigen - vielleicht sogar eher nominellen - Exploitation-Reißer auch zu Veranschaulichungen rund um Gewalt und Brutalität, die sich allerdings eher in Andeutungen verlieren, sich somit vor allem in der Fantasie des Zuschauers abspielen. Was der Geschichte im Endeffekt sehr gut steht, sind die hoch interessanten Erweiterungen im Bereich der Nebenhandlungen, sodass es nie Auszeiten zu finden gibt. Stimmung und Tempo erscheinen daher optimal dosiert zu sein. Ein bisschen unverständlich bleibt allerdings der weitgehend diffuse Titel, weil man sich bei Interesse für derartige Milieu-Filme nicht unbedingt angesprochen fühlt. Die Geschichte spielt in einer unbekannten Stadt und es wird anfangs suggeriert, dass sich derartige Revier-Kämpfe und Untergrund-Methoden überall abspielen könnten. Handwerklich gesehen ist dieser Produktion nicht viel vorzuwerfen und die Geschichte präsentiert sich in besonders schönen Schwarzweiß-Bildern, die für eine besondere atmosphärische Dichte sorgen. So ist insbesondere die hervorragende Arbeit des Kameramanns Walter Kindler ist hervorzuheben, weil man schon einige extravagante Einstellungen zu Gesicht bekommt, wie beispielsweise aus der Froschperspektive. So befindet man sich nicht selten unmittelbar an den Orten der Geschehnisse, wie beispielsweise inmitten der Beine von Prostituierten, oder direkt vor oder hinter irgend welchem Mobiliar, welches im Rahmen von Nähe und Distanz oft die einzige Barriere darstellt. Musikalisch bekommt man handelsübliche Klänge geboten und das Gesamt-Ergebnis wirkt insgesamt rund und überaus unterhaltsam. "Engel der Sünde" kann rundum überzeugen, denn wer derartige Milieustudien mit obligatorischer Würzmischung prinzipiell gerne mag, darf bei diesem eher unscheinbaren Vertreter gerne einmal einen Blick riskieren. So bleibt ein Strudel aus Prostitution, Nötigung, Erpressung und Gewalt, der eine willkommene Überraschung darstellt.