SPIELBANK-AFFÄRE - Arthur Pohl

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Percy Lister
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SPIELBANK-AFFÄRE - Arthur Pohl

Beitrag von Percy Lister »

"Spielbank-Affäre" (Parkplatz zur großen Sehnsucht) (Deutsche Demokratische Republik / Schweden 1957)
mit: Gertrud Kückelmann, Jan Hendriks, Peter Pasetti, Rudolf Forster, Willy A. Kleinau, Sven Lindberg, Hubert Suschka, Barbro Hiort af Ornäss, Horst Schönemann, Gisela Reißmann, Erich Franz, Fred Düren, Ernst Jacobi, Ivan Malré, Gerd Michael Henneberg, Siegfried Weiß u.a. | Drehbuch: Arthur Pohl nach einem Bericht von Hans von Oettingen | Regie: Arthur Pohl

Sybille Schilling besucht eine Schauspielschule und lernt dort den Investigativ-Journalisten Gerhard Fischer kennen. Die beiden jungen Leute sind sich sofort sympathisch, verfolgen aber unterschiedliche Interessen. Gerhard beobachtet Unregelmäßigkeiten im Spielcasino des einflussreichen Gallinger, Sybille bessert ihre Finanzen damit auf, indem sie für den Rechtsanwalt Dr. Busch ein ausgeknobeltes System an den Spieltischen testet. Was sie nicht weiß: Dr. Busch bringt durch sie gefälschte Jetons in Umlauf, um Gallinger zu ruinieren.....

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In Zusammenarbeit mit der schwedischen A.B. Pandora Film Stockholm inszenierte die DEFA ihren ersten farbigen Cinemascope-Film, der drei Millionen Ostmark kostete und in den Hauptrollen bekannte Darsteller aus der Bundesrepublik besetzte. Dem ostdeutschen Publikum wurde bei der Uraufführung in Rostock allerdings eine geschnittene Schwarzweiß-Fassung des Films gezeigt, weil befürchtet wurde, dass die in herrlichen Farben erstrahlenden kapitalistischen Schauplätze in Italien oder der Schweiz und auch im heimischen Potsdam mit seiner berühmten Gartenanlage Park Sanssouci dem Publikum ein zu verlockendes Bild von einer zwanglosen freien Welt vermitteln könnten. Doch nicht nur die Einsprüche des DDR-Kulturministeriums sorgten für Unstimmigkeiten, sondern auch unvorhergesehene Terminverzögerungen durch Autounfälle des Darstellers Pasetti und des Regisseurs Pohl ließen die Premiere des Films zeitlich nach hinten rutschen. Das Ergebnis ist ein farbenfrohes, konsumbejahendes Wirtschaftswunderporträt, das die Intention der Macher ad absurdum führt. Der erhobene Zeigefinger, den die Kommunisten bemühen wollten, ging in der Geschichte um die Selbstbehauptung einer Schauspielelevin unter. Der heutige Betrachter sieht vor allem die leichtfüßige Stimmung um die fröhliche, aber dennoch ernsthaft-realistische Sybille Schilling, deren Nebenberuf als Mannequin sie an jene Orte führt, die das bundesdeutsche Publikum der Fünfziger Jahre als Sehnsuchtsorte empfand. Elegante Settings, erlesene Kleider, Cocktails, Tanzmusik und große Gefühle - all jene Zutaten, die im durchschnittlichen Alltag der Zuschauer vermisst werden, servieren ein charmanter Jan Hendriks, eine bezaubernde Gertrud Kückelmann und ein raffinierter Peter Pasetti auf dem Silbertablett. Das Trio variiert seine Charaktere und verhindert somit eine Eindimensionalität der Figuren. Journalist Fischer verhandelt knallhart, wenn es um die Herausgabe von Informationen geht, zeigt sich jedoch auch empfänglich für häusliches Glück.

Der Jurist Dr. Busch verfolgt ehrgeizige Pläne, um sich Geld und Macht anzueignen, lässt seine Helferin allerdings nicht hängen, wenn seine Gegner ihr die alleinige Schuld zuschieben wollen. Sybille Schillings Ziel ist die Absolvierung der Schauspielschule, wofür sie regelmäßige Einkünfte braucht. Sie trifft sich fast allabendlich mit Dr. Busch im Roulettespielsaal, ohne sich jedoch die daraus resultierende Verbissenheit oder den Übermut der Sieger anzueignen. Im Gegenzug bevölkern finstere Gestalten ohne Gewissen die gedämpfte Atmosphäre der gehobenen Amüsierlokale, ebenso wie kleine Chargen ohne Format wie beispielsweise Hubert Suschka mit gewohnter Selbstüberschätzung oder Willy A. Kleinau als südländischer Gauner. Der listige Rudolf Forster fällt neben dem 'Bild von einem Mann' Peter Pasetti optisch natürlich ab, glänzt aber durch Heimtücke und Voraussicht. Sein bauernschlauer Kopf arbeitet unentwegt, auch wenn er gelegentlich von seinen Gegnern unterschätzt wird. Mehrfach ergeben sich Situationen, die das Ungleichgewicht zwischen der Pflicht zur Information der Öffentlichkeit und der Wahrung öffentlicher Interessen aufzeigen. Die Macht des Kapitals verträgt sich oft nicht mit der reinen und manchmal unangenehmen Wahrheit und so stößt der Journalismus immer dort an seine Grenzen, wo der Einfluss des Gegners eigene Vorteile beschneiden könnte. Die Musik von Martin Böttcher unterstreicht die Stimmung auf atmosphärische Weise, ebenso wie Eva May mit Cha-Cha Bim-Bam-Bum gekonnt Tanzimpulse an das Publikum sendet. Der unverbrauchte Charme des Paares Kückelmann/Hendriks wirkt auch heute noch und stellt zwei Darsteller in den Mittelpunkt, die gut miteinander harmonieren, wobei Jan Hendriks am Anfang seiner Karriere steht, während Gertrud Kückelmann hier bereits ihren letzten Kinofilm drehte und später vor allem für das Fernsehen und Synchron-Arbeiten tätig war. Ein rundum gelungener Ausflug in eine zuversichtliche Vergangenheit mit dem gewissen Etwas!

Percy Lister
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Re: SPIELBANK-AFFÄRE - Arthur Pohl

Beitrag von Percy Lister »

Hier noch ein russisches Filmplakat. In Schweden wurde der Film trotz der Beteiligung einer heimischen Firma als Ko-Produzentin nicht aufgeführt.

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