ZWEI IN EINER GROSSEN STADT - Volker von Collande

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Percy Lister
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ZWEI IN EINER GROSSEN STADT - Volker von Collande

Beitrag von Percy Lister »

"Zwei in einer großen Stadt" (Deutschland 1942)
mit: Monika Burg, Karl John, Marianne Simson, Käthe Haack, Hannes Keppler, Hansi Wendler, Volker von Collande, Margarete Kupfer, Hubert von Meyerinck, Wolf Trutz, Werner Stock, Josef Dahmen, Alice Treff, Erna Sellmer u.a. | Drehbuch: Ursula von Witzendorff und Volker von Collande | Regie: Volker von Collande

Berlin, Bahnhof Friedrichstraße. Die Rot-Kreuz-Schwester Gisela Meinhold begegnet dem Fliegerfeldwebel Bernd Birkhoff, der für einen Tag in die Stadt gekommen ist, um eine Bekannte aus Jugendzeiten zu treffen, die er zu lieben glaubt. Diese versetzt ihn und so fährt er zum Strandbad Wannsee, um den Tag in der Sonne zu verbringen. Gisela ist ebenfalls dort und so laufen sich die beiden noch mehrmals über den Weg, bis ihnen klar ist, dass die gemeinsame Zeit bald ablaufen wird und sie sich wieder trennen müssen....

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Leichte Unterhaltung mit einer charmanten Romanze zu verknüpfen, ist das Geheimrezept der Lichtspielhäuser, um ihre Kassen zu füllen und gleichzeitig dem Auftrag nachzukommen, die breiten Massen vom Alltag abzulenken und ihnen regimegerechte Zuversicht zu verleihen. Dabei kommt "Zwei in einer großen Stadt" weitaus dezenter daher als "Die große Liebe" (1941/42), wo der Grundton ernster und pathetischer ist, wohl auch, weil die beiden Hauptdarsteller Leander und Staal schicksalsschwerer wirken als die kecke Burg und der patente John. Hinweise auf die Entstehungszeit gibt es natürlich zuhauf, doch schwärmt der dekorierte Flieger weniger von seinen Einsätzen als vom Frieden, in dem er Giselas Schuhe in einer Glasvitrine ausstellen will. Das Porträt von Adolf Hitler hängt im Rot-Kreuz-Büro der Oberin an der Wand und die S-Bahn-Fahrt endet am Halt Nikolassee, wo man durch den Wald auf die Halbinsel Schwanenwerder gelangt, dem Wohnsitz des Reichspropagandaministers. Der heitere Unterton, der die Hauptdarsteller bei schönstem Ferienwetter begleitet, sorgt für die Gewissheit, dass keine größeren Gefahren für die junge Liebe drohen als Missverständnisse und der übliche Stolz. Beim Anblick der vertrauten Schauplätze geht dem Berlin-Freund das Herz auf, führen Gisela und Bernd den Zuschauer doch entlang der Strecke der U2 vom Potsdamer Platz zum Zoo, werfen einen Blick auf das Haus Vaterland, speisen hoch oben im Funkturm und unternehmen eine Kutschfahrt durch den Tiergarten (damals noch mit altem Baumbestand). So spielt die Liebesgeschichte in einer Stadt, die der Zielgruppe damals wie heute weitgehend bekannt sein dürfte und somit als heimlicher Verbündeter des Leinwandpaares gesehen wird.

Die gebürtige Wienerin Monika Burg, die später vor allem unter dem Namen Claude Farell bekannt war und der Kölner Karl John agieren als ungleiches Paar, das sich unter den vielen Menschen fremd fühlt, weil sich beide bisher ganz auf ihre Arbeit konzentriert haben und die Leere einer unausgefüllten Zeit spüren. Umso mehr genießen sie die unerwartete Zweisamkeit bei harmlosen Aktivitäten. Es ist, als vergesse Drehbuchautor und Regisseur Volker v. Collande über dem Turteln der beiden sympathischen Schauspieler ganz, dass auf Anordnung des obersten Film-Braunhemdes auch ein wenig Pädagogik für die Zuschauer dabei sein sollte: erst im Finale darf die Heldin ein paar Tränen zum Abschied verdrücken und das weibliche Publikum ermahnt werden, an die Feldpost der Soldaten zu denken. Ansonsten ändert sich wenig an der Ausgangssituation von Mann und Frau, beide kehren an ihren Arbeitsplatz zurück - der allerdings dem Krieg geschuldet ist - und haben nun wenigstens einen Menschen, der ihren Geist beschäftigt, wenn sie in ruhigen Momenten Zeit zum Nachdenken haben. Nationale Schicksalsschwere wird nicht suggeriert, sondern Zuversicht auf eine innere Verbundenheit, die auch einer räumlichen Trennung standhalten wird. Eine komplette Umstellung des Lebensplans, wie er in "Die große Liebe" vorgenommen wurde, bleibt hier aus. Da die Protagonisten bereits in den Dienst an Volk und Vaterland eingespannt sind, gibt es wenig an ihrem Lebenswandel zu korrigieren. So ähnlich sah es auch die Freiwillige Selbstkontrolle, welche die unterhaltsame Liebesgeschichte "Zwei in einer großen Stadt" ab 6 Jahren freigab.

FAZIT: Mit ihren sonnigen Schauplätzen, den unverbrauchten Gesichtern von Monika Burg und Karl John und der heiteren Reise durch altbekannte Ecken der damaligen Viermillionenstadt ist die Regiearbeit von Volker v. Collande genau das Richtige für einen entspannten Sonntagnachmittag.

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